Beteiligte

Barmer Ersatzkasse

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 27. Mai 1998 geändert. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 19. September 1996 wird zurückgewiesen.

Kosten sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Beteiligten streiten um die Versorgung der Klägerin mit einem sog Rollstuhl-Bike.

Die im Jahre 1962 geborene Klägerin ist versicherungspflichtiges Mitglied der beklagten Ersatzkasse und leidet an einer angeborenen Querschnittlähmung (spina bifida). Sie ist als Verwaltungsangestellte bei der Stadt L. beschäftigt. Die Beklagte hat sie ua mit einem handbetriebenen Titan-Aktiv-Rollstuhl versorgt. Außerdem besitzt sie einen behindertengerecht ausgestatteten Pkw.

Im Juni 1994 beantragte die Klägerin die Versorgung mit einem sog Rollstuhl-Bike, das ihr der behandelnde Arzt verordnet hatte. Es handelt sich dabei um eine Handkurbel in Brusthöhe mit Kette oder Kupplungsgestänge zur Kraftübertragung auf die Räder (auch „Rolli-Bike” bzw „Handy-Bike” genannt), wodurch ein effektiverer Antrieb als mit den Greifreifen möglich ist. Nach dem von der Klägerin vorgelegten Kostenvoranschlag sollte ein entsprechendes Gerät 4.065,25 DM incl Mehrwertsteuer kosten. Die Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, die Versorgung mit diesem Gerät sei aus medizinischer Sicht nicht geboten. Die Aktivierung des Muskelapparats sowie die Verbesserung der Herz-Kreislauf-Funktion und der Lungenaktivität könnten durch gezielte Krankengymnastik und sportliche Übungen (zB Hanteltraining) ebenfalls erreicht werden. Das Rollstuhl-Bike werde auch nicht zur Lebensbewältigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse benötigt. Die Klägerin sei mit dem handbetriebenen Rollstuhl ausreichend und zweckmäßig versorgt (Bescheid vom 22. Juli 1994, Widerspruchsbescheid vom 10. März 1995).

Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ vom 19. September 1996). Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) die Beklagte verurteilt, die Klägerin mit einem „Rolli-Bike in einer Standardausführung” zu versorgen (Urteil vom 27. Mai 1998). Die Klägerin benötige dieses Hilfsmittel zur Lebensbewältigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse. Hierzu gehöre auch ein körperlicher Freiraum, in dem sich nicht behinderte Menschen entweder zu Fuß oder mit dem Fahrrad bewegen. Dieser Freiraum werde durch den handbetriebenen Rollstuhl nur teilweise, nämlich für kurze Wegstrecken, abgedeckt.

Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 33 Abs 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Die Ausstattung mit einem „Rollstuhl-Bike” sei nicht erforderlich, um der Klägerin eine Lebensbewältigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse zu ermöglichen. Soweit das Bedürfnis nach Mobilität dazugehöre, werde es durch die Versorgung mit dem handbetriebenen Rollstuhl und die Möglichkeit, jederzeit den eigenen Pkw zu benutzen, befriedigt. Ein darüber hinausgehendes, speziell auf die Gleichstellung mit Radfahrern und die Ermöglichung längerer Ausflüge gerichtetes Mobilitätsbedürfnis sei nicht als allgemeines Grundbedürfnis anzusehen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 27. Mai 1998 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 19. September 1996 zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

II

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Urteil des SG, das die Klage gegen die angefochtenen Bescheide abgewiesen hat, war wiederherzustellen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Rollstuhl-Bike.

1. Die Klage ist zulässig. Es verstößt nicht gegen die auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltende Prozeßvoraussetzung eines bestimmten Klageantrags (BSGE 60, 87, 90 = SozR 1200 § 53 Nr 6), daß die Klägerin in den Vorinstanzen lediglich allgemein beantragt hat, die Kosten für ein Rollstuhl-Bike zu übernehmen (SG-Verfahren) bzw ihr ein „Rolli-Bike in einer Standardausführung” zur Verfügung zu stellen (LSG-Verfahren). Der Antrag ist im Sinne der Verurteilung zur Verschaffung einer Sachleistung zu verstehen. Diesem Erfordernis genügt der gestellte Klageantrag, obgleich er offen läßt, welcher Gerätetyp begehrt wird und ob das Gerät übereignet oder nur leihweise zur Verfügung gestellt werden soll. Die Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden ihre Leistungspflicht schon dem Grunde nach verneint. Der Senat hat bereits in anderem Zusammenhang entschieden, daß eine Klage auf eine nur allgemein umschriebene Leistung zulässig ist, wenn die Entscheidung über die Art der Gewährung (Leihe oder Übereignung) und auch die Spezifizierung der geschuldeten Leistung im Zusammenwirken der Behörde mit dem Leistungsempfänger erfolgt (BSG SozR 3-2500 § 33 Nrn 16 und 27). Dies gilt zumindest dann, wenn kein Anhaltspunkt dafür vorliegt, daß die Beteiligten im Falle einer Verurteilung der Behörde über die Auswahl streiten werden, wie dies hier der Fall ist. Dem steht auch nicht entgegen, daß damit ungewiß bleibt, ob die Beklagte ihrer Sachleistungspflicht im Wege der Übereignung oder im Wege der leihweisen Überlassung nachkommt.

2. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit einem Rollstuhl-Bike ergibt sich nicht bereits aus der nach den Feststellungen des LSG vorliegenden vertragsärztlichen Verordnung vom 9. Juni 1994 (vgl Urteil des 8. Senats des Bundessozialgerichts vom 29. September 1997 - 8 RKn 27/96 – SozR 3-2500 § 33 Nr 25). Dies folgt schon daraus, daß nach § 275 Abs 3 Nr 2 SGB V die Krankenkassen vor Bewilligung eines Hilfsmittels in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst prüfen lassen können, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Hiermit steht in Einklang, daß nach den die Verordnungstätigkeit regelnden Bundesmantelverträgen (§ 30 Abs 8 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte, Stand: 1. Januar 1996; ebenso § 16 Abs 8 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen, Stand: 1. Januar 1996) die Abgabe von Hilfsmitteln einer Genehmigung durch die Krankenkasse bedarf, soweit – wie hier – in ihren Bestimmungen nichts anderes vorgesehen ist.

3. Der Anspruch scheitert nicht schon daran, daß das Rollstuhl-Bike die Funktion eines Fahrrads ausfüllt und Fahrräder zu den allgemeinen Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens gehören. Versicherte haben im Rahmen der Krankenbehandlung (vgl § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V) ua Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit es sich nicht um allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens handelt (§ 33 Abs 1 Satz 1 SGB V). Das Rollstuhl-Bike ist kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Darunter fallen nur Gegenstände, die allgemein im täglichen Leben verwendet werden (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 5; SozR 2200 § 182b Nr 6). Geräte, die für die speziellen Bedürfnisse kranker oder behinderter Menschen entwickelt und hergestellt worden sind und von diesem Personenkreis ausschließlich oder ganz überwiegend benutzt werden, sind nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen. Dies gilt selbst dann, wenn sie millionenfach verbreitet sind (zB Brillen, Hörgeräte). Die Frage, ob ein Mittel als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens einzustufen ist, stellt sich für einen Gegenstand, der von der Konzeption her vorwiegend für Kranke oder Behinderte gedacht ist, erst dann, wenn er in nennenswertem Umfang auch von gesunden Menschen benutzt wird (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 19). Das Rollstuhl-Bike kann bauartbedingt nur in der Kombination mit einem Rollstuhl genutzt werden. Es kommt damit für Gesunde nicht in Betracht (so bereits BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 27).

4. Der Anspruch der Klägerin ist aber ausgeschlossen, weil ein Rollstuhl-Bike für Erwachsene kein Hilfsmittel iS des § 33 SGB V ist. Das Gesetz definiert sächliche Mittel nur dann als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn sie „im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen” (§ 33 Abs 1 Satz 1 SGB V). Ein Hilfsmittel ist nach der Rechtsprechung (BSG SozR 3-2500 § 33 Nrn 3 und 5) bei der zweiten Alternative im vorgenannten Sinne nur dann „erforderlich”, wenn sein Einsatz zur Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse benötigt wird. Dazu gehören zum einen die körperlichen Grundfunktionen (Gehen, Stehen, Treppensteigen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung) und zum anderen die elementare Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie die dazu erforderliche Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, der auch die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen zur Vermeidung von Vereinsamung sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens (Schulwissens) umfaßt. Maßstab ist stets der gesunde Mensch, zu dessen Grundbedürfnissen der kranke oder behinderte Mensch durch die medizinische Rehabilitation und mit Hilfe des von der Krankenkasse gelieferten Hilfsmittels wieder aufschließen soll (vgl BSGE 66, 245, 246 = SozR 3-2500 § 33 Nr 1; BSG SozR 3-2500 § 33 Nrn 7, 13 und 16 sowie die Rechtsprechung zur Reichsversicherungsordnung: BSG SozR 2200 § 182b Nrn 29, 34 und 37).

Nach diesen Abgrenzungskriterien ist ein Rollstuhl-Bike für Personen im Erwachsenenalter kein Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung. Nur bei Kindern und Jugendlichen kann das Rollstuhl-Bike als „Hilfsmittel” iS des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V eingestuft werden; der Versorgungsanspruch hängt insoweit von den Umständen des Einzelfalls ab (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 27). Die Unterscheidung beruht darauf, daß die bisherige Rechtsprechung, an der festzuhalten ist, auch das Grundbedürfnis der Erschließung „eines gewissen körperlichen Freiraums” nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Mobilitätsmöglichkeiten des Gesunden verstanden hat. So hat der Senat in seiner Entscheidung vom 8. Juni 1994 - 3/1 RK 13/93 – (SozR 3-2500 § 33 Nr 7 ≪Rollstuhlboy≫) zwar die „Bewegungsfreiheit” als Grundbedürfnis bejaht, dabei aber lediglich auf diejenigen Entfernungen abgestellt, die ein Gesunder üblicherweise zu Fuß zurücklegt. Soweit überhaupt die Frage eines größeren Radius über das zu Fuß Erreichbare hinaus aufgeworfen worden ist, sind zusätzliche qualitative Momente verlangt worden. In seiner Entscheidung vom 16. April 1998 - B 3 KR 9/97 R – (SozR 3-2500 § 33 Nr 27) zum Rollstuhl-Bike für Jugendliche hat der Senat zwar auch Entfernungen berücksichtigt, die ein Jugendlicher mit dem Fahrrad zurücklegt. Das Hilfsmittel ist aber nicht wegen dieser Erweiterung des Freiraums, sondern nur wegen der dadurch geförderten Einbeziehung des behinderten Klägers in den Kreis der – laufenden und Fahrrad fahrenden – gleichaltrigen Jugendlichen (soziale Integration in der jugendlichen Entwicklungsphase) zugesprochen worden. Ebenso war schon in der Entscheidung vom 2. August 1979 - 11 RK 7/78 – (SozR 2200 § 182b Nr 13 ≪Faltrollstuhl≫) nicht die angesprochene „Fortbewegung auch in Orten außerhalb seines Wohnortes”, sondern die Ermöglichung des Schulbesuchs der maßgebliche Gesichtspunkt gewesen (vgl auch BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 22 zum Anspruch eines Schülers auf Ausstattung mit einem Computer).

Der so umgrenzte Basisausgleich der – im Verlust der Gehfähigkeit bestehenden – Behinderung ist durch die Versorgung der Klägerin mit dem handbetriebenen Rollstuhl in ausreichender Weise erfolgt. Zum Grundbedürfnis gehbehinderter Menschen auf Erschließung bzw Sicherung „eines gewissen körperlichen Freiraums” zählt nicht das Zurücklegen längerer Wegstrecken vergleichbar einem Radfahrer, Jogger oder Wanderer.

a) Das Radfahren gehört zwar in breiten Bevölkerungsschichten zum normalen Lebensstandard; existenznotwendig war und ist der Besitz eines Fahrrads hingegen nicht. Wenn es die Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist, dem durch eine Krankheit oder Behinderung beeinträchtigten Menschen die eigenständige und unabhängige Erfüllung seiner vitalen Lebensbedürfnisse zu ermöglichen, kann ihre Leistungspflicht nicht an den üblichen Besitz eines Fahrrads anknüpfen und dazu führen, es für den Behinderten nutzbar zu machen oder – wie hier – eine dem Radfahren vergleichbare Fortbewegungsmöglichkeit mit dem Rollstuhl zu eröffnen. Die grundlegenden Organfunktionen der Beine, um deren Ausfall es hier allein geht, sind das Gehen und Stehen. Diese Funktionen sind bei Gehbehinderten im Rahmen des technisch Machbaren und wirtschaftlich Vertretbaren, ua durch Hilfsmittel, ganz oder teilweise herzustellen oder zu ersetzen, nicht hingegen die Fähigkeit, mittels der Beine ein schnelleres und bequemeres Fortbewegungsmittel zu betreiben (so bereits Urteil vom 6. August 1998 - B 3 KR 3/97 R – SozR 3-2500 § 33 Nr 29 zur behindertengerechten Umrüstung eines Kfz). Die Möglichkeit, sich als Rollstuhlfahrer mit Hilfe des Rollstuhl-Bikes wie ein Radfahrer zu bewegen und zB Ausflüge in die Umgebung zu unternehmen, zählt daher nicht zu den Grundbedürfnissen.

b) Soweit es die Geschwindigkeit, die Streckenlänge und die körperliche Dauerleistung betrifft, kann das Fahren mit dem Rollstuhl-Bike unter Umständen auch ausgedehntes Jogging ersetzen. Dies kann den geltend gemachten Anspruch indes ebenfalls nicht rechtfertigen. Das Jogging ist eine sportliche Betätigung im Freizeitbereich. Freizeitbeschäftigungen – welcher Art auch immer – werden vom Begriff des vitalen Lebensbedürfnisses bzw des allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens nicht erfaßt (BSG SozR 3-2500 § 33 Nrn 5 und 27; BSG SozR 2200 § 182b Nrn 12, 30, 34 und 37). Auch die Einordnung des Jogging als Sonderform des „Laufens” führt zu keinem anderen Ergebnis. Das „Laufen” bzw „Rennen” zählt nur bei Kindern und Jugendlichen (so bereits BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 27 zum Rollstuhl-Bike für Jugendliche), nicht aber bei Erwachsenen zu den Vitalfunktionen.

c) Das allgemeine Grundbedürfnis, selbständig zu gehen, kann den Anspruch gleichfalls nicht begründen. Dieses Grundbedürfnis kann nämlich nicht dahin verstanden werden, daß die Krankenkasse einen Behinderten durch die Bereitstellung von Hilfsmitteln in die Lage versetzen muß, Wegstrecken jeder Art und Länge zurückzulegen, die ein Nichtbehinderter bei normalem Gehen zu Fuß bewältigen kann. Auch hier ist zu berücksichtigen, daß die gesetzliche Krankenversicherung bei dem Verlust der Gehfähigkeit nur für einen Basisausgleich zu sorgen hat. Zu den insoweit maßgeblichen vitalen Lebensbedürfnissen im Bereich des Gehens gehört jedoch nur die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang „an die frische Luft zu kommen” oder um die – üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden – Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind. In diesem Sinne ist die in früheren Entscheidungen verwandte Formulierung zu präzisieren, es sei auf diejenigen Entfernungen abzustellen, die ein Gesunder üblicherweise zu Fuß zurücklegt (BSG SozR 3-2500 § 33 Nrn 7, 27 und 29). Ein über den vorgenannten Rahmen hinausgehendes Bedürfnis zu gehen kann nicht als Grundbedürfnis anerkannt werden. Der Senat hält daher seine im Urteil vom 8. Juni 1994 - 3/1 RK 13/93 – (SozR 3-2500 § 33 Nr 7) enthaltene Andeutung, er tendiere dazu, „daß zwischen dem durch einen Selbstfahrerrollstuhl regelmäßig eröffneten Freiraum und den Entfernungen, die ein Gesunder auch bei eingeschränktem Gesundheitszustand vor allem im ländlichen Bereich zu Fuß zurücklegt, eine Lücke besteht, die ebenfalls noch den Grundbedürfnissen zuzurechnen ist”, nicht aufrecht. Dies gilt auch dann, wenn im Einzelfall die genannten Stellen der Alltagsgeschäfte nicht im Nahbereich der Wohnung liegen, also dafür längere Strecken zurückzulegen sind, die die Kräfte eines Rollstuhlfahrers möglicherweise übersteigen. Besonderheiten des Wohnortes können für die Hilfsmitteleigenschaft nicht maßgeblich sein. Dem Grundbedürfnis auf freie Bewegung in der eigenen Wohnung und in deren Nahbereich hat die Beklagte durch die Versorgung der Klägerin mit dem handbetriebenen Rollstuhl hinreichend Rechnung getragen.

d) Maßgebend kann auch nicht sein, daß das Rollstuhl-Bike zur Stärkung der noch vorhandenen Muskulatur, des Herz-Kreislauf-Systems und der Lungenfunktion beiträgt. Dieses Ziel läßt sich durch weniger aufwendige Geräte oder durch entsprechende krankengymnastische und sportliche Übungen mit geringerem Kostenaufwand erreichen.

5. Da nach allem Erwachsene keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Rollstuhl-Bike haben, weil das Gerät für diesen Personenkreis nicht als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung einzustufen ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Klägerin darauf verwiesen werden könnte, daß sie über einen behindertengerecht ausgestatteten Pkw verfügt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.

 

Fundstellen

FEVS 2000, 289

NZS 2000, 296

br 2000, 68

KVuSR 2001, 43

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