Leitsatz (amtlich)

1. Der Umstand, daß bei einer krankenversicherungsrechtlichen Leistung ein Genehmigungsverfahren seitens der Krankenkasse nicht vorgesehen ist, bedeutet nicht, daß die Genehmigung der Leistung durch andere Systembeteiligte, insbesondere durch die Leistungserbringer erfolgt (Abweichung BSG vom 31.7.1963 3 RK 92/59 = BSGE 19, 270).

2. Durch die "Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen" vom 21.1.1983 ist die Krankenkasse vor der Entscheidung darüber, ob sie den vorgelegten Heil- und Kostenplan ohne Gutachterverfahren genehmigen kann oder ob sie ein Gutachterverfahren einleiten soll, nicht daran gehindert, die Notwendigkeit der geplanten Zahnersatz-Maßnahmen durch einen eigenen Sachverständigen zu überprüfen.

3. Die Krankenkassen sind jedoch nicht berechtigt, statt des Gutachtens des gemeinsam bestellten Sachverständigen das Gutachten eines Dritten zum Gegenstand einer (den Antrag des Versicherten) förmlich ablehnenden Entscheidung zu machen.

 

Normenkette

RVO § 182 Abs 2 Fassung: 1930-07-26, § 368e Fassung: 1955-08-17; SGB 5 § 12 Abs 1 Fassung: 1988-12-20, § 27 S 1 Fassung: 1988-12-20, § 28 Abs 2 Fassung: 1988-12-20; BMV-Z § 2 Abs 3; SGB 5 § 70 Abs 1 Fassung: 1988-12-20

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 24.02.1988; Aktenzeichen L 11 Ka 111/86)

SG Münster (Entscheidung vom 04.07.1986; Aktenzeichen S 12 Ka 56/85)

 

Tatbestand

Nach § 368g Abs 3 Reichsversicherungsordnung (RVO) wurde den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen einerseits und den Bundesverbänden der Krankenkassen andererseits aufgegeben, zur näheren Regelung der kassenärztlichen Versorgung allgemeine Bestimmungen in Bundesmantelverträgen zu treffen. Die Beigeladene Ziffer 6 (Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung) einerseits und die unter Ziffer 2 bis 4 beigeladenen Kassen-Bundesverbände haben dementsprechend durch den Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) unter anderem vereinbart (§ 2 Abs 3):

"Im Falle kieferorthopädischer Maßnahmen, der Behandlung von Parodontopathien und der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen können sich die Krankenkassen eines Gutachterverfahrens bedienen, das in Vereinbarungen zwischen den Partnern dieses Vertrags geregelt wird (Anlagen 6, 9 und 12)".

In der entsprechenden "Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen" (- Anlage 12 zum BMV-Z -) wurde geregelt, daß der Zahnarzt zunächst einen Heil- und Kostenplan aufzustellen hat, der der Krankenkasse vorzulegen ist (§ 1). "Bei Kostenübernahme bzw -bezuschussung gibt die Krankenkasse den Heil- und Kostenplan ... über den Patienten an den Zahnarzt zurück" (§ 2 Abs 1). Im § 3 Abs 1 der Vereinbarung heißt es:

"Die Krankenkasse kann den bei ihr eingereichten Heil- und Kostenplan begutachten lassen. In diesem Falle übersendet sie den Heil- und Kostenplan unverzüglich einem nach § 5 bestellten Gutachter und setzt den Zahnarzt hiervon in Kenntnis."

Nach § 5 der Anlage werden die Gutachter einvernehmlich von beiden Seiten bestellt. Die beklagte AOK läßt (seit dem 1. März 1985) die ihr zur Genehmigung vorgelegten Heil- und Kostenpläne (vorab) durch die von ihr beauftragte, unter Ziffer 7 beigeladene Zahnärztin Dr. K.    überprüfen. Letztere war bis Mai 1987 als Kassenzahnärztin zugelassen und Mitglied der Klägerin. Nach den Erklärungen der Beklagten wird diese Überprüfung unstreitig lediglich deshalb vorgenommen, um entscheiden zu können, ob der Heil- und Kostenplan unabhängig von einem Gutachterverfahren genehmigt werden kann oder ob ein Gutachterverfahren eingeleitet werden soll. Im Rahmen der Überprüfung werden die vom Zahnarzt bzw vom Versicherten angeforderten Röntgenaufnahmen eingesehen und Versicherte untersucht.

