Entscheidungsstichwort (Thema)

Vormerkung einer Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung im Ausland. Zuordnung. Tätigkeit des nichtpflichtversicherten Ehegatten bei einer ausländischen Tochtergesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung im Ausland kann auch vorzumerken sein, wenn zwischen dem Ehegatten des Erziehenden und dem inländischen Arbeitgeber für die Dauer des Auslandsaufenthaltes ein Rumpfarbeitsverhältnis fortbesteht und die Hauptpflichten nach Beendigung der Erwerbstätigkeit im Ausland wiederaufleben (Fortentwicklung von BSG vom 12.7.1990 - 4 RA 49/89 = SozR 3-2200 § 1277a Nr 1 und BSG vom 16.8.1990 - 4 RA 4/90 = SozR 3-2200 § 1251a Nr 6).

 

Orientierungssatz

Entscheidende, aber auch hinreichende Kriterien für ein "Rumpfarbeitsverhältnis" mit dem inländischen Arbeitgeber während des durch Vertrag zeitlich begrenzten Auslandsaufenthaltes, sind eine zwischen ihm und dem Beschäftigten getroffene, den ursprünglichen Arbeitsvertrag abändernde Abrede über das Ruhen der Hauptpflichten auf Arbeitsleistung und auf Zahlung von Arbeitsentgelt und das "automatische" Wiederaufleben der Rechte und Pflichten aus dem ursprünglichen Vertrag bei Beendigung des ausländischen Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer muß also von vornherein verpflichtet und berechtigt sein, nach Beendigung des Auslandsaufenthalts "seine" Arbeit beim inländischen Arbeitgeber wiederaufzunehmen. Darüber hinaus muß rechtlich sichergestellt sein, daß auch während der Dauer des Auslandsaufenthaltes noch wechselseitige Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zwischen inländischem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer bestehen. Insbesondere muß der inländische Arbeitgeber Verantwortung und Fürsorge für den im Ausland Beschäftigten weiter übernehmen; dabei kann die Verpflichtung zur Entrichtung von freiwilligen Sozialversicherungsbeiträgen oder zur Übernahme von Leistungen bei der betrieblichen Altersversorgung Ausdruck der Fürsorge des Arbeitgebers sein; auch kann sich der inländische Arbeitgeber das Recht vorbehalten, den Arbeitnehmer zurückzurufen. Auf der anderen Seite kann der Arbeitnehmer zur Aufrechterhaltung von Kontakten zum inländischen Arbeitgeber sowie dazu verpflichtet sein, alles zu unterlassen, was dem inländischen Arbeitgeber schadet.

 

Normenkette

SGB VI § 56 Abs. 3, § 249

 

Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 19.02.1991; Aktenzeichen L 6 An 715/90)

SG Stuttgart (Entscheidung vom 14.12.1989; Aktenzeichen S 12 An 2830/89)

 

Tatbestand

Streitig ist die Vormerkung einer Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung im Ausland.

Die 1952 geborene Klägerin, die von 1973 bis 1979 Pflichtbeiträge zur Angestelltenversicherung entrichtete, lebte seit Mai 1980 mit ihrem Ehemann in Südafrika. Dort wurde am 20. November 1981 ihr erstes Kind, Tina-Simone, und nach ihrer Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland am 28. Oktober 1984 ihr zweites Kind, Oliver-Benjamin, geboren.

Der Ehemann der Klägerin war vor seinem Auslandsaufenthalt bei der Firma D. -B. in Stuttgart angestelltenversicherungspflichtig beschäftigt. Seit Mai 1980 war er für die rechtlich selbständige Firma A. D. E. in Südafrika tätig. Für die Dauer des Aufenthaltes erstattete die Firma D. -B. AG die Hälfte der vom Ehemann der Klägerin zu entrichtenden freiwilligen Beiträge zur Angestelltenversicherung und berücksichtigte diese Zeit auch bei der betrieblichen Altersversorgung.

Mit dem angefochtenen Bescheid (vom 23. März 1989) merkte die Beklagte eine Kindererziehungszeit für das zweite Kind der Klägerin vor und lehnte gleichzeitig die Vormerkung einer Kindererziehungszeit für das erste Kind ab. Der insoweit eingelegte Widerspruch hatte keinen Erfolg (Bescheid vom 1. Juni 1989). Zur Begründung war ausgeführt: Die Voraussetzungen des § 28a Abs 3 iVm § 2a Abs 5 Satz 1 und 2 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) seien nicht erfüllt. Weder die Klägerin noch ihr Ehemann hätten aufgrund einer Beschäftigung im Ausland Pflichtbeiträge zur deutschen Angestelltenversicherung entrichtet. Die freiwillig geleisteten Beiträge erfüllten nicht den Tatbestand einer Pflichtbeitragszeit.

