Tenor

Die Revision der Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 11. November 1987 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten. Im übrigen sind außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten noch darum, daß die beklagte Allgemeine Ortskrankenkasse vom Kläger nachträglich Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) aus Versorgungsbezügen für die Zeit vom 1. April 1983 bis zum 31. August 1985 verlangen kann.

Der Kläger ist aufgrund des Bezuges einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Beklagten pflichtversichert. Auf einem Fragebogen der Beklagten gab er im November 1982 an, seine monatliche Rente betrage 1.258,10 DM. Außerdem erhalte er an Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) monatlich 1.148,50 DM. Die Beklagte teilte dem Kläger im Januar 1983 mit, seinem Wunsch, die Beiträge von den Versorgungsbezügen selbst einzuzahlen, könne nur bis März 1983 entsprochen werden. Vom 1. April 1983 an beginne der Einbehalt durch die VBL In den Verwaltungsvorgängen der Beklagten finden sich zwei an die VBL adressierte Schreiben vom 3. Januar 1983. In dem einen wurde unter Angabe der persönlichen Daten des Klägers und des (halben) Beitragssatzes (6,4%) u.a. ausgeführt, daß Beiträge von den Versorgungsbezügen vereinbarungsgemäß vom 1. April 1983 an einzubehalten und abzuführen seien. In dem anderen Schreiben hieß es, der Kläger erhalte Versorgungsbezüge, von denen Beiträge zu entrichten seien, die unmittelbar von ihm gezahlt würden. Beitragspflicht bestehe ab 1. Januar 1983.

Der Kläger zahlte den verlangten Monatsbeitrag. von 73,50 DM für die Zeit von Januar bis März 1983 an die Beklagte. Im Anschluß daran unterblieb der Einbehalt durch die VBL vom, 1. April 1983 an. Im Mai 1985 schrieb die Beklagte erneut an die VBL und gab für den Beitragseinbehalt ab 1. September 1985 einen (halben) Beitragssatz von 6,00% an. Vom 1. September 1985 behielt die VBL nunmehr die Beiträge ein.

Mit Bescheid vom 17. September 1985 verlangte die Beklagte vom Kläger Beiträge in Höhe von 2.113,06 DM. Der Betrag setzte sich aus einer Nachforderung von 7,80 DM für das erste Quartal 1983 und aus Beiträgen zusammen, die von April 1983 bis August 1985 von den Versorgungsbezügen nicht einbehalten worden waren. Die Beklagte führte im Bescheid und in vorangegangenen Schreiben vom 19. Juni und 3. Juli 1985 aus: Da der Beitragseinbehalt durch die VBL unterblieben sei, habe nunmehr sie, die Beklagte, die Beiträge beim Kläger einzuziehen. Dieser habe das Unterbleiben des Einbehalts erkennen müssen, weil die Mitteilungen der VBL über Neuberechnungen der Versorgungsbezüge in der Zeile „Krankenversicherungsbeiträge” keinen Eintrag enthalten hätten. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14. November 1985).

Der Kläger hat beim Sozialgericht (SG) Hildesheim Klage erhoben. Dieses hat die VBL gemäß § 75 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beigeladen. Die Beigeladene hat u.a. vorgetragen, sie könne an dem Unterbleiben des Beitragseinbehalts erst dann ein Verschulden treffen, wenn ihr von der zuständigen Krankenkasse gemäß § 393a Abs. 2 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) die Höhe der nach den Versorgungsbezügen zu zahlenden Beiträge mitgeteilt worden sei. Das sei erst im Jahre 1985 geschehen, und daraufhin habe sie vom 1. September 1985 an mit dem Beitragseinbehalt begonnen. Das SG hat durch Urteil vom 16. Mai 1986 den angefochtenen Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben.

Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen hat die Berufung der Beigeladenen und die Berufung der Beklagten, die es als unselbständige Anschlußberufung für zulässig gehalten hat, durch Urteil vom 11. November 1987 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte könne die Beiträge vom Kläger nicht mehr fordern. Die gesetzliche Regelung in § 393a Abs. 2. Sätze 1, 5 und 6 RVO lasse bei größeren Zahlstellen wie der Beigeladenen eine Beitragsforderung der Krankenkasse gegen den Versicherten nur zu, wenn der Einbehalt durch die Zahlstelle ohne Verschulden unterblieben sei. Hier treffe jedoch die beigeladene Zahlstelle ein Verschulden. Sie habe aus dem Rentenbescheid des Klägers, der ihr vorgelegen habe, auf die Beitragspflicht der Versorgungsbezüge schließen müssen. Auch das in Absprache mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen am 29. April/12. Juli 1982 festgelegte „Zahlstellenverfahren” habe sie nicht von der gesetzlichen Pflicht entbunden, von sich aus und ggf. zunächst vorsorglich Beiträge von den Versorgungsbezügen einzubehalten. Davon abgesehen sei aufgrund des Anscheinsbeweises davon auszugehen, daß sie die Mitteilung der Beklagten über den vorzunehmenden Einbehalt erhalten habe. Wenn die Mitteilung nicht alle erforderlichen Angaben enthalten habe, sei die Beigeladene, deswegen nicht berechtigt gewesen, die Mitteilung unbearbeitet zurückzusenden. Falls die weitere Mitteilung über die Einzahlung der Beiträge durch den Kläger zu Unklarheiten geführt habe, habe sie bei der Beklagten rückfragen müssen.

Gegen das Urteil richtet sich die – vom Senat zugelassene – Revision der Beigeladenen, die eine Verletzung der §§ 393a und 317 RVO rügt und im wesentlichen ausführt: Aus den genannten Vorschriften lasse sich eine Beitragsschuldnerschaft der Zahlstelle – anders als beim Arbeitgeber aus § 393 Abs. 1 Satz 1, §§ 394, 395 RVO – nicht herleiten. Vielmehr sei und bleibe der Versicherte Schuldner der Beiträge. Einem Einbehalt von Beiträgen durch die Zahlstelle habe eine Feststellung der Versicherungspflicht und der Beitrasgspflicht durch die Krankenkasse vorausgehen müssen. Ferner habe hier der Einbehalt nach dem vereinbarten Zahlstellenverfahren vorgenommen werden sollen, das wirksam an die Stelle des in § 393a RVO geregelten Verfahrens getreten sei. Der Versicherte habe gegenüber der Krankenkasse kein Leistungsverweigerungsrecht, wenn Beiträge nicht innerhalb von zwei Monaten einbehalten würden. Den Krankenkassen sei zwar das Recht eingeräumt worden die Beiträge durch die Zahlstellen einzuziehen. Sie dürften die Beiträge aber nach dem Wortlaut des § 393a Abs. 2 Satz 1 RVO auch vom Versicherten erheben. Im vorliegenden Fall könne ihr, der Beigeladenen; das Unterbleiben des Beitragsabzugs nicht angelastet werden, weil die Beklagte die Meldung nicht in der für das Zahlstellenverfahren vereinbarten Form abgegeben und die darin vorgesehene Vorlaufzeit von drei Monaten nicht eingehalten habe. Sie, die Beigeladene, sei weder verpflichtet noch berechtigt gewesen, unter diesen Umständen Beiträge von den Versorgungsbezügen einzubehalten. Nach der Grundkonzeption der gesetzlichen Regelung liege die Verantwortlichkeit für die Ermittlung der Versicherungspflichtigen und den Einzug der Beiträge bei der Krankenkasse. In der mündlichen Verhandlung trägt die Beigeladene noch vor, mangels Übergangsregelung sei auch auf den vorliegenden Sachverhalt das Gesundheitsreformgesetz (GRG) anzuwenden.

