Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 27. August 1976 aufgehoben, soweit das Landessozialgericht die Klage gegen die Bescheide vom 5. Dezember 1973 und 30. Dezember 1974 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 1975 abgewiesen hat.

Insoweit wird der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Gründe

I

Die Beteiligten streiten über die Berechnung der Beiträge des freiwillig weiterversicherten Klägers zur gesetzlichen Krankenversicherung.

Der Kläger ist Dienstordnungs-Angestellter der Beklagten mit Dienstbezügen entsprechend der Besoldungsgruppe A 11 des Bundesbesoldungsgesetzes und ab 1. Januar 1967 deren freiwillig weiterversichertes Mitglied. Die Beklagte hatte die Beiträge zunächst nach Lohnstufe 57 und Beitragsgruppe C 3 (monatlicher Beitrag 129,38 DM) festgesetzt.

Am 11. November 1972 beantragte der Kläger nach der bis zum 30. Juni 1977 geltenden Vorschrift des § 313 a Abs. 1 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) die Herabstufung der Beiträge mit der Begründung, ihm erwachse aus der Bewirtschaftung eines ihm zur Hälfte gehörenden Zweifamilienhauses gegenwärtig ein jährlicher Verlust von ca. 13.600,-- DM, der von seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzusetzen sei. Daher belaufe sich sein der Beitragsberechnung zugrunde zu legendes Gesamteinkommen nur auf rund 1.200,-- DM monatlich.

Die Beklagte hat durch Bescheid vom 5. Dezember 1973 unter gleichzeitiger Ablehnung des Herabsetzungsantrages des Klägers mit Wirkung vom 1. Januar 1974 die Versetzung des Klägers in die Lohnstufe 62, Beitragsgruppe C 3 (Beitragshöhe: 140,62 DM monatlich) und durch Bescheid vom 30. Dezember 1974 ab 1. Januar 1975 in die Höchst-Lohnstufe 70 (Beitrag: 182,70 DM monatlich) angeordnet und den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 1975 zurückgewiesen: Bei der Ermittlung des Gesamteinkommens seien die aus der Bewirtschaftung eines Grundstückes erzielten Bruttoeinnahmen zugrunde zu legen; insbesondere seien die entstehenden Kosten und die Abschreibungen nach § 7 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht abzusetzen. In keinem Falle sei der Verlustausgleich bei den Einkünften aus unselbständiger Arbeit möglich. Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) durch Urteil vom 4. August 1973 nur über die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 5. Dezember 1973 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 1985 entschieden und dem Klagebegehren insoweit im wesentlichen entsprochen. Dieses Urteil hat die Beklagte mit der Berufung angefochten. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung am 27. August 1976 Anschlußberufung eingelegt, weil das SG nicht auch über den Bescheid vom 30. Dezember 1974 entschieden hat. Das Landessozialgericht (LSG) hat in sein Verfahren ferner gemäß § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) den Bescheid vom Dezember 1975 einbezogen, mit dem die Beklagte die Beitragsanhebung auf den Höchstsatz von 205,80 DM monatlich ab 1. Januar 1976 angeordnet hatte. Mit Urteil vom 27. August; 1976 hat das LSG unter entsprechender Änderung des angefochtenen Urteils den Bescheid vom 5. Dezember 1975 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 1975 sowie den Bescheid vom Dezember 1975 aufgehoben und die Klage abgewiesen, soweit sie sich gegen den Bescheid vom 30. Dezember 1974 richtete. Es hat dazu ausgeführt: Auch die Einkünfte aus der Bewirtschaftung eines Zweifamilienhauses seien nach dem Bruttoprinzip zu behandeln und daher nicht um die Werbungskosten und die erhöhten Abschreibungen gemäß § 7 b EStG zu mindern. Ebensowenig sei es gerechtfertigt, auf das Beitragsrecht die steuerrechtliche Berücksichtigung des negativen Einkommens aus Vermietung und Verpachtung bei der anderen Einkommensart der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu übertragen. Die steuerrechtliche Regelung des § 7 b EStG verfolge das besondere Ziel der Wohnbauförderung, das versicherungsrechtlich nicht zu berücksichtigen sei, weil die dann eintretende Beitragsminderung bei einem freiwillig Weiterversicherten, der über Grundbesitz verfüge, gegen den auch bei der Anwendung des § 313a Abs. 1 RVO beachtlichen Grundsatz der Gleichheit und Solidarität verstoße. Die Beitragserhöhungen zum 1. Januar 1974 und zum 1. Januar.1976 seien fehlerhaft, weil für die Versicherungsjahre 1974 und 1976 ein erhebliches Mißverhältnis der Beiträge zu den Einkommensverhältnissen des Klägers gegenüber dem zuvor maßgebend gewesenen Einkommen nicht bestanden habe.

Mit der Revision rügt der Kläger, das LSG habe den Begriff des Gesamteinkommens iS des § 313 a Abs. 1 RVO nicht hinreichend klargestellt und ihn auch inhaltlich unzutreffend abgegrenzt. Zunächst sei die isolierte Betrachtungsweise jeder Einkommensart geboten. Nur bei dem Einkommen aus abhängiger Beschäftigung gelte das Bruttoprinzip. Bei den übrigen Einkommensarten seien zunächst die steuerrechtlich relevanten Werbungskosten und Betriebsausgaben absetzbar; negative Ergebnisse seien auch mit den Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgleichbar.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des LSG aufzuheben, soweit der Berufung der Beklagten stattgegeben und die Anschlußberufung des Klägers zurückgewiesen worden ist,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen,

auf die Anschlußberufung des Klägers auch den Bescheid der Beklagten vom 30. Dezember 1974 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Da die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, hat der Kläger beantragt, nach Lage der Akten gem. § 126 SGG zu entscheiden, nachdem festgestellt worden war, daß die Beklagte auf diese Möglichkeit in der Ladung hingewiesen worden war.

II

Die Revision des Klägers ist begründet. Das Urteil des LSG muß aufgehoben werden, soweit das Berufungsgericht die Klage gegen die Bescheide vom 5. Dezember 1973 und 30. Dezember 1974 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 1975 abgewiesen hat. Insoweit wird der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen.

Die Entscheidung richtet sich weiterhin nach § 313a RVO. Diese Vorschrift ist allerdings mit Wirkung vom 1. Juli 1977 aufgehoben worden (Art 1 Nr. 24 des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes vom 27. Juni 1977 -KVKG- BGBl I 1069). Sie ist aber auf den vorliegenden Fall weiter anzuwenden, weil eine besondere Übergangsregelung nicht erlassen worden ist. Die auf § 313a RVO beruhenden Beitragsentscheidungen gelten daher als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung bis zu einer nach neuem Recht (§ 180 Abs. 4 RVO in der Fassung des Art 1 § 1 Nr. 5 KVKG) ergehenden Verwaltungsentscheidung fort.

Im Hinblick darauf, daß nur der Kläger das Urteil des LSG angefochten hat, ist diese Entscheidung rechtskräftig geworden soweit das LSG den Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 1975 und den ihm zugrunde liegenden Heraufsetzungsbescheid der Beklagten vom 5. Dezember 1973 sowie den Bescheid vom Dezember 1975 aufgehoben hat. Entscheidungserheblich ist demnach nur noch, ob die Beklagte die mit dem Bescheid vom 5. Dezember 1975 zugleich erfolgte Ablehnung der vom Kläger beantragten Herabstufung ab 1. Januar 1974 zu Recht versagt und mit dem gemäß § 86 SGG in das Verfahren einbezogenen Bescheid vom 30. Dezember 1974 rechtmäßig die Höherstufung der Beiträge des Klägers ab 1. Januar 1975 angeordnet hat.

Das LSG konnte auch über den vom SG nicht berücksichtigten Bescheid vom 30. Dezember 1974 mitentscheiden. Es kann dahingestellt bleiben, ob, wie das LSG angenommen hat, dieser Bescheid durch eine Anschlußberufung in das zweitinstanzliche Verfahren einbezogen werden kann. Da der Bescheid vom 30. Dezember 1974 im Verhältnis zum Bescheid vom 5. Dezember 1975 einen rechtlich selbständigen, gemäß § 86 SGG in das Vorverfahren einbezogenen Verfahrensgegenstand bildet, kam allenfalls die selbständige Anschließung in Betracht. Dieser Rechtsbehelf ist hier aber erst in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG und damit verspätet eingelegt worden.

Der Senat hat aber keine Bedenken, auf diesen Antrag des Klägers gem. § 202 SGG den in § 537 der Zivilprozeßordnung (ZPO) normierten allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsatz anzuwenden, wonach ein fehlerhaft im ersten Rechtszuge verbliebener Teil des Verfahrens dadurch in das Berufungsverfahren mit einbezogen werden darf, daß der Kläger einen entsprechenden Antrag stellt und die übrigen Beteiligten sich darauf einlassen (Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 36. Aufl, § 537 Anm 1 B; vgl auch BSGE 27, 146, 149; BSG SozR 1500 § 96 Nr. 6 S. 10). Hier hat der Kläger vor dem LSG einen den gesamten Zeitraum der Änderung der Beitragseinstufung umfassenden Antrag gestellt, und die Beklagte hat sich hierauf auch rügelos eingelassen.

Die vom Kläger beantragte Versetzung in eine niedrige Lohnstufe (§ 313a Abs. 1 Satz 1 RVO) ist ebenso wie die - von weiteren, engeren Voraussetzungen abhängige - Versetzung von Amts wegen in eine höhere Lohnstufe von den "Einkommensverhältnissen" des Klägers (§ 313a Abs. 1 Satz 1 RVO) bzw seinem "Gesamteinkommen" (§ 313a Abs. 1 Satz 2 RVO) abhängig. Beide Begriffe entsprechen einander (BSGE 7, 164, 167; 37, 127, 128; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand: 8. Aufl bis einschließlich 49. Nachtrag, S. 346 c). Sie können deshalb auch als Synonym gebraucht werden.

Entgegen der von der Revision vertretenen Ansicht hat der 3. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in Übereinstimmung mit dem Schrifttum (vgl Brackmann aaO) den Einkommensbegriff iS des § 313a Abs. 1 RVO bereits mehrfach in einem dem steuerrechtlichen Einkommensbegriff nicht entsprechenden Sinne dahin umrissen, daß darunter die "gesamte wirtschaftliche Lage" des Versicherten zu verstehen ist (BSGE 7, 167; 10, 80; ebenso Bayerisches LSG, Urteil vom 4. Oktober 1973 Beitragsrecht 477 A 7 a 5; Brackmann aaO). Unter Gesamteinkommen iS des § 313a Abs. 1 RVO sind daher nicht nur die Einkünfte der Einkunftsarten iS der §§ 2 Abs. 1, 13 bis 23 EStG, sondern auch Unterhaltsleistungen oder sonstige Zuwendungen verstanden worden (BSGE 7, 164; 37, 127: Unterhaltsleistungen; BSGE 42, 49, 52: Einkommen des Ehemannes einer Versicherten; BSGE 10, 78; Sachleistungen Dritter; Bayer. LSG aaO: Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung). Da unter den Beteiligten nur die Anrechnung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung neben Einkünften aus unselbständiger Arbeit umstritten ist, brauchte der Senat nicht dazu Stellung zu nehmen, welche Einkünfte insgesamt das Gesamteinkommen iS des § 313a Abs. 1 RVO bilden.

Der Senat hat keine Bedenken, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung den Einkommensverhältnissen iS des § 313a Abs. 1 Satz 1 RVO (dem Gesamteinkommen iS des § 313a Abs. 1 Satz 2 RVO) hinzuzurechnen, weil sie die wirtschaftliche Lage des Versicherten mitgestalten. Das LSG ist daher zutreffend davon ausgegangen, daß die Einkünfte des Klägers aus der Bewirtschaftung des ihm zur Hälfte gehörenden Zweifamilienhauses Teil seines Gesamteinkommens iS des § 313a Abs. 1 RVO ist (ebenso Brackmann aaO; Bayer. LSG aaO). Der Streit der Beteiligten betrifft in erster Linie auch nur die daran anknüpfende Frage, in welchem Umfange diese Einkünfte in das Gesamteinkommen einzubeziehen sind. Das LSG hat das sogenannte Bruttoprinzip uneingeschränkt zugrunde gelegt und deshalb die Einnahmen des Klägers aus Vermietung und Verpachtung ungekürzt seinem Gesamteinkommen zugerechnet. Es meint insbesondere, die Werbungskosten im steuerrechtlichen Sinne und von diesen vor allem die vom Kläger geltend gemachten Absetzungen für Abnutzung und Substanzverringerung einschließlich der Sonderabschreibungen nach den §§ 7 b, 54 EStG seien nicht absetzbar. Dieser Ansicht ist nur mit Einschränkungen zuzustimmen. Das LSG ist zwar zutreffend davon ausgegangen, daß das Sozialrecht vom Grundsatz des sozialen Ausgleichs (Solidaritätsprinzip) beherrscht wird (BVerfGE 11, 105, 117; 14, 312, 318). Für die gesetzliche Krankenversicherung ist deshalb auch zutreffend in Rechtsprechung und Schrifttum wiederholt darauf hingewiesen worden, daß der Grundgedanke der Solidarität der Versicherten es bei den freiwillig Weiterversicherten ebenso wie bei den Pflichtversicherten verbietet, bei der Beitragsbemessung die individuellen Verhältnisse in einem über § 313a RVO und die in der Satzung eröffneten Möglichkeiten hinausgehenden Umfang zu berücksichtigen (BSGE 14, 104, 109; 42, 49, 53; Brackmann aaO, Bayer. LSG aaO). Allein deshalb ist bei der Beitragsbemessung nicht nur bei den Pflichtversicherten, sondern auch bei den freiwillig Weiterversicherten grundsätzlich das Bruttoeinkommen zugrunde zu legen (BSGE 42, 49, 53), ohne daß es auf die Einkunftsart ankommt (vgl ebenso zu § 1248 Abs. 4 b RVO: BSG Urteil vom 30. Mai 1978 - 1 RA 57/77 - SozR 2200 § 1248 Nr. 23). Dieser Grundsatz ist jetzt auch in den §§ 14 bis 16 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV) kodifiziert worden. Deshalb müssen steuerliche Gesichtspunkte, insbesondere soweit sie die wirtschafts-, eigentumsbildungs- und wohnbauförderungspolitische Zielvorstellung des Gesetzgebers verwirklichen, außer Betracht bleiben. Allein schon aus diesem Grunde sind Abschreibungen iS des § 7 b EStG bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht zu berücksichtigen. Diese Abschreibungen haben neben der Förderung der Vermögensbildung vor allem, wie insbesondere § 51 Abs. 2 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums vom 8. Juni 1967 (BGBl I 582) erkennen läßt, eine wirtschaftspolitische Zielsetzung.

Andererseits bestehen aber keine Bedenken, für die Abgrenzung des Einkommens aus Vermietung und Verpachtung und für die Berücksichtigung im Rahmen des Gesamteinkommens iS des § 313a Abs. 1 RVO steuerliche Gesichtspunkte entsprechend heranzuziehen, soweit sie betriebswirschaftlicher Art sind. So hat der 3. Senat des BSG bereits - wenn auch nur beiläufig - dargelegt (BSGE 22, 173, 181), daß bei den übrigen Einkommensarten Betriebsausgaben und Werbungskosten abzusetzen seien. Entsprechend hat das BSG für die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit entscheiden (BSGE 30, 61, 64; Urteil des 1. Senats vom 30. Mai 1978 - 1 RA 57/77 - SozR 2200. § 1248 Nr. 23. Der 1. Senat (aaO) hat mit Recht darauf hingewiesen, daß das Gesetz (in § 1248 Abs. 4 Buchst b RVO) auf die um die Betriebsausgaben verminderten Einkünfte - den Rohgewinn iS des Einkommensteuerrechts abstellt. Gerade bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entspricht ein Teil der aus den Mieteinnahmen zu bestreitenden Kosten für das vermietete Objekt den Betriebsausgaben aus selbständiger Tätigkeit (vgl Blümich-Falk, Einkommensteuergesetz, Stand: 1978, § 21 Anm VII 1). Deshalb können die bei der Bewirtschaftung von Zwei- oder Mehrfamilienhäusern erzielten Bruttoeinnahmen nicht uneingeschränkt als Einkünfte und damit als Teile des Gesamteinkommens iS des § 313a Abs. 1 RVO berücksichtigt werden. Vielmehr müssen - anders als die Abschreibungen zur Sicherung, Erhaltung oder Stärkung der Substanz - von den Bruttoeinnahmen alle Aufwendungen abgesetzt werden, die durch die mit dieser Einkunftsart verbundene wirtschaftliche Tätigkeit veranlaßt sind und nicht dem Gebiet der privaten Lebensführung angehören. Es handelt sich dabei um die im Einkommensteuerrecht sogenannten echten Werbungskosten (Blümich-Falk aaO § 9 Anm 2), die zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aufgewendet werden müssen (BSGE 30, 61, 64). Dazu gehören insbesondere Betriebskosten aller Art. Versicherungsbeiträge und der Erhaltungsaufwand, soweit sich diese Ausgaben auf das Gebäude beziehen und der Einkommenserzielung in der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung dienen. Denn diese Ausgaben mindern das wirtschaftliche Ergebnis in dieser Einkommensart unmittelbar. Die nach der Bereinigung um diese Kosten erzielten sogenannten Reineinkünfte sind das Bruttoeinkommen aus Vermietung und Verpachtung. Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des 7. Senats des BSG zur vergleichbaren Abgrenzung der Bedürftigkeit iS des § 138 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsförderungsgesetzes -AFG- BSG Urteil vom 10. Juni 1977 - 7 RAr 1/77 - SozR 4100 § 138 Nr. 2) und der erforderlichen Mittel iS des § 40 AFG - BSG Urteil vom 10. Juni 1977 - 7/12 RAr 43/76 - SozR 4100 § 40 Nr. 15) sowie des 5. Senats des BSG zur vergleichbaren Abgrenzung der Unterhaltsberechtigung eines Familienangehörigen im Rahmen des § 205 RVO - BSG Urteil vom 29. Juni 1978 - 5 RKn 39/76 - SozR 2200 § 205 Nr. 15). Beide Senate sind ebenfalls davon ausgegangen, daß bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung Aufwendungen, die der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung dieser Einnahmen dienen, als Werbungskosten abzuziehen sind. Schließlich ist dieser Grundsatz jetzt auch in § 16 SGB IV normiert (vgl auch Krause/von Maydell/Merken/Meydam, Gemeinschaftskommentar zum SGB - GK - SGB IV -, § 16 Rz 11).

Abweichend von der vom LSG vertretenen Ansicht bestehen keine Bedenken, bei der Ermittlung des Gesamteinkommens iS des § 313a Abs. 1 RVO nicht nur den Verlustausgleich in einer Einkommensart, sondern auch den Verlustausgleich unter den verschiedenen Einkommensarten zuzulassen. Die Begriffe "Einkommensverhältnisse" und "Gesamteinkommen" erfordern schon sprachlich eine umfassende Sicht. Soll als Einkommen die "gesamte wirtschaftliche Lage" des Versicherten richtig erfaßt werden, müssen die nach dem Ausgleich in einer bestimmten Einkommensart verbleibenden Verluste mit den übrigen Einkünften ausgeglichen werden. Erst wenn die positiven und die negativen Einkünfte aller bei der Ermittlung des Gesamteinkommens nach § 313a Abs. 1 RVO zu berücksichtigenden Einkommensarten verrechnet sind, steht das Gesamteinkommen iS dieser Vorschrift fest (ebenso BSG, SozR 4100 § 138 Nr. 2). Wird die vom erkennenden Senat vertretene Rechtsauffassung zugrunde gelegt, ist der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif. Das LSG hat hinsichtlich der Einkommensverhältnisse des Klägers nur auf den Steuerbescheid für 1974 (idF vom 3. Dezember 1975) Bezug genommen. Dieser Bescheid weist jedoch nur die gemeinschaftlichen Einkünfte des Klägers und seiner Ehefrau und den gesamten Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 18.128,-- DM aus. Damit sind die Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung nicht in einer für die Ermittlung seines Gesamteinkommens iS des § 313a Abs. 1 RVO ausreichenden Weise differenziert. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts reichen deshalb nicht aus, um dem Senat eine abschließende Entscheidung zur Sache zu ermöglichen. Das LSG wird die insoweit noch erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben. Je nach dem Ausgang dieser Ermittlungen wird das LSG möglicherweise darüber hinaus zu prüfen haben, inwieweit die im Einkommensteuerbescheid für 1974 ausgewiesenen Einkünfte aus Kapitalvermögen Teil des Gesamteinkommens des Klägers iS des § 313a Abs. 1 RVO sind.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1455806

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