Das Sozialgericht (SG) Stuttgart hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 14. Dezember 1989). Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 19. Februar 1991) und im wesentlichen ausgeführt: Eine Kindererziehungszeit könne nicht vorgemerkt werden. Zwar habe die Klägerin ihre Tochter in Südafrika erzogen und sich mit ihr dort gewöhnlich aufgehalten. Jedoch hätten weder sie noch ihr Ehemann wegen einer Tätigkeit oder Beschäftigung in Südafrika Pflichtbeiträge zur Angestelltenversicherung entrichtet. Es fehle auch jeder Anhalt dafür, daß der Ehemann der Klägerin während seiner Tätigkeit im Ausland - weiterhin - bei der D. -B. eingegliedert gewesen sei. Die D. -B. habe auch keinen Antrag nach § 2 Abs 1 Nr 10 AVG gestellt, so daß keine Versicherungspflicht nach dieser Vorschrift bestanden habe. Schließlich habe keiner der Ehegatten zu dem in § 6 AVG genannten versicherungsfreien Personen oder zu dem von der Versicherungspflicht befreiten Personenkreis gehört. Eine erweiternde Auslegung der Bestimmungen komme nicht in Betracht. Eltern, die ihr Kind im Ausland erzögen und die im Ausland keine Erwerbstätigkeit ausübten oder allein eine solche, die vom ausländischen Recht erfaßt werde, hätten zum inländischen Recht keinen versicherungsrechtlichen Bezug. Sie seien typischerweise nicht in der Lage, inländische Beitragszeiten zurückzulegen. Die vom Ehemann entrichteten freiwilligen Beiträge begründeten keine Vermutung, daß die Beschäftigung deutschem Recht unterliege.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision trägt die Klägerin vor:

Die am Gesetzeswortlaut orientierte Auslegung der Vorinstanzen werde der Besonderheit des Falles nicht gerecht. Ihr Ehemann habe während der Dauer des Auslandsaufenthaltes freiwillige Beiträge zur Angestelltenversicherung geleistet; ferner habe er die Möglichkeit gehabt, sich auf Antrag der D. -B. nach § 2 Abs 1 Nr 10 AVG für die Dauer des Auslandsaufenthaltes pflichtversichern zu lassen. Die D. -B. sei grundsätzlich hierzu bereit gewesen. Ihr Ehemann hätte sich für die Zahlung von Pflichtbeiträgen entschieden, wenn die Einführung von Kindererziehungszeiten bekannt gewesen wäre. Sie werde somit gegenüber den Frauen benachteiligt, deren Ehemänner im Rahmen einer Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Nr 10 AVG versichert gewesen seien und die auch keine höheren Beitragsleistungen erbracht hätten. Diese Schlechterstellung sei umso unerträglicher als sie und ihre Familie immer deutsche Staatsangehörige geblieben seien und sie nie die Absicht gehabt hätten, langfristig im Ausland zu bleiben. Außerdem habe die Beschäftigung ihres Ehemannes allein im Interesse der D.- B. und damit der deutschen Wirtschaft gelegen.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. Februar 1991 und des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. Dezember 1989 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. März 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 1989 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Zeit vom 1. Dezember 1981 bis 30. November 1982 als Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung vorzumerken,

hilfsweise,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. Februar 1991 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie trägt vor:

Die Entrichtung von freiwilligen Beiträgen sei nicht von entscheidender Bedeutung. Der Gesetzgeber habe in § 2a Abs 5 AVG bewußt das Vorliegen von Pflichtbeitragszeiten zur Voraussetzung für einen Anspruch auf Vormerkung von Kindererziehungszeiten gemacht. Diese stellten bei einer Auslandserziehung den aktuellen Bezug zur deutschen Rentenversicherung her. Während bei Geburten im Inland vermutet werde, daß der erziehende Elternteil nicht in der Lage sei, eigene deutsche Rentenansprüche aufzubauen, sei er bei gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland in aller Regel nicht wegen der Kindererziehung, sondern bereits durch den bloßen Auslandsaufenthalt des Ehegatten gehindert, Pflichtbeiträge zu entrichten. Die Tatsache, daß dieser Inlandsbezug auch in der Person des erwerbstätigen Ehegatten hergestellt werden könne, trage lediglich Art 6 Grundgesetz (GG) Rechnung.

Bei der Anknüpfung an den pflichtversicherten Personenkreis blieben auch die zu erwartenden finanziellen Belastungen in einem überschaubaren und abschätzbaren Rahmen. Alle - auch nach über- und zwischenstaatlichen Vorschriften - freiwillig Versicherten hätten im übrigen häufig keinen Bezug mehr zur deutschen Sozialversicherung.

Eine ausdehnende Auslegung des § 2a Abs 5 Satz 2 AVG komme - wie das LSG Hessen in einem vergleichbaren Fall zutreffend entschieden habe (Urteil vom 18. August 1992 - L 2 An 683/90) - nicht in Betracht. Wenn der im Ausland beschäftigte Ehegatte - wie hier - nicht mehr in das inländische Unternehmen eingegliedert sei und dessen Weisungsrecht nicht mehr unterliege, seien die Voraussetzungen einer Entsendung iS des § 4 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) und mithin einer Ausstrahlung des inländischen Beschäftigungsverhältnisses auf die Erwerbstätigkeit im Ausland mit der Folge einer Versicherungspflicht nicht gegeben. Aus diesem Grunde sei der Ehemann der Klägerin auch nicht den Personen gleichzustellen, die versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit iS der obengenannten Bestimmung seien. Denn diese Personen übten ohne Versicherungsfreiheit oder Befreiung eine an sich versicherungspflichtige Beschäftigung aus.

Ein Verstoß gegen das GG liege nicht vor, auch wenn in der Beschränkung auf die Pflichtversicherten bei der Anerkennung von Kindererziehungszeiten im Ausland eine gewisse Härte liege. Denn der Gesetzgeber sei nicht gehalten, jeden Einzelfall oder jede Fallgruppe gesondert zu erfassen. Er sei befugt, in typisierender Weise sachgerechte Anknüpfungspunkte zu bestimmen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils des LSG und der Zurückverweisung des Rechtsstreits an dieses Gericht gem § 170 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) begründet. Die vom LSG festgestellten Tatsachen reichen zur abschließenden Entscheidung nicht aus. Die Frage, ob der Klägerin die von ihr begehrte Vormerkung einer Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung für ihre im November 1981 geborene Tochter Tina-Simone zusteht, kann aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen nicht beantwortet werden. Hierzu bedarf es - wie darzulegen ist - weiterer Ermittlungen.

Rechtsgrundlage für einen Anspruch der Klägerin ist § 149 Abs 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Die Bestimmung findet gemäß dem am 1. Januar 1992 in Kraft getretenen § 300 SGB VI Anwendung (Art 1, 83, 85 Abs 1 Rentenreformgesetz 1992 ≪RRG 1992≫ vom 18. Dezember 1989; BGBl I S 2261), und zwar unabhängig davon, ob der Sachverhalt, auf den sich der Anspruch gründet, bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes vorgelegen hat. Nach dieser Grundregel sind sowohl die Vorschriften über das in § 149 Abs 5 SGB VI geregelte Vormerkungsverfahren, als auch die Regelungen der §§ 3 Satz 1 Nr 1 iVm 56, 249 SGB VI über die Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung maßgebend. Denn gestritten wird hier nur über die Vormerkung rechtserheblicher Tatbestände für einen erst in der Zukunft liegenden Leistungsfall (vgl BSG SozR 3-6180 Art 13 Nr 2). Unerheblich ist, daß das Berufungsgericht zutreffend altes Recht der Entscheidung zugrunde gelegt hat. Denn im Revisionsverfahren ist neues Bundesrecht, das nach Erlaß des Urteils des Berufungsgerichts in Kraft getreten ist, zu beachten, wenn es das Streitverhältnis erfaßt (vgl BSG SozR 3-6180 aaO mwN).

Nach § 149 Abs 5 Satz 1 SGB VI stellt der Versicherungsträger, nachdem er das Versicherungskonto geklärt hat, die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest. Über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten wird hingegen erst bei Feststellung einer Leistung entschieden (Satz 2 aaO). Der Versicherungsträger ist mithin verpflichtet, einen inhaltlich zutreffenden Vormerkungsbescheid zu erlassen. Der streitige Bescheid vom 23. März 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 1989 genügt möglicherweise diesen Anforderungen nicht, weil die Klärung des Versicherungskontos (§ 149 Abs 1 bis Abs 4 SGB VI) ergeben kann, daß die Klägerin in der Zeit vom 1. Dezember 1981 bis zum 30. November 1982 den in einem künftigen Leistungsfall möglicherweise rechtserheblichen Tatbestand einer Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung erfüllt hat.

Nach § 3 Satz 1 Nr 1 iVm §§ 56 Abs 1 bis Abs 3 und Abs 5, 249 Abs 1 SGB VI sind Personen versicherungspflichtig in der Zeit, für die ihnen Kindererziehungszeiten anzurechnen sind. Dies ist ua der Fall, wenn die Erziehung in der Bundesrepublik Deutschland erfolgt oder einer solchen gleichsteht, die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen und er nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist. Eine Kindererziehungszeit für ein vor dem 1. Januar 1992 geborenes Kind endet 12 Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt.

Die genannten Voraussetzungen könnten hier vorliegen, wenn für die Klägerin eine Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung anzurechnen und ihr - darüber hinaus - diese Erziehungszeit zuzuordnen ist.

Das angefochtene Urteil enthält - ausgehend von seiner Rechtsauffassung zutreffend - keine Feststellungen dazu, ob der Klägerin eine Kindererziehungszeit zuzuordnen ist. Gemäß § 56 Abs 2 Satz 1 SGB VI ist eine Erziehungszeit dem Elternteil zuzuordnen, der sein Kind (allein) erzogen hat. Haben hingegen mehrere Elternteile das Kind erzogen, ohne daß sie "gemeinsam" erzogen haben, ist nach Satz 9 aaO die Erziehungszeit demjenigen zuzuordnen, der das Kind "überwiegend" erzogen hat. Haben Eltern ihr Kind, wie es regelmäßig wegen der ihnen gemeinsam zustehenden elterlichen Sorge (§ 1626 Abs 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch ≪BGB≫) der Fall sein wird, "gemeinsam" erzogen, wird die Erziehungszeit (ggf aufgeteilt nach Kalendermonaten - Satz 4 bis 8 aaO) nur einem von ihnen zugeordnet (Satz 2 aaO), wobei sie durch eine übereinstimmende Erklärung bestimmen können, welchem Elternteil sie zuzuordnen ist (Satz 3 aaO; vgl BSG SozR 3-6180 aaO). Fehlt eine übereinstimmende Erklärung, so können gem § 249 Abs 6 SGB VI Eltern, die ihr Kind vor dem 1. Januar 1986 gemeinsam erzogen haben, noch bis zum 31. Dezember 1994 übereinstimmend erklären, daß der Vater das Kind überwiegend erzogen hat. Eltern, die in einem Kalendermonat beide zusammenwirkend ihr Kind erziehen, können festlegen und deshalb auch durch übereinstimmende Erklärung bestimmen, wem von beiden die Erziehungszeit zuzuordnen ist (vgl hierzu BSG SozR 3-6180 aaO).

Sollte die Erziehungszeit der Klägerin zugeordnet werden können, so hat das LSG unter Berücksichtigung der nachstehenden Ausführungen zu § 56 Abs 3 Satz 3 SGB VI weitere Ermittlungen zur Ausgestaltung des bzw der Arbeitsverhältnisse des Ehemannes der Klägerin für die Dauer seines Aufenthaltes in Südafrika anzustellen.

Grundlage für einen Anspruch der Klägerin auf Vormerkung von Pflichtbeitragszeiten für die Erziehung des Kindes Tina-Simone kann hier alleine § 56 Abs 3 Satz 3 SGB VI sein. Denn weder hatte die Klägerin sich mit dem Kind während der Kindererziehung gewöhnlich im Inland aufgehalten (§ 56 Abs 1 Satz 2 Nr 2 iVm Abs 3 Satz 1 SGB VI), noch hatte sie während ihres Aufenthaltes in Südafrika vor der Geburt oder während der Erziehung des Kindes Pflichtbeitragszeiten erworben (§ 56 Abs 3 Satz 2 SGB VI). Ginge man ferner allein vom Wortlaut von Satz 3 aaO aus, so wäre die Klägerin auch nicht nach § 56 Abs 3 Satz 3 SGB VI anspruchsberechtigt, da ihr Ehemann nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG während seiner Auslandserwerbstätigkeit keine Pflichtbeitragszeiten hatte und auch nicht zu dem dort genannten versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personenkreis gehörte.

Die Klägerin könnte jedoch - was der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen nicht abschließend beurteilen kann - zu dem von § 56 Abs 3 Satz 3 SGB VI sinngemäß begünstigten Personenkreis gehören und somit vom Regelungsgehalt der Vorschrift erfaßt werden.

Nach dem Normprogramm des § 56 SGB VI - das allerdings in den Spezialregelungen des Abs 3 Satz 2 und Satz 3, die Kindererziehung im Ausland betreffend, nur unzureichend zum Ausdruck gekommen ist - soll durch die Anerkennung von Kindererziehungszeiten eine möglichst umfassende Einbeziehung der Erziehenden in das System der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgen. Dadurch soll ua die auch im Interesse der Allgemeinheit, insbesondere der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung, liegende Leistung der Erziehung von Kindern durch Mütter

und Väter anerkannt und damit die Verpflichtung des Staates auch zur materiellen Unterstützung und Förderung der Familien mit Kindern zum Teil konkretisiert werden. Die Kindererziehungszeiten wurden in das Rentenversicherungsrecht eingeführt, weil in Familien mit Kleinkindern in der Regel ein Ehegatte während der Kindererziehung gar nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, eigene Rentenansprüche aufzubauen (BT-Drucks 10/2677 S 28). Bereits hieraus folgt, daß die Kindererziehungszeit möglichst allen Erziehenden zugutekommen soll, die - in typisierender Betrachtung - Gefahr laufen, trotz (und wegen) der ua für die deutsche Rentenversicherung besonders bedeutsamen Erziehungsleistung keine oder nur geringe Rentenanwartschaften zu erwerben. Dieser Zweck prägt auch die Ausgestaltung des § 56 Abs 3 SGB VI.

Diese Vorschrift regelt (abgesehen von Abs 1 Satz 2 Nr 1 und 3 aaO) im wesentlichen drei Fallgestaltungen für die Entstehung einer Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung. Abs 3 Satz 1 aaO sieht als Grundregel vor, daß der Erziehende bei gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (dazu stellvertretend: BSGE 67, 243 = SozR 3-7833 § 1 Nr 2; ständige Rechtsprechung) - ohne weiteres, insbesondere ohne rentenversicherungsrechtliche Voraussetzungen erfüllen zu müssen - Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung erhält. Nach Abs 3 Satz 2 wird dem Erziehenden die Erziehungszeit ferner auch dann angerechnet, wenn er sich mit dem Kind im Ausland gewöhnlich aufhält und während der Erziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit Pflichtbeitragszeiten hat. Abs 3 Satz 3 regelt schließlich den Fall der Erziehung während eines gemeinsamen Aufenthalts von Ehegatten im Ausland. Dem erziehenden (selbst nicht erwerbstätigen) Elternteil ist in diesem Fall eine Erziehungszeit zuzubilligen, wenn sein Ehegatte solche (Satz 2 aaO) Pflichtbeitragszeiten hat oder nur deshalb nicht hat, weil er zu den in § 5 Abs 1 und 4 SGB VI genannten Personen gehörte oder von der Versicherungspflicht befreit war.

Alle drei Fallgestaltungen haben im Blick auf die Anrechnung von Kindererziehungszeiten nur scheinbar verschiedene Anknüpfungspunkte, in Satz 1 aaO die Erziehung im Inland, in Satz 2 aaO eine inländische Beitragspflicht des Erziehenden unmittelbar vor der Geburt oder während der Erziehung im Ausland und in Satz 3 aaO (jedoch mit drei scheinbaren Ausnahmen) die inländische Beitragspflicht des Ehegatten des Erziehenden aufgrund der Beschäftigung/Tätigkeit im Ausland. Bei genauer Prüfung stellt sich aber diese differenzierte Regelung als Ausprägung eines einheitlichen Grundgedankens dar, der die Gleichbehandlung der Erziehenden (Art 3 GG) trotz der unterschiedlichen Erziehungsorte gewährleistet. Deutlich wird dies insbesondere bei der Ausgestaltung des Abs 3 Satz 3 aaO. Im Blick auf die Schutzpflicht des Staates für Ehe und Familie (Art 6 Abs 1 GG) soll es nämlich einem erziehenden Elternteil (im Vergleich zu dem im Inland Erziehenden) nicht zum Nachteil gereichen, wenn er das Inland verläßt und damit den Erziehungsort ins Ausland verlegt, um mit dem vorübergehend im Ausland erwerbstätigen Ehegatten, der gleichwohl weiterhin in ein inländisches Arbeitsverhältnis eingebunden ist (oder eine selbständige Tätigkeit im Inland weiterhin ausübt), und mit dem Kind als Familie zusammenzuleben (vgl BSG SozR 3-2200 § 1251a Nr 6; SozR 3-2200 § 1227a Nr 1; BSGE 63, 282, 292 = SozR 2200 § 1251a Nr 2). Die auf den ersten Blick unterschiedlich scheinenden Anknüpfungspunkte zielen also im Kern auf dasselbe ab: Die Erziehenden müssen vor der Geburt oder während der Kindererziehung in derart enger Beziehung zum inländischen Arbeits- und Erwerbsleben stehen, daß die - typisierende und pauschalierende - Grundwertung des Gesetzes Platz greifen kann, während dieser Zeit seien ihnen nicht wegen Integration in eine ausländische Arbeitswelt, sondern im wesentlichen wegen der Kindererziehung deutsche Rentenanwartschaften entgangen.

Daß für diesen Inlandsbezug, wie in Abs 3 Satz 1 aaO ausgestaltet, die Erziehung im Inland bei gewöhnlichem Aufenthalt des Erziehenden und des Kindes in Deutschland genügt, liegt auf der Hand; denn alle, die im Inland erwerbstätig sein dürfen (vgl dazu BSGE 67, 238 = SozR 3-7833 § 1 Nr 1), haben freien Zugang zu einer - im Blick auf die Breitenwirkung der gesetzlichen Rentenversicherung regelmäßig versicherungspflichtigen - Beschäftigung oder Tätigkeit. Im Ergebnis dasselbe gilt für Satz 2 aaO, der für den notwendigen Inlandsbezug auf die inländische Versicherungspflicht der Auslandstätigkeit abstellt. Folgen jedoch - selbst nicht erwerbstätige - Elternteile dem im Ausland beschäftigten oder tätigen Ehegatten nach, kann der die obengenannte Grundwertung rechtfertigende Inlandsbezug für die Erziehenden nur mittelbar über die Ehegatten und nur auf verschiedene Weise gegeben sein, weil deren Verbindung mit dem Inland vielfältig und unterschiedlich ausgestaltet sein kann. Satz 3 aaO zielt darauf ab, diejenigen Fälle zu umschreiben, in denen der ausländische Erziehungsort iS von § 56 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB VI der Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland "gleichsteht". Dies trifft typischerweise und im wesentlichen unproblematisch dann zu, wenn der im Ausland beschäftigte oder tätige Ehegatte des Erziehenden mit dieser Tätigkeit weiterhin der Beitragspflicht zur deutschen Rentenversicherung unterliegt. Denn zumeist handelt es sich um Fälle der sogenannten Ausstrahlung iS von § 4 SGB IV, deren Merkmal es ist, daß der im Ausland tätige Ehegatte "im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses" (Entsprechendes gilt für eine selbständige Tätigkeit - Abs 3 aaO) ins Ausland entsandt wird und diese Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt ist. Bei dieser Fallgruppe kann also grundsätzlich unbedenklich davon ausgegangen werden, daß der Ehegatte auch während der Auslandsbeschäftigung/-tätigkeit in der inländischen Arbeitswelt integriert bleibt. Die Beziehung ist also von vornherein nur vorübergehend gelockert, nicht aber aufgehoben. Der Familienwohnsitz - und damit der Erziehungsort - mußte nur wegen der im Inland verankerten Erwerbstätigkeit des Ehegatten vorübergehend ins Ausland verlegt werden. Insoweit liegt auf der Hand, daß die - gewissermaßen notgedrungen - im Ausland erziehenden Elternteile nicht schlechter gestellt werden dürfen als diejenigen (nicht selbst erwerbstätigen) Erziehenden, deren Ehegatten ihre versicherungspflichtige Beschäftigung/Tätigkeit im Inland verrichten.