Die Beigeladene, deren Antrag sich die Beklagte ohne eine weitere Stellungnahme anschließt, beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 11. November 1987 und des Sozialgerichts Hildesheim vom 16. Mai 1986 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung die Klage gegen den angefochtenen Bescheid zurückgenommen, soweit darin Beiträge von 7,80 DM für das erste Quartal 1983 gefordert werden. Im übrigen beantragt er,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Der Beitragsforderung der Beklagten stehe § 393a Abs. 2 Satz 6 RVO entgegen. Hierbei handele es sich um eine Schutzvorschrift zugunsten des Versicherten, die § 395 Abs. 2 RVO nachgebildet und wie diese anzuwenden sei. Wenn sich die Krankenkasse, wie die Beigeladene meine, mit ihrer Beitragsforderung ohnehin immer an den Versicherten halten könne, habe § 393a Abs. 2 Satz 6 RVO keinen Sinn. Auch die Ausführungen des LSG zum Verschulden der Zahlstelle träfen zu. Die gesetzliche Verpflichtung zum Beitragseinbehalt habe nicht abbedungen werden können.

II.

Revision und Berufung der Beigeladenen sind zulässig. Allerdings hat nur sie Revision und eine zulässige Berufung eingelegt und nicht auch die Beklagte als die im ersten und zweiten Rechtszuge unterlegene Hauptbeteiligte; die unselbständige Anschlußberufung der Beklagten war, weil sie sich der Beigeladenen als Berufungsklägerin angeschlossen hat, entgegen der Ansicht des LSG unzulässig (vgl. BSGE 19, 265, 266). Die Beigeladene konnte jedoch jedenfalls deswegen allein Rechtsmittel einlegen, weil sie, obwohl vom SG nur einfach beigeladen (§ 75 Abs. 1. SGG), nach dem Urteil des erkennenden Senats vom 20. Juli 1988 – 12 RK 12/88 – notwendig beizuladen war (§ 75 Abs. 2 SGG). Ob an dieser Rechtsprechung in Zukunft festzuhalten ist, nachdem die Beitragsentrichtung von Versorgungsbezügen in § 256 des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB 5) i.d.F. des Art. 1 des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2477) neu geregelt worden ist, bedarf hier keiner Entscheidung.

Die Revision der Beigeladenen ist unbegründet. Der Beitragsbescheid der Beklagten ist von den Vorinstanzen im Ergebnis zu Recht aufgehoben worden. Denn er ist rechtswidrig.

Die Beklagte verlangt vom Kläger, der als versicherungspflichtiger Rentner ihr Mitglied ist, Beiträge von Versorgungsbezügen. Dabei ist nur noch über die Beiträge für die Zeit von April 1983 bis August 1985 zu entscheiden, nachdem der Kläger hinsichtlich des Restbetrages für das erste Quartal 1983 die Klage zurückgenommen hat. Die Rechtmäßigkeit des Bescheides ist, soweit hiernach noch streitbefangen, noch nach den Vorschriften der RVO (§ 180 Abs. 5 Nr. 2, Abs. 8 Satz 2 Nr. 5, § 381 Abs. 2 Satz 1, § 385 Abs. 2a, § 393a Abs. 2 RVO) i.d.F. des Art. 2 Nr. 2 Buchst c, Nr. 11 Buchst b, Nr. 13. Buchst c und Nr. 15 des Gesetzes über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr 1982 (RAG 1982) vom 1. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1205) zu beurteilen.

Nach § 381 Abs. 2 Satz 1 RVO trugen Versicherte, zu denen vor allem versicherungspflichtige Rentner wie der Kläger gehörten, u.a. die nach § 180 Abs. 5 RVO zu bemessenden Beiträge. Dazu zählten, wie unter den Beteiligten nicht umstritten ist, auch Beiträge vom Zahlbetrag der Bezüge, die der Kläger von der Beigeladenen als Rente der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst (§ 180 Abs. 5 Nr. 2, Abs. 8 Satz 2 Nr. 5 RVO) erhielt. Sie waren nach dem sich aus § 385 Abs. 2a RVO ergebenden halben Beitragssatz heranzuziehen. Die Beitragszahlung von den Versorgungsbezügen war in § 393a Abs. 2 RVO geregelt. Nach Satz 1 dieser Vorschrift teilte die Krankenkasse dem Versicherten und der nach Satz 2 zuständigen Zahlstelle die Höhe der nach Versorgungsbezügen zu zahlenden Beiträge mit und zog die Beiträge ein. Zahlstellen wie die Beigeladene, die regelmäßig an mehr als 30 beitragspflichtige Versicherte Versorgungsbezüge auszahlten (sog. große Zahlstellen), hatten für Versicherungspflichtige, die (wie der Kläger) eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung erhielten, die Beiträge von den Versorgungsbezügen einzubehalten und an die zuständige Krankenkasse zu entrichten. (Satz. 2). Waren in einem Monat keine Beiträge von den Versorgungsbezügen einbehalten worden, so durften sie nur bei der nächsten Zahlung von Versorgungsbezügen einbehalten werden (Satz 5). War die Einbehaltung weiterer Beiträge ohne Verschulden der Zahlstelle der Versorgungsbezüge unterblieben, so oblag der Beitragseinzug der zuständigen Krankenkasse (Satz 6). Beiträge, die nicht. einzubehalten waren, hatten die Versicherten bei der zuständigen Krankenkasse einzuzahlen (Satz 7). Die Einziehung der Beiträge aus nachgezahlten Versorgungsbezügen (vgl. § 381 Abs. 2 Satz 2 RVO) und die Erstattung von Beiträgen oblagen der zuständigen Krankenkasse (Satz 8).

Aus dieser Regelung ergibt sich für den vorliegenden Sachverhalt, daß die Beiträge von den laufenden Versorgungsbezügen des Klägers grundsätzlich durch die beigeladene Zahlstelle einzubehalten und an die, beklagte Krankenkasse zu entrichten waren und daß ein für einen Monat unterbliebener Einbehalt von der Zahlstelle nur bei der nächsten Zahlung nachgeholt werden durfte. Weitere Beiträge durften beim Versicherten durch die beklagte Krankenkassenur eingezogen werden, wenn deren Einbehalt ohne Verschulden der Zahlstelle unterblieben war. Damit hatte der Gesetzgeber die Beitragsentrichtung von Versorgungsbezügen. großer Zahlstellen in § 393a Abs. 2 RVO erkennbar entsprechend der Entrichtung des Arbeitnehmeranteils an den Beiträgen vom Arbeitsentgelt im Beschäftigungsverhältnis geregelt. Dort hatte der Arbeitgeber die Beiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) einzuzahlen (§ 393 Abs. 1 Satz 1 RVO), konnte aber den Arbeitnehmeranteil bei der Lohnzahlung abziehen (§ 394 Abs. 1 RVO). War der Abzug unterblieben, durfte er nur bei der Lohnzahlung für die nächste Lohnperiode nachgeholt werden, wenn nicht die Beiträge ohne Verschulden des Arbeitgebers verspätet entrichtet worden waren (§ 395 Abs. 2 RVO). Nur bei unverschuldet unterlassenem Einbehalt blieb demnach der versicherte Arbeitnehmer noch mit dem Arbeitnehmeranteil an den Beiträgen vom Arbeitsentgelt belastet, die dann vom Arbeitgeber auch später noch einbehalten werden konnten. Traf hingegen den Arbeitgeber ein Verschulden, wurde der Arbeitnehmer von der Beitragslast frei.

Dieses war wegen der insofern vorhandenen Ähnlichkeit der Regelung in § 393a Abs. 2 Satz 2 und 5 bis 7 einerseits und § 393 Abs. 1 Satz 1, § 394 Abs. 1, § 395 Abs. 2 RVO andererseits auch für die Beitragslast des Versicherten aus den Versorgungsbezügen anzunehmen. Damit wurde ein Empfänger von Versorgungsbezügen vor – u.U. hohen – Nachforderungen an Beiträgen ebenso geschützt wie ein Arbeitnehmer, der das Arbeitsentgelt benötigt, um den laufenden Lebensunterhalt zu bestreiten.

