Beteiligte

Klägerin und Revisionsklägerin

Beklagte und Revisionsbeklagte

1. … 2. …

 

Tatbestand

I

Umstritten ist die Zuständigkeit von Krankenkassen.

S B (Versicherte) war als versicherungspflichtige Studentin der beklagten Angestellten-Ersatzkasse beigetreten. Nach dem Studium hatte sie die Versicherung als freiwilliges Mitglied fortgesetzt. Vom 22. August 1989 bis zum 13. Juni 1990 war sie als Arbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. Mit ihrer Klage hat die Ortskrankenkasse geltend gemacht, die Versicherte sei am 22. August 1989 ihr Mitglied geworden. Nach Beiladung der Versicherten (Beigeladene zu 1) und der Arbeitgeberin (Beigeladene zu 2) hat das Sozialgericht (SG) mit Urteil vom 3. September 1991 zugunsten der Ortskrankenkasse entschieden; das Landessozialgericht (LSG) hat die Klage mit Urteil vom 19. Mai 1992 abgewiesen. Die Zuständigkeit der Ersatzkasse folge aus § 183 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V). Der Kontinuität der Mitgliedschaft stehe nicht entgegen, daß nach § 191 Nr. 2 SGB V die freiwillige Mitgliedschaft mit Beginn einer Pflichtmitgliedschaft ende. Diese Vorschrift bewirke nur eine Änderung des Inhalts der Mitgliedschaft, lasse deren Bestand aber unberührt.

Mit der Revision rügt die Ortskrankenkasse eine Verletzung der §§ 183, 185, 191 SGB V. Sie beantragt,

das Urteil des LSG vom 19. Mai 1992 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG vom 3. September 1991 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Die Beigeladenen sind im Revisionsverfahren nicht vertreten.

II

Die Revision der klagenden Ortskrankenkasse führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Der Streit unter den Krankenkassen um die Zuständigkeit wird zutreffend im Wege der Feststellungsklage ausgetragen (BSGE 18, 190 = SozR Nr. 1 zu § 245 RVO). Bedenken gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen nicht deswegen, weil das Beschäftigungsverhältnis, für das die Zuständigkeit umstritten ist, abgeschlossen in der Vergangenheit liegt (BSGE 67, 286 = SozR 3-5428 § 4 Nr. 2).

Die Versicherte durfte während ihrer Beschäftigung als versicherungspflichtige Arbeiterin (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) nicht Mitglied der beklagten Angestellten-Ersatzkasse bleiben; sie ist nach § 173 Satz 2 SGB V Mitglied der klagenden Ortskrankenkasse geworden. Zwar steht die Zuständigkeit der Ortskrankenkassen nach § 173 Satz 1 SGB V unter dem Vorbehalt davon abweichender anderer Vorschriften. Solche greifen indessen nicht ein.

Nach § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB V konnte die Versicherte die Ersatzkasse nicht wählen, weil sie nicht als Angestellte, sondern als Arbeiterin beschäftigt war und somit - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - nicht zum Mitgliederkreis der beklagten Angestellten-Ersatzkasse gehörte.

Ein Beitrittsrecht ergibt sich auch nicht daraus, daß die Versicherte im Anschluß an die Versicherungspflicht als Studentin und vor ihrer Beschäftigung als Arbeiterin freiwilliges Mitglied der Ersatzkasse war. Die freiwillige Mitgliedschaft wurde nämlich nach § 191 Nr. 2 SGB V durch die Versicherungspflicht aufgrund der Beschäftigung beendet; sie hat während der Beschäftigung nicht nur (mit der Möglichkeit des Wiederauflebens) geruht, sondern sie ist erloschen. In diesem Sinne hat das Bundessozialgericht (BSG) die Regelung in § 165 Abs. 6 der Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw. in § 5 Abs. 8 SGB V ausgelegt, wonach als Rentner nicht versicherungspflichtig ist, für wen eine vorrangige Versicherung, insbesondere als Beschäftigter, eingreift (BSG SozR 2200 § 165 Nr. 3; BSGE 42, 113 = SozR 2200 § 165 Nr. 13; Urteil des Senats vom 21. September 1993 - 12 RK 26/91, zur Veröffentlichung bestimmt); für die Versicherungspflicht als Student ist ebenso entschieden worden (BSGE 55, 185 = SozR 2200 § 517 Nr. 6; jetzt: § 5 Abs. 7 SGB V). Diese Grundsätze gelten seit dem 1. Januar 1989 auch für freiwillig bei einer Ersatzkasse Versicherte, die eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen.

