Beteiligte

8. Bundesknappschaft

1. AOK Baden-Württemberg

2. Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V.

3. Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V.

7. Krankenkasse für den Gartenbau

4. Landesverband der Betriebskrankenkassen Baden-Württemberg

5. Innungskrankenkasse Baden-Württemberg

6. Landwirtschaftliche Krankenkasse Württemberg

Landwirtschaftliche Krankenkasse Württemberg

Land Baden-Württemberg

Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung Baden-Württemberg

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. April 1996 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Gründe

I

Die Klägerin begehrt für die von ihr seit 1994 betriebene Fachklinik für Innere Medizin und Onkologie in K. (K.) von den beklagten Krankenkassen (KK) bzw Kassenverbänden den Abschluß eines Versorgungsvertrages zur Behandlung von Kassenpatienten. Die Klinik bietet vor allem die Möglichkeit einer Hyperthermiebehandlung bei Tumorerkrankungen an, die auch an einigen deutschen Universitätskliniken angewandt wird. Sie beschäftigt sieben bis acht Ärzte, ist mit 60 Betten ausgestattet und durch Kassen- sowie Privatpatienten aus dem In- und Ausland voll ausgelastet; es besteht eine Warteliste. Ein Antrag auf Aufnahme in den Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg ist von der Klägerin bisher nicht gestellt worden.

Mit Schreiben vom 12. August 1993 und Ergänzung vom 6. April 1994 beantragte die Klägerin den Abschluß eines Versorgungsvertrages. Eine Begutachtung der Klinik durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) sah die Voraussetzungen des § 107 Abs 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) nicht als erfüllt an: Zum einen sei die Hyperthermie derzeit eine experimentelle Therapieart, die in Tumorzentren vor allem im Rahmen von Studien angeboten werde. Zum anderen fehlten der Klinik die technischen und personellen Voraussetzungen für eine generelle Behandlung von Krebserkrankungen, so daß die erforderliche diagnostische und therapeutische Erstversorgung nicht gewährleistet sei. Daraufhin lehnten die Beklagten mit Schreiben vom 29. Juli 1994 den Abschluß eines Versorgungsvertrages ab. Die Ablehnung wurde am 15. August 1994 durch das zuständige Landesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales genehmigt. Der von der Klägerin bei den Beklagten zu 2. und 3. eingelegte Widerspruch wurde nicht beschieden.

Das Sozialgericht (SG) hat der Klage stattgegeben und die Beklagten verpflichtet, „den Antrag der Klägerin vom 12. August 1993 und 6. April 1994 auf Abschluß eines Versorgungsvertrages nach § 109 SGB V über 60 Betten für onkologische Patienten, die schwerpunktmäßig mit der Methode der Hyperthermie in Kombination mit weiteren schulmäßigen Behandlungsmethoden therapiert werden, anzunehmen” (Urteil vom 18. August 1994). Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 26. April 1996). Zur Begründung hat es ausgeführt, die Einrichtung der Klägerin sei für eine bedarfsgerechte Versorgung der Versicherten nicht erforderlich, da die onkologische Behandlung durch die vorhandenen Plankrankenhäuser sichergestellt sei. Auch eine Zulassung für eine spezielle Krebsbehandlung komme nicht in Betracht, da dadurch der Bestand der bestehenden Plankrankenhäuser gefährdet werde. Diese besondere Art der Krebsbehandlung werde außerdem durch die Universitätsklinik T. (T.) im notwendigen Umfang angeboten. Für unzumutbare Wartezeiten in der Klinik gebe es keine Anhaltspunkte.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 109 Abs 3 Satz 1 SGB V sowie der Grundrechte aus den Art 12, 14 und 2 Abs 1 Grundgesetz (GG), außerdem eine unzureichende Sachaufklärung des LSG. Unzutreffend sei schon der Ausgangspunkt des LSG, daß der Versorgungsbedarf durch die Plankrankenhäuser abgedeckt sei. Dabei sei nicht auf die Zahl der vorhandenen Betten im Bereich Urologie und Innere Medizin, sondern auf den konkreten, tatsächlichen Bedarf an Krankenhausbehandlung abzustellen, hier also auf den speziellen ärztlichen Leistungsbereich der Hyperthermie in Kombination mit der Strahlentherapie und der Chemotherapie. Die Bedarfsgerechtigkeit müsse bundesweit oder zumindest länderübergreifend geprüft werden und könne sich nicht auf die Krankenhausplanung eines Landes beschränken, da von der Freizügigkeit der Patienten auszugehen sei und nicht nur die Versicherten des Landes Baden-Württemberg zu versorgen seien. Für die Zulassung der Klinik zur Hyperthermiebehandlung bestehe ein Bedarf, weil selbst die Universitätskliniken nicht über eine vergleichbar hochwertige apparative Ausstattung verfügten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. April 1996 aufzuheben und die Berufungen der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagten beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Das beigeladene Land hat keinen Antrag gestellt.

II

Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet. Die materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Rügen greifen durch. Für eine Entscheidung in der Sache reichen die Feststellungen des LSG nicht aus.

1. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫ iVm § 54 Abs 4 SGG) zulässig. Der erstinstanzlich gestellte und vom SG für begründet erachtete Antrag, die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin einen Versorgungsvertrag zu gewähren, umfaßt wie der Antrag der Klägerin auf Zurückweisung der Berufungen der Beklagten konkludent die Aufhebung der Vertragsablehnung, die, wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, als Verwaltungsakt zu werten ist (BSGE 78, 233 = SozR 3-2500 § 109 Nr 1; BSGE 78, 243 = SozR 3-2500 § 109 Nr 2). Das Gericht entscheidet nach § 123 SGG über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Die Klägerin hat neben der Verurteilung der Beklagten zum Abschluß eines Versorgungsvertrages die Aufhebung der Vertragsablehnung durch das Schreiben der Beklagten vom 29. Juli 1994 zumindest für den Fall geltend gemacht, daß dieses ein Verwaltungsakt ist.

2. Der Zulässigkeit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage steht nicht entgegen, daß auf den gegenüber den Beklagten zu 2. und 3. erklärten Widerspruch der Klägerin kein ordnungsgemäßes Widerspruchsverfahren durchgeführt worden ist. Ist eine Widerspruchsstelle, wie hier, nicht bestimmt, so ist gemäß § 85 Abs 2 Nr 1 SGG grundsätzlich die nächsthöhere Behörde für den Erlaß des Widerspruchsbescheides zuständig. Hier kämen nur die Aufsichtsbehörden der betroffenen Kassenverbände in Betracht, bei denen es sich jedoch um oberste Bundes- oder Landesbehörden handelt, was gemäß § 85 Abs 2 Nr 1 SGG die Zuständigkeit der Ausgangsbehörde begründet. Ausgangsbehörde in diesem Sinne sind die Beklagten in ihrer Gesamtheit (BSGE 78, 233 = SozR 3-2500 § 109 Nr 1, wegen der Ausnahme der Beklagten zu 7) vgl unten 3.). An deren gemeinsamer Bescheidung des Widerspruchs fehlt es. Es ist aber nicht geboten, diese Prozeßvoraussetzung nachzuholen und allein deswegen den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Denn eine gerichtliche Entscheidung des Rechtsstreits könnte dadurch nicht entbehrlich werden oder sachlich anders ausfallen. Der im Klageverfahren gestellte Antrag auf Abweisung der Klage kann dann ausnahmsweise das Vorverfahren erübrigen (BSGE 78, 233 = SozR aaO; BSGE 78, 234 = SozR aaO; BSG SozR 1500 § 78 Nrn 8 und 15).

3. Die Entscheidung der Beklagten, mit der Klägerin keinen Versorgungsvertrag abzuschließen, unterliegt nicht deshalb der Aufhebung, weil daran die KK für den Gartenbau (Beklagte zu 7) beteiligt gewesen ist. Zuständige Behörde iS des § 1 Abs 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) sind, wie ausgeführt, die in den §§ 109 Abs 1 Satz 1, 111 Abs 2 Satz 2 SGB V genannten Kassenverbände in ihrer Gesamtheit. Hierzu zählt die KK für den Gartenbau grundsätzlich nicht, wie der Senat in seinem Urteil vom 20. November 1996 – 3 RK 7/96 – (SozR 3-2500 § 109 Nr 3) bereits entschieden hat. Daher ist die Mitwirkung der KK für den Gartenbau an der ablehnenden Entscheidung rechtswidrig. Dieser Verfahrensfehler ist jedoch nicht so offensichtlich, daß er die Nichtigkeit des Bescheides begründet (§ 40 Abs 1 SGB X). Die Mitwirkung einer unzuständigen Kasse bzw eines unzuständigen Kassenverbandes hat allein auch nicht die Aufhebung des Bescheides zur Folge. Gemäß § 42 Satz 1 SGB X kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist, wenn in der Sache keine andere Entscheidung hätte getroffen werden können. Dies war vorliegend der Fall. Die angefochtene Entscheidung stand nicht im Ermessen der Beklagten (so bereits BSGE 78, 233, 238 = SozR 3-2500 § 109 Nr 1 sowie SozR 3-2500 § 109 Nr 3). Ein Fall der sachlichen Unzuständigkeit derart, daß ein völlig anderer als der sachlich zuständige Entscheidungsträger gehandelt hat (vgl BSGE 57, 151 = SozR 5548 § 1 Nr 1), ist nicht gegeben. Der Fehler liegt allein darin, daß die Beklagte zu 6) als landwirtschaftliche KK die Interessen der Beklagten zu 7) nicht im eigenen Namen, sondern als Bevollmächtigte wahrgenommen hat. Hinzu kommt, daß die Anfechtungsklage hier neben der auf Abschluß eines Versorgungsvertrages gerichteten Leistungsklage keine eigenständige Bedeutung hat. Die Klägerin hat an der isolierten Anfechtung der ablehnenden Entscheidung kein eigenständiges Rechtsschutzinteresse; bezüglich des Leistungsantrags gegen die Beklagte zu 7) hat der Senat von einer Zurückweisung der Revision abgesehen. Die Klägerin hat nach der Zurückverweisung des Rechtsstreits noch Gelegenheit, einen sachdienlichen Antrag zu stellen.

4. Mit der vom LSG gegebenen Begründung kann der Anspruch der Klägerin auf Abschluß eines Versorgungsvertrages nicht verneint werden. Andererseits kann auch die vom SG ausgesprochene Verurteilung der Beklagten auf Abschluß eines umfassenden Versorgungsvertrages für die Behandlung von Krebspatienten nicht bestätigt werden. Nach § 109 Abs 3 Satz 1 SGB V darf ein Versorgungsvertrag gemäß § 108 Nr 3 nicht abgeschlossen werden, wenn das Krankenhaus nicht die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung bietet oder für eine bedarfsgerechte Krankenhausbehandlung der Versicherten nicht erforderlich ist. Daraus folgt umgekehrt, daß ein Anspruch auf Vertragsabschluß besteht, wenn diese Kriterien positiv feststehen. § 109 Abs 2 Satz 1 SGB V, der einen solchen Anspruch seinem Wortlaut nach verneint, ist im Lichte des Art 12 GG verfassungskonform dahingehend einzuschränken, daß er sich lediglich auf den nachfolgenden Satz 2 bezieht und ein Ermessen nur bei der Auswahl zwischen mehreren geeigneten, in ihrer Zahl aber nicht benötigten Krankenhäusern einräumt (BSGE 78, 233 = SozR 3-2500 § 109 Nr 1).

5. Zutreffend geht das LSG davon aus, daß ein Anspruch der Klägerin auf Zulassung ihrer Klinik mit allgemeinen Krankenhausleistungen und dem gesamten Angebot von 60 Betten ausgeschlossen ist, weil es insoweit nicht „bedarfsgerecht” ist; der Bedarf an chirurgischen Leistungen und Leistungen der Strahlen- und Chemotherapie wird durch die vorhandenen Plankrankenhäuser im Einzugsbereich der Klägerin gedeckt. Der Senat hat bereits in seinen Entscheidungen vom 29. Mai 1996 (BSGE 78, 233 = SozR 3-2500 § 109 Nr 1 und BSGE 78, 243 = SozR 3-2500 § 109 Nr 2) und 20. November 1996 (SozR 3-2500 § 109 Nr 3) ausgeführt, daß beim Abschluß eines Versorgungsvertrages die zugelassenen Plankrankenhäuser Vorrang genießen. Für diese wird aufgrund der Aufnahme in den Krankenhausplan der Abschluß eines Versorgungsvertrages nach den §§ 108 Nr 2 und 109 Abs 1 Satz 2 SGB V fingiert. Die Feststellung des LSG, daß nach den Vorgaben des Krankenhausplans die Versorgung der Versicherten bei der Behandlung von Krebskrankheiten gewährleistet ist, wird von der Revision nicht angegriffen. Soweit die Revision darauf hinweist, daß die Klinik der Klägerin eine besonders leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung anbietet, kann dies ihre Zulassung selbst dann nicht rechtfertigen, wenn sich herausstellen würde, daß das Leistungsangebot der Klägerin dem von vorhandenen Plankrankenhäusern überlegen ist. Entsprechende Ermittlungen in dieser Hinsicht sind deshalb im Rahmen dieses Verfahrens nicht geboten. Eine Zulassung der Klägerin käme nämlich erst dann in Betracht, wenn Plankrankenhäuser nach einer wirksamen Kündigung wegen unwirtschaftlicher Behandlung bei der Versorgung der Versicherten auch aus dem Bedarfsplan ausgeschieden sind und dadurch eine Bedarfslücke entstanden ist. Eine vorherige Zulassung der Klägerin würde das vorhandene Bettenangebot auf nicht absehbare Zeit vergrößern und damit dem gesetzgeberischen Ziel, einen Bettenüberhang zu vermeiden, zuwiderlaufen. Ein derartiger Bettenüberhang ist als wesentlicher Grund für die hohen Kosten der Krankenhausversorgung erkannt worden, und die notwendige Kostenbegrenzung ist allein ein Grund dafür, die mit der Bedarfszulassung von Krankenhäusern einhergehende Beschränkung der durch Art 12 GG gewährleisteten Berufsfreiheit zu rechtfertigen (vgl BVerfGE 82, 209, 222; Urteile des Senats vom 19. November 1997 – 3 RK 21/96 und 3 RK 1/97 – beide zur Veröffentlichung vorgesehen).