Nicht zu folgen ist hiernach der Auffassung der Beigeladenen, auch bei verschuldet unterbliebenem Einbehalt habe der Krankenkasse eine Beitragsforderung gegen den Versicherten zugestanden. Nach dieser Auffassung wäre das in § 393a Abs. 2 Satz. 6 RVO enthaltene Erfordernis „ohne Verschulden der Zahlstelle” unverständlich, worauf der Kläger zutreffend hinweist. Auch die Sonderregelung des Satzes 8 (Einziehung der Beiträge von nachgezählten Versorgungsbezügen durch die Krankenkasse) spricht dafür, daß das Gesetz jedenfalls bei den großen Zahlstellen grundsätzlich von Einbehalt und Abführung durch die Zahlstelle ausging und die Fälle einer Inanspruchnahme des Versicherten durch die Krankenkasse nicht mit Erfolg entgegenhalten, daß es am Ende des § 393a Abs. 2 Satz 1 RVO hieß, die zuständige Krankenkasse teile dem Versicherten … die Höhe der … Beiträge mit. „und zieht die Beiträge ein”. Mit dieser, erst während der Ausschußberatungen im Bundestag eingefügten Formulierung sollte nicht etwa die grundsätzliche Einzahlungspflicht des Versicherten gegenüber der Krankenkasse geregelt, sondern nur zum Ausdruck gebracht werden, daß die Krankenkasse und nicht, wie im Regierungsentwurf des RAG 1982 vorgesehen, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte die Beiträge einziehen sollte (Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und der FDP mit Begründung, S. 57/58 des Kurzprotokolls der 23. Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 30. September 1981; Ausschußbericht BT-Drucks. 9/884, S. 3, 59). Die von Kierstein/Krückel (Komm zur KUR, § 393a – Nr. 285 – Anm. 3.5.) vertretene Auffassung, auch bei verschuldet unterbliebenem Einbehalt habe die Krankenkasse die Beiträge zunächst vom Versicherten zu verlangen und die Zahlstelle hafte bei Verschulden nur, wenn der Beitragseinzug endgültig erfolglos bleibe, findet jedenfalls hinsichtlich der Beitragsforderung gegen den Versicherten im Wortlaut des Gesetzes keine Stütze. Sie wird auch durch andere Auslegungskriterien wie Entstehungsgeschichte, Systematik und Zweck der Regelung nicht gestützt.

Die Rechtmäßigkeit der Beitragsforderung der Beklagten hängt demnach, wie das LSG zutreffend erkannt hat, grundsätzlich davon ab, ob die Einbehaltung der Beiträge ohne Verschulden der Zahlstelle unterblieben ist. Den Ausführungen des LSG zum Verschulden der Zahlstelle stimmt der Senat jedoch nur zum Teil zu.

Aus den gesetzlichen Vorschriften, die für die hier maßgebliche Zeit von April 1983 bis August 1985 die Beitragsentrichtung von Versorgungsbezügen regelten, ergibt sich, daß auch große Zahlstellen wie die Beigeladene nicht von sich aus – etwa anhand ihnen vorliegender Rentenbescheide – nach der Versicherungs- und Beitragspflicht zu forschen sowie gegebenenfalls Beiträge einzubehalten und zu entrichten hatten. Vielmehr schrieb das Gesetz den Weg, der zu beschreiten war, im einzelnen vor: Zunächst hatte nach § 317 Abs. 8 Satz 1 RVO der Versicherungspflichtige der zuständigen Krankenkasse die Höhe der Versorgungsbezüge und die Zahlstelle mitzuteilen. Sodann mußte die Krankenkasse nach § 317 Abs. 8 Satz 2 RVO der Zahlstelle unverzüglich mitteilen, daß der Versicherungspflichtige Beiträge nach § 381 Abs. 2 RVO zu entrichten hatte. Die Krankenkasse hatte ferner nach. § 393a Abs. 2 Satz 1 RVO dem Versicherten und der Zahlstelle die Höhe der nach Versorgungsbezügen zu zahlenden Beiträge anzugeben, wobei gegenüber Versicherten – zumindest in Streitfällen – ein Bescheid zu erteilen war (vgl. BSGE 60, 274, 275/276 = SozR 2200 § 385 Nr. 16). Erst wenn die Mitteilung an die Zahlstelle erfolgt war, war diese gehalten, die Beiträge von den Versorgungsbezügen einzubehalten. Sie hatte die – ihr auf dem genannten Wege bekanntgewordene – Krankenkasse von sich aus lediglich nach § 317 Abs. 9 RVO von Veränderungen der Versorgungsbezüge in Kenntnis zu setzen. Daß der Gesetzgeber sich das Verfahren in der dargelegten zeitlichen Abfolge so vorgestellt hatte, bestätigen auch die Materialien (BT-Drucks. 9/458 S. 30; BT-Drucks. 9/884 S. 59).

Im vorliegenden Fall ist der Kläger seiner Pflicht, der Beklagten die Höhe der Versorgungsbezüge und die Zahlstelle mitzuteilen, im November 1982 nachgekommen. Er hat sogar die Beiträge für das erste Quartal 1983 selbst an die Beklagte gezahlt. Vom 1. April 1983 an ist. ihm die von ihm angebotene weitere Einzahlung verwehrt worden, weil die Beiträge von der Beigeladenen einbehalten werden sollten. Der Kläger hat demnach alles getan, was das Gesetz von ihm verlangte. Wenn er später erkannt haben sollte, daß der Einbehalt der Beiträge unterblieb, und er die Beklagte und die Beigeladene hierauf nicht aufmerksam gemacht hat, so begründete dies nach der gesetzlichen Regelung, die auf ein Verschulden der Zahlstelle abstellte, noch kein Recht der Beklagten auf nachträglichen Beitragseinzug von ihm.

Ob die Einbehaltung der Beiträge vom 1. April 1983 an ohne Verschulden der Beigeladenen unterblieben ist, hängt davon ab, ob die Beklagte ihre Mitteilungspflichten aus § 317 Abs. 8 Satz 2 und § 393a Abs. 2 Satz 1 RVO oder aus der Zahlstellenvereinbarung, falls diese wirksam war, erfüllt hat oder nicht und ob die Beigeladene, obwohl ausreichend informiert, den Einbehalt unterlassen hat. Hiernach kann das Unterbleiben des Einbehalts entweder auf einem Verschulden der Beklagten oder der Beigeladenen oder auf einem Verschulden beider beruhen. Ein etwaiges Drittverschulden wie etwa bei Verlust von Schriftstücken im Postverkehr würde die Beklagte nicht entlasten, weil sie die Beitragsentrichtung zu überwachen hatte (§ 393a Abs. 4 Satz 1 RVO).

Der Senat brauchte nicht zu entscheiden, ob die Beigeladene oder die Beklagte das Unterbleiben des Einbehalts verschuldet oder beide ein Verschulden getroffen hat. Traf die Beigeladene allein ein Verschulden oder auch nur ein Mitverschulden, so wurde der Kläger nach der dargelegten gesetzlichen Regelung frei. Nichts anderes gilt aber auch dann, wenn die Beklagte allein ein Verschulden traf. Denn dann würde diese sich auf ein eigenes rechtswidriges Verhalten berufen, um die Schuldlosigkeit der Beigeladenen und damit ihre (der Beklagten) Beitragsforderung gegen den Kläger zu begründen. Das ist mit Treu und Glauben unvereinbar.

Der Ansicht der Beigeladenen, die Neuregelung des SGB 5, die den Beitragseinzug von Versorgungsbezügen in § 256 SGB 5 und auch das Meldeverfahren in § 202 SGB 5 teilweise anders als früher geregelt hat, sei mangels Übergangsregelung auch auf Verfahren der vorliegenden Art anzuwenden, folgt der Senat nicht. Im übrigen enthält auch das neue Recht in Fällen, in denen wie hier die Versorgungsbezüge weiterhin gezahlt werden, keine Befugnis der Krankenkasse, Beiträge, deren Einbehalt durch die Zahlstelle früher unterblieben ist, nunmehr durch Bescheid vom Versicherten selbst zu fordern.

Hiernach erwies sich die Revision der Beigeladenen als unbegründet; sie war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 582831

BB 1990, 142

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