Derselbe Sachgrund liegt auch den drei in Abs 3 Satz 3 aaO - scheinbar als Ausnahmen - geregelten anderen Fallgestaltungen zugrunde. Ist der Ehegatte des Erziehenden als Beamter, Soldat oder Richter beim Staat "beschäftigt" und deswegen versicherungsfrei (§ 5 Abs 1 SGB VI) oder unterliegt er wegen Bezugs einer Altersversorgung iS von § 5 Abs 4 SGB VI generell nicht mehr der Versicherungspflicht oder ist er im Blick auf seine jeweilige Beschäftigung oder Tätigkeit (§ 6 Abs 5 SGB VI; oder kraft Übergangsrecht generell) von der Versicherungspflicht befreit, kann er durch eine solche Erwerbstätigkeit weder im Inland noch im Ausland deutsche Pflichtbeitragszeiten erwerben; die Auslandstätigkeit hat in diesen Fällen keine (aktuelle) rentenversicherungsrechtliche Bedeutung. Gleichwohl bestimmt Satz 3 aaO, daß den erziehenden Elternteilen, die einem solchen im Ausland erwerbstätigen Ehegatten folgen, Kindererziehungszeiten angerechnet werden können. Diese Gleichstellung einer Erziehung im Ausland mit einer Inlandserziehung (iS von § 56 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB VI) knüpft also ersichtlich nicht an einen - nicht existenten - konkreten Bezug der Auslandserwerbstätigkeit des Ehegatten zur deutschen Rentenversicherung an. Maßgeblich ist vielmehr, daß der Ehegatte - typisierend betrachtet - während der Auslandsbeschäftigung/-tätigkeit wie in der - zuvor dargestellten - ersten in Satz 3 aaO geregelten Fallgruppe durchgehend in das inländische Arbeits- und Erwerbsleben integriert bleibt, sei es aufgrund eines fortbestehenden inländischen Dienstverhältnisses (§ 5 Abs 1 SGB VI) oder Arbeitsverhältnisses (§§ 5 Abs 4, 172 SGB VI) oder einer fortgeführten selbständigen Tätigkeit (§ 6 SGB VI). Infolgedessen stellt sich die Auslandsbeschäftigung auch in diesen Fällen lediglich als - vorübergehende - Lockerung, nicht aber als Auflösung der Beziehung zur inländischen Arbeitswelt dar. Deswegen ist die durch sie bedingte, im voraus zeitlich begrenzte Verlagerung des Familienwohnsitzes und damit des Erziehungsortes ins Ausland ebenfalls kein hinreichender Grund, dem erziehenden Elternteil die Pflichtbeitragszeit zu versagen trotz seiner Erziehungsleistung, die auch hier bestandssichernde Bedeutung für die deutsche gesetzliche Rentenversicherung hat (vgl Bundesverfassungsgericht ≪BVerfG≫, Urteil vom 7. Juli 1992, NZS 1992, 25, 26). Mithin ist das Normprogramm auch von § 56 Abs 3 Satz 3 SGB VI im Blick auf die für die Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung hier allein rechtserhebliche Rechtsstellung des erziehenden Elternteils darauf ausgerichtet, die Erziehungsleistung jedenfalls dann anzuerkennen, wenn sie wegen Fortbestehens der Inlandsintegration des erwerbstätigen Ehegatten - immer noch pauschalierend und typisierend gesehen - Bedeutung für die deutsche Rentenversicherung erlangen könnte.

Schon daraus wird deutlich, daß der Wortlaut des letzten Halbsatzes in Satz 3 aaO nur drei besonders typische Beispiele für das vorgenannte Normprogramm benennt, dieses aber ersichtlich nicht erschöpfend ausgestaltet. Denn für die verfassungsrechtlich gebotene (so der Senat ua im Urteil vom 28. Februar 1991 - 4/1 RA 53/89) Gleichstellung der Erziehenden, die dem ins inländische Arbeitsleben integrierten Ehegatten zu dessen vorübergehenden Auslandserwerbstätigkeiten folgen, mit den im Inland Erziehenden kann es sachlich nicht darauf ankommen, ob die nicht bestehende Beitragspflicht für die Auslandstätigkeit und somit deren rentenversicherungsrechtliche Irrelevanz sich ergibt zB aus den Vorschriften über die Versicherungsfreiheit oder Befreiung von der Versicherungspflicht (§§ 5, 6 SGB VI oder Übergangsrecht) oder aber aus der Nichtausübung von Gestaltungsrechten (zB § 4 Abs 1 SGB VI), die unter Umständen ausschließlich Dritten zustehen.

Nach alledem ist daher jedenfalls für die Fallgruppen der Ehegatten der Erziehenden, die als Arbeitnehmer im Ausland eine in der deutschen Rentenversicherung konkret nicht versicherungspflichtige Beschäftigung verrichten, für die fortdauernde Integration ins inländische Arbeitsleben folgendes erforderlich, aber auch ausreichend: Während der Auslandstätigkeit muß im Inland zumindest ein sogenanntes Rumpfarbeitsverhältnis (vgl dazu Däubler, RIW 1987, 249, 254) mit einem inländischen Arbeitgeber fortbestehen, aus dem während dieser Zeit wechselseitige Rechte und Pflichten erwachsen und das bei Beendigung des von vornherein durch Vertrag zeitlich begrenzten Auslandsaufenthalts auch mit den Hauptpflichten wiederauflebt.

Dies bedeutet im einzelnen:

Bei dem erforderlichen Arbeitsverhältnis im Inland darf es sich nicht nur um eine lose rechtliche Verbindung handeln. Es muß vielmehr eine rechtlich zu qualifizierende Nähe zum inländischen Arbeitgeber während der Auslandstätigkeit fortbestanden haben. Hiervon kann nicht nur ausgegangen werden, wenn das inländische Beschäftigungsverhältnis während des Auslandsaufenthaltes mit allen Rechten und Pflichten aufrechterhalten bleibt und lediglich zusätzliche Vereinbarungen für die Dauer des Auslandsaufenthaltes getroffen werden, wie im Falle der Entsendung nach § 4 SGB IV, sondern auch, wenn das inländische Arbeitsverhältnis für die Dauer des Auslandsaufenthaltes "teilweise" im Blick auf die Hauptpflichten zum Ruhen gebracht wird, aber als Rumpfarbeitsverhältnis (Däubler, aaO, 254) weiterbesteht und der Beschäftigte zB ein zweites Arbeitsverhältnis mit der (meist) rechtlich selbständigen Auslandsvertretung seines inländischen Arbeitgebers eingeht. Die Dauer des Auslandsaufenthaltes muß von vornherein zeitlich begrenzt sein. Eine ausreichende Integration in das inländische Arbeitsleben besteht jedoch nicht mehr, wenn das Arbeitsverhältnis im Inland für die Dauer des Auslandsaufenthaltes aufgelöst ist, selbst wenn der inländische Arbeitgeber vertraglich verspricht, den Beschäftigten nach dessen Rückkehr wiedereinzustellen (sog Wiedereinstellungsklausel; vgl zum Vorstehenden: Spiegelhalter, Arbeitsrechtslexikon, Artikel Auslandsarbeit/-beschäftigung Nr 86 S 1). Denn im Fall der Auflösung des inländischen Arbeitsverhältnisses ist - auch bei Vereinbarung einer Wiedereinstellungsklausel - während der Dauer des Auslandsaufenthaltes rechtlich nicht gewährleistet, daß der Ehegatte - und damit der erziehende Elternteil - dauerhaft in der inländischen Arbeitswelt integriert bleibt. In diesem Sinne präzisiert der Senat seine zur ähnlichen Problematik des § 1 Abs 2 des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) geäußerte Auffassung (SozR 7833 § 1 Nr 6 mwN).

Entscheidende, aber auch hinreichende Kriterien für ein "Rumpfarbeitsverhältnis" mit dem inländischen Arbeitgeber während des durch Vertrag zeitlich begrenzten Auslandsaufenthaltes, sind eine zwischen ihm und dem Beschäftigten getroffene, den ursprünglichen Arbeitsvertrag abändernde Abrede über das Ruhen der Hauptpflichten auf Arbeitsleistung und auf Zahlung von Arbeitsentgelt und das "automatische" Wiederaufleben der Rechte und Pflichten aus dem ursprünglichen Vertrag bei Beendigung des ausländischen Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer muß also von vornherein verpflichtet und berechtigt sein, nach Beendigung des Auslandsaufenthalts "seine" Arbeit beim inländischen Arbeitgeber wiederaufzunehmen. Darüber hinaus muß rechtlich sichergestellt sein, daß auch während der Dauer des Auslandsaufenthaltes noch wechselseitige Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zwischen inländischem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer bestehen. Insbesondere muß der inländische Arbeitgeber Verantwortung und Fürsorge für den im Ausland Beschäftigten weiter übernehmen; dabei kann die Verpflichtung zur Entrichtung von freiwilligen Sozialversicherungsbeiträgen oder zur Übernahme von Leistungen bei der betrieblichen Altersversorgung Ausdruck der Fürsorge des Arbeitgebers sein; auch kann sich der inländische Arbeitgeber das Recht vorbehalten, den Arbeitnehmer zurückzurufen (vgl hierzu Däubler, aaO, S 252). Auf der anderen Seite kann der Arbeitnehmer zur Aufrechterhaltung von Kontakten zum inländischen Arbeitgeber (vgl hierzu entsprechend Däubler, aaO) sowie dazu verpflichtet sein, alles zu unterlassen, was dem inländischen Arbeitgeber schadet.

Hiermit knüpft der Senat an seine bisherige Rechtsprechung zu Kindererziehungszeiten bei Auslandserziehung an und entwickelt sie fort: So hat der Senat im Urteil vom 12. Juli 1990 (4 RA 49/89 = SozR 3-2200 § 1227a Nr 1) im Falle eines - von der Versicherungspflicht befreiten - als Entwicklungshelfer tätigen Psychiaters, der von seinem inländischen Arbeitgeber hierfür zeitlich begrenzt "beurlaubt", dh unter Fortbestand des Arbeitsvertrages von den Hauptpflichten freigestellt worden war und auf den die im öffentlichen Dienst des Bundes geltenden Entsendungsrichtlinien entsprechend angewendet wurden, mit Blick auf die Kindererziehungszeit der Ehefrau entschieden, daß bei beamtenrechtlichen und gleichgelagerten "Entsendungs"-fällen, die Voraussetzung des § 2a Abs 5 Satz 2 Nr 2 AVG (heute § 56 Abs 3 Satz 3 SGB VI) grundsätzlich erfüllt sein könnten. Gefordert wurde, daß die Entsendung im Interesse des Arbeitgebers liege, sie zeitlich begrenzt sei, das inländische Beschäftigungsverhältnis weiter fortbestehe und sich aus ihm während des Auslandsaufenthalts weiter Rechte und Pflichten ergeben. Im gleichen Sinn hat der Senat auch mit Urteil vom 16. August 1990 (4 RA 4/90 = BSG SozR 3-2200 § 1251a Nr 6) im Falle der Ehefrau eines Beamten, der im Interesse des inländischen Dienstherrn vorübergehend im Ausland tätig war und der aufgrund der öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung seines Dienstverhältnisses infolge Beschränkung der hoheitlichen Befugnisse auf die Bundesrepublik Deutschland nicht ins Ausland (iS von § 4 Abs 1 SGB IV) entsandt werden konnte, ausgeführt: Während der beamtenrechtlichen "Entsendung" bestehe das Beamtenverhältnis fort; der Beamte werde während dieser Zeit lediglich von seiner Pflicht zur Dienstleistung entbunden; die Zeit der Entsendung werde beim Ruhegehalt berücksichtigt; die Entsendung stehe einer Beförderung des Beamten nicht entgegen; im Hinblick hierauf seien die Voraussetzungen des § 2a Abs 5 Satz 2 Nr 2 AVG als erfüllt anzusehen (ständige Rechtsprechung; vgl auch BSG SozR 3-2200 § 1251a Nr 14; Urteil vom 28. Februar 1991 - 4/1 RA 53/89; Urteil vom 30. Oktober 1990 - 4 RA 47/90; Urteil vom 27. September 1990 - 4 RA 30/90; BSGE 63, 282 = SozR 2200 § 1251a Nr 2).

Der Senat weicht nicht iS von § 41 Abs 2 SGG vom Urteil des 5. Senats vom 28. November 1990 (5 RJ 87/89 = SozR 3-2200 § 1251a Nr 11 = BSGE 68, 24) ab. Denn dieses Urteil beruht auf einem anders gelagerten Sachverhalt, nämlich auf der tatsächlichen Feststellung, daß "sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Dienstvertrag" mit der damaligen Arbeitgeberin während des Auslandsaufenthaltes ruhten und daß - darüber hinaus - eine zeitliche Begrenzung des ausländischen Beschäftigungsverhältnisses nicht vorgesehen war. Für einen derartigen Fall liegen jedoch auch nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung nicht vor.

Der Klägerin könnte demnach eine Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung dann anzurechnen sein, wenn ihr die Erziehungszeit zuzuordnen ist und wenn zwischen ihrem Ehegatten und der D. -B. für die Dauer des Auslandsaufenthaltes ein Rumpfarbeitsverhältnis im obengenannten Sinne fortbestanden hat.

Feststellungen hierzu, die eine abschließende Beurteilung ermöglichen, hat das LSG nicht getroffen. Es wird zu klären haben, ob der Ehemann der Klägerin mit der Firma D. -B. im Hinblick auf seine Auslandstätigkeit eine abändernde Vereinbarung geschlossen hat und gegebenenfalls welchen Inhalt diese hatte. Ferner müßte ermittelt werden, ob der Auslandsaufenthalt durch Vertrag von vornherein zeitlich begrenzt oder auf unabsehbare Zeit gedacht war, ob eine Wiedereinstellungsklausel oder aber ein Wiederaufleben der Hauptpflichten und - rechte vereinbart war; hierfür könnte die Klärung hilfreich sein, ob - jedenfalls bei Beendigung des ausländischen Arbeitsverhältnisses - der inländische Arbeitgeber ein Rückrufrecht hatte. Ferner müßte geklärt werden, ob darüber hinaus wechselseitige Rechte und Pflichten (Treue, Fürsorge) zwischen der Firma D. -B. und dem Ehemann der Klägerin während des Auslandsaufenthaltes bestanden haben. Die Feststellungen des LSG, die Firma D. -B. habe die Zeit des Auslandsaufenthaltes bei der betrieblichen Versorgung wie eine bei ihr ausgeübte Tätigkeit berücksichtigt, und die Hälfte der freiwilligen Versicherungsbeiträge übernommen, könnten dafür sprechen, daß das inländische Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst worden ist. Aber auch insoweit müßte noch geklärt werden, ob die Leistungen vorab vertraglich vereinbart wurden. Bei den oben angeführten Pflichten (zB Fürsorgepflicht einerseits und Treuepflicht andererseits), die auf das Fortbestehen eines im Falle der Kindererziehungszeit rechtlich relevanten Rumpfarbeitsverhältnisses hindeuten, handelt es sich um Mindestvoraussetzungen für das Vorliegen eines derartigen Arbeitsverhältnisses; weitere wechselseitige Rechte und Pflichten, die für eine enge Bindung zum inländischen Arbeitgeber sprechen, können hinzukommen und/oder an die Stelle der vorgenannten treten.

Die fehlenden Feststellungen können von der Revisionsinstanz nicht nachgeholt werden. Der Rechtsstreit wird daher an das LSG zurückverwiesen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

Bei der das Verfahren abschließenden Entscheidung wird das LSG auch über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

BSGE, 227

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge