Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechtigtes Feststellungsinteresse bei Feststellungsklage. Beitragspflicht aus zwei Rechtsverhältnissen nebeneinander. Solidaritätsprinzip und Äquivalenzprinzip in der Krankenversicherung. Krankenversicherung sowie Beitragspflicht bei zu Unrecht gewährtem Arbeitslosengeld

 

Orientierungssatz

1. Bei der Feststellungsklage ist ein berechtigtes Feststellungsinteresse zu bejahen, wenn die begehrte Feststellung einer sozialrechtlichen Vorfrage für ein künftiges oder laufendes Verfahren vor anderen Gerichten (hier Adhäsionsverfahren) bedeutsam ist (vgl BSG 1977-01-27 12/8 REh 1/75 = BSGE 43, 148). Eine Feststellungsklage kann auch dann als zulässig angesehen werden, wenn dies aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen der Vereinfachung dient und zu erwarten ist, daß der Beklagte auch einem Feststellungsurteil Folge leisten wird, weil es sich um eine Behörde handelt.

2. Die Versicherung nach § 155 AFG hängt nicht davon ab, ob das Arbeitslosengeld, das die Versicherung auslöst, zu Recht oder zu Unrecht geleistet worden ist, und auch nicht davon, ob es später zurückgefordert und zurückgezahlt wird. Dies ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (§ 155 Abs 2 S 3 AFG; vgl BSG 1978-02-14 7 RAr 57/76 = BSGE 46, 20, 33). Eine Beitragserstattung wegen zu Unrecht gezahlter Leistungen soll gänzlich ausgeschlossen sein. Für das Nebeneinander von Leistungsbezug und Beschäftigungsverhältnis, also den Fall, daß die Unrechtmäßigkeit des Leistungsbezuges durch das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses begründet ist, gilt nichts anderes.

3. Das Krankenversicherungsrecht wird nicht (nur) vom versicherungsrechtlichen Prinzip der Äquivalenz von Leistung und Beitrag bestimmt, sondern vom Prinzip des solidarischen Ausgleichs (Solidaritätsprinzip).

 

Normenkette

SGG § 55 Abs 1 Fassung: 1953-09-03; AFG § 155 Abs 1 Fassung: 1969-06-25; AFG § 155 Abs 2 S 3 Fassung: 1969-06-25

 

Verfahrensgang

LSG Berlin (Entscheidung vom 14.10.1981; Aktenzeichen L 9 Kr 69/80)

SG Berlin (Entscheidung vom 24.10.1980; Aktenzeichen S 75 Kr 436/79 W 79)

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung, daß die beklagte Krankenkasse verpflichtet ist, die durch die Bundesanstalt für Arbeit (BA) für ihn wegen des Bezuges von Arbeitslosengeld (Alg) in der Zeit vom 15. Februar bis 31. März 1978 entrichteten Krankenversicherungsbeiträge an die BA zurückzuzahlen.

Der Kläger meldete sich am 14. Februar 1978 arbeitslos. Die Beklagte bewilligte ihm daraufhin Alg, das ihm in der Folgezeit bis zum 31. März 1978 ausgezahlt wurde. Für die Zeit vom 14. Februar bis 31. März 1978 zahlte die BA aufgrund der Pflichtmitgliedschaft des Klägers außerdem nach § 155 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 545,34 DM an die Beklagte.

Bei der Antragstellung auf Alg am 14. Februar 1978 hatte der Kläger verschwiegen, daß er ab 15. Februar 1978 eine Beschäftigung aufnehmen werde. Er hat der BA erst mit Schreiben vom 3. April 1978 mitgeteilt, daß er eine neue Beschäftigung habe, als Beginn aber den 3. April 1978 angegeben. Davon, daß die Beschäftigung schon am 15. Februar begonnen hatte, erfuhr die beigeladene BA erst am 5. April 1978 durch eine Nachricht der Beklagten.

Die Beigeladene forderte hierauf vom Kläger das zu Unrecht gezahlte Alg zurück.

Der Kläger wurde deshalb außerdem am 5. Juli 1979 vom Amtsgericht Berlin Tiergarten wegen Betruges verurteilt (282 Ds 14/79). Im Rahmen eines Adhäsionsverfahrens zu diesem Strafverfahren fordert die beigeladene BA Schadensersatz in Höhe der von ihr aufgebrachten Beiträge.

Der Kläger verlangte daraufhin von der Beklagten eine Erstattung der von der BA geleisteten Beiträge an diese. Die Beklagte lehnte dies jedoch ab (Bescheid vom 15. März 1979; Widerspruchsbescheid vom 4. Oktober 1979).

In dem anschließenden Klageverfahren begehrte der Kläger die Aufhebung der Bescheide der Beklagten und die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet sei, an die beigeladene BA die von dieser für die Zeit vom 15. Februar bis 31. März 1978 entrichteten Krankenversicherungsbeiträge zurückzuzahlen. Klage und Berufung hatten jedoch keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Berlin -SG- vom 24. Oktober 1980; Urteil des Landessozialgerichts Berlin -LSG- vom 14. Oktober 1981).

Das LSG hat die Feststellungsklage im Hinblick auf das anhängige Adhäsionsverfahren gegen den Kläger für zulässig gehalten. Sie ist nach der Auffassung des LSG jedoch nicht begründet. Unterschiedliche Krankenversicherungsverhältnisse und Beitragspflichten aus verschiedenen Gründen könnten durchaus nebeneinander bestehen. Das Gesetz enthalte keinen Anhalt, daß dies im Verhältnis einer Versicherung aus einem Beschäftigungsverhältnis und der Versicherung nach § 155 AFG anders sei. Das durch § 155 AFG begründete Versicherungsverhältnis werde auch nicht dadurch der Rechtsgrundlage beraubt, daß das Alg zu Unrecht geleistet und später zurückgefordert worden sei. Nach dem Willen des Gesetzgebers finde insoweit keine wie auch immer geartete Rückabwicklung statt. Daran ändere auch § 159 Abs 4 AFG nichts; denn diese Bestimmung regele lediglich, welche Krankenkasse zuständig sei, wenn während des Bezuges von Alg eine krankenversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt werde. Das Nebeneinanderbestehen zweier Versicherungen bei derselben Kasse werde dadurch nicht ausgeschlossen. Die Beitragspflicht werde schließlich auch nicht durch Beitragsbemessungsgrenzen gemindert. Es handele sich hier um zwei Versicherungsverhältnisse auf unterschiedlicher Rechtsgrundlage, die getrennt zu betrachten seien, so daß eine Zusammenrechnung von Alg und Arbeitsentgelt nicht in Betracht komme.

Der erkennende Senat hat die Revision zugelassen.

Mit der Revision macht der Kläger im wesentlichen geltend, daß eine Doppelversicherung ausgeschlossen sein müsse, weil der Versicherte nur einmal einen Anspruch auf Krankenversicherungsschutz haben könne. Die Rückzahlung der Beiträge vermeide eine ungerechtfertigte Doppelbelastung des Versicherten. Eine Rückerstattung von Beiträgen sei durch das AFG nicht ausgeschlossen. Aus der Begründung zu § 155 Abs 2 AFG (BT-Drucks V/4110) ergebe sich, daß die Regelung des § 155 Abs 2 Satz 3 AFG ua auch für den Fall geschaffen worden sei, daß die Krankenkasse befugt sei, die von ihr erbrachten Leistungen zurückzuverlangen. Es sei dann aber nicht verständlich, ihr für derartige Fälle auch noch doppelte Beitragszahlungen zu belassen. Hinzuweisen sei auch auf den Sinn des § 159 Abs 4 AFG. Die Konzentrierung der Zuständigkeit bei nur einer Kasse solle vermeiden, daß eine Rückabwicklung von Versicherungsverhältnissen notwendig werde. Daraus werde deutlich, daß die Rückabwicklung von Beitragszahlungen durch das Regelungssystem des AFG nicht ausgeschlossen werde. Zumindest sei nachträglich der Rechtsgrund für die Beitragszahlung weggefallen und deshalb bestehe ein Rückerstattungsanspruch zumindest nach §§ 812 ff des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Der Kläger beantragt dem Sinne nach, die Urteile des LSG und des SG aufzuheben sowie unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 15. März 1979 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Oktober 1979 festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an die Beigeladene die von dieser für die Zeit vom 15. Februar 1978 bis 31. März 1978 für den Kläger entrichteten Krankenversicherungsbeiträge zurückzuzahlen.