Die Klägerin - KZÄV -, die das genannte Vorgehen der Beklagten für rechtswidrig hält, hat Klage erhoben mit dem Antrag, der Beklagten (bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung) zu untersagen, die "ihr zur Zuschußfestsetzung vorgelegten Heil- und Kostenpläne durch Kassenzahnärzte begutachten zu lassen, die nicht gemäß § 5 der Anlage 12 zum BMV-Z zum Gutachter bestellt sind". Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat Berufung eingelegt und beantragt:

das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 04.07.1986 zu ändern und 1. der Beklagten bei Meidung einer für jeden Fall

der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsstrafe zu untersagen, a) ihr im Rahmen von Bewilligungsverfahren vor

gelegte Heil- und Kostenpläne für Zahnersatz oder Zahnkronen außerhalb des in der Anlage 12 zum BMV-Z vorgesehenen Gutachterverfahrens (Begutachtung ausschließlich durch einvernehmlich von der KZV-WL und den Landesverbänden der gesetzlichen Krankenkassen bestellte Gutachter) anderweitig durch Zahnärzte, insbesondere Mitglieder einer KZV, begutachten zu lassen und dabei insbesondere Auswertungen von Röntgenaufnahmen und körperliche Untersuchungen ihrer Versicherten durchführen zu lassen.

b) Kassenzahnärzte zu ersuchen oder sonstwie

zu veranlassen, Röntgenaufnahmen und sonstige diagnostische Unterlagen zum Zwecke der Begutachtung vorzulegen und aufgrund von Begutachtungen im Sinne von Buchstabe a) von ihnen aufgestellte Heil- und Kostenpläne zu ändern,

2. hilfsweise:

festzustellen, daß das von der Beklagten praktizierte Begutachtungsverfahren, bei dem eine Zahnärztin oder ein Zahnarzt bei der Vorlage von Heil- und Kostenplänen körperliche Untersuchungen von Versicherten der Beklagten und Auswertungen von Röntgenaufnahmen vorgenommen hat und vornimmt, rechtswidrig ist.

Das Landessozialgericht (LSG) hat wie folgt entschieden:

Das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 04. Juli 1986 wird abgeändert. Der Beklagten wird untersagt, a) ihr im Rahmen von Bewilligungsverfahren

vorgelegte Heil- und Kostenpläne für Zahnersatz oder Zahnkronen außerhalb des in der Anlage 12 zum BMV-Z vorgesehenen Gutachterverfahrens (Begutachtung ausschließlich durch einvernehmlich von der KZV Westf.-Lippe und den Landesverbänden der gesetzlichen Krankenkassen bestellte Gutachter) anderweitig durch Zahnärzte, insbesondere Mitglieder einer KZV, unter Anforderung und/oder Auswertung von Röntgenaufnahmen und körperlichen Untersuchungen ihrer Versicherten überprüfen zu lassen;

b) Kassenzahnärzte zu ersuchen oder sonstwie zu

veranlassen, Röntgenaufnahmen und sonstige diagnostische Unterlagen zum Zwecke der Begutachtung vorzulegen und aufgrund von Begutachtungen im Sinne von Buchstabe a) von ihnen aufgestellte Heil- und Kostenpläne zu ändern.

Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Beklagten (AOK) und der Beigeladenen Ziffer 1 und 2 (AOK-Landesverband; AOK-Bundesverband). Die Revisionskläger beantragen,

das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 4. Juli 1986 zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revisionen zurückzuweisen.

Der Beigeladene Ziffer 3 (Bundesverband der Betriebskrankenkassen) hat sich dem Antrag der Revisionskläger, die Beigeladene Ziffer 6 dem Antrag der Revisionsbeklagten angeschlossen. Die Beigeladenen Ziffer 4, 5 und 7 (Bundesverband der Innungskrankenkassen, Bundesverband der landwirtschaftlichen Krankenkassen, Zahnärztin Dr. K.   ) haben sich nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

Die Revisionen sind begründet.

1. Der generelle Inhalt des zweitinstanzlichen Antrages der Klägerin - also abgesehen von dessen spezielleren Bestandteilen - würde, wenn die Unterlassungsklage begründet wäre, auf den Rechtssatz hinauslaufen, daß es der Krankenkasse verboten ist, einen ihr nach § 2 Abs 3 BMV-Z, § 1 Anlage 12 vorgelegten Heil- und Kostenplan vor der Entscheidung darüber, ob sie ihn ohne Gutachterverfahren (§ 3 der Anlage) genehmigen kann oder ob sie ein Gutachterverfahren einleiten soll, darauf zu überprüfen, ob die von dem Kassenzahnarzt geplanten Zahnersatz-Maßnahmen bei der gegebenen Indikation notwendig sind (§§ 182 Abs 2, 368e RVO; ab 1.1.1989: §§ 12, 27 Satz 1, 28 Abs 2 Sozialgesetzbuch - gesetzliche Krankenversicherung - SGB V -). Einen solchen (Verbots-) Rechtssatz gibt es nicht. Er hätte überdies zur Folge, daß die Krankenkasse das Gutachterverfahren immer schon dann einzuleiten hätte, wenn sich nicht schon aus dem Plan-Vordruck (Anlage 3a zum BMV-Z) auch für einen zahnmedizinischen Laien ganz eindeutig ergäbe, daß der geplante Zahnersatz tatsächlich notwendig ist, was wiederum zur Konsequenz hätte, daß vor die meisten Entscheidungen über den Heil- und Kostenplan ein Gutachterverfahren treten müßte. Ist es aber schon offensichtlich, daß in der Vereinbarung über das Gutachterverfahren der Anlage 12 zum BMV-Z solche Folgen nicht gewollt sind, so fehlt es vor allem an einem gesetzlichen oder untergesetzlichen Rechtssatz des genannten Inhalts.

Die Ausführungen des LSG zu "der vom Gesetzgeber in §§ 368 ff RVO und von den Vertragspartnern im BMV-Z vorgegebenen grundsätzlichen Organisationsstruktur und Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen im Kassenarztrecht für die Durchführung der ambulanten kassen(zahn)ärztlichen Versorgung", die in der Rechtsansicht münden, "daß es im Bereich der ambulanten kassen(zahn)ärztlichen Versorgung der Versicherten überhaupt nicht Angelegenheit der Krankenkasse sei, etwas zu bewilligen", die Bewilligung aller Leistungen vielmehr "in die Hand der Kassen(zahn)ärzte gelegt" sei, gehen schon deshalb fehl, weil in dem hier streitigen Leistungsbereich die Partner des BMV-Z doch gerade in der obengenannten "Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen" (Anlage 12 zum BMV-Z) eine der Behandlung vorausgehende Leistungsbewilligung durch die Krankenkassen zugrundegelegt haben.

2. Aber auch die vom LSG als Grundsatz angeführte Rechtsansicht, im Bereich der ambulanten kassen(zahn)ärztlichen Versorgung entscheide nicht die Krankenkasse, sondern der Kassenarzt über die zu erbringenden Leistungen, trifft so nicht zu. Soweit in dem vom LSG zitierten Urteil des 3. Senats vom 31. Juli 1963 - 3 RK 92/59 - ausgeführt wurde, im Bereich der kassenärztlichen Versorgung sei es, abgesehen von bestimmten Sachleistungen, "überhaupt nicht Angelegenheit der Krankenkasse, etwas zu bewilligen" (BSGE 19, 270, 273), die Bewilligung aller Leistungen sei in die Hand der Kassenärzte gelegt (aaO, S 274), wird diese (zum Streitfall einer Behandlung durch einen nicht zugelassenen Arzt geäußerte) Ansicht, die jedenfalls mißverständlich ist, im folgenden richtiggestellt. Der Umstand, daß bei einer krankenversicherungsrechtlichen Leistung ein Genehmigungsverfahren seitens der Krankenkasse nicht vorgesehen ist, bedeutet nicht, daß die Genehmigung der Leistung durch andere Systembeteiligte, insbesondere durch die Leistungserbringer oder durch die Kassenärztliche Vereinigung erfolgt. Das ist nicht deren Aufgabe. Zwar bleibt es dem Kassenarzt überlassen, die Leistung in ihrem ganz konkreten Inhalt im Rahmen der gegebenen und ihn verpflichtenden Vorschriften zu bestimmen. Das bedeutet aber nicht, daß er wie ein Versicherungsträger oder auch nur wie dessen Vertreter über das rechtliche Bestehen des Leistungsanspruchs des Versicherten gegenüber dem verpflichteten Träger zu entscheiden hätte. Für die Einhaltung des grundsätzlichen Rahmens des Behandlungsanspruchs bleibt daher - unbeschadet der eigenverantwortlichen Ausfüllung dieses Rahmens durch den den konkreten Behandlungsinhalt bestimmenden Kassenarzt - der Versicherungsträger verantwortlich. Der Senat hat zuletzt in dem vom LSG zitierten Urteil vom 19. November 1985 - 6 RKa 14/83 - gerade zum Ausdruck gebracht, daß durch den Sicherstellungsauftrag der die Kassenärzte umfassenden Kassenärztlichen Vereinigungen die Kassen nicht "aus ihrer Verantwortung entlassen" werden (BSGE 59, 172, 177 oben). Selbst in dem vom LSG zur Stützung seiner Rechtsansicht ebenfalls zitierten Urteil des 3. Senats vom 1. Juni 1977 - 3 RK 41/75 - (BSGE 44, 41), das wohl an das obengenannte Urteil BSGE 19, 270 anzuknüpfen versucht, wurde ausgeführt, daß die Frage der Notwendigkeit einer bestimmten Behandlung "jedoch auch in den Zuständigkeitsbereich der Krankenkassen" gehört (Seite 44, Mitte).