6. Nicht zu folgen ist dem LSG allerdings insoweit, als es auch den Abschluß eines Versorgungsvertrages mit einer sogenannten Spezialklinik nicht für zulässig hält, wenn sich die Spezialklinik nur auf die Behandlung in einem Teilbereich der Onkologie beschränkt und hier keine diagnostische und therapeutische Erstversorgung der Patienten gewährleistet. Dies ist vielmehr nur dann zutreffend, wenn auch dieser Teilbereich bereits durch die zugelassenen Plankrankenhäuser abgedeckt wird. Soweit das nicht der Fall ist, besteht ein Anspruch auf Zulassung, selbst wenn dies nur eine einzige Behandlungsmethode wie die Hyperthermie betrifft. Der Versorgungsauftrag kann insoweit genau umschrieben werden, etwa wie eine vertragsärztliche Ermächtigung im ambulanten Bereich; mit welcher Bettenzahl dieser Versorgungsauftrag erfüllt wird, ist dabei von untergeordneter Bedeutung, weil deren Begrenzung zur Vermeidung einer unnötigen Behandlungsausweitung nicht erforderlich ist. Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß die Krankenhausbedarfsplanung des Landes Krankenhäusern den Vorzug gibt, die mit umfangreichen Fachgebieten einen breitgefächerten Bedarf abdecken, und daß durch die Zulassung von Spezialkliniken für einzelne Behandlungsarten, die kostengünstig erbracht werden können, der Bestand der großen Krankenhäuser gefährdet werde. Ob die Krankenhausversorgung in erster Linie durch Großkrankenhäuser mit umfassendem Behandlungsangebot sichergestellt oder eher Spezialkrankenhäusern für bestimmte Krankheiten übertragen wird, ist allerdings eine Frage der Krankenhausplanung, die, soweit sie nicht aus zwingenden medizinischen Gründen in der einen oder anderen Weise zu beantworten ist, nach ordnungspolitischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten entschieden werden muß. Es gibt jedenfalls keinen rechtlichen Vorrang von Großkrankenhäusern gegenüber Spezialkliniken, sondern nur den faktischen Vorrang der zugelassenen Plankrankenhäuser vor den sonstigen Krankenhäusern, solange der Versorgungsbedarf durch erstere abgedeckt wird. Auch dann bleibt es Aufgabe der Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung zu beobachten und Versorgungsverträge mit unwirtschaftlichen Krankenhäusern gegebenenfalls zu kündigen, um nach deren Ausscheiden anderen geeigneten, aber kostengünstiger arbeitenden Krankenhäusern Verträge anzubieten. Es kann offenbleiben, ob zumindest der Einwand zutrifft, durch die Zulassung von Spezialkliniken zu kostengünstig anzubietenden einzelnen Behandlungsformen könne der Bestand von Großkliniken auch in den Bereichen gefährdet werden, in denen sie unverzichtbar sind, oder ob dies nicht eher eine Frage der Vereinbarung kostenäquivalenter Vergütungen ist. Soweit die Klägerin nämlich behauptet, die von ihr angebotene Behandlungsmethode der Hyperthermie bei Krebserkrankungen werde von den vorhandenen Plankrankenhäusern (mit Ausnahme von Universitätskliniken) nicht angeboten, kommt eine Bestandsgefährdung dieser Krankenhäuser von vornherein nicht in Betracht, worauf die Revision zu Recht hinweist. Die vom LSG weiterhin angeführte fehlende Ausstattung für die diagnostische und therapeutische Erstversorgung der Patienten hindert ebenfalls nicht, die Klinik der Klägerin für die Behandlung von Patienten zuzulassen, deren Diagnose gesichert ist und die bereits in den Plankrankenhäusern mit den eingeführten Methoden behandelt worden sind. Denn die erforderliche Ausstattung einer Klinik hängt allein von dem abzudeckenden Behandlungsbedarf ab.

7. Ob für das beschränkte Leistungsangebot der Hyperthermiebehandlung ein Bedarf besteht, ist von dem Berufungsgericht nicht in ausreichender Weise festgestellt worden, wie die Revision ebenfalls zutreffend rügt. Die Begründung, daß die Behandlung mit der Methode der Hyperthermie in ausreichender Weise durch die Universitätsklinik T. erfolge und es keine Anhaltspunkte für das Vorhandensein von Wartezeiten gebe, läßt nicht erkennen, welche Feststellungen ihr zugrunde liegen. Die Begründung läßt auch nicht erkennen, ob das Berufungsgericht die Behandlung von Krebserkrankungen mit der Methode der Hyperthermie zum Umfang der von der Kasse geschuldeten Krankenhausbehandlung rechnet oder ob diese Frage offenbleiben sollte. Wenn es insoweit eine Leistungsverpflichtung der KKn unterstellte, hätten jedenfalls ausdrückliche Feststellungen dazu getroffen werden müssen, wie die Versorgungslage tatsächlich ist. Daß dem Gericht Wartezeiten von Versicherten nicht bekannt geworden sind, schließt nicht aus, daß solche tatsächlich in einem Umfang vorkommen, die bei lebensbedrohlichen Erkrankungen der in Rede stehenden Art nicht hingenommen werden können. Das Fehlen von Wartezeiten läßt auch nicht zwingend auf ausreichende Behandlungskapazitäten schließen; es schließt nicht aus, daß die Kapazitätsgrenze erreicht und ein wachsender Bedarf erkennbar ist.

Ein Anspruch der Klägerin auf Zulassung wäre allerdings zu verneinen, wenn die Hyperthermie (noch) nicht zu den Methoden der Krankenhausbehandlung zählt, die die gesetzliche Krankenversicherung den Versicherten schuldet. Das Zulassungsrecht für die Leistungserbringer korrespondiert insoweit mit dem Leistungsanspruch der Versicherten (so auch für den vertragsärztlichen Bereich BSG, Urteile vom 16. September 1997 – 1 RK 32/95 und 1 RK 28/95; zur Veröffentlichung vorgesehen). Gemäß § 39 Abs 1 Satz 3 SGB V umfaßt die Krankenhausbehandlung im Rahmen des Versorgungsauftrages des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind. Nach § 28 Abs 1 SGB V, auf den die Vorschrift Bezug nimmt, umfaßt die ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Schließlich bestimmt § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V allgemein, daß die Leistungen der Krankenversicherung nach Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben. Was danach im einzelnen an Behandlung geschuldet wird, bestimmen somit die Regeln der ärztlichen Kunst und der allgemeine Stand der medizinischen Erkenntnisse unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts. Die Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts bedeutet freilich nicht, daß auch Anspruch auf solche Behandlungen besteht, deren Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit noch erforscht wird, über die somit noch keine gesicherten medizinischen Erkenntnisse vorliegen (vgl BSGE 76, 194 = SozR 3-2500 § 27 Nr 5). Vielmehr wird damit nur klargestellt, daß die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung am medizinischen Fortschritt teilhaben und grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Kosten Anspruch auf diejenige Behandlung haben, die dem neuesten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Welcher Stand das ist, wird im ambulanten Bereich im wesentlichen durch die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen gemäß den §§ 92 ff SGB V bestimmt, die, soweit sie eine Regelung enthalten, grundsätzlich verbindlich festlegen, welche neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden Gegenstand der Leistungspflicht der Krankenkassen sind (vgl BSGE 76, 194 = SozR 3-2500 § 27 Nr 5; BSGE 78, 70 = SozR 3-2500 § 92 Nr 6; BSG, Urteile vom 16. September 1997 – 1 RK 28/95 und 1 RK 32/95 –, beide zur Veröffentlichung vorgesehen). Im stationären Bereich bestehen solche Richtlinien nicht. §§ 137a und 138b SGB V, eingefügt durch das Zweite Gesetz zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. GKV-NOG) vom 23. Juni 1997 (BGBl I 1520) sehen insoweit nur Empfehlungen der Bundesärztekammer, der Spitzenverbände der KKn und der deutschen Krankenhausgesellschaft oder der Bundesverbände der Krankenhausträger zur Sicherung der Qualität der Behandlung und zur Abstimmung dieser Fragen die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft vor. Bis zum Wirksamwerden dieser neu eingeführten Instrumentarien zur Bestimmung von Inhalt, Umfang und Qualität der Krankenhausbehandlung läßt sich die Feststellung, was dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts jeweils entspricht, nur nach anderen Kriterien treffen. Hier bieten sich vor allem die Stellungnahmen der medizinischen Fachgesellschaften an, die sich in Richtlinien, Leitlinien und Empfehlungen niederschlagen und sogenannte „Standards” definieren. Dieser unterschiedlich gebrauchte Begriff ist in vorliegendem Zusammenhang in der Weise zu verstehen, daß er den jeweiligen Stand der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse und der ärztlichen Erfahrung wiedergibt, der zur Erreichung des ärztlichen Behandlungsziels erforderlich ist und sich in der Erprobung bewährt hat (vgl Carstensen, DÄBl 1989, B-1737; Taupitz, NJW 1986, 2851, 2858; Hart, MedR 1998, 8, 9). Durch das Erfordernis der Bewährung in der Erprobung unterscheidet sich der medizinische Standard vom sogenannten Heilversuch und erst recht vom wissenschaftlichen Experiment am Menschen (Humanexperiment), die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert werden (vgl BT-Drucks 11/2237 S 157). Soweit die Klägerin zur Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit der von ihr angebotenen Behandlungsmethode auf positive Ergebnisse an deutschen Universitätskliniken und an Kliniken im Ausland hinweist, reicht dies zum Nachweis, daß die Methode ausreichend standardisiert ist, nicht aus. Weil es auf die Erprobung in der gängigen klinischen Praxis und damit auf ein Akzeptanzmoment ankommt, vermögen auch die Veröffentlichungen großer Institute oder die Zwischenergebnisse großer klinischer Studien für sich genommen noch keine neue Leitlinie oder neuen Standard zu begründen (Hart, MedR 1998, 8, 13). Im Einzelfall mag es zwar schwierig sein zu bestimmen, welcher Umfang von Akzeptanz in der klinischen Anwendung erreicht sein muß, um von einer hinreichenden Bewährung zu sprechen. Der vorliegende Fall gibt aber derzeit keine Veranlassung, auf solche Abgrenzungsfragen näher einzugehen.

8. Das LSG wird daher in erster Linie Ermittlungen dazu durchzuführen haben, ob die von der Klägerin angebotene Behandlungsmethode inzwischen hinreichend standardisiert ist. Dazu kann es sich empfehlen, zunächst eine Auskunft der Universität T. über die Art und den Umfang der dort durchgeführten Behandlungen und die dabei erzielten Ergebnisse einzuholen. Von dort können möglicherweise weiterführende Hinweise zum Stand der Erkenntnisse auch in anderen Kliniken gegeben werden, weil insoweit ein Erfahrungsaustausch stattfinden dürfte. Schließlich kann auch eine Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften weiterführen.

Nur wenn aufgrund dieser Ermittlungen bei der Hyperthermie von einer standardisierten ärztlichen Behandlungsmethode gesprochen werden kann, kommt es darauf an, ob die für diese Behandlungsmethode in Betracht kommenden Patienten durch die vorhandenen Einrichtungen, insbesondere also Universitätskliniken, ausreichend behandelt werden können, dh ob die dafür erforderliche apparative Ausstattung zur Verfügung steht und medizinisch unvertretbare Wartezeiten für die Patienten nicht auftreten. Da es sich nicht um die Grundversorgung mit Krankenhäusern handelt, können auch außerhalb der Landesgrenzen befindliche Kliniken in die Bedarfsfeststellung einbezogen werden. Denn für eine Spezialbehandlung muß nicht ein ortsnahes Angebot vorgehalten werden. Wenn sich ein Bedarf herausstellen sollte, käme es auf die Frage an, ob die Klägerin die Einhaltung der ärztlichen Standards für diese Behandlungsmethode in personeller und apparativer Hinsicht gewährleistet. Hier könnten dann ebenfalls die Empfehlungen der bereits erwähnten Institutionen zur Qualitätssicherung im Krankenhaus eine Rolle spielen.

Abschließend wird das LSG auch über die Kosten des Verfahrens einschließlich des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 651684

BSGE, 182

NJW 1999, 1811

MedR 1999, 43

NZS 1998, 518

KHuR 1999, 56

SozSi 1999, 76

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