Die Beklagte und die beigeladene BA beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Sie beziehen sich im wesentlichen auf das angefochtene Urteil. Darüber hinaus wird von der Beigeladenen darauf hingewiesen, daß nach der erst ab 1. Januar 1981 geltenden, also hier noch nicht anwendbaren Vorschrift des § 157 Abs 3 letzter Satz AFG das Bemessungsentgelt für die Beiträge nach dem AFG um das Entgelt aus einer gleichzeitig ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung zu mindern sei. Auch daraus ergebe sich aber keine Rechtsgrundlage für Rückforderung oder Verrechnung von Krankenversicherungsbeiträgen, wenn die Voraussetzungen für die Leistung von Alg überhaupt nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind; denn § 157 Abs 3 Satz 2 AFG gelte nur dann, wenn rechtmäßiger Leistungsbezug und entlohnte Beschäftigung zusammentreffen.

Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Die Vorinstanzen haben zu Recht entschieden, daß die vom Kläger erhobene Feststellungsklage zulässig ist, obwohl möglicherweise auch eine Leistungsklage hätte erhoben werden können. Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ist zu bejahen, wenn die begehrte Feststellung einer sozialrechtlichen Vorfrage für ein künftiges oder laufendes Verfahren vor anderen Gerichten (hier das Adhäsionsverfahren) bedeutsam ist (vgl BSGE 43, 148; BSG SozR 2200 § 394 Nr 1; ferner Meyer-Ladewig, SGG, 2. Aufl, § 55 Anm 16 mwN). Im übrigen kann eine Feststellungsklage auch dann als zulässig angesehen werden, wenn dies aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen der Vereinfachung dient und zu erwarten ist, daß der Beklagte auch einem Feststellungsurteil Folge leisten wird, weil es sich um eine Behörde handelt (vgl Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, S 240k I mwN).

Das LSG hat ferner zutreffend entschieden, daß die Versicherung nach § 155 AFG nicht davon abhängt, ob das Alg, das die Versicherung auslöst, zu Recht oder zu Unrecht geleistet worden ist, und auch nicht davon, ob es später zurückgefordert und zurückgezahlt wird. Dies ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (§ 155 Abs 2 Satz 3 AFG). Die Rechtsprechung hat diese Auslegung überdies bestätigt (BSGE 46, 20, 33; BSG SozR 4100 § 155 Nr 5; s auch BSG SozR 2200 § 311 Nr 11). Die zum Verhältnis der Versicherung aus dem Bezug von Übergangsgeld und der Versicherung aus dem Beschäftigungsverhältnis ergangene Entscheidung des 1. Senats des BSG (BSGE 47, 109) kann wegen § 155 Abs 2 Satz 3 AFG nicht entsprechend herangezogen werden. Warum die Leistung zu Unrecht erbracht wurde, ist unerheblich.

Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich auch aus den Materialien (BT-Drucks V/4110 S 23 zu § 153) nichts anderes. Es wird dort ausgeführt: "Die Bundesanstalt hätte (nach dem Regierungsentwurf) gegen die Krankenkasse Anspruch auf Erstattung der gezahlten Beiträge und die Krankenkasse wäre befugt, die den Beiträgen entsprechenden ebenfalls zu Unrecht erbrachten Leistungen zurückzufordern. Die vom Ausschuß beschlossene Ergänzung des Abs 2 soll diese Wirkungen vermeiden".

Hieraus ergibt sich eindeutig, daß eine Beitragserstattung wegen zu Unrecht gezahlter Leistungen gänzlich ausgeschlossen sein soll. Dies dient letztlich auch der notwendigen Klarheit des Versicherungsschutzes in jedem Zeitpunkt.

Für das Nebeneinander von Leistungsbezug und Beschäftigungsverhältnis, also den Fall, daß die Unrechtmäßigkeit des Leistungsbezuges durch das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses begründet ist, gilt nichts anderes. Dies zeigt gerade auch die bereits erwähnte Entstehungsgeschichte (so auch BSG 26. Oktober 1982 - 3 RK 55/81 -).

§ 159 Abs 4 AFG betrifft nur die Zuständigkeit bei Bestehen einer Versicherungspflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis und einer Versicherungspflicht aus dem Leistungsbezug nebeneinander. Durch die dort getroffene Regelung wird ein Nebeneinander zweier Zuständigkeiten vermieden. Die Entscheidung des Gesetzgebers, in jedem Fall die für den Leistungsbezug zuständige Kasse für zuständig zu erklären, deutet - wenn man überhaupt weitergehende Folgerungen aus dieser Vorschrift ziehen will - eher darauf hin, daß auch hier von der Unveränderlichkeit eines einmal nach § 155 AFG begründeten Versicherungsverhältnisses ausgegangen wird. Es wäre unverständlich, wenn gerade die Kasse in jedem Fall für allein zuständig erklärt würde, deren Zuständigkeit durch ein Versicherungsverhältnis begründet worden ist, aus dem uU die Beiträge zurückgezahlt werden müssen.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist es nicht ungewöhnlich und durch das Gesetz nicht ausgeschlossen, daß eine zweifache Versicherung auch Beitragspflicht aus jedem dieser Tatbestände zur Folge hat. Auch zwei nebeneinander bestehende Beschäftigungsverhältnisse sind beitragsrechtlich getrennt zu behandeln (vgl BSGE 16, 98, 104). Insoweit bestehen (ausgenommen die neue Berechnungsvorschrift des § 157 Abs 3 Satz 2 AFG) im Bereich des AFG keine Besonderheiten.

Grundsätzlich entsteht hierdurch keine Doppelbelastung; denn die Beiträge nach dem AFG trägt die BA (§ 157 Abs 1 AFG), die Beiträge aus dem Beschäftigungsverhältnis tragen der Kläger und sein Arbeitgeber je zur Hälfte (§ 381 Abs 1 RVO). Wenn - was hier nicht zu entscheiden ist - eine Rechtsgrundlage besteht und ein Tatbestand verwirklicht ist, aus denen sich ergibt, daß der Kläger uU der BA Schadensersatz leisten muß, so liegt dies jedenfalls in seinem Verhalten begründet und kann nicht den Maßstab dafür bilden, ob eine Beitragsregelung gerechtfertigt erscheint.

Gegen die Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen aus zwei nebeneinander bestehenden Versicherungsgründen spricht auch nicht der Umfang der zu erwartenden Leistungen aus der Krankenversicherung. Es ist zwar richtig, daß Krankenpflegeleistungen regelmäßig nur einmal gewährt werden können. Darauf kommt es aber nicht an, weil sich die Höhe von Beiträgen in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht an der Höhe der zu erwartenden Leistungen orientiert. Das Krankenversicherungsrecht wird nicht (nur) vom versicherungsrechtlichen Prinzip der Äquivalenz von Leistung und Beitrag bestimmt, sondern vom Prinzip des solidarischen Ausgleichs (Solidaritätsprinzip). Das bedeutet, daß die Leistungen nicht nur am Beitrag, sondern teilweise, vorwiegend oder gar ausschließlich, an den Bedürfnissen des Berechtigten orientiert sind und der Beitrag nicht allein nach dem Leistungsaufwand oder dem Risiko (für den einzelnen oder eine Gruppe) zu bemessen ist, sondern nach dessen Leistungsfähigkeit (vgl BSGE 37, 127, 129). Dort, wo der Beitrag nach Arbeitsentgelt bemessen ist, bedeutet dies, daß möglichst jeder, der auf dem Arbeitsmarkt Arbeitsentgelt erzielt, zu einem gewissen Prozentsatz mit diesem Arbeitsentgelt zur Beitragsleistung herangezogen wird, unabhängig davon, ob und inwieweit sich dies leistungsrechtlich niederschlägt (BVerfGE 21, 12, 26; BVerfGE 14, 312, 318; BSG SozR 2100 § 14 Nr 9; BSG SozR 4100 § 112 Nr 3; BSG SozR 2200 § 1385 Nr 12; BSG USK 80169). Übertragen auf Beitragszahlungen im Zusammenhang mit der Gewährung öffentlicher Leistungen bedeutet dies, daß die Leistungsträger ebenso solidarisch nach dem Umfang der von ihnen gewährten Leistungen mit einem gewissen Prozentsatz zu dem Finanzbedarf der Krankenkassen beitragen müssen. Der neue § 157 Abs 3 Satz 2 AFG stellt keine Durchbrechung dieses Prinzips dar; denn er beruht darauf, daß nach der dieser Vorschrift zugrundeliegenden Gesetzesfassung der Beitrag für das Alg auch dann nach dem zuvor erzielten Arbeitsentgelt bemessen wird, wenn wegen der Erzielung von Einkommen letztlich nur ein geringer Betrag an Alg gezahlt wurde. Die Bestimmung trägt also dem in der Arbeitslosenversicherung anzutreffenden Auseinanderfallen von Leistungshöhe und Beitragsbemessungsgrundlage angemessen Rechnung.

