Entscheidungsstichwort (Thema)

Verspätete Urteilsabsetzung. absoluter Revisionsgrund. Unfallversicherungsschutz. Lernender. Umschüler. Sportausübung. Berufsförderungswerk

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage des Unfallversicherungsschutzes eines Rehabilitanden bei der Sportausübung in einem Berufsförderungswerk.

 

Orientierungssatz

1. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung wird zwar überwiegend anerkannt, daß die verspätete Absetzung eines Urteils dem Fehlen von Gründen gleichstehen kann. Jedoch ist eine Verzögerung bis zu einem Jahr hinzunehmen, wenn gesichert ist, daß in den verspätet niedergelegten Urteilsgründen die Ergebnisse der Verhandlung und Beratung noch ihren zutreffenden Niederschlag gefunden haben (vgl BSG 22.5. 1984 10 RKg 3/83 = SozR 1750 § 551 Nr 12).

2. Zu den Lernenden iS des § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO rechnen auch Umschüler, die berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation erhalten.

3. Die Grundsätze für den Versicherungsschutz beim sogenannten Betriebssport gelten nicht nur für im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses und nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO Versicherte, sondern auch für solche Auszubildende, die nach § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO unter Versicherungsschutz stehen.

 

Normenkette

ZPO § 551 Nr 7; SGG § 102; RVO § 539 Abs 1 Nr 1; RVO § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c

 

Verfahrensgang

LSG Hamburg (Entscheidung vom 08.05.1985; Aktenzeichen III UBf 19/84)

SG Hamburg (Entscheidung vom 13.12.1983; Aktenzeichen 24 U 609/82)

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der beklagten Krankenkasse Erstattung der von ihr aus Anlaß eines Unfalls des Beigeladenen am 30. August 1978 gemachten Aufwendungen in Höhe von 13.689,66 DM.

Der im Jahre 1956 geborene und bei der Beklagten für den Fall der Krankheit versicherte Beigeladene, von Beruf ursprünglich Heizungsmonteur, nahm ab Mai 1978 an einer von der Landesversicherungsanstalt (LVA) Hessen getragenen Umschulung zum Bankkaufmann teil, die auf 18 Monate angelegt war und im Berufsförderungswerk (BFW) H. (Träger: Stiftung Rehabilitation H.) durchgeführt wurde. Der Beigeladene war dort internatsmäßig untergebracht. Der Unterricht fand im BFW montags bis freitags von 8 Uhr bis gegen 15 Uhr statt. Danach konnten die Umschüler Sport treiben. Nach einer Auskunft des BFW vom 2. November 1978 habe das BFW für die internatsmäßig untergebrachten Umschüler im Rahmen der Freizeitgestaltung nahezu alle Hallensportarten sowie Kegeln und Schwimmen veranstaltet. Soweit erforderlich hätten angestellte Sportlehrer und Bademeister für die Aufsicht zur Verfügung gestanden. Die Teilnahme sei freiwillig gewesen. Ein Zeitplan habe Regelungen für die einzelnen Sportarten getroffen; Handball sei einmal wöchentlich zwischen 19 Uhr und 20 Uhr angesetzt gewesen.

Am 30. August 1978 gegen 19.50 Uhr verletzte der Beigeladene sich in der Sporthalle des BFW während eines unter Aufsicht eines Sportlehrers stattfindenden Handballspieles. Er war als Torwart mit einem anderen Spieler zusammengeprallt und zog sich dadurch einen Innenbandriß am rechten Kniegelenk zu. Er wurde deswegen vom 31. August bis 14. September 1978 stationär behandelt.

Den vom Beigeladenen im Mai 1979 geltend gemachten Entschädigungsanspruch hat die Klägerin durch Bescheid vom 24. August 1979 abgelehnt. Bei dem unfallbringenden Handballspiel habe es sich weder um Sport im Rahmen der Umschulung noch um Betriebssport gehandelt, sondern lediglich um die Teilnahme an einem Angebot des BFW, von dem die Umschüler während ihrer Freizeit Gebrauch machen konnten. Ein Arbeitsunfall habe daher nicht vorgelegen.

Den von der Klägerin wegen ihrer Aufwendungen beim Sozialgericht (SG) Hamburg geltend gemachten Erstattungsanspruch hat das SG abgewiesen (Urteil vom 13. Dezember 1983). Der Beigeladene habe während der Umschulung nach § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c der Reichsversicherungsordnung (RVO) unter Versicherungsschutz gestanden. Davon sei auch die vom Veranstalter der Umschulung organisierte sportliche Betätigung erfaßt. Das Bundessozialgericht (BSG) habe den Unfallversicherungsschutz bei der Teilnahme eines Studenten einer Ingenieurschule an sportlichen Wettkämpfen bejaht, die vom Allgemeinen Studentenausschuß (AStA) veranstaltet worden seien, weil zur Formung der ganzen Persönlichkeit auch die körperliche Ertüchtigung und damit eine sinnvolle sportliche Betätigung gehöre (BSGE 28, 204). Die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) Hamburg zurückgewiesen (Urteil vom 8. Mai 1985). Zur Begründung hat es ua ausgeführt: Der Beigeladene habe während seiner Umschulung zu den nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO gegen Arbeitsunfall versicherten Personen gehört. Die Umschulung mit der Gewährung von Übergangsgeld habe gleichsam ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis fingiert. Daraus folge, daß bei der Prüfung des Vorliegens eines Arbeitsunfalls iS des § 548 RVO auf die von Rechtsprechung und Literatur zum Betriebssport-Unfall entwickelten Grundsätze Anwendung fänden. Danach könne hier nicht zweifelhaft sein, daß die unfallträchtige Sportveranstaltung als betriebssportähnliche Veranstaltung mit der Folge des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes zu werten sei. Denn sie sei eine Einrichtung des BFW gewesen und habe im wesentlichen einen Ausgleich zur Ausbildungstätigkeit bieten sollen. Zudem seien auf die Sportübung des Beigeladenen dieselben Grundsätze anzuwenden, die nach der Rechtsprechung des BSG bei der sportlichen Betätigung von Studenten gelten.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Die Klägerin hat dieses Rechtsmittel eingelegt und im wesentlichen wie folgt begründet: Sie rügt zunächst, daß das am 8. Mai 1985 verkündete Urteil erst am 6. März 1986 ausgefertigt und am 12. März 1986 zugestellt worden sei. Es sei daher nach § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 551 Nr 7 der Zivilprozeßordnung (ZPO) als nicht mit Gründen versehen zu betrachten und daher aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen. Bei der sportlichen Betätigung sei der Beigeladene nicht gegen Arbeitsunfall versichert gewesen. Wenn jemand sich einer Ausbildung unterziehe, könne er zwar regelmäßig auch einen Ausgleich zur Ausbildungstätigkeit durch sportliche Betätigung bedürfen. Das mache letztere aber nicht zum unfallrechtlich geschützten Teil der Ausbildung. Die Tatsache der Internatsunterbringung spiele insoweit keine Rolle. Der Sport sei Freizeitbetätigung und Erholung von der Ausbildungsarbeit. Anders als ein Student bedürfe ein Bankkaufmann keine besondere Ausbildung seiner Persönlichkeit und seines Charakters durch Sport. Die Umschüler im BFW seien auch vom Alter her nicht Studenten vergleichbar; sie seien zwischen 21 und 60 Jahre alt.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der beiden vorinstanzlichen Urteile die Beklagte zu verurteilen an sie 13.689,66 DM zu zahlen, hilfsweise den Rechtsstreit gemäß § 170 Abs 2 Satz 2 SGG an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Sie trägt vor, daß die Verzögerung zwischen Verkündung und Zustellung des angefochtenen Urteils 10 Monate betragen habe. Eine Verzögerung von weniger als einem Jahr sei jedoch noch kein absoluter Revisionsgrund iS des § 551 Nr 7 ZPO. Als Umschüler habe der Beigeladene, wenn nicht schon nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO so doch zumindest nach § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO unter Unfallversicherungsschutz gestanden. Die vom BFW organisierte sportliche Betätigung sei entweder eine betriebssportähnliche Veranstaltung oder eine schulische Sportveranstaltung im Rahmen der versicherten Ausbildung. Wenn schon Sportwettkämpfe, die der AStA im Rahmen der Selbstverwaltung als eigene Aufgabe wahrnehme, der gesetzlichen Unfallversicherung unterliegen, so müsse dies um so mehr für Sportwettkämpfe gelten, die die Ausbildungseinrichtung, hier das BFW, selbst ausrichte und von ausgebildeten Sportpädagogen leiten und beaufsichtigen lasse. Das gelte im verstärkten Maße für internatsmäßig untergebrachte Umschüler. Die von der Klägerin erwähnte Altersstruktur spiele daher keine Rolle. Der Beigeladene sei zudem gerade 21 Jahre alt gewesen und es gebe keinen Grund, einen Studenten gegenüber einem Umschüler, der wegen seiner körperlichen Kondition von einem manuellen zu einem geistigen Beruf umgeschult werde, unterschiedlich zu behandeln.

Der Beigeladene beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Er trägt vor, daß die verzögerte Zustellung des angefochtenen Urteils kein absoluter Revisionsgrund iS des § 551 Nr 7 ZPO sei. Die Klägerin sei der für den Unfall vom 30. August 1978 leistungspflichtige Unfallversicherungsträger. Als Umschüler habe er nach § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO unter Versicherungsschutz gestanden. Dieser Versicherungsschutz habe sich auch auf die von dem Veranstalter der Ausbildung organisierte sportliche Betätigung erstreckt. Die im BFW an Umschulungsmaßnahmen teilnehmenden Personen seien Behinderte, die im Rahmen der beruflichen Rehabilitation für einen Beruf umgeschult würden. Die meisten der Umschüler hätten, wie auch der Beigeladene, vor ihrer Behinderung einen körperlichen Beruf ausgeübt, den sie wegen der Behinderung nicht mehr hätten verrichten können; sie wurden deshalb für einen geistigen Beruf umgeschult. Im Hinblick auf den montags bis freitags von 8 Uhr bis gegen 15 Uhr dauernden Unterricht sei ein Ausgleichssport gegen die Bewegungsarmut ebenso wie bei einem Fach- und Hochschulstudium erforderlich. Durch die sportliche Betätigung werde auch die Resterwerbsfähigkeit möglichst lange erhalten. Nicht von ungefähr gehöre der Behindertensport in Gruppen unter ärztlicher Betreuung nach § 12 Nr 5 Rehabilitations-Angleichungsgesetz (RehaAnglG) zu den ergänzenden Leistungen der Rehabilitation.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist insoweit begründet, als das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist.

Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung ist das angefochtene Urteil nicht wegen eines Verstoßes gegen § 202 SGG iVm § 551 Nr 7 ZPO aufzuheben. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung wird zwar überwiegend anerkannt, daß die verspätete Absetzung eines Urteils dem Fehlen von Gründen gleichstehen kann. Jedoch ist eine Verzögerung bis zu einem Jahr hinzunehmen, wenn gesichert ist, daß in den verspätet niedergelegten Urteilsgründen die Ergebnisse der Verhandlung und Beratung noch ihren zutreffenden Niederschlag gefunden haben (BSG SozR Nr 11 zu § 551 ZPO; BSG SozR 1750 § 551 Nr 8; BSGE 51, 122, 125 und 53, 186, 188; BSG SozR 1750 § 551 Nr 12). Im vorliegenden Fall ist das Urteil rund 10 Monate nach seiner Verkündung abgesetzt worden. Anhaltspunkte dafür, daß das Urteil des LSG infolge der Verzögerung der Absetzung der Entscheidung die Verhandlungs- und Beratungsergebnisse nicht zutreffend wiedergibt, sind nicht ersichtlich; auch die Revision führt solche nicht an. Dementsprechend liegt ein Verfahrensmangel iS des § 202 SGG iVm § 551 Nr 7 ZPO nicht vor.

Der auf § 105 des Sozialgesetzbuches - Zehntes Buch - (SGB X) gestützte Erstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ist nur begründet, wenn der Beigeladene am 30. August 1978 keinen von der Klägerin zu entschädigenden Arbeitsunfall erlitten hat. Die Ablehnung einer Entschädigung gegenüber dem Beigeladenen (Bescheid vom 24. August 1979) hat gegenüber der Beklagten keine Bindungswirkung (vgl BSG SozR Nr 2 zu § 1509a RVO aF).

Nach § 548 Abs 1 Satz 1 RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Das LSG hat die Auffassung vertreten, daß der Beigeladene zur Zeit des Unfalls nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO aufgrund eines zwischen ihm und dem BFW bestehenden Lehrverhältnis gegen Arbeitsunfall versichert gewesen sei und der dadurch gegebene Unfallversicherungsschutz sich auch auf die Teilnahme des Beigeladenen an der betriebssportähnlichen Veranstaltung erstreckt habe. Diese Auffassung wird vom erkennenden Senat nicht geteilt.

Die dem Beigeladenen von der LVA Hessen gewährte Umschulung war - soweit ersichtlich - eine berufsfördernde Leistung zur Rehabilitation (§ 1277a RVO). Sie war damit zugleich eine berufliche Umschulung iS des § 1 Abs 4 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG). Sie wurde aber nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses (s Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1.-10. Aufl, Seite 472 l) und auch nicht (s § 7 Abs 2 SGB IV) in einem Betrieb der Wirtschaft, in einer vergleichbaren Einrichtung außerhalb der Wirtschaft, insbesondere im öffentlichen Dienst, eines Angehörigen freier Berufe und im Haushalt durchgeführt und war daher keine betriebliche Ausbildung (§ 1 Abs 5 BBiG), welche dadurch gekennzeichnet ist, daß der Auszubildende in einem Betrieb eingegliedert ist und zum Zwecke seiner Ausbildung abhängige Arbeit leistet (vgl BSGE 9, 30, 35; BSG, Urteil vom 29. Oktober 1986 - 2 RU 42/85). Schon deshalb scheidet eine Versicherung des Beigeladenen nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO aus.

Die im BFW durchgeführte berufliche Umschulung war aber eine nicht betriebliche Ausbildung, wozu Ausbildungen in beruflichen Schulen oder sonstigen berufsbildenden Einrichtungen außerhalb der schulischen und betrieblichen Berufsbildung gehören (s § 1 Abs 5 BBiG). Nach § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO sind Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung ua in berufsbildenden Schulen, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen gegen Arbeitsunfall versichert, sofern sie nicht bereits zu den nach den Nrn 1 bis 3 und 5 bis 8 Versicherten gehören. Zu den Lernenden im Sinne dieser Vorschrift rechnen auch Umschüler, die berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation erhalten (Brackmann aaO Seite 474s II; Gitter in SGB-Sozialversicherungs-Gesamtkommentar, § 539 Anm. 50; Lauterbach/Watermann, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl, § 539 Anm 86, Bereiter-Hahn/Schieke/ Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, 4. Aufl, § 539 RdNr 26; Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, 3. Aufl, Kennzahl 300 Seite 37).

Die Tatsache, daß der Beigeladene im BFW internatsmäßig untergebracht war, ist für sich allein für die Beantwortung der Frage nach dem Versicherungsschutz bei der zum Unfall führenden sportlichen Betätigung ohne Bedeutung (vgl BSG SozR 2200 § 539 Nr 60). Die Unterbringung während der berufsfördernden Maßnahme im Internat des BFW hat nicht zur Folge, daß sich der Versicherungsschutz als Lernender damit schon auf alle mit dem Aufenthalt zusammenhängenden Verrichtungen erstreckt. Bei einer internatsmäßigen Unterbringung lassen sich im Ablauf der einzelnen Tage regelmäßig auch Tätigkeiten unterscheiden, die mit der beruflichen Umschulung nicht in einem inneren Zusammenhang stehen, zB Tätigkeiten im Rahmen der Freizeitgestaltung. Auch beim Sport besteht deshalb nur dann Versicherungsschutz, wenn die Sportausübung im inneren Zusammenhang mit der Aus- oder Fortbildung steht. In der vom LSG zitierten Entscheidung BSGE 28, 204 hat der Senat den Versicherungsschutz Lernender iS des - jetzt - § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO für die vom AStA einer staatlichen Ingenieurschule veranstalteten sportlichen Betätigung - Fußballmeisterschaft der Schule - bejaht, weil die körperliche Ertüchtigung für die eine Fachschule besuchenden Menschen neben dem Erwerb beruflicher Fachkenntnisse zur Formung der gesamten Persönlichkeit von erheblicher Bedeutung sei, die Organisation der Sportveranstaltung durch den AStA erfolgt sei und auch die Annahme nahegelegen habe, daß die sportliche Veranstaltung geeignet gewesen sei, unter den Studierenden einen Gemeinschaftsgeist zu wecken und zu fördern; wenig später (nach 3 Jahren) sei der Sport an berufsbildenden Schulen verbindliches Unterrichtsfach geworden. Dem angefochtenen Urteil kann nichts entnommen werden, was bei der Umschulung des Beigeladenen den Verhältnissen entspricht, wie sie der Entscheidung des BSG zugrunde gelegen haben. Es handelt sich bei den Umschülern nicht überwiegend um junge Leute, deren Persönlichkeit auch durch die sportliche Betätigung noch geformt werden soll. Ebenso war das Angebot von Sportveranstaltungen für den Beigeladenen nicht Teil der Ausbildung, sondern erfolgte neben der eigentlichen Ausbildung. Es sind auch sonst keine Umstände festgestellt worden, aus denen der Beigeladene hätte folgern können, daß die vom BFW gebotenen sportlichen Betätigungsmöglichkeiten zur Umschulung gehörende Veranstaltungen waren (vgl BSGE 44, 94). In der Auskunft des BFW vom 2. November 1978 ist von Freizeitgestaltung die Rede.

Der innere Zusammenhang zwischen der Ausbildung des Beigeladenen und seiner sportlichen Betätigung in dem Berufsbildungswerk, bei der er verunglückte, kann jedoch unter den für den Versicherungsschutz beim sogenannten Betriebssport entwickelten Grundsätzen gegeben sein. Diese Grundsätze (s BSGE 16, 1; Brackmann aaO, Seite 482u ff) gelten nicht nur für im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses und nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO Versicherte, sondern auch für solche Auszubildende, die nach § 539 Abs 1 Nr 14 Buchst c RVO unter Versicherungsschutz stehen. Für diese Versicherten kann die sportliche Betätigung ebenfalls einen Ausgleich für die den Auszubildenden meist einseitig beanspruchende Ausbildung bezwecken und deshalb nicht nur auf persönliche eigenwirtschaftliche Interessen des Auszubildenden gerichtet sein, sondern wesentlich auch im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit - hier der Ausbildung - stehen. Für die Entscheidung, ob dies beim Beigeladenen der Fall war, reichen jedoch die Feststellungen des LSG nicht aus. Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 28. November 1961 (BSGE 16, 1) ausführlich dargelegt, welche Merkmale gegeben sein müssen, damit eine betriebssportliche Veranstaltung dem Unfallversicherungsschutz unterliegen kann. Es genügt danach allein nicht, daß die Leibesübung dem Ausgleich für die Belastung durch die betriebliche Tätigkeit dient. Vielmehr müssen die Übungen zur Sicherung des Ausgleichszwecks ua mit einer gewissen Regelmäßigkeit stattfinden (s Brackmann aaO Seite 483 mwN). Die Übungszeiten und die jeweilige Dauer der Übung haben ebenfalls in einem dem Ausgleichszweck entsprechenden Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit - hier der Ausbildung - zu stehen und im Rahmen einer unternehmensbezogenen Organisation stattzufinden. Das LSG hat aufgrund seiner Rechtsauffassung nicht die tatsächlichen Feststellungen getroffen, die für die Entscheidung erforderlich sind, ob der Beigeladene den Sport als Ausgleich für die Belastung durch seine Ausbildung mit einer gewissen Regelmäßigkeit ausgeübt hat.

Wegen der noch erforderlichen Sachaufklärung mußte das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache gemäß § 170 Abs 2 SGG an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1665801

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