Indem die Krankenkasse es zwar dem einzelnen Kassen(zahn)arzt zu überlassen hat, den konkreten Inhalt der ärztlichen Leistung zu bestimmen, bleibt ihre Verantwortung für die Einhaltung der (allgemeinen) gesetzlichen Anspruchsbedingungen bestehen. Selbst wenn aus Gründen der Praktikabilität kein der Behandlung vorangehendes Genehmigungsverfahren vorgesehen ist, so verbleibt ihr doch die genannte zuständige Verantwortung. Das wird etwa dann deutlich, wenn sie die Übernahme der Kosten für eine rechtlich ausgeschlossene Behandlungsmethode, die der Kassenarzt bisher angewandt hatte, für die Zukunft ablehnt. Dies mit der Begründung als unzulässig anzusehen, daß allein der Kassenarzt den Inhalt seiner Behandlung zu bestimmen habe, wäre rechtsirrig. Weder die grundsätzliche Bestimmung des Behandlungsinhalts seitens des Kassen(zahn)arztes noch der Umstand, daß der ärztlichen Behandlung regelmäßig kein Genehmigungsverfahren vorgeschaltet ist, vermag also an der Berechtigung der Krankenkassen, über das Vorliegen der (generellen) Anspruchsvoraussetzungen zu entscheiden, etwas zu ändern.

3. Ist bei der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen ein spezielles Genehmigungsverfahren vorgesehen, so nimmt die Krankenkasse also auch hier nur Rechte (und Pflichten) wahr, die ihr grundsätzlich ohnehin zustehen. Ein solches Verfahren anders als bei sonstigen ärztlichen Behandlungen vorzusehen, mag deshalb zweckmäßig erscheinen, weil der mit jedem Genehmigungsverfahren verbundene zeitliche Aufschub der Behandlung hier weniger problematisch ist und auch deswegen, weil die Frage, ob die vom Arzt vorgeschlagene Leistung "notwendig" ist, aufgrund der besseren Überschaubarkeit und Objektivierbarkeit der (Zahnersatz-) Leistungen weniger schwer als sonst beantwortet werden kann, so daß jedenfalls beide Umstände zusammen ein der Behandlung vorangehendes Genehmigungsverfahren rechtfertigen.

Ist die Krankenkasse aber berechtigt, die Notwendigkeit der vorgeschlagenen Behandlung als Anspruchsvoraussetzung nach § 182c RVO (Zuschüsse für Zahnersatz und Zahnkronen) bzw nach § 30 Abs 1 SGB V (Kostenerstattung bei Zahnersatz) zu überprüfen, dann kann sie auch (nach pflichtgemäßem Ermessen) die gesetzlichen Beweismittel nach § 21 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) jedenfalls dann zur Ermittlung des Sachverhalts einsetzen, wenn das in § 2 Abs 3 BMV-Z, Anlage 12 vorgesehene Gutachterverfahren dem nicht entgegensteht.

4. Das genannte Recht der Krankenkassen wird durch dieses Gutachterverfahren aber nicht verdrängt. Die Krankenkassen haben aufgrund der ihnen nach § 2 Abs 3 BMV-Z, § 1 Anlage 12 vorgelegten Heil- und Kostenpläne zu entscheiden, ob sie einen solchen Plan ohne Gutachterverfahren genehmigen können oder ob sie ein Gutachterverfahren nach § 3 der Anlage 12 einleiten sollen. Dabei müssen sie, wie oben bereits ausgeführt, überprüfen, ob die von dem Kassenzahnarzt geplanten Maßnahmen bei der gegebenen Indikation notwendig sind. Wenn es im § 3 Satz 1 der Anlage 12 heißt: "Die Krankenkasse kann den bei ihr eingereichten Heil- und Kostenplan begutachten lassen", so bedeutet dies zunächst eine bloße Berechtigung, keine Verpflichtung zur Vorlage an einen nach § 5 der Anlage gemeinschaftlich bestellten Gutachter. Die Freiheit ihres Entscheidungsspielraums findet jedoch ihre Grenze in dem Umstand, daß sich die Partner des BMV-Z gemäß § 5 der Anlage 12 einvernehmlich auf bestimmte Gutachter geeinigt haben. Die Kassen sind demnach jedenfalls nicht berechtigt, das Gutachterverfahren dadurch zu ersetzen, daß sie statt des Gutachtens des gemeinsam bestellten Sachverständigen das Gutachten eines Dritten zum Gegenstand einer - den Antrag des Versicherten förmlich - ablehnenden Entscheidung machen. Ein solches Verhalten der Beklagten wird aber von der Klägerin nicht behauptet. Zwar könnte man auch daran denken, ob die Beklagte den gemeinsam bestellten Gutachter nicht schon dann anrufen muß, wenn sie sich überzeugt hat, daß Zweifel über die Notwendigkeit der geplanten Maßnahme nur durch einen Sachverständigen zu klären sind. Dann wäre die Vorlagepflicht schon dann begründet, wenn durch eine eher grob überschlägige Überprüfung Zweifel an der Notwendigkeit/Nichtnotwendigkeit nicht beseitigt werden könnten. Abgesehen von der fragwürdigen Praktikabilität einer solchen Rechtslage bestehen dagegen jedoch auch sonstige Bedenken, weil es der Krankenkasse nicht verwehrt sein kann, aufgrund ihres oben festgestellten Genehmigungsrechts den kassenzahnärztlichen Heil- und Kostenplan auch eingehender zu überprüfen, bevor sie sich über eine Vorlage an den Gutachter bzw eine Genehmigung entscheidet und weil die Partner des BMV-Z in ihrer die Anlage 12 ergänzenden Vereinbarung vom 24. Juni 1986 zwar eine Verpflichtung zur Vorlage für den Fall einer richtlinienüberschreitenden Planung normiert haben (§ 3 Abs 1a der Anlage 12), jedoch keine weitergehende Vorlagepflicht festsetzten. Aber selbst dann, wenn die Freiheit des Entscheidungsspielraums der Krankenkasse so weitgehend - wie zuletzt erwogen - beschränkt wäre, könnte die Beklagte pflichtgemäß nicht darauf verzichten, zur Klärung der Frage, ob Bedenken hinsichtlich der Notwendigkeit der geplanten Behandlung bestehen, die im § 21 SGB X genannten Beweismittel einzusetzen, auch wenn sich in diesem Falle eine abschließende Begutachtung auf eine grob überschlägige Überprüfung zu beschränken hätte. Aufgrund der angeführten Gesichtspunkte ist der Senat jedoch der Ansicht, daß der Entscheidungsspielraum der Krankenkassen größer ist und bis zu der erstgenannten Schranke reicht.

5. Dann steht es der Beklagten aber auch frei - solange sie die gutachtliche Äußerung eines Dritten nicht zum Gegenstand einer den Antrag des Versicherten förmlich ablehnenden Entscheidung macht -, mit dem Kassenzahnarzt in Verbindung zu treten und ihn auf Bedenken hinzuweisen. Weigert er sich, darauf einzugehen, muß die Krankenkasse den einvernehmlich bestellten Gutachter einschalten. Ändert er aber seinen Plan ab, dann steht die Kasse ohnehin vor einer neuen Entscheidungssituation.

6. Bei der insoweit erlaubten Begutachtung durch einen Dritten ist es der Krankenkasse auch nicht untersagt, Zahnärzte bzw Kassenzahnärzte heranzuziehen. Das träfe - entsprechend den obigen Ausführungen - nur dann zu, wenn ein ausdrückliches gesetzliches oder untergesetzliches Verbot vorläge, was nicht der Fall ist, oder wenn sich aus Bestimmungen berufsrechtlicher Art für den Zahnarzt hinsichtlich solcher (Vor-)Begutachtungen eine Unvereinbarkeit ergäbe, was nicht zutrifft und von der Klägerin auch nicht behauptet wird, oder wenn die Krankenkasse rechtlich verpflichtet wäre, derartige Tätigkeiten ausschließlich durch andere Personen/Personengruppen ausführen zu lassen, wofür aber ebenfalls eine entsprechende Verpflichtungsnorm fehlt. Darüber, ob die Kassenzahnärzte verpflichtet sind, den Krankenkassen Röntgenunterlagen zur Überprüfung herauszugeben, war nicht zu entscheiden; insoweit liegt kein selbständiger Klagantrag vor.

7. Da die Klage demnach weder nach dem Hauptantrag noch nach dem Hilfsantrag unter irgendeinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet ist, war auf die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen Ziffer 1 und 2 das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

BSGE, 94

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