Beteiligte

Klägerin und Revisionsklägerin

Beklagte und Revisionsbeklagte

1. 2

 

Tatbestand

I.

Die klagende Allgemeine Ortskrankenkasse verlangt von der beklagten Hansestadt einen Ersatz von 2.568,- DM für die stationäre Heilbehandlung des bei ihr versicherten Beigeladenen H… (H.) in der Zeit vom 1. bis 15. April 1977 (§ 19 Bundesversorgungsgesetz -BVG).

Der Beigeladene H. wurde während der Ausübung seiner Tätigkeit als Geldbote der Firma F…-S… GmbH im Kaufhaus H… in H… am 28. März 1977 von dem Geldräuber D… (D.) durch 13 Schüsse aus einer Maschinenpistole schwer verletzt. Er bezieht wegen der Folgen dieses Unfalls - unter anderem des Verlustes des rechten Armes und Beschädigungen der Beine - aus der gesetzlichen Unfallversicherung die nach dem vollen Verlust der Erwerbsfähigkeit bemessene Verletztenrente. Außerdem bekam er eine Entschädigung von 40.000,- DM aus einer von seiner Arbeitgeberin abgeschlossenen Versicherung. Der Täter D. wurde wegen gemeinschaftlichen schweren Raubes in Tateinheit mit gemeinschaftlich versuchtem Mord rechtskräftig zu 14 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 29. Februar 1980 gegenüber dem Verletzten die von ihm beantragte Entschädigung gemäß § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) ab, weil er den Räuber verfolgt habe, ohne hierzu gezwungen gewesen zu sein, und weil er den Schußwechsel mit ihm eröffnet habe, wodurch erst D. veranlaßt worden sei, auf ihn zu schießen; H. habe damit selbst eine wesentliche Bedingung für die Schädigung gesetzt.

Der Beigeladene, an den der Bescheid am 5. März 1980 abgesandt wurde, hat ihn nicht angefochten. Die Klägerin, die ihre Hinzuziehung zum Verwaltungsverfahren beantragt hatte, erhielt eine Durchschrift des Verwaltungsaktes mit gleichzeitiger Ablehnung ihres Ersatzanspruches. Mit der Klage hat sie diesen Bescheid angefochten und Ersatz ihrer Aufwendungen verlangt.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 8. Mai 1981): Zwar bestehe grundsätzlich ein Ersatzanspruch nach § 1 Abs. 1 OEG i.V.m. § 19 BVG; denn der Beigeladene H. sei durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff gesundheitlich geschädigt worden. Aber die Leistungen an den Verletzten seien nach. § 2 Abs. 1 OEG zu versagen, und deshalb könne die Klägerin ihre Aufwendungen nicht ersetzt verlangen. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Beigeladene durch sein Verhalten seine Verletzung wesentlich verursacht habe. Allerdings beständen gegen diese Begründung des angefochtenen Bescheides erhebliche Bedenken; denn der Beigeladene habe sich nach dem Strafurteil in einer Notwehrlage gegenüber dem mit schußbereiter Maschinenpistole ausgerüsteten D. ohne Vorwarnung durch einen Schuß zur Wehr setzen dürfen, und die weiteren Schüsse seien erforderlich gewesen, um den Angriff abzuwehren. Jedoch wären jedenfalls Entschädigungsleistungen i.S. des § 2 Abs. 1 OEG sinnwidrig und ungerecht. Das Gesetz, daß einen Ausgleich beim Versagen des staatlichen Monopols der Verbrechensbekämpfung aus Mitteln der Allgemeinheit gewähren solle, sei nicht dafür geschaffen, ein gesteigertes und kalkulierbares Berufsrisiko abzusichern, wie es in diesem Fall für den bewaffneten Geldboten bestanden habe. Ihm und seiner Arbeitgeberin sei zuzumuten gewesen, eine Privatversicherung gegen derart voraussehbare Schäden abzuschließen. Das Berufsrisiko sei von der entsprechenden Versichertengemeinschaft zu tragen. Diese Auffassung werde durch die Vorschrift des § 3 OEG bestätigt, wonach Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung auf eine Entschädigung nach dem OEG anzurechnen seien.

Die Klägerin hat die - vom SG zugelassene - Sprungrevision eingelegt. Sie rügt eine unzutreffende Auslegung des § 2 Abs. 1 OEG. Der Versorgungsanspruch nach diesem Gesetz sei nicht subsidiär gegenüber den Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Auch werde er nicht für Verbrechensopfer, die eine allgemein gefahrengeneigte Tätigkeit ausüben, ausgeschlossen. Speziell die Gefährlichkeit der Arbeit von Geldboten dieser Art sei nicht unterscheidend von derjenigen anderer Personen im Bank- und Sparkassenwesen sowie im Transport- und Bewachungsgewerbe abzugrenzen. Auf eine konkrete wirtschaftliche Notlage werde Im OEG nicht abgestellt. Hier sei auch keiner der Fälle gegeben, die nach den Gesetzesmaterialien und der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) wegen Unbilligkeit eine Versagung des Ausgleichs gemäß § 2 OEG rechtfertigten.

Die Klägerin beantragt,das Urteil des SG aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Beigeladenen H. wegen der Folgen der auf ihn verübten Gewalttat Versorgung nach § 1 OEG zu gewähren sowie der Klägerin die Aufwendungen für die Krankenhauspflege vom 1. bis 15. April 1977 in Höhe von 2.568,- DM zu ersetzen.

Die Beklagte beantragt,die Revision zurückzuweisen.

Sie hält den Entschädigungs- und damit den Ersatzanspruch wegen Eigenverschuldens und wegen Unbilligkeit nach § 2 Abs. 1 OEG für ausgeschlossen. Wegen des ersten Grundes bezieht sie sich auf ihren Bescheid, wegen des zweiten Grundes auf die Urteilsgründe.

Der Beigeladene H. und der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung haben von Stellungnahmen abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Das SG hat zu Unrecht die Klage abgewiesen.

Die Klägerin kann ihre Aufwendungen für die Krankenhausbehandlung des Beigeladenen H. nach der gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG vom 11. Mai 1976 (BGBl. 1 1181) entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 und Abs. 3 Satz 1 BVG i.d.F. vom 22. Juni 1976 (BGBl. 1 1633) vom Versorgungsträger ersetzt verlangen. Zu dieser Heilbehandlung war sie zum einen als Krankenkasse, bei der der Verletzte versichert ist, verpflichtet (§§ 234, 182 Abs. 1 Nr. 1 Buchst a und b, §§ 184, 565 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung -RVO-). Zum anderen wurde sie im Rahmen der sozialen Entschädigung für Gewaltverbrechensopfer tätig (§ 5 Sozialgesetzbuch Allgemeiner Teil - SGB 1 - vom 11. Dezember 1975 - BGB1 1 3015 -/18. August 1980 - BGBl. I 1469 -, § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG, §10 Abs. 1 Satz 1, § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 2 Halbs 1, Satz 3, §18c Abs. 2 Satz 1 und 2 BVG). Zwar waren im April 1977, als die Klägerin mit den Behandlungskosten belastet wurde, die Auswirkungen der Gewalttat noch nicht als Schädigungsfolgen anerkannt. Für den Ersatzanspruch bestand also damals noch keine Tatbestandswirkung (Urteil des erkennenden Senats vom 9. Februar 1978 - 9 RV 28/77 = USK 7826). Aber die Versorgungsverwaltung ist nachträglich zu der fehlenden Anerkennung mit Wirkung ab 1. April 1977 zu verpflichten. Die Klägerin hat ein Rechtsschutzbedürfnis an der Entscheidung über diesen Teil der Versorgung, die im übrigen ruhen kann. Dementsprechend ist ihr Revisionsantrag sachgemäß auszulegen. Den notwendigen Versorgungsantrag hat der Beigeladene H. spätestens Anfang Mai 1977, also innerhalb eines Jahres nach der Schädigung, beim Versorgungsamt gestellt § 6 Abs. 3 OEG i.V.m. § 6 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung -KOVVfG - in der vor dem SGB 10 vom 18. August 1980 - BGBl. 1 1469, 1980 - geltenden Fassung). Die Versorgung beginnt deshalb entsprechend § 60 Abs. 1 Satz 2 BVG auch für diesen Zeitraum vor dem Antrag. Gleiches gilt für den Anspruch speziell auf Heilbehandlung entsprechend § 18a Abs. 2 Satz 1 BVG für die Zeit ab 1. April 1977 (BSG SozR 3100 § 18a Nr. 2). Nach § 19 Abs. 3 Satz 1 BVG wird ein Ersatz der Aufwendungen für Gesundheitsstörungen, die bei Beginn der Behandlung noch nicht als Schädigungsfolgen anerkannt waren, allerdings erst "nach der Anerkennung" gewährt. Das führt aber zu keinem anderen Ergebnis im gegenwärtigen Fall. Die nunmehr nachzuholende und rückwirkende Anerkennung wirkt sich als Voraussetzung für den Ersatzanspruch nach den zuvor zitierten Vorschriften jedenfalls für die ab 1. April 1977 vorgenommene Behandlung aus, wofür der Antrag maßgebend ist (BSG SozR 3100 § 19 Nrn. 7 und 9; BSG, Kriegsopferversorgung 1970, 154).

Zur Begründung ihres Ersatzanspruches hat die Klägerin außerdem die Beseitigung des entgegenstehenden ablehnenden Bescheides durchgehend seit der Klageerhebung verlangt. Ferner hat sie die Verurteilung der Beklagten beantragt, dem Beigeladenen H. wegen der als Schädigungsfolgen anzuerkennenden Gesundheitsstörungen eine Entschädigung ab 1. April 1977 zu gewähren. Den letztgenannten Antrag hat die Klägerin allerdings, vermutlich auf Veranlassung des SG, zuletzt in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufrechterhalten. Gleichwohl kann sie im Revisionsverfahren die Klage auf Anerkennung von Schädigungsfolgen wieder erweiternd verfolgen (§§ 165, 153 Abs. 1, § 157 Abs. 1 § 99 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Sie hatte die Klage bezüglich dieses Anspruches nicht etwa zurückgenommen mit der Folge, daß insoweit der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt worden wäre (§ 102 Satz 1 SGG). Vielmehr ist als selbstverständlich zu unterstellen, daß sie diese Voraussetzung ihres eigenen Hauptanspruches durchgehend geltend machen wollte. Von diesem sachdienlichen Begehren mußte auch die Beklagte stets ausgehen.

Die Klägerin ist berechtigte diesen Anspruch des Beigeladenen H. und die Aufhebung des ablehnenden Bescheides im eigenen rechtlichen Interesse zu fordern, und zwar als Bedingung des Erfolges ihres Ersatzanspruchs (BSGE 349 289, 290 = SozR Nr. 13 zu § 19 BVG; für andere Fälle: BSG SozR Nr. 81 zu § 54 SGG; BSGE 47, 214, 217 f. = SozR 3100 § 24 Nr. 1). Sie war dazu zudem verfahrensrechtlich befugt, weil sie auf ihren Antrag zum Verfahren zugezogen worden war (BSGE 34, 290f.). Das war formlos dadurch geschehen, daß ihr die Beklagte eine Abschrift des ablehnenden Bescheides schickte (§ 11 Abs. 1 KOVVfG a.F.; BSGE 34, 290; Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl., 1980, § 13, Rdn. 18 und 25).

Entgegen der Absicht der Beklagten und des SG ist die wichtigste Voraussetzung für den Ersatzanspruch gegeben. Die Gesundheitsstörungen des Beigeladenen H., der auf Kosten der Klägerin stationär behandelt wurde, sind Schädigungsfolgen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG i.V.m. § 1 Abs. 1 und 3 Satz 1 BVG. H. hat sie durch eine gesundheitliche Schädigung infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs erlitten. Die Schüsse, die der verurteilte Geldräuber auf H. feuerte, waren ein solcher "Angriff". Das ist zwischen den Beteiligten nicht streitig und auch vom SG zutreffend entschieden worden.

Versorgungsleistungen wegen dieser Schädigungsfolgen sind nicht nach § 2 Abs. 1 OEG zu versagen. Die Klägerin hatte deshalb die Krankenhausbehandlung im gesetzlichen Auftrag für die Versorgungsverwaltung zu erbringen.

Die Beklagte hat zu Unrecht als Ablehnungsgrund im Sinn der ersten Alternative dieser Vorschrift angenommen, der Beigeladene H. habe die Schädigung verursacht.

Ob ein solcher anspruchsvernichtender Tatbestand gegeben ist, bestimmt sich ebenso wie die Verursachung des Schadens i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 MG durch den Täter nach der sozialrechtlichen und speziell versorgungsrechtlichen Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung (BSGE 49, 104, 105 = SozR 3800 § 2 Nr. 1; BSGE 50, 95, 96 = SozR 3800 § 2 Nr. 2; zu § 1 Abs. 1; BSGE 49, 98, 103 = SozR 3800 § i Nr. 1; zustimmend Baumann, Sozialgerichtsbarkeit 1980, S. 220; Stolleis in Festschrift für Wannagat, 1981, 579, 590, 591). Als wesentliche Bedingung in diesem Sinn wäre das Verhalten des Geschädigten zu werten, falls sein Beitrag zu der eingetretenen Schädigung als mindestens annähernd gleichwertige Mitursache neben anderen Umständen, insbesondere dem Schießen des Geldräubers, zu gewichten wäre (BSGE 49, 106; 50, 96). Dies ist nach dem festgestellten Sachverhalt zu verneinen.

Die Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid die Tatsachen, daß der Beigeladene H. die Räuber nach dem Entreißen des Geldes innerhalb des Kaufhauses verfolgte und daß er beim Zusammentreffen mit D. zuerst schoß, rechtlich nicht zutreffend gewürdigt. Wie zu entscheiden wäre, falls der Geldbote längere Zeit nach dem Überfall auf den einen Räuber gestoßen und ihn von sich aus angegriffen hätte, kann dahingestellt bleiben. Hier war die Sachlage anders. In tatsächlicher Hinsicht ist durch das Urteil des SG, das sich auf die Entscheidungen des Schwurgerichts und des Beklagten bezogen hat (§ 128 Abs. 19 § 136 Abs. 2 Satz 1 SGG; -BSGE 49, 106; 50, 97), folgendes verbindlich festgestellt (§§ 163, 161 Abs. 4 SGG) : Der Gewaltakt hatte mit dem Entreißen des bewachten Geldes begonnen. Sogleich nach diesem Verlust suchte der Geldbote H. im Kaufhaus nach den Tätern. Er wollte sie festnehmen und ihnen die Beute wieder entreißen. Als er plötzlich mit dem Geldräuber D. wieder zusammentraf, begann der zweite Akt des zusammenhängenden Geschehens. Der Beigeladene führte sich in der zugespitzten Situation durch D. bedroht. D. war mit einer schußbereiten Maschinenpistole bewaffnet. Der Räuber war deshalb überragend gefährlich. Er wollte erkennbar einen möglichen Widerstand mit Waffengewalt brechen und nahm eine Tötung in Kauf. Er schoß auch, um die Straftat zu verdecken, sich einer Festnahme zu entziehen und aus Habgier die Beute zu sichern. Die Gefährlichkeit der Lage ließ nicht zu, daß der Beigeladene, bevor er schoß, den Täter warnte.

Das SG hat nicht eindeutig festgelegt, wie das Verhalten des H. rechtlich zu qualifizieren ist. Das Revisionsgericht kann aber ohne weitere Ermittlungen befinden, daß das Handeln des H. aus Rechtsgründen nicht als wesentliche Bedingung und damit nicht als Mitursache im Rechtssinn zu bewerten ist (BSGE 1, 268ff.). Für das Opferentschädigungsrecht ist der Rechtsmaßstab, der für die rechtserhebliche Verursachung einer Gesundheitsstörung durch Schädigungen i.S. des § 1 BVG und der §§ 80, 81 Soldatenversorgungsgesetz vom 5. März 1976 (BGBI. I 457) gilt, entsprechend den unterschiedlichen Rechtsgrundlagen sinngemäß fortzuentwickeln. Über die Kausalität ist im Recht der Kriegs- und Wehrdienstopfer im allgemeinen in rechtlicher Hinsicht relativ wertneutral zu entscheiden. Die schädigenden Einwirkungen sind in der Regel als rechtmäßig anzusehen. Dagegen muß eine Schädigung i.S. des § 1 Abs. 1 OEG durch einen rechtswidrigen Angriff verursacht sein. Nach verwandtem Maßstab sind auch mitwirkende Bedingungen auf ihre "Wesentlichkeit" hin zu bewerten. Sie sind zum rechtswidrigen Angriff gleichsam spiegelbildlich zu sehen. Die Mitwirkung des Geschädigten darf ihrerseits die Rechtsordnung nicht verletzt haben, wenn sie dem Anspruch nicht entgegenstehen soll. Doch das genügt noch nicht. Daß eine tatsächlich gleichwertige Mitbedingung rechtlich nicht einen anspruchsbegründenden Tatbestand erfüllt, macht sie nicht ohne weiteres zur ''unwesentlichen'' Mitursache. Im Recht der Gewalttatenopferregelung ist ein gleichgewichtiges, nicht rechtswidriges Verhalten des Geschädigten jedenfalls dann als nicht "wesentlich" bedeutsam für den "Erfolg" zu beurteilen, wenn es sich - wie hier - auf eine rechtmäßige Abwehr beschränkt hat. Das folgt aus dem zweiten Entschädigungstatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG, wonach auch die Schädigung durch eine rechtmäßige Abwehr'' eines "rechtswidrigen tätlichen Angriffs" einen Entschädigungsanspruch begründen kann. Selbst eine Aktivität, die als "Angriff" auf den Täter wirkt, aber von der Rechtsordnung erlaubt wird, bleibt als Mitbedingung außer Betracht.

Der Beigeladene H. hat den Bereich der gerechtfertigten Abwehr nicht überschritten. Er mag sich als Geldbote beruflich verpflichtet gefühlt haben, die Täter zu verfolgen, um sie zu identifizieren und die Beute zurückzuschaffen. Aber das wäre nicht entscheidend. Abgesehen davon ist sein Verhalten als "Abwehr" in jenem Sinn zu beurteilen. Nicht rechtswidrig handelt, wer zum Zweck der Selbsthilfe eine Sache wegnimmt oder einen Flüchtenden, der der Flucht verdächtigt ist, festnimmt oder dessen Widerstand gegen die Herausgabe beseitigt, wem obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne sofortiges Eingreifen die Gefahr besteht, daß die Verwirklichung des Anspruches vereitelt oder wesentlich erschwert wird (§§ 229, 230 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-). So war es hier. Ebenso wird ein solches Verhalten im Bereich des Strafverfahrensrechts gebilligt. Jedermann ist nach § 127 Abs. 1 Satz 1 Strafprozeßordnung befugt, denjenigen, den er auf frischer Tat antrifft oder verfolgt und der der Flucht verdächtigt ist oder dessen Identität nicht sofort festgestellt werden kam, ohne richterliche Anordnung vorläufig festzunehmen. Auch diese Voraussetzung war bei H. gegeben. Die Rechtsordnung erwartet sogar von jedem Bürger, daß er sich durch Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtigt ist, im öffentlichen Interesse besonderen Gefahren aussetzt, mag das Recht ihn auch nicht dazu verpflichten. Für den Fall, daß sich jemand bei einem solchen verdienstvollen Zugriff Unfallfolgen zuzieht, stellt ihn § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchstabe c RVO unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. dazu z.B. BSGE 21, 101, 103 = SozR Nr. 38 zu § 537 RVO a.F.). Darüber hinaus war der Versuch des H., die Täter zu stellen und den Rauberfolg sofort rückgängig zu machen, speziell im Sinn des einschlägigen Entschädigungsrechts legitim. Dem OEG ist das Ansinnen einer solchen Verteidigung der Rechtsordnung zu entnehmen. Nach § 2 Abs. 2 OEG können nämlich Leistungen versagt werden, wenn der Geschädigte es nach der Gewalttat unterlassen hat, das ihm Mögliche zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Verfolgung der Täter beizutragen. Dann wäre es widersprüchlich, eine mögliche Verfolgung - wie hier - als "wesentliche'' Mitursache der anschließenden Schädigung zu werten, die nach § 2 Abs. 1 OEG stets zur Versagung der Leistungen führt.

Zudem haben im gegenwärtigen Fall das Schwurgericht und das SG mit Recht dem Beigeladenen H. ein Notwehrrecht zugebilligt. Sie haben seine Verteidigung für nicht widerrechtlich erklären dürfen, weil sie erforderlich war, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich abzuwehren (§ 32 Strafgesetzbuch, zivilrechtlich: § 227 BGB). Angesichts der Art und Schwere der Gewalttat war dem Überfallenen nicht zuzumuten, auch nur einen Augenblick mit der Verteidigung durch seine eigene Schußwaffe zu zögern. Die rechtmäßige Verfolgung der Täter ist außerdem nicht als Provokation des weiteren Angriffes zu werten, die die Notwehr anders beurteilen ließe (vgl. dazu Schönke/Schröder/Lenckner, Strafgesetzbuch-Kommentar, 20. Aufl., 1980, § 32, Rdn. 54; Baumann, a.a.O., S. 224 f.). Das folgt schon aus dem zuvor dargelegten Recht, dem Täter nachzustellen. Aber selbst wenn die Suche gegenüber dem D. als provozierend gedeutet würde, müßte der Beigeladene H. angesichts der überragenden Gefahr, die von dem schußbereiten Räuber ausging, als befugt angesehen werden, sich unverzüglich seiner eigenen Waffe zu bedienen. Er wäre dazu zur eigenen "Schutzwehr" und nicht nur aus einer "Trutzwehr" heraus, d.h. zur Verteidigung der Rechtsordnung. berechtigt gewesen (BGHSt 24, 356, 358f; 26, 143, 145; 26, 256, 257).

Schließlich sind das Bemühen des Beigeladenen H., den Täter zu stellen, und sein Versuch, sich mit der eigenen Waffe zu wehren, nicht etwa deshalb als wesentlich mitwirkende Verursachung i.S. des § 2 Abs. 1 OEG zu werten, weil der Geschädigte sich damit einer selbstgeschaffenen Gefahr ausgesetzt hätte. Ein solches Verhalten kann in Grenzfällen sowohl in der Unfallversicherung als auch in der Kriegsopfer- und Soldatenversorgung einen Anspruch ausschließen (BSG SozR 3200 § 81 Nr. 14). Dieser Rechtsgedanke könnte ebenso im Recht der Verbrechenopferentschädigung anwendbar sein (BSGE 49, 107 f.). Der Geschädigte H. hat aber weder mit der Verfolgung noch mit dem Schießen in größter Not diesen Tatbestand erfüllt; denn er hat dabei nicht in hohem Maße vernunftwidrig gehandelt und es nicht in grobfahrlässiger Weise unterlassen, eine höchstwahrscheinlich zu erwartende Gefahr von sich abzuwenden. Als ein solcher Tatbestand, der Ansprüche nach dem OEG ausschließen könnte, ist die Suche nach den Tätern schon wegen des unfallversicherungsrechtlichen Schutzes nicht zu werten. In der sodann schließlich unentrinnbaren Situation war aber das Schießen, wie dargelegt, als Notwehrhandlung gerechtfertigt.

Dem Beigeladenen H. sind Leistungen nach dem OEG desweiteren nicht nach der zweiten Alternative des § 2 Abs. 1 OEG zu versagen. Entgegen der Ansicht des SG wäre es nicht aus sonstigen, insbesondere im eigenen Verhalten des Anspruchsstellers liegenden Gründen unbillig, eine Entschädigung zu gewähren, und zwar weder wegen tatbezogener noch wegen tatunabhängiger Umstände (BSGE 49, 108).

Insbesondere ist als ein solcher Ausschlußgrund nicht ein Mitverschulden anzunehmen, das bei annähernd gleichem Rang wie eine Mitverursachung nach § 2 Abs. 1 OEG zur Versagung von Leistungen, führt (BSGE 49, 107 f.; 50, 97 ff.). Aus den zuvor dargelegten Gründen, die das Verhalten des Beigeladenen H. nicht als wesentliche Mitbedingung werten lassen, ist ebenfalls ein gleichgewichtiges Mitverschulden zu verneinen, zumal der Geldbote sich zu den Selbsthilfehandlungen beruflich besonders verpflichtet fühlen konnte.

Ebensowenig wäre eine Entschädigung aus dem vom SG für tragend gehaltenen Grund, der in der Berufstätigkeit des Beigeladenen H. liegen soll "unbillig" i.S. des § 2 Abs. 1 OEG. Das Vordergericht rechnet die Gefahr, der H. Zum Opfer gefallen ist, dem erhöhten spezifischen Berufsrisiko zu. Dieses Risiko möchte das SG durch eine private Versicherung abgedeckt wissen. Dieser Gesichtspunkt erlaubt jedoch nicht die angefochtene Versagung.

"Unbillig" in dem bezeichneten Sinn wären Leistungen der Allgemeinheit Zum Ausgleich von Gewalttatfolgen dann, wenn sie nach den besonderen Umständen des Einzelfalles der grundlegenden Wertung des GEG widersprächen (BSGE 49, 107; 50, 97). Aus dem Grund, den das SG für ausschlaggebend hält, trifft das nicht zu.

Rechtsgrund für die soziale Entschädigung, die das OEG nach den Vorschriften des BVG gewährt, ist i.S. des § 5 SGB 1 das Einstehen der staatlichen Gemeinschaft für die Folgen bestimmter Gesundheitsstörungen nach versorgungsrechtlichen Grundsätzen. § 5 SGB 1 kennzeichnet allerdings nicht näher den tragenden Grund dafür, daß die Allgemeinheit die Verantwortung für solche Schäden übernimmt. Der Gesetzestext besagt nicht mehr, als daß es sich um "andere Gründe" als die "Abgeltung eines besonderen Opfers" (Aufopferung) handeln muß. Solchen Aufopferungstatbeständen sind die Verbrechensopfer i.S. des § 1 OEG nicht unterzuordnen (Stolleis, a.a.O., 584 ff.). Für Leistungen des Staates in diesem Bereich sind im Schrifttum mancherlei begründende Motive genannt worden. Diese Gesichtspunkte vermögen indes nicht zwingend die soziale Entschädigung zu rechtfertigen (Weintraud, Staatliche Entschädigungen für Opfer von Gewalttaten in Großbritannien und der Bundesrepublik Deutschland, 1980, s. 20ff., 62, 64 f., 181; Jung in: Kirchhoff/Sessar - Hg -, Das Verbrechensopfer, 1979, S. 377 380 f.; Stolleis, a.a.O., 583 ff.). Die maßgebende Begründung des OEG ist aus den Gesetzesmaterialien sowie aus der dem Gesetzesvorhaben zugrundellegenden Literatur zu entnehmen (BSGE 49, 101 und 105). Demnach tritt die öffentliche Hand wegen des Versagens ihrer Sicherungsvorkehrungen ein, die die Bürger vor Gewalt und Kriminalität schützen sollen; ein Bedürfnis für eine allgemeine Entschädigung in solchen Fällen ist deshalb angenommen worden, weil vielfach die bereits vorgeschriebenen Ersatz- und Ausgleichsleistungen, insbesondere der sozialen Sicherheit und privatrechtlicher Schadensersatz durch den Täter, nicht zu verwirklichen sind oder nicht ausreichen, so daß die Betroffenen in Not geraten (vgl. auch Stellungnahme des Bundesrats zum Gesetzesentwurf -BT-Drucks. 7/2506, S. 19, Anlage 2; Abg. Dürr- - SPD -, Abg. von Schoeler - FDP - und Abg. Dr. Starck - CDU/CSU - in der 123. BT-Sitzung vom 11. Oktober 1974, S. 8241 (B und C), 8242 (D) f., 8244 (B); Bericht der Abg. Dr. Starck und Dürr für den Rechtsausschuß, BT-Drucks. 7/4614, S. 3; Abg. Dr. Starck, Abg. Gnädinger - SPD - und Abg. Dr. Wendig - FDP - in der 219. BT-Sitzung vom 30. Januar 1976, S. 15241 (A und B), 15242 (C), 15243 (D); Prof. Dr. Klug und Minister Gaddum als Berichterstatter in der 431. BR-Sitzung vom 20. Februar 1976, S. 43 (C und D), 44 (A); Bundesminister Dr. Vogel, a.a.O., Anlage 10, S. 68).

Aus diesen programmatischen Äußerungen lassen sich schwerlich Rechtsmaßstäbe zur genauen Abgrenzung des Geltungsbereiches ableiten. Aber jedenfalls ist daraus nicht der Wille der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Personen zu erkennen, Opfer von Gewalttaten allgemein oder unter bestimmten Bedingungen deshalb von der Entschädigung auszuschließen, weil sie berufsmäßig ein erhöhtes Risiko auf sich genommen haben. Wohl sind als Personenkreise, denen eine Entschädigung nicht zukommen soll, ausdrücklich Zuhälter, Rauschgifthändler und sonstige Kriminelle, die "Opfer der auf solchen Gebieten herrschenden Rivalität unter Konkurrenten" werden, aufgeführt worden (BT-Drucks. 7/2506, Begründung, V, zu § 3 Abs. 1 S. 15; Abg. von Schoeler, a.a.O., S. 8244 (D). Andere benannte Fallarten können hier außer Betracht bleiben. Jene Abgrenzung läßt immerhin das Bestreben erkennen, rechtsfeindliches Verhalten nicht mit einer Opferentschädigung zu belohnen (vgl. auch Rundschreiben des BMA vom 28. Februar 1977, Bundesversorgungsblatt 1977, S. 39, 23; Schulz-Lüke/Wolf, Gewalttaten und Opferentschädigung, 1977, § 2 OEG, Rdn. 4, 8 und 9; Weintraud, a.a.O., S. 97). Das ist nach dem faßbaren Grundgedanken des OEG sachlich gerechtfertigt und geboten.

Der Beigeladene H. hat sich in der Situation, der er zum Opfer fiel, aber gerade nicht rechtswidrig oder rechtsfeindlich verhalten. Auch war die Berufsausübung, bei der er zu Schaden gekommen ist, rechtmäßig. Diese Tätigkeit ist darüber hinaus sogar als "sozial nützlich" zu werten. Dies steht im allgemeinen einer Unbilligkeit i.S. des § 2 Abs. 1 OEG entgegen (Baumann a.a.O., S. 226; vgl. auch Schoreit, Entschädigung der Verbrechensopfer als öffentliche Aufgabe, 1973, S. 74). Das private Bewachungs- und Geldtransportunternehmen, in dessen Dienst der Geldbote bei dem Unglücksfall stand, übte mit besonderer behördlicher Erlaubnis ein Gewerbe zum Schutz fremden Eigentums aus (§ 34a Abs. 1 Gewerbeordnung mit Änderungen bis zum Gesetz vom 29. Juli 1976 - BGBl. I 2034 -, vgl. Bekanntmachung vom 1. Januar 1978 - BGBl. I 97 -). Diese Gewerbetätigkeit wird durch eine Rechtsverordnung näher geregelt (§ 34a Abs. 2 Gewerbeordnung; Verordnung über das Bewachungsgewerbe - BewachV - i.d.F. der Bekanntmachung vom 1. Juni 1976 - BGBl. I 1341 - später nicht einschlägig geändert durch die Verordnung vom 28. November 1979 - BGBl. I 1986 -). Das Verhalten des Wachpersonals ist danach durch eine Dienstanweisung zu regeln, die u.a. das Mitführen einer Schußwaffe zu ordnen hat (§ 6 Abs. 1 Satz 3 BewachV.). Der Gewerbetreibende hat außerdem die Schußwaffen aufzubewahren und hat zu prüfen, ob die Wachpersonen mit dem Waffenumgang vertraut und ob sie berechtigt sind, die Waffe zu führen (§ 9 Abs. 1; dazu §§ 28, 30, 32 Abs. 1 Nr. 3, §§ 34, 35, 36 Waffengesetz i.d.F. vom 8. März 1976 - BGBl. I 432 -). Deren Gebrauch im Dienst ist unverzüglich anzuzeigen (§ 6 Abs. 1 Satz 3, § 9 Abs. 2 BewachV.). Auf solche Weise wird behördlich Vorsorge getroffen dafür, daß sich die Obhuttätigkeit in den Grenzen der Rechtmäßigkeit verhält. Wenn der Staat derartige Bewachungsunternehmen für Geldtransporte in einem besonderen Verfahren zuläßt, anerkennt er die Notwendigkeit erhöhten fachmännisch gewährten Schutzes für das Privateigentum gegenüber räuberischen Zugriffen. Damit ist einerseits durch eine vorsorgliche Maßnahme die Sicherung ersetzt, die die Polizei in diesem Umfang nicht leisten könnte, andererseits eine wirksamere Gefahrenabwehr ermöglicht, als sie Banken und Geschäftsleute erreichen können, wenn sie Geld bloß durch ihre unbewaffneten, nicht speziell für Transporte ausgebildeten Mitarbeiter ohne gepanzerte, besonders ausgerüstete Fahrzeuge transportieren lassen. Wenn aber solches Personal, das für die Sicherung gegen Überfälle weniger geeignet ist als berufsmäßige Geldboten und -bewacher, im Fall eines gewaltsamen Angriffs nach dem OEG geschützt ist (Schoreit/Msseldorf, Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten, 1977, 1 Abs. 1 OEG, Rdn. 143), muß dies ebenso für geschulte Bewacher gelten. Sie können das Risiko eines Überfalls durch technische Sicherungsvorrichtungen und fachmännisches Verhalten sogar erheblich mindern. Sonst würden die Auftraggeber diesen Aufwand nicht finanzieren. Aus diesem Grund sind die berufsmäßigen Wachpersonen nicht weniger schutzbedürftig und -würdig als jene Bediensteten. Den Geldbewachern und -begleitern deshalb eine Entschädigung nach dem OEG allgemein zu versagen, weil sie beruflich einer erhöhten Gefahr ausgesetzt sind, widerspräche gerade dem Sinn des Gesetzes; es soll generell den unzureichenden staatlichen Schutz vor Gewaltkriminalität ausgleichen. Im übrigen erscheint es fraglich, ob diese Berufstätigen mehr als andere Bürger durch tätliche Angriffe gefährdet sind, obgleich sie zum Schutz des Geldes und ihrer eigenen Person besonders ausgerüstet und ausgebildet werden. Falls dies aber zuträfe, verdienten sie noch eher als andere einen Ausgleich nach dem OEG. Nach alledem ist es nicht berechtigt, sie auf Entschädigungen aus einer privaten Versicherung, die ihr Arbeitgeber zusätzlich zur gesetzlichen Unfallversicherung abschließt, zu beschränken.

Den berufsmäßigen Geldtransportbewachern können Leistungen nach dem OEG ferner nicht mit der Begründung vorenthalten werden, sie versähen einen Dienst anstelle der Polizei, die soziale Entschädigung nach dem OEG solle aber nur wehrlosen Bürgern zugute kommen. Die Mitarbeiter der privaten Bewachungsbetriebe nehmen keine polizeilichen Aufgaben in hoheitlicher Funktion wahr. Darauf sind sie in der Dienstanweisung ausdrücklich hinzuweisen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 BewachV.). Um Verwechslungen zu vermeiden, müssen ihre Ausweise und ihre Dienstkleidung sich deutlich von denen öffentlicher Organe unterscheiden (§ 7 Abs. 1 Satz 3, § 8 Satz 1 BewachV.). Aber nicht einmal Polizeibeamte sollen allgemein wegen ihres Berufs von Entschädigungen nach dem OEG bei Verletzungen im Dienst ausgeschlossen werden (Schoreit/Düsseldorf , § 1 Abs. 1 OEG, Rdn. 143; für Soldaten und Beamte: Schulz-Lüke/Wolf, § 3 OEG, Rdn. 6 und 7; BT-Drucks. 7/2506, Begründung, V, zu § 4 Abs. 2, S. 16). Falls der Gesetzgeber diesem Personenkreis, der mit der Kriminalitätsbekämpfung befaßt ist, schlechthin die soziale Entschädigung für Verbrechensopfer hätte versagen wollen, wäre dies zum Ausdruck gebracht worden, zumal die Problematik aus dem genau beobachteten englischen Recht (BT-Drucks. 7/2506, Begründung, I, D, S. 9; V, zu § 3 Abs. l, S. 15) bekannt war (vgl. dazu Weintraud, a.a.O., S. 128 ff., insbesondere 134 f., 184 f.). Aus diesem Gesichtspunkt heraus können solche Verbrechensopfer nicht allgemein von der Entschädigung ausgenommen sein, die statt der Polizei gewerbsmäßig einen Schutz gegen Geldüberfälle gewähren.

Schließlich steht einer Entschädigung nach dem OEG nicht entgegen, daß H. durch Leistungen aus einer privaten Unfallversicherung hinreichend geschützt war (vgl. dazu Weintraud, a.a.O., S. 174f; Schoreit/Düsseldorf, § 2 Abs. 1, Rz. 27). Das Gesetz läßt nicht erkennen, daß ein konkretes wirtschaftliches Bedürfnis im Einzelfall für den Entschädigungsanspruch erforderlich wäre (BSGE 49, 112f.). Das Gegenteil folgt aus den Gesetzesmotiven. Der Bundesrat bat anfangs in einer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung, zu prüfen, ob der Anspruch aus § 1 - in Angleichung an eine entsprechende Regelung für Tumultschäden im Entwurf des Staatshaftungsrechtes - subsidiär im Verhältnis zu Leistungen von Schädigern, von Versicherungsunternehmen, von Sozialversicherungsträgern und von Dienstherren oder Arbeitgebern auszugestalten sei (BR-Drucks. 352/1/74, S. 2 bis 4; 352/74 (Beschluß), S. 6f., Nr. 5, zu § 4; Anlage 2 zu BT-Drucks. 7/2506, S. 20). Die Bundesregierung widersprach jedoch einer stärkeren Ausdehnung des Subsidiaritätsprinzips, weil dies mit den Grundsätzen der sozialen Entschädigung nicht vereinbar sei und praktisch zu Aufklärungsschwierigkeiten führen würde (Anlage 3 zu BT-Drucks. 7/2506, S. 23 f., zu Nr. 5). Die Abg. Dr. Starck und Dürr erklärten in ihrem Bericht für den Rechtsausschuß des Bundestages (a.a.O., S. 4), der vorliegenden Fassung liege bereits der Grundsatz der Subsidiarität zugrunde. Sie sahen diesen verwirklicht im Übergang eines gesetzlichen Schadensersatzanspruches auf den Kostenträger sowie in der Regelung des § 4 des Entwurfes (jetzt § 3) über das Zusammentreffen von Ansprüchen. Dem schloß sich der Abg. Dr. Wendig unter Hinweis auf § 6 des Entwurfes (jetzt § 5) in der 219. Sitzung an (a.a.O., S. 15244 -A und B-). Der Bundestag bestätigte insofern die von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzesfassung (BR-Drucke 87/76). Anschließend wurde im Bundesrat und im Vermittlungsausschuß dieser Punkt nicht mehr diskutiert. Somit ist es bei der eingeschränkten ''Subsidiarität'' geblieben, die jetzt in den §§ 3 und 5 OEG zum Ausdruck kommt.

Diese Regelungen setzen aber gerade einen Anspruch auf Entschädigung voraus, der nicht auf Fälle konkreter Bedürftigkeit beschränkt ist. Im einzelnen gilt folgendes:

Ein gesetzlicher Schadensersatzanspruch, insbesondere nach den § 823 ff. BGB gegen den Schädiger, geht nach § 5 OEG i.V.m. § 81a BVG auf den Kostenträger über. Die Ansprüche aus dem OEG entfallen nach § 3 Abs. 2, soweit die Schädigung auch Ansprüche nach dem BVG oder nach einem Gesetz, das das BVG für anwendbar erklärt, begründet. Der Anspruch auf Entschädigung ruht nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG i.V.m. § 65 BVG in entsprechender Höhe, wenn ebenfalls Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge verlangt werden können. Allein solche öffentlich-rechtlichen Leistungen, die ebenso wie nach dem OEG keine Beitragsgegenleistung des Geschädigten voraussetzen, lassen die Entschädigung aus dem OEG ruhen, d.h. sie lassen den zugrundeliegenden Anspruch bestehen, schränken aber seine Verwirklichung zu Lasten des anderen Sicherungssystems ein. Das trifft hier im Verhältnis zum Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung zu, der auf der Beschäftigung des Beigeladenen H. und seinem Arbeitsunfall im Beruf beruht (§ 539 Abs. 1 Satz 1, § 548 RVO). Nach § 3 Abs. 4 OEG gilt bei Schäden nach diesem Gesetz § 541 Abs. 1 Nr. 2 RVO nicht. Mithin bleibt es bei jenem Versicherungsschutz, allerdings mit der aufgezeigten Folge des Ruhens (BT-Drucks. 7/2506, Begründung, S. 16, V, zu § 4 Abs. 4).

Nach alledem sind die Gesundheitsstörungen des Beigeladenen H. als Schädigungsfolgen im Sinn des OEG i.V.m. dem BVG ab 1. April 1977 anzuerkennen, so daß der Ersatzanspruch der Klägerin begründet ist, soweit der Anspruch auf soziale Entschädigung nicht ruht.

Dementsprechend sind die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen H. zu erstatten, während dies zwischen den beteiligten Körperschaften entfällt (§193 Abs. 1 und 4 SGG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 518571

BSGE, 281

NJW 1982, 596

Breith. 1982, 510

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