Abgesehen davon dürfte es auch nicht zutreffen, daß die doppelte Beitragsleistung keinerlei Einfluß auf die zu erwartenden Leistungen hat. Richtig ist, daß der Versicherte Sachleistungen nur einmal bekommt. Geldleistungen können sich aber uU erhöhen (vgl Albrecht ZfS 69, 265, 268). In den Fällen, in denen ein Anspruch auf eine Leistung nach dem AFG neben einem Beschäftigungsverhältnis besteht (zB Unterhaltsgeld im Rahmen der Förderung beruflicher Bildung) wird der Lebensstandard des einzelnen durch den gleichzeitigen Bezug von Alg und Arbeitsentgelt bestimmt. Hierdurch ist es gerechtfertigt, auch das Krankengeld unter Berücksichtigung beider Tatbestände zu bemessen (s auch BSG 24. Juni 1981 - 12 RK 57/79 -; BSG SozR 4100 § 159 Nrn 1 und 2 sowie BAG AP Nr 25 zu § 5 BetrVG 1972).

Etwas anderes gilt nur in der besonderen Situation des Kündigungsschutzprozesses. Dort wird wegen der Unklarheit über die bestehende Rechtssituation Alg im Wege der Gleichwohlgewährung nach § 117 Abs 4 AFG gezahlt. Hier erfolgt ein gesetzlich geregelter Ausgleich der Beiträge und Leistungen nach § 160 AFG. Die Versicherungsverhältnisse aus dem Arbeitsverhältnis und aus dem Alg-Bezug bleiben nicht nebeneinander bestehen. Vielmehr wird die Versicherung aus dem Alg-Bezug aufgesaugt durch die wiederauflebende Versicherung aus dem Beschäftigungsverhältnis (vgl BSGE 52, 152). Diese besondere Situation rechtfertigt sich aber aus dem von Anfang an bestehenden Schwebezustand während eines Kündigungsschutzprozesses und unterscheidet sich von dem vorliegenden Fall durch die besonderen gesetzlichen Bestimmungen in den §§ 160, 166a AFG.

Auch soweit der Kläger die Beitragshöhe im Hinblick auf die Beitragsbemessungsgrenze beanstandet, kann ihm nicht gefolgt werden. Bei der Prüfung, ob die Beitragsbemessungsgrenze überschritten wird, ist die Leistung nach dem AFG nämlich nicht zu berücksichtigen, weil hierfür nur Einkünfte aus Beschäftigungen oder aus Tätigkeiten als Selbständiger zählen (vgl für die Versicherungspflichtgrenze BSGE 16, 98, 104; BSGE 33, 12). Die gebotene Beschränkung einer Beitragskumulation ergibt sich, wie schon dargelegt, für das neuere Recht aus § 157 Abs 3 Satz 2 AFG. Für eine Beitragsbemessungsgrenze ist daneben kein Raum.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1654355

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