Durch die mit dem Gesundheits-Reformgesetz (GRG) eingeführte Vorschrift des § 191 Nr. 2 SGB V ist die gesetzliche Grundlage für die bisherige Rechtsprechung zur Beibehaltung einer freiwilligen Ersatzkassenmitgliedschaft entfallen. Nach früherem Recht war die gleichzeitige Mitgliedschaft bei einer Ersatzkasse und bei einer gesetzlichen Krankenkasse zulässig, weil diejenigen Vorschriften, welche eine Doppelmitgliedschaft bei mehreren Kassen ausschlossen, für Ersatzkassen nicht galten (vgl. BSG SozR Nr. 9 zu § 517 RVO). Dazu gehörte vor allem § 312 RVO, wonach die Kassenmitgliedschaft mit dem Erwerb einer neuen Mitgliedschaft erlosch. Aus der unterschiedlichen Regelung für die Ersatzkassen und die übrigen Kassen hat die Rechtsprechung gefolgert, daß eine freiwillige Ersatzkassenmitgliedschaft bei Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung fortbestand und auch dann als Pflichtmitgliedschaft fortgesetzt werden konnte, wenn die aufgenommene Beschäftigung nicht die Voraussetzungen für einen Beitritt zur gewählten Ersatzkasse erfüllte (BSGE 49, 19 = SozR 2200 § 517 Nr. 4; BSG USK 83115). Im neuen Recht wird insoweit zwischen den Ersatzkassen und den übrigen Krankenkassen nicht mehr unterschieden. Nach § 191 Nr. 2 SGB V endet die freiwillige Mitgliedschaft einheitlich für alle Kassenarten mit Beginn einer Pflichtmitgliedschaft. Die gegenüber § 312 Abs. 1 RVO geringfügig andere Wortwahl ("endet" statt "erlischt") bedeutet keinen sachlichen Unterschied, zumal nach den Gesetzesmotiven neben einer weitgehenden Übernahme des bisherigen Rechts die Vereinheitlichung des Mitgliedschaftsrechts aller Kassenarten angestrebt wurde (BT-Drucks 11/2237 S. 217 zu § 200). Aus dem gleichen Grund (vgl. allgemein a.a.O. S. 213 zu § 177) wurde der früher nicht für die Ersatzkassen geltende § 309 RVO über die Kassenzuständigkeit für Mehrfachbeschäftigte durch den für alle Kassenarten geltenden § 178 SGB V abgelöst. Die jetzige Regelung kann daher nicht etwa als ergänzungsbedürftig angesehen werden; sie ist vom Gesetzgeber vielmehr im hier verstandenen Sinn gewollt. Die Auffassung des LSG von einer weiterbestehenden freiwilligen Mitgliedschaft läßt sich mit dem Wortlaut des § 191 Nr. 2 SGB V nicht in Einklang bringen. Indem das Gesetz beim Beginn einer Pflichtmitgliedschaft eine bestehende freiwillige Mitgliedschaft für beendet erklärt, überträgt es die in § 5 Abs. 6, 7 und 8 SGB V (früher: § 165 Abs. 6 RVO) angeordnete Rangfolge verschiedener Versicherungspflichten auf das Verhältnis zwischen Versicherungspflicht und freiwilliger Versicherung und bezieht auch die Ersatzkassen in diese Regelung ein. Das bedeutet entgegen der Auffassung des LSG das vollständige Erlöschen der nachrangigen freiwilligen Mitgliedschaft (vgl. nochmals BSGE 42, 113; 55, 185). Diesem Ergebnis steht die unterschiedliche Formulierung dieser Rechtsfolge in § 5 Abs. 6, 7 und 8 SGB V einerseits ("ist nicht versicherungspflichtig") und in § 191 Nr. 2 SGB V andererseits ("endet") nicht entgegen.

Die Versicherte konnte während ihrer Beschäftigung als Arbeiterin auch nicht nach § 183 Abs. 1 Satz 2 SGB V die Mitgliedschaft bei der Ersatzkasse fortführen. Nach dieser Vorschrift kann Mitglied der gewählten Ersatzkasse bleiben, wer nach dem Beitritt die Zugehörigkeit zu diesem Mitgliederkreis verliert. Mit "diesem Mitgliederkreis" sind diejenigen Angestellten bzw. Arbeiter gemeint, die die Ersatzkasse aufgrund einer Beschäftigung nach Satz 1 aufnehmen darf; die Auslegung als Bezugnahme auf Beitrittsrechte, die in anderen Vorschriften enthalten sind, wird den gesetzlichen Regelungen über die Kassenzuständigkeit und die Wahlrechte in ihrem systematischen Zusammenhang nicht gerecht.

Mit § 183 Abs. 1 Satz 2 SGB V wird ein Recht, die Mitgliedschaft bei der bisherigen Krankenkasse fortzusetzen (Bleiberecht), nur demjenigen eingeräumt, dessen Wahlrecht auf Satz 1 der Vorschrift, also auf einer Beschäftigung beruht. Denn § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB V betrifft ausschließlich versicherungspflichtig Beschäftigte, und Satz 2 ist lediglich eine Ergänzungsregelung zu Satz 1, was im Hinweis auf den Mitgliederkreis und in der systematischen Einordnung als unselbständiger Teil eines Absatzes zum Ausdruck kommt.

§ 183 SGB V kann vom Wortlaut und vom systematischen Zusammenhang her nicht als Regelung für eine andere Versichertengruppe als die der versicherungspflichtig Beschäftigten angesehen werden. Seit dem 1. Januar 1989 fassen die §§ 173 bis 185 SGB V die Vorschriften über "Zuständigkeit und Wahlrechte" (was vorher in verschiedenen Vorschriften der RVO und der 12. Verordnung zum Aufbau der Sozialversicherung [12. AufbauVO] geregelt war) in einem eigenen Abschnitt zusammen. Von diesen Vorschriften enthält nur § 173 SGB V, und zwar unter dem ausdrücklichen Vorbehalt anderweitiger abweichender Bestimmungen, Zuständigkeitsregeln für alle Versicherten. Die Ausnahmen dazu, nämlich sowohl die in den §§ 174 bis 182 SGB V zwingend vorgeschriebenen Kassenzuständigkeiten als auch die in den §§ 183 bis 185 SGB V eröffneten Wahlrechte, knüpfen an den jeweils aktuellen Versicherungsgrund an und enthalten jeweils unterschiedliche Zuständigkeitsregeln, Wahl- und Bleiberechte für die verschiedenen Versichertengruppen. Greifen die für eine einzelne Versichertengruppe geltenden Bestimmungen (beispielsweise die §§ 174 bis 180, 183 SGB V für versicherungspflichtige Beschäftigte, die §§ 181, 182, 184 SGB V für versicherungspflichtige Rentner usw) im konkreten Fall nicht ein, gelangt § 173 SGB V zur Anwendung; insofern handelt es sich für jede Versichertengruppe um abschließende Regelungen. Demnach ist die Zuständigkeit für versicherungspflichtig Beschäftigte in den §§ 174 bis 180 SGB V, diejenige für nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 bis 12 SGB V bzw. als Rentenantragsteller Versicherungspflichtige in den §§ 181, 182 SGB V geregelt. Auch die Wahlrechte sind vom Versicherungsgrund abhängig. § 183 SGB V enthält die Wahlrechte der Beschäftigten, § 184 SGB V diejenigen der Rehabilitanden, Studenten und Rentner und § 185 SGB V diejenigen der freiwilligen Mitglieder. Dasselbe System gilt für die Bestimmungen über die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft. Die Fortsetzung der bisherigen Kassenzuständigkeit ist in den §§ 181 und 182 SGB V zwingend vorgeschrieben (Kontinuitätsregeln); § 183 Abs. 1 Satz 2 und § 185 Abs. 1 SGB V räumen den Versicherten Bleiberechte ein. Jede dieser Vorschriften gilt nur für die jeweils genannte Versichertengruppe. Anderenfalls würden für alle Versicherten gleichzeitig zwingende Kontinuitätsregeln und vom freien Entschluß abhängige Bleiberechte gelten; unverständlich wäre auch, warum § 183 Abs. 1 Satz 2 einerseits und § 185 Abs. 1 SGB V andererseits zwei unterschiedlich formulierte Bestimmungen über das Bleiberecht enthalten. Im übrigen wird die Formulierung "Mitgliederkreis, den die gewählte Ersatzkasse aufnehmen darf", vom Gesetz nur an einer einzigen anderen Stelle verwendet (§ 185 Abs. 2 Nr. 4 SGB V) und kann auch hier praktische Bedeutung ausschließlich für Beschäftigte erlangen. Soweit freiwillig Versicherte, die keiner Beschäftigung nachgehen, eine Ersatzkasse wählen können, sind sie durch § 185 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 SGB V bereits erfaßt.

Eine Bestätigung für die Beschränkung des in § 183 Abs. 1 Satz 2 SGB V enthaltenen Bleiberechts auf vorher versicherungspflichtig Beschäftigte findet sich auch in § 184 Abs. 3 Nr. 1 SGB V. Danach können versicherungspflichtige Rentner (unter weiteren, hier unerheblichen Voraussetzungen) die Mitgliedschaft bei ihrer früheren Krankenkasse wählen, wenn wegen der Aufnahme einer Beschäftigung während des Rentenbezugs eine andere Krankenkasse zuständig ist. Das Recht, die "frühere" Kasse zu wählen, besteht nur dann, wenn der Rentner durch Aufnahme einer Beschäftigung die Mitgliedschaft bei seiner Rentnerkrankenkasse verloren hat und nach Beendigung dieser Beschäftigung - als Ausnahme zu § 182 Abs. 1 SGB V - zu der Krankenkasse zurückkehren möchte, der er als Rentner angehört hat. Das ergibt sich aus den bereits aufgezeigten systematischen Zusammenhängen, wonach die Wahlrechte des § 184 SGB V nicht für versicherungspflichtig Beschäftigte gelten können, und entspricht der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 11/2237 S. 215 zu § 193 Abs. 3), die u.a. auf § 257a Abs. 5 RVO verweist, wo der Fall des eine Zwischenbeschäftigung aufgebenden Rentners ausdrücklich in diesem Sinne geregelt war (so auch Rühling/Renner, Die Krankenversicherung der Rentner, § 184 SGB V Rdnr. 7; Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 184 SGB V Rdnr. 15; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 184 SGB V Rdnr. 24). Würde nun § 183 Abs. 1 Satz 2 SGB V dem Rentner das Recht einräumen, bei Aufnahme einer Beschäftigung in seiner bisherigen Ersatzkasse zu bleiben, bestünde für das Rückkehrrecht des § 184 Abs. 3 Nr. 1 SGB V nur außerhalb der Ersatzkassen ein Bedürfnis, denn ein zwingender Kassenwechsel bei Zwischenbeschäftigungen eines Rentners könnte nur zwischen Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen eintreten. Für die andere Behandlung der als Rentner versicherungspflichtigen Ersatzkassenmitglieder wäre jedoch kein Grund ersichtlich.

Der Auslegung von § 183 Abs. 1 Satz 2 SGB V ausschließlich als Bleiberecht für bisher (hier: als Angestellte) Beschäftigte steht die Entstehungsgeschichte nicht entgegen. Nach den Gesetzesmotiven zum GRG soll die Vorschrift dem bisherigen Recht entsprechen (BT-Drucks 11/2237 S. 214 zu § 192 Abs. 1). Der als Vorgängervorschrift ausdrücklich genannte § 4 Abs. 1 Satz 4 der bis 31. Dezember 1988 geltenden 12. AufbauVO räumte jedenfalls freiwillig Versicherten kein Bleiberecht ein. Er gestattete den Ersatzkassen für Angestellte nur die Aufnahme von Angestellten und den Ersatzkassen für Arbeiter nur die Aufnahme von Arbeitern; das Bleiberecht war an den Verlust der Eigenschaft als Angestellter oder Arbeiter geknüpft. Daraus wurde nach der Rechtsprechung grundsätzlich nur für Beschäftigte in den Fällen des Berufs- oder Stellenwechsels ein Bleiberecht abgeleitet (BSGE 42, 113, 116 f. = SozR 2200 § 165 Nr. 13 mwN, wo auch die frühere Entscheidung in BSG SozR Nr. 10 zu § 4 der 12. AufbauVO präzisiert wurde); im übrigen hing das Bleiberecht nicht von § 4 der 12. AufbauVO, sondern davon ab, ob dem bisherigen Grund für die Mitgliedschaft nach Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung noch Bedeutung zukam. Soweit das für freiwillige Ersatzkassenmitglieder bejaht wurde, ist dem - wie ausgeführt - durch die Vereinheitlichung des Mitgliedschaftsrechts aller Kassen im neuen Recht die Grundlage entzogen.

Ein Bleiberecht kann schließlich nicht mit § 190 Abs. 12 SGB V begründet werden. Nach dieser Vorschrift endet die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger bei einer Ersatzkasse zu den in den Abs. 2 bis 11 der Vorschrift genannten Zeitpunkten nur, wenn das Mitglied innerhalb von zwei Wochen nach Hinweis der Krankenkasse über die Austrittsmöglichkeit seinen Austritt erklärt. Durch eine Verweisung auf Abs. 3 Satz 2 ist klargestellt, daß sich ohne Austrittserklärung die Mitgliedschaft als freiwillige Mitgliedschaft fortsetzt, wenn die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V erfüllt sind. Der Senat hat mit Urteilen vom 21. September 1993 (12 RK 26/91 und 12 RK 38/91, beide zur Veröffentlichung bestimmt) entschieden, daß diese Regelung einen versicherungspflichtigen Rentner bzw. Arbeitslosen nicht dazu berechtigt, eine bestehende Ersatzkassenmitgliedschaft bei Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung fortzusetzen. Erst recht ist aus § 190 Abs. 12 SGB V im vorliegenden Verfahren nichts für die Fortsetzung der freiwilligen Mitgliedschaft herzuleiten. Diese Vorschrift knüpft ihre Rechtsfolge nicht an das Ende einer freiwilligen Versicherung, die hier vor der Aufnahme der Beschäftigung als Arbeiterin bestand, sondern an das Ende einer Versicherungspflicht. Selbst für diesen Fall enthält § 190 Abs. 12 SGB V weder eine Zuständigkeitsregel noch ein Wahl- oder Bleiberecht. Die Zuständigkeit der Ersatzkasse wird in § 190 Abs. 12 SGB V (ebensowenig wie diejenige einer sonstigen Kasse in § 190 Abs. 3 SGB V) nicht begründet, sondern vorausgesetzt; die entsprechende Bestimmung über die Zuständigkeit trifft ausschließlich § 185 Abs. 1 SGB V, der jedoch ein Bleiberecht nach Ende der freiwilligen Versicherung nicht enthält.

Im vorliegenden Verfahren stand der Versicherten bei Aufnahme ihrer Beschäftigung als Arbeiterin das Bleiberecht des § 183 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht zu. Denn sie war vorher nicht als Angestellte beschäftigt gewesen und hatte daher zu keiner Zeit dem Mitgliederkreis nach Satz 1 angehört. Der in § 183 Abs. 1 Satz 2 SGB V vorausgesetzte Verlust der Zugehörigkeit zu diesem Mitgliederkreis ist bei ihr nicht eingetreten. Die freiwillige Versicherung kann wegen des generellen Vorrangs der Beschäftigungs-Versicherung nicht dieselben Rechtsfolgen auslösen wie eine versicherungspflichtige Beschäftigung.

Der Senat hat, wie erwähnt, mit weiteren Urteilen vom 21. September 1993 ein Bleiberecht auch verneint, wenn eine Rentnerin (12 RK 26/91) oder ein nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V, § 159 Abs. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (12 RK 38/91) Versicherter eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnimmt, die dem Mitgliederkreis der früher gewählten Ersatzkasse nicht entspricht. Damit hat der Senat dem Umstand Rechnung getragen, daß die gesetzliche Krankenversicherung nach ihrer Entwicklung und auch heute noch im Kern eine Versicherung der abhängig Beschäftigten ist. Der sich daraus ergebende Vorrang der Beschäftigungs-Versicherung bestimmt auch die Zuständigkeit unter den Krankenkassen, so daß die Zuständigkeit einer Orts-, Betriebs- oder Innungskrankenkasse für eine Beschäftigung als Arbeiter allenfalls durch eine gleichrangige vorherige Beschäftigung als Angestellter mit Wahl einer Ersatzkasse verdrängt werden kann. Der auch gesetzlich in § 5 Abs. 6, 7 und 8 SGB V, § 191 Nr. 2 SGB V festgelegten Rangfolge unter den Versicherungspflichten würde es widersprechen, wenn die Kassenzuständigkeit durch einen zeitlich vorangegangenen, aber untergeordneten Versicherungspflicht-Tatbestand oder eine vorangegangene freiwillige Versicherung statt durch das aktuelle Beschäftigungsverhältnis bestimmt würde. Der Berücksichtigung der Rangfolge nach geltendem Recht steht nicht entgegen, daß diese Rangfolge ab 1996 für die Kassenzuständigkeit keine Bedeutung mehr haben wird, wenn durch die Neufassung der §§ 173 bis 179 SGB V (Art 1 Nr. 116, Art 35 Abs. 6 des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21. Dezember 1992, BGBl. I 2266) das freie Kassenwahlrecht wirksam wird.

Da die klagende Ortskrankenkasse die Versicherte während der Beschäftigung als Arbeiterin zu Recht als ihr Mitglied ansieht, ist das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Ersatzkasse gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes; die Beigeladenen haben sich am Verfahren nicht beteiligt, so daß eine Kostenerstattung nicht gerechtfertigt ist.12 RK 19/93

BUNDESSOZIALGERICHT

 

Fundstellen

Dokument-Index HI518815

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge