Entscheidungsstichwort (Thema)

KVdR - Versorgungsbezüge - einmaliger Versorgungsbezug - Beitragspflicht - Weihnachtsgeld - Zuflußprinzip - Beitragsuntergrenze - Verteilung - Aufteilung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Von einem im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung einmal im Jahr gezahlten "Weihnachtsgeld" waren jedenfalls nach dem Rechtszustand bis zum Inkrafttreten des SGB 5 Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner zu entrichten.

2. Die Beiträge waren dem Monat der Zahlung des "Weihnachtsgeldes" zuzuordnen und auch für die Beitragsuntergrenze (§ 381 Abs 2 S 3 RVO) nicht auf einen längeren Zeitraum zu verteilen.

 

Orientierungssatz

Die frühere Rechtsprechung des BSG, wonach unter bestimmten Voraussetzungen einmaliges Arbeitsentgelt (zB eine Jahresvergütung, Tantiemen usw) nicht im Monat seines tatsächlichen Zuflusses, sondern in einem sachgerechten längeren Zeitraum der Beitragsbemessung zugrunde zu legen war (vgl BSG vom 2.6.1982 - 12 RK 4/82 = SozR 2100 § 17 Nr 3 mwN sowie rückblickend BSG vom 27.10.1989 - 12 RK 9/88 = BSGE 66, 34, 37ff = SozR 2200 § 385 Nr 22) ist nach Inkrafttreten des § 385 Abs 1a RVO überholt.

 

Normenkette

RKG § 20; SGB V § 227 Fassung 1988-12-20, § 226 Abs. 2 Fassung 1988-12-20; RVO § 385 Abs. 1a Fassung 1983-12-22; SGB V § 237 S. 2 Fassung 1988-12-20; RVO § 180 Abs. 5 Nr. 2 Fassung 1981-12-01; SGB V § 229 Abs. 1 S. 3 Fassung 1988-12-20; RVO § 381 Abs. 2 S. 3 Fassung 1981-12-01, § 180 Abs. 8 S. 4 Fassung 1981-12-01

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 16.05.1991; Aktenzeichen L 2 (15) Kn 72/90)

SG Duisburg (Entscheidung vom 26.09.1990; Aktenzeichen S 3 Kn 43/90)

 

Tatbestand

Im Streit steht die Höhe der Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner jeweils im Dezember der Jahre 1985 bis 1988; in diesen Monaten bezog der Kläger ein "Weihnachtsgeld" aus einer betrieblichen Altersversorgung.

Der Kläger erhielt im streitigen Zeitraum, neben seiner Knappschaftsrente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU), eine Werksrente der T -S -AG (T-AG) in Höhe von monatlich ca DM 42,--. Diese Versorgungsbezüge zog die Beklagte nicht zur Berechnung der Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) heran, weil aus dem monatlichen Zahlbetrag die sog Beitragsuntergrenze von DM 10,-- (§ 381 Abs 2 Satz 3 der Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫ iVm § 180 Abs 5 Nr 2 RVO) nicht erreicht wurde. Der Kläger bezog jedoch jeweils im Dezember zusätzlich ein "Weihnachtsgeld" in Höhe von je DM 200,--; dieses wird nach Auskunft der T-AG freiwillig sowie unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs gezahlt. Die Beklagte meint, der Kläger habe jeweils für die Dezember-Monate aus seiner Werksrente in Verbindung mit dem Weihnachtsgeld Beiträge zur KVdR zu entrichten. Sie setzte mit Bescheid vom 9. Mai 1989 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. März 1990 die Beiträge für die streitigen Dezember-Monate fest und kündigte deren Einbehaltung aus der Knappschaftsrente an.

Während das Sozialgericht (SG) sein klagabweisendes Urteil damit begründet hat, das Weihnachtsgeld sei eine laufende und deshalb der Beitragspflicht unterfallende Leistung der betrieblichen Altersversorgung, hat das Landessozialgericht (LSG) die Auffassung vertreten, bei dem Weihnachtsgeld handele es sich jeweils um eine Einmalzahlung. Eine solche unterliege zwar der Beitragspflicht, wenn sie in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gezahlt werde, nicht jedoch im Rahmen von Versorgungsbezügen nach § 180 Abs 5 Nr 2 RVO. Dies lasse sich auch dem Katalog des § 180 Abs 8 Satz 2 RVO entnehmen; eine Einmalzahlung sei lediglich dann beitragspflichtig, wenn sie als "nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung an die Stelle der Versorgungsbezüge" trete (§ 180 Abs 8 Satz 4 RVO). Das dieser Auffassung entgegenstehende Rundschreiben der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversicherung vom 15. Dezember 1988 stelle keine Rechtsgrundlage für die Beitragsforderung dar.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung von §§ 19, 20 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) iVm § 180 Abs 5 Nr 2, § 180 Abs 8 Satz 2 Nr 5 und § 381 Abs 2 RVO. Sie trägt vor, daß sich der Auffassung der Spitzenverbände der Krankenkassen auch verschiedene Stimmen der Literatur angeschlossen hätten. Das Weihnachtsgeld sei zwar als eine Einmalleistung anzusehen, besitze jedoch gleichzeitig den Charakter laufender Versorgungsbezüge, wenn es alljährlich - zusammen mit der laufend gezahlten Werksrente - gewährt werde.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom

16. Mai 1991 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des

Sozialgerichts Duisburg vom 26. September 1990 zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Revision zurückzuweisen.

Er bezieht sich auf die Gründe des angefochtenen Urteils und weist darauf hin, daß das Weihnachtsgeld freiwillig und unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs gezahlt werde. Ferner stellt er klar, daß er sich lediglich gegen die Feststellung seiner Beitragspflicht in den angefochtenen Bescheiden wende, nicht jedoch gegen die Einbehaltung der Beiträge, sollten sie geschuldet sein, von seiner Knappschaftsrente.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat hat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).

Auf die zulässige Revision der Beklagten war das Berufungsurteil aufzuheben.

Verfahrensrechtliche Gründe stehen einer Sachentscheidung zur Beitragspflicht des Weihnachtsgeldes nicht entgegen. Insbesondere war die T-AG nicht iS des § 75 Abs 2 SGG notwendig beizuladen. In einem Rechtsstreit um die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen braucht die Zahlstelle nicht notwendig beigeladen zu werden, soweit - wie hier - nicht umstritten ist, ob die Beiträge von der Krankenkasse beim Versicherten einzuziehen oder durch die Zahlstelle von den Versorgungsbezügen einzubehalten sind (hierzu eingehend Bundessozialgericht ≪BSG≫ vom 6. Februar 1992, BSGE 70, 105, 110 = SozR 3-2500 § 229 Nr 1).

Entgegen der Auffassung des LSG unterliegt das vom Kläger bezogene "Weihnachtsgeld" aus der betrieblichen Altersversorgung der Beitragspflicht zur KVdR (hierzu im folgenden unter 1). Die Beklagte hat auch zu Recht entsprechend dem Zuflußprinzip eine Beitragspflicht des Klägers jeweils für die Dezember-Monate 1985 bis 1988 angenommen; diese Sonderleistung war beitragsrechtlich auch nicht auf einen längeren Zeitraum umzulegen (hierzu im folgenden unter 2).

(1)

Hinsichtlich der Beitragspflicht des Weihnachtsgeldes galt im

streitigen Zeitraum (vor Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches -

Gesetzliche Krankenversicherung - ≪SGB V≫) folgendes:

Nach § 119 Abs 1 Nr 1 RKG war der Kläger als Bezieher einer

Knappschaftsrente wegen EU bei der Beklagten krankenversichert; nach § 20

RKG iVm § 381 Abs 2 Satz 1 und § 180 Abs 5 RVO war der Beitrag auf der

Grundlage der Knappschaftsrente sowie (§ 180 Abs 5 Nr 2 RVO) "des

Zahlbetrages der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge)"

zu berechnen. Nach § 180 Abs 8 Satz 2 RVO galten "als der Rente

vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) ..., soweit sie wegen einer

Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder

Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, ...

5. Renten der betrieblichen Altersversorgung ...".

§ 180 Abs 8 Satz 4 RVO bestimmte: "Tritt an die Stelle der

Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung, so gilt

ein 120stel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der

Versorgungsbezüge".

Nach § 381 Abs 2 Satz 3 RVO waren Beiträge aus Versorgungsbezügen "nur zu

entrichten, wenn sie monatlich mindestens 10,-- DM betragen".

Auf der geschilderten gesetzlichen Grundlage ergibt sich zunächst, daß die

Beklagte zu Recht die Werksrente der T-AG zur Berechnung der Beiträge zur

KVdR heranzog (wenn auch nach § 385 Abs 2a RVO Beiträge wegen

Unterschreitung der Grenze des § 381 Abs 2 Satz 3 RVO nicht zu entrichten

waren). Entgegen der Auffassung des LSG zählt aber auch das vom Kläger im

streitigen Zeitraum bezogene "Weihnachtsgeld" als "Rente der betrieblichen

Altersversorgung" zu den "Versorgungsbezügen" iS des § 180 Abs 5 Nr 2 bzw

Abs 8 Satz 2 RVO.

Das wesentliche Merkmal eines solchen Rentenanspruchs besteht in dem

Zusammenhang zwischen seinem Entstehen und einer bestimmten früheren

Berufstätigkeit (vgl BSG vom 6. Februar 1992, BSGE 70, 105, 109 = SozR

3-2500 § 229 Nr 1 in Fortführung der früheren Rechtsprechung zB BSG vom

18. Dezember 1984, BSGE 58, 10 ff = SozR 2200 § 180 Nr 25; BSG vom 11.

Dezember 1987, SozR 2200 § 180 Nr 38 S 154).

Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Das Weihnachtsgeld ist eine

Sonderleistung zu der Betriebsrente des Klägers (entsprechend für eine

Weihnachtsgratifikation an pensionierte Arbeitnehmer auch BAG vom 19. Mai

1981, BAGE 35, 301, 306 f = AP Nr 13 zu § 16 BetrAVG) und daher

unmittelbar auf das frühere Beschäftigungsverhältnis des Klägers

zurückzuführen. Dabei ist unerheblich, daß es als Festbetrag gezahlt wird.

Es entspricht den Gepflogenheiten auch im Arbeitsleben, den Beschäftigten

Sonderleistungen zu zahlen, die nicht von der Höhe ihres sonstigen

Entgelts abhängig sein müssen (zu möglichen Bemessungsfaktoren vgl Lipke,

Gratifikationen, Tantiemen, Sonderzulagen, 1982, S 10 f). Dementsprechend

hat das BSG (am 25. Oktober 1988, SozR 2200 § 180 Nr 45) bereits

entschieden, daß ein zu einer Betriebsrente gezahltes Kindergeld als Teil

der Versorgungsbezüge zur KVdR beitragspflichtig ist.

An der Beitragspflicht auch des dem Kläger gezahlten Weihnachtsgeldes ändert der Umstand nichts, daß es sich hierbei um eine Einmalzahlung handelt und nicht um eine Zahlung, die jeweils regelmäßig mit der monatlichen Betriebsrente erfolgt. Denn auch solche Einmalzahlungen sind beitragspflichtig zur KVdR. Dies ist zwar nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt. Hieraus folgt jedoch - entgegen der Auffassung des LSG - nicht ihre Beitragsfreiheit.

Ebensowenig ergibt sich aus den ausdrücklichen Regelungen hinsichtlich Einmalzahlungen aus Beschäftigungsverhältnissen im Gegenschluß, daß Einmalzahlungen im Rahmen von Versorgungsbezügen keiner Beitragspflicht unterliegen. Nach diesen Vorschriften gehören "einmalige Einnahmen" aus einer Beschäftigung ebenso wie die laufenden Einnahmen zum Arbeitsentgelt (§ 14 Abs 1 Sozialgesetzbuch - Viertes Buch - ≪SGB IV≫). Weiterhin ist geregelt, in welcher Form "einmalig gezahltes Arbeitsentgelt" (dem Arbeitsentgelt zuzurechnende Zuwendungen, die nicht für die Arbeit in einem einzelnen Lohnabrechnungszeitraum gezahlt werden) zur Beitragspflicht herangezogen wird (§ 385 Abs 1a RVO; entsprechend nunmehr § 227 SGB V). Daß Weihnachtsgeldzahlungen im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses sowohl Arbeitsentgelt sind als auch der Beitragspflicht unterliegen, folgt jedoch nicht erst aus den zitierten gesetzlichen Regelungen.

Schon vor dem Inkrafttreten des durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 (HBegleitG) eingefügten § 385 Abs 1a RVO und auch bereits vor Inkrafttreten von § 14 SGB IV zum 1. Juli 1977 mußten vom Weihnachtsgeld, das im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses gezahlt wurde, Beiträge zur Krankenversicherung entrichtet werden: Nach dem durch das SGB IV aufgehobenen § 160 RVO gehörten zum Entgelt im Sinne der RVO "Gehalt oder Lohn" sowie weitere Bezüge, ohne daß zwischen laufend und einmalig gezahlten Bezügen differenziert wurde (§ 160 Abs 1 RVO aF); § 160 Abs 3 RVO aF enthielt lediglich eine Bestimmung dazu, in welchem Zeitabschnitt "einmalige Zuwendungen, soweit sie als Entgelt anzusehen sind", für die Berechnung der Beiträge berücksichtigt werden. In welchem Umfang derartige Weihnachtsgeldzahlungen dann in der Tat zur Beitragsberechnung herangezogen wurden, richtete sich gemäß dem bis zum Erlaß des SGB IV fortgeltenden Gemeinsamen Erlaß des Reichsministers der Finanzen und des Reichsarbeitsministers vom 10. September 1944 (AN 281; BGBl III Anhang 820-1) nach dem Steuerrecht; für das Jahr 1961 zB war der DM 100,-- übersteigende Betrag beitragspflichtig (vgl BSG vom 28. Februar 1967, BSGE 26, 120, 121 = SozR Nr 20 zu § 160 RVO; zur neueren Entwicklung s BSG vom 11. Dezember 1987, BSGE 62, 281, 287 ff = SozR 2200 § 385 Nr 18; BSG vom 27. Oktober 1989, BSGE 66, 34, 37 ff = SozR aaO Nr 22). Daher spricht die Tatsache allein, daß eine gesetzliche Regelung über die Beitragspflicht von "einmaligen Versorgungsbezügen" nicht besteht, nicht gegen ihr Bestehen.

Eine entsprechende Folgerung läßt sich auch nicht aus § 180 Abs 8 Satz 4 RVO ziehen; hierin ist die Berechnung des Beitrags für "eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung", die "an die Stelle der Versorgungsbezüge" tritt, geregelt. Dies rechtfertigt jedoch allenfalls den Schluß, daß von solchen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung Beiträge zur KVdR nicht erhoben werden dürfen, die von vornherein nicht als regelmäßig wiederkehrende, sondern als Einmal-Zahlungen vereinbart oder zugesagt waren (BSG vom 18. Dezember 1984, BSGE 58, 10, 13 f = SozR 2200 § 180 Nr 25), nicht jedoch, daß Weihnachtsgeldzahlungen, die zu einer Werksrente hinzutreten, beitragsfrei zu bleiben hätten.

Ebenso unerheblich ist, daß das dem Kläger gewährte "Weihnachtsgeld" nach Auffassung des LSG einem besonderen Zweck dient, nämlich der Befriedigung zeitlich begrenzter Bedürfnisse im Hinblick auf ein bestimmtes Festereignis, sowie daß es nach Angaben der T-AG freiwillig und stets widerruflich gewährt wird. Dies vermag seine Eigenschaft als "Rente der betrieblichen Altersversorgung" iS des § 180 Abs 8 Satz 2 Nr 5 RVO nicht auszuschließen. Wie § 180 Abs 5 Nr 3 RVO deutlich macht, kommt es auf den "Zahlbetrag" der Versorgungsbezüge an, nicht auf die rechtliche Grundlage oder den Zweck der im Zahlbetrag enthaltenen einzelnen Bezüge (vgl BSG vom 25. Oktober 1988, SozR 2200 § 180 Nr 45 S 192 zur Zweckbestimmung eines als Teil der betrieblichen Versorgungsleistungen gewährten "Kindergeldes").

Die Beitragspflicht für das Weihnachtsgeld aus der betrieblichen Altersversorgung stimmt schließlich auch mit der vom Gesetzgeber verfolgten Absicht der Neuregelung der KVdR im Gesetz über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahre 1982 (vom 1. Dezember 1981, BGBl I 1205; bereits angelegt im 21. Rentenanpassungsgesetz ≪RAG≫ vom 25. Juli 1978, BGBl I 1089) überein. Die Ersetzung der Pauschalzahlungen der Rentenversicherungsträger an die Krankenkassen durch einen Beitrag des einzelnen Rentners, auch unter Berücksichtigung seiner neben der Rente erzielten Versorgungsbezüge, sollte die für die Rentner geltenden Beitragsregelungen denen der aktiven Versicherten (Arbeitnehmer) angleichen (vgl BT-Drucks 9/458 S 29 f, 34 sowie zum 21. RAG BT-Drucks 8/1601 S 25, 36). Auf dieser Grundlage aber wäre es nicht verständlich, warum ein vom Arbeitgeber seinen Beschäftigten gezahltes Weihnachtsgeld beitragspflichtig sein soll, nicht jedoch eine entsprechende Leistung an die Betriebsrentner.

(2)

Die angefochtenen Bescheide der Beklagten haben ferner auch zu Recht

die Beitragspflicht des Klägers auf der Grundlage des seiner

Dezember-Werksrente hinzuzurechnenden Weihnachtsgeldes ermittelt. Dies

entspricht dem im Beitragsrecht maßgebenden Zuflußprinzip (hierzu BSG

vom 27. Oktober 1989, BSGE 66, 34, 87 ff = SozR 2200 § 385 Nr 22),

wonach der Grundlohn in dem Zeitpunkt zur Beitragsbemessung

herangezogen wird, in dem er tatsächlich zufließt. Hiernach überstieg

der Grundlohn des Klägers nur jeweils für die Dezember-Monate die

Beitragsuntergrenze des § 381 Abs 2 Satz 3 RVO.

Eine Ausnahme vom Zuflußprinzip ist für die vorliegende Fallgestaltung

weder ausdrücklich im Gesetz vorgesehen noch ergibt sie sich aus der

entsprechenden Anwendung anderweitiger Regelungen.

Deshalb ist unerheblich, daß die Versorgungsbezüge des Klägers in dem streitbefangenen Zeitraum, auf das Kalenderjahr umgerechnet, unterhalb dieser Beitragsuntergrenze blieben:

Im Kalenderjahr 1988 fielen beispielsweise nach dem Beitragssatz der Beklagten zur KVdR von 6,3 vH Einkünfte von bis zu DM 158,65 monatlich unter diese Grenze, mithin ein Betrag von DM 1903,80 im Jahr. Die beitragspflichtigen Versorgungsbezüge des Klägers im Jahr 1988 machten dagegen lediglich einen Betrag in Höhe von DM 707,60 aus (DM 42,30 x 12 zzgl DM 200,-- Weihnachtsgeld = DM 707,60).

Es ist zuzugeben, daß der Kläger gegenüber dem Bezieher einer Betriebsrente mit gleicher Gesamthöhe in zwölf regelmäßigen Teilbeträgen insoweit schlechter gestellt war, als er bei einer Beitragsbemessung nach dem Zuflußprinzip allein wegen der Zahlungsmodalitäten bei seinem Weihnachtsgeld jeweils im Dezember eines Jahres Beiträge zu entrichten hatte, wohingegen der Bezieher einer Betriebsrente ohne jährliche Sonderleistung selbst mit einem auf das Kalenderjahr bezogenen weitaus höheren Zahlbetrag seiner Versorgungsbezüge nicht zur Beitragszahlung herangezogen würde. Dies hatte jedoch seinen Grund in der am jeweiligen monatlichen Zahlbetrag orientierten Beitragsuntergrenze des § 381 Abs 2 Satz 3 RVO, die wiederum das Ziel verfolgte, "unvertretbaren Verwaltungsaufwand zu vermeiden" (BT-Drucks 9/458, S 36), und nicht etwa dem Schutz der Versicherten vor der Beitragszahlung dienen sollte (nichts anderes gilt für den durch das SGB V eingeführten dynamisierten Freibetrag anstelle der bisherigen starren Beitragsuntergrenze von DM 10,--; vgl die Begründung des Regierungsentwurfes zum Gesundheitsreformgesetz ≪GRG≫, BT-Drucks 11/2237 zu § 235 Abs 2 des Entwurfs, entsprechend § 226 Abs 2 SGB V).

Der Wortlaut jener Regelung (Beiträge aus Versorgungsbezügen sind "nur zu entrichten, wenn sie monatlich mindestens 10,-- DM betragen") steht mit dem Zuflußprinzip in Einklang. Er kann nicht so verstanden werden, daß er eine regelmäßige monatliche Beitragspflicht oberhalb jener Grenze voraussetzt. Es kommt daher - anders als für die Jahresarbeitsverdienstgrenze (§ 165 Abs 1 Nr 1 RVO aF; § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V) oder die Geringfügigkeitsgrenze (§ 8 Abs 1 SGB IV) - nicht auf eine Jahresberechnung in vorausschauender Betrachtungsweise an. Dies ergibt sich zum einen daraus, daß der Wortlaut des § 381 Abs 2 Satz 3 RVO (im Gegensatz zu den genannten anderen Vorschriften) gerade nicht auf eine "regelmäßige" Beitragshöhe abstellt; zum anderen handelt es sich hierbei nicht um eine Regelung zur Versicherungspflicht oder -freiheit, wo sich ein ständiger Wechsel von vornherein verbietet. Vielmehr regelt § 381 Abs 2 Satz 3 RVO lediglich die Berechnung der Beitragshöhe, bei der Schwankungen (entsprechend der Höhe eines schwankenden Grundlohns) der Natur der Sache entsprechen.

Dem Senat erscheint im vorliegenden Fall auch keine Abweichung vom Zuflußprinzip geboten. Die frühere Rechtsprechung des BSG, wonach unter bestimmten Voraussetzungen einmaliges Arbeitsentgelt (zB eine Jahresvergütung, Tantiemen usw) nicht im Monat seines tatsächlichen Zuflusses, sondern in einem sachgerechten längeren Zeitraum der Beitragsbemessung zugrunde zu legen war (vgl BSG vom 2. Juni 1982, SozR 2100 § 17 Nr 3 mwN sowie rückblickend BSG vom 27. Oktober 1989, BSGE 66, 34, 37 ff = SozR 2200 § 385 Nr 22) ist nach Inkrafttreten des § 385 Abs 1a RVO überholt.

Eine analoge Anwendung des § 385 Abs 1a RVO scheidet aus. Sie wäre nur in der Form denkbar, daß nicht nur ein einmaliger Versorgungsbezug dem hierin geregelten einmaligen Arbeitsentgelt gleichgesetzt wird, sondern auch die Beitragsuntergrenze des § 381 Abs 2 Satz 3 RVO der nach § 385 Abs 1a RVO maßgebenden Jahresarbeitsverdienstgrenze. Eine derartige Analogie scheitert jedoch schon daran, daß es sich bei der Beitragsuntergrenze um eine für jeden Monat getrennt zu berücksichtigende Größe handelt (siehe oben) und nicht um einen Jahreswert, dessen Verteilung auf Monate einer gesonderten Regelung bedarf.

In diesem Ergebnis sieht sich der Senat auch durch das ab 1989 geltende Recht des SGB V bestätigt: Hier erklärt § 237 Satz 2 SGB V für die Beitragsbemessung versicherungspflichtiger Rentner "§ 226 Abs 2 und die §§ 228 ..." für entsprechend anwendbar, nimmt also gerade § 227 SGB V (die dem § 385 Abs 1a RVO entsprechende Neuregelung) aus.

Die Beitragsfestsetzung durch die angefochtenen Bescheide unterliegt auch im übrigen keinen Bedenken. Auf der Grundlage des im streitigen Zeitraum noch geltenden § 393a Abs 2 Satz 6 RVO (hierzu BSG vom 19. März 1992, SozR 3-2200 § 393a Nr 2) war die Beklagte berechtigt, die aufgrund von Versorgungsbezügen geschuldeten Beiträge zur KVdR nachzuerheben; Anhaltspunkte sind weder für ein Verschulden der Zahlstelle im Sinne dieser Vorschrift noch für ein Fehlverhalten der Beklagten ersichtlich.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 60295

RegNr, 20895 (BSG-Intern)

BR/Meuer RVO § 180, 18-03-93, 8 RKn 2/92 (LT1-2, OT1)

BetrAV 1993, 248 (L)

USK, 9309 (LT1-2)

Die Beiträge 1993, 507-513 (LT1-2, OT1)

EzS, 55/160 (LT1-2)

SozR 3-2200 § 180, Nr 9 (LT1-2)

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge