Beteiligte

1. Barmer Ersatzkasse -Pflegekasse-

2. Humboldt-Universität zu Berlin, Universitätsklinikum Charité

Barmer Ersatzkasse

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 3. September 1998 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Streitig ist die Versicherungspflicht der Klägerin in der Krankenversicherung.

Die 1965 geborene Klägerin legte 1984 das Abitur ab. Sie ist Mitglied der beklagten Krankenkasse. Zunächst war sie aufgrund einer Beschäftigung versicherungspflichtig. Am 1. Oktober 1996 hat sie ein Studium an einer Hochschule aufgenommen. Seit diesem Zeitpunkt übt sie eine Teilzeitbeschäftigung mit einer Arbeitszeit von 19,25 Stunden in der Woche aus.

Die Klägerin beantragte daraufhin bei der Beklagten, sie nach § 5 Abs 1 Nr 9 des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) als versicherungspflichtige Studentin in der Krankenversicherung der Studenten (KVdS) zu versichern. Die Beklagte lehnte diesen Antrag ab und stufte die Klägerin ab 1. Oktober 1996 als freiwillig Versicherte ein (Bescheid vom 15. November 1996). Die Klägerin legte Widerspruch ein und machte geltend, wenn sie nicht als Studentin versicherungspflichtig sei, sei sie während ihrer Beschäftigung in der Krankenversicherung nicht nach § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V versicherungsfrei, sondern nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V versicherungspflichtig. Die von ihr zuviel gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seien ihr zu erstatten. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 11. November 1997). In der Begründung führte sie aus, die Klägerin sei nicht als Studentin versicherungspflichtig, da sie bei Aufnahme des Studiums bereits das 31. Lebensjahr vollendet gehabt habe. Sie sei in der während des Studiums ausgeübten Beschäftigung versicherungsfrei, denn sie sei ihrem Erscheinungsbild nach Studentin. Bei ihr stehe das Studium im Verhältnis zur Teilzeitbeschäftigung im Vordergrund. Die Versicherungsfreiheit der Studenten während einer Beschäftigung bestehe auch, wenn sie nicht mehr nach § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V als Studenten versicherungspflichtig seien. Die Klägerin sei in der Krankenversicherung freiwillig versichert. Ein Anspruch auf Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung bestehe nicht.

Die Klägerin hat Klage erhoben. Das Sozialgericht (SG) hat die Pflegekasse der Barmer Ersatzkasse (Beigeladene zu 1) und den Arbeitgeber (Beigeladener zu 2) beigeladen sowie die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 3. September 1998). Das SG hat sich in den Entscheidungsgründen auf den Widerspruchsbescheid bezogen. Ergänzend hat es ausgeführt, der Einwand der Klägerin, § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V sei nur auf Studenten anzuwenden, die entweder das 30. Lebensjahr oder das 14. Fachsemester noch nicht überschritten hätten, sei nicht erheblich. Derartiges lasse sich weder aus Wortlaut noch Sinn der genannten Vorschrift entnehmen. Die deutlich unterschiedlichen Regelungen in § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V einerseits und § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V andererseits ließen keinen Schluß zu, daß § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V nur in dem zeitlichen Rahmen des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V zu gelten habe.

Die Klägerin hat Sprungrevision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung von § 5 Abs 1 Nr 1 und § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V. Sie trägt im wesentlichen vor, sie sei als Arbeitnehmerin nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V versicherungspflichtig und nicht nach § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V versicherungsfrei. Die Einschränkungen des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V sollten ganz allgemein verhindern, daß sich Personen durch eine bloße Einschreibung als Studierende Zugang zur KVdS verschaffen. Regelungszweck des § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V sei es, Werkstudenten abweichend von Arbeitnehmern, die nur nebenher studieren, von der Versicherungspflicht als Arbeitnehmer nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V freizustellen und ihnen damit zugleich den Zugang zur beitragsgünstigen KVdS zu verschaffen. Sonst wäre es unverständlich, wenn Arbeitnehmer, die oberhalb der Mindesteinkommensgrenzen liegen, nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V versicherungspflichtig wären, während Werkstudenten, die nach § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V keinen Zugang zur KVdS hätten, ihre Beiträge vollständig selbst bezahlen müßten. § 6 Abs 3 SGB V bestätige diese Auslegung.

Die Klägerin beantragt,

  1. der Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 3. September 1998 sowie der Bescheid der Beklagten vom 15. November 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 1997 werden aufgehoben.
  2. Es wird festgestellt, daß die Klägerin seit Oktober 1996 bei dem Krankenhaus Charité, Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin, als Arbeitnehmerin krankenversicherungspflichtig beschäftigt ist.
  3. Die Beklagte wird verurteilt, die wegen der unrichtigen Eingruppierung als freiwillig Versicherter seit Oktober 1996 zuviel gezahlten Beiträge nebst 4 vH Zinsen auf die jeweils seit Oktober 1996 überbezahlten Teilbeträge zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das Urteil für zutreffend. Sie trägt im wesentlichen vor, die Fachstudien- und Altersgrenzen des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V seien nicht auf die Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V zu übertragen. Aus § 6 Abs 3 SGB V sei nichts gegenteiliges zu entnehmen. § 6 Abs 3 Satz 2 SGB V habe zum Inhalt, daß der Versicherungsfreiheitstatbestand des § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V sich nur auf die während des Studiums ausgeübte Beschäftigung erstrecke. Da § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V andere Versicherungspflichttatbestände nicht verdränge, könne somit eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V bestehen. Nur dies sei Regelungsgehalt des § 6 Abs 3 Satz 2 SGB V. Es sei auch nicht zu verstehen, weshalb nach § 169b Abs 1 Nr 2 des Arbeitsförderungsgesetzes (≪AFG≫; jetzt § 27 Abs 4 des Sozialgesetzbuchs – Drittes Buch ≪SGB III≫) und bis zum 1. Oktober 1996 nach § 5 Abs 3 des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) für ordentlich Studierende eine unbegrenzte Versicherungs- bzw Beitragsfreiheit bestehen solle, während in der Krankenversicherung bei Überschreiten der Altersgrenze des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V in einer untergeordneten Beschäftigung Versicherungspflicht bestehen solle.

Die Beigeladene zu 1) schließt sich dem Antrag der Beklagten an. Die Beigeladene zu 2) stellt keinen Antrag, schließt sich jedoch ebenfalls der Ansicht der Beklagten an.

II

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Aufhebungs- und Feststellungsklage abgewiesen. Die Beklagte hat mit dem Bescheid vom 15. November 1996, mit dem sie die Klägerin ab Beginn des Studiums am 1. Oktober 1996 als nicht versicherungspflichtig und freiwillig versichert einstufte, zugleich auch die Krankenversicherungspflicht der Klägerin als Arbeitnehmerin seit dem 1. Oktober 1996 abgelehnt. Dieser Bescheid ist rechtmäßig. Die Klage auf Feststellung der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung ist unbegründet.

Die Klägerin ist mit Aufnahme des Studiums am 1. Oktober 1996 nicht als Studentin nach § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V versicherungspflichtig geworden. Versicherungspflicht als Student besteht nach Halbsatz 1 der Vorschrift bis zum Abschluß des 14. Fachsemesters, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres. Nach § 5 Abs 1 Nr 9 Halbsatz 2 SGB V sind Studenten nach Abschluß des 14. Fachsemesters oder nach Vollendung des 30. Lebensjahres nur noch versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre oder persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des zweiten Bildungsweges, die Überschreitung der Altersgrenze oder eine längere Fachstudienzeit rechtfertigen. Die Klägerin hatte bei Aufnahme des Studiums die Altersgrenze für die Zugehörigkeit zur KVdS bereits überschritten. Ein Grund, der nach Halbsatz 2 der Vorschrift ein Überschreiten der Altersgrenze rechtfertigen könnte, ist nicht festgestellt worden.

Die Klägerin ist in ihrer während des Studiums ausgeübten Teilzeitbeschäftigung nicht nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V versicherungspflichtig, denn sie ist nach § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V versicherungsfrei. Nach dieser Vorschrift sind versicherungsfrei Personen, die wie die Klägerin während ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Davon, daß die Klägerin sich überwiegend dem Studium widmet und ihrem Erscheinungsbild nach Studentin ist, ist das SG mit den Beteiligten ausgegangen.

Die Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V ist hier nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin als Studentin wegen Überschreitens der Altersgrenze von 30 Jahren nach § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V nicht versicherungspflichtig ist. Die Versicherungsfreiheit der Studenten nach § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V in einer Beschäftigung während der Dauer ihres Studiums ist vom Bestehen der Versicherungspflicht als Student nach § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V nicht durch eine ausdrückliche Bezugnahme in der Vorschrift abhängig gemacht worden. Diese Versicherungsfreiheit ist auch nicht in entsprechender Anwendung der Regelungen über die zeitliche Begrenzung der Versicherungspflicht in § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V zu beschränken.

Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, daß § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V eine Regelung ist, die in ähnlicher Form seit Einführung der Reichsversicherungsordnung (RVO) bestanden hatte (vgl zur Rechtsentwicklung BSGE 71, 144, 145 f = SozR 3-2200 § 172 Nr 2 und die Anm von Trenk-Hinterberger, SGb 1993, 369). Bereits § 172 Abs 1 Nr 5 RVO idF der Ersten Verordnung zur Vereinfachung des Leistungs- und Beitragsrechts in der Sozialversicherung (1. SVVereinfV) vom 17. März 1945 (RGBl I 41) bestimmte, daß Personen versicherungsfrei sind, die zu oder während ihrer wissenschaftlichen Ausbildung für den zukünftigen Beruf tätig sind und regelte damit für Studenten die Versicherungsfreiheit in gleicher Weise wie jetzt § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V. Die Versicherungsfreiheit der Studenten während einer Beschäftigung wurde nicht aufgehoben, als mit dem Gesetz über die Krankenversicherung der Studenten (KVSG) vom 24. Juni 1975 (BGBl I S 1536) die Versicherungspflicht der Studenten in § 165 Abs 1 Nr 5 RVO eingeführt wurde. § 172 Abs 1 Nr 5 RVO wurde nur neu gefaßt und entsprach seitdem mit der Beschränkung des Personenkreises auf Studenten dem jetzigen § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V. Eine Bezugnahme in dem Sinne, daß die neu eingeführte Versicherungspflicht als Student Voraussetzung für die Versicherungsfreiheit während des Studiums in der Beschäftigung sei, erfolgte damals nicht. Das Gesetz regelte in § 165 Abs 6 Satz 2 RVO nur die Konkurrenz von Beschäftigungsversicherung und Versicherungspflicht als Student im Sinne eines Vorrangs der Beschäftigungsversicherung. Diese Vorschrift war Bestätigung und Konsequenz der schon damals bestehenden Rechtsprechung zur Beschränkung der Versicherungsfreiheit nach § 172 Abs 1 Nr 5 RVO auf Personen, die ihrem Erscheinungsbild nach Studenten waren (Werkstudenten). Personen, die zwar als Studenten an einer Hochschule eingeschrieben, bei denen aber die Beschäftigung wegen ihrer Art oder ihres Umfangs im Verhältnis zum Studium im Vordergrund stand, waren nach der Rechtsprechung nicht nach § 172 Abs 1 Nr 5 RVO versicherungsfrei und blieben wegen § 165 Abs 6 Satz 2 SGB V auch nach Inkrafttreten des KVSG in ihrer Beschäftigung versicherungspflichtig. Studenten, die sich von der Versicherungspflicht in der KVdS nach dem mit dem KVSG eingefügten § 173d RVO (jetzt: § 8 Abs 1 Nr 5 SGB V) befreien ließen, waren als Werkstudenten dagegen für die Dauer des Studiums versicherungsfrei.

Die Versicherungsfreiheit der Studenten während einer Beschäftigung in der Krankenversicherung (§ 6 Abs 1 Nr 3 SGB V) hatte bis zum 30. September 1996 eine Entsprechung in der Rentenversicherung, zuletzt in § 5 Abs 3 SGB VI (gestrichen durch das Gesetz vom 25. September 1996 ≪BGBl I S 1461≫) und hat diese weiterhin in der Arbeitslosenversicherung in § 27 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGB III (früher: § 169b AFG). Der Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung und Beitrags- oder jetzt Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung in einer Beschäftigung während des Studiums entsprach oder entspricht keine Versicherungspflicht als Student. Es bestanden damit im Zeitpunkt des Inkrafttretens des SGB V in drei Versicherungszweigen wörtlich fast gleichlautend und inhaltlich nicht unterschiedliche Regelungen, die Versicherungsfreiheit zeitlich unbeschränkt anordneten (vgl speziell zur Rechtslage in der Rentenversicherung BSGE 71, 144 = SozR 3-2500 § 172 Nr 2). Wenn beabsichtigt gewesen wäre, daß nunmehr in einem der Versicherungszweige die Versicherungsfreiheit zeitlich nur eingeschränkt gelten solle, hätte eine ausdrückliche Regelung nahegelegen.

Die Gründe, die dafür genannt werden, in entsprechender Anwendung der zeitlichen Grenzen für die Versicherungspflicht in § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V die Geltung von § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V zu beschränken, überzeugen nicht. Die Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V braucht nicht deshalb auf Studenten, die nach § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V versicherungspflichtig sind, beschränkt zu werden, weil sonst Personen allein durch die Einschreibung als Studenten auf Dauer in einer Beschäftigung versicherungsfrei sein könnten. Diese in der Literatur häufig vertretene Ansicht (vgl Gerlach in Hauck/Haines Sozialgesetzbuch, § 6 SGB V RdNrn 71 ff ≪Stand Juli 1989≫; Zipperer in GKV-Komm § 6 SGB V ≪Stand April 1995≫ RdNr 33 und Breuer in GemeinschaftsKomm zum SGB, § 6 SGB V RdNr 75 ≪Stand November 1990≫) ist unzutreffend. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, daß die Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V schon bisher auf Werkstudenten beschränkt ist, also auf solche Studierende, die ungeachtet der ausgeübten Beschäftigung ihrem Erscheinungsbild nach Student sind. Damit sind die Krankenkassen hinreichend davor geschützt, daß Personen die Einschreibung als Student benutzen, um die Versicherungspflicht in einer hauptberuflich oder überwiegend ausgeübten Beschäftigung zu vermeiden.

Die Revision meint weiter, die Versicherungsfreiheit der Werkstudenten in der Beschäftigung sei für Studenten, die nicht der KVdS angehörten, ein Nachteil. Zutreffend ist, daß insbesondere Studenten, die eine regelmäßige, aber dem Studium untergeordnete Beschäftigung ausüben, nach dem Ende der KVdS unter Umständen schlechter gestellt sind als Arbeitnehmer. Diese Studenten müssen, wenn sie in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sein wollen, ihren Beitrag allein tragen, während bei vergleichbar Beschäftigten, die als Arbeitnehmer versicherungspflichtig sind, der Arbeitgeber die Hälfte des Beitrags trägt. Dies ist aber notwendige Folge der Begünstigung, als Student während einer Beschäftigung versicherungsfrei zu sein. Das Argument, die Versicherungsfreiheit sei ein Nachteil, kann im Einzelfall gegen jede Regelung der Versicherungsfreiheit vorgebracht werden. Die Versicherungsfreiheit bedeutet stets auch den Ausschluß von der Versicherungspflicht und damit unter Umständen von günstigen Beitragsregeln, die mit der Versicherungspflicht verbunden sind. Dieser Nachteil trifft die nach § 8 Abs 1 Nr 5 SGB V von der Versicherungspflicht befreiten Studenten in gleicher Weise von Beginn ihres Studiums an.

Eine Beschränkung des Geltungsbereichs von § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V im Sinne der Revision ist auch nicht deshalb geboten, weil die Versicherungsfreiheit der Werkstudenten insbesondere in der Krankenversicherung in einem gewissen Widerspruch zur KVdS steht. Der Gesetzgeber, der in § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V eine Pflichtversicherung für Studenten anordnet, erkennt damit selbst an, daß für eine versicherungsrechtliche Absicherung des Risikos Krankheit bei den Studenten ein Bedarf besteht. Nach dem System der gesetzlichen Krankenversicherung wird das Risiko Krankheit während einer Beschäftigung aber grundsätzlich durch Versicherungspflicht in der Beschäftigung gedeckt. Bei Einführung der KVdS wurde die Beibehaltung der Versicherungsfreiheit der Werkstudenten damit begründet, es solle ein ständiger Wechsel des Versicherungsgrundes vermieden werden (BT-Drucks 7/3640 S 7). Die Probleme, die durch einen solchen ständigen Wechsel entstehen, rechtfertigen weiterhin die Versicherungsfreiheit. Für die KVdS und die versicherungspflichtigen Beschäftigten bestehen jeweils unterschiedliche Vorschriften über die beitragspflichtigen Einnahmen (§ 226 und § 236 SGB V), die Beitragssätze (§ 241 iVm der jeweiligen Satzungsregelung und § 245 SGB V), die Beitragstragung (§ 249 und § 250 Abs 1 Nr 3 SGB V) sowie die Beitragszahlung (§ 252 und § 254 SGB V). Bei den häufig zeitlich begrenzten Beschäftigungen während des Studiums hätte der Wechsel des Versicherungsgrundes zur Folge, daß die genannten Vorschriften ständig wechselnd anzuwenden wären. Dies wird durch die Versicherungsfreiheit der Werkstudenten vermieden. Vergleichbare Probleme wie bei dem Wechsel des Versicherungsgrundes in der Pflichtversicherung würden auch auftreten, wenn durch häufig nur kurzzeitige Beschäftigungen während des Studiums, ein Wechsel zwischen Zeiten der Versicherungspflicht aufgrund der Beschäftigung und versicherungsfreien Zeiten eintreten würde. Dies gilt für alle Studenten, die nicht der KVdS angehören, gleichgültig ob sie nach § 8 Abs 1 Nr 5 SGB V befreit sind, oder ob sie die Alters- oder Studiendauergrenzen des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V überschritten haben. Einen Sachverhalt wie bei der Klägerin, die längere Zeit bei einem Arbeitgeber während des Studiums arbeitete, mußte der Gesetzgeber nicht als Regelfall unterstellen. Ein weiterer Grund für das Beibehalten der Versicherungsfreiheit der Werkstudenten kann außerdem darin gesehen werden, daß der Status als Student vorübergehend ist und dem Studenten die Entscheidung über die Art der Versicherung nach Abschluß des Studiums – gesetzliche Krankenversicherung oder Privatversicherung – wegen der Höhe des dann zu erwartenden Verdienstes häufig offenstehen wird.

Eine entsprechende Anwendung der zeitlichen Grenzen des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V bei der Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V erscheint darüber hinaus sogar ausgeschlossen, weil sie bei den nach § 8 Abs 1 Nr 5 SGB V von der Versicherungspflicht in der KVdS befreiten Studenten Folgeprobleme hätte, die zusätzliche gesetzliche Regeln erfordern würden. Die Revision meint, nach § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V sei die Versicherungsfreiheit als Student während einer Beschäftigung stets, aber auch nur dann gegeben, wenn die Alters- und Studiendauergrenzen des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V eingehalten werden. Folgte man der Ansicht der Revision zum Geltungsbereich des § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V, würde dann auch ein bisher unwiderruflich (vgl § 8 Abs 2 Satz 3 SGB V) von der Versicherungspflicht befreiter Student in einer bisher versicherungsfreien Beschäftigung versicherungspflichtig (vgl für diese Ansicht: Breuer in GemeinschaftsKomm zum SGB, § 6 SGB V RdNr 73 ≪Stand November 1990≫), denn die Befreiung nach § 8 Abs 1 Nr 5 SGB V ist nur solange wirksam, wie die Versicherungspflicht als Student dem Grunde nach besteht, verliert also mit dem Überschreiten der Studiendauer- oder Altersgrenzen des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V ihre Wirksamkeit. Die Ansicht ist konsequent, weil sie berücksichtigt, daß der Geltungsbereich von § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V für Studenten, die bisher nach § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V versicherungspflichtig waren und für Studenten, die nach § 8 Abs 1 Nr 5 SGB V von der Versicherungspflicht befreit sind, im gleichen Maß beschränkt werden müßte, eben weil die Versicherungsbefreiung nach § 8 Abs 1 Nr 5 SGB V nur innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V wirksam ist. Aus der Sicht der Studenten, die sich nach § 8 Abs 1 Nr 5 SGB V haben befreien lassen, gibt es jedoch keinen Grund für eine zeitliche Begrenzung der Versicherungsfreiheit in einer Beschäftigung. Bei diesen Studenten tritt mit dem Überschreiten der Studiendauer- oder Altersgrenzen des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V keine Änderung des bisherigen Krankenversicherungsschutzes ein. Sie sind als Studenten in einer Beschäftigung versicherungsfrei, gleichgültig ob und wie sie gegen das Risiko Krankheit versichert sind. Der Eintritt von Versicherungspflicht in einer Beschäftigung während des Studiums wäre aus Sicht dieser Studenten ausschließlich ein Eingriff in ihren Status als versicherungsfrei beschäftigte Werkstudenten. Für diesen Eingriff als Folge einer entsprechenden Anwendung der Grenzen des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V fehlt bei diesen Studenten eine Rechtfertigung.

Darüber hinaus würden bei einer zeitlichen Begrenzung der Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V bei den nach § 8 Abs 1 Nr 5 SGB V befreiten Studenten erhebliche Unsicherheiten bei der Rechtsanwendung auftreten. Die Alters- und Studiendauergrenzen des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V gelten nicht absolut. Sie können bei Vorliegen der in Halbsatz 2 genannten Ausnahmegründe – insbesondere Erwerb der Hochschulreife im zweiten Bildungsweg – überschritten werden. Die Krankenkassen entscheiden nur bei der Aufnahme in die oder der Aufrechterhaltung der KVdS zugleich, ob ein solcher Ausnahmetatbestand gegeben ist. Bei der Beschäftigung eines nach § 8 Abs 1 Nr 5 SGB V befreiten Studenten gibt es keine derartige Entscheidung. Würde man die Versicherungsfreiheit im Sinne der Revision zeitlich begrenzen, müßte hier der Arbeitgeber, schon um die notwendigen Meldungen nach § 28a des Sozialgesetzbuchs – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung zu machen, im Einzelfall selbst entscheiden, ob die Befreiung noch wirksam ist. Er könnte die zur Beurteilung notwendigen Tatsachen weder aus den Angaben für das Beschäftigungsverhältnis noch aus einer Studienbescheinigung sicher erkennen. Wenn gewollt gewesen wäre, daß die Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V im Sinne der Revision zeitlich begrenzt wäre, hätte der Gesetzgeber für diesen Fall eine Regelung getroffen und treffen müssen.

Die Ansicht der Revision, die Versicherungsfreiheit während einer Beschäftigung sei nur erhalten geblieben, um für die Zeit vor Erreichen der Studiendauer- oder Altersgrenzen des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V – aber auch nur für diese Zeit – den Studenten auf jeden Fall und ungeachtet des Verdienstes aus einer Beschäftigung die beitragsgünstige KVdS ohne Nachteile zu garantieren, unterstellt dem Gesetzgeber eine Absicht, die nicht erkennbar ist. Allein die Absicht der Begünstigung der Studenten gegenüber den sonstigen Beitragszahlern würde die Versicherungsfreiheitsregelung in § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V nicht rechtfertigen. Würde dem Gesetzgeber diese Absicht unterstellt, so wäre vielmehr die Rechtfertigung für die Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V überhaupt entfallen.

Soweit die Ansicht vertreten wird, § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V sei eher eine Vorrangigkeitsvorschrift (Gerlach in Hauck/Haines Sozialgesetzbuch, § 6 SGB V RdNr 1 ≪Stand Juli 1999≫) rechtfertigt auch dieses keine Beschränkung der Versicherungsfreiheit der Werkstudenten auf die Zeiten, in denen sie zur KVdS gehören. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, eine solche Beschränkung ergebe sich aus § 6 Abs 3 Satz 2 SGB V. Nach dieser Vorschrift gilt die in Satz 1 angeordnete absolute Versicherungsfreiheit nicht für die Personen, die nach § 6 Abs 1 Nr 3, also als Studenten, während ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind. Diese Ausnahme von Satz 1 bedeutet für die Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V eine notwendige Korrektur der in Satz 1 angeordneten absoluten Versicherungsfreiheit. Diese Versicherungspflicht hat im Verhältnis zur Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V überhaupt nur Bedeutung, wenn sie ungeachtet der Versicherungsfreiheit in einer Beschäftigung besteht. Ohne § 6 Abs 3 Satz 2 SGB V würde während jeder Beschäftigung, die nur nach § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V versicherungsfrei ist, auch die Pflichtversicherung als Student entfallen. Ein Zusammenhang der Vorschrift mit der zeitlichen Begrenzung der Versicherungspflicht in § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V besteht jedoch nicht, denn die Vorschrift wäre auch ohne eine zeitliche Begrenzung notwendig, um der Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 9 SGB V den Vorrang gegenüber der Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs 1 Nr 3 SGB V einzuräumen.

Ein Anspruch auf Beitragserstattung besteht nicht. Die von der Klägerin als freiwilliges Mitglied der Beklagten entrichteten Beiträge sind zu Recht entrichtet worden.

Die unbegründete Revision war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.

 

Fundstellen

Haufe-Index 542729

NJW 2000, 3443

NWB 1999, 3961

SGb 1999, 699

RdW 2000, 54

SozSi 2000, 207

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