Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 26. Juni 1973 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

I

Unter den Beteiligten besteht Streit darüber, welche der beiden am Verfahren beteiligten Versicherungsträger den Kläger für die Folgen eines Arbeitsunfalls vom 2. November 1967 zu entschädigen hat und welcher Jahresarbeitsverdienst (JAV) der Berechnung des Verletztengeldes und der Rente zugrunde zu legen ist.

Der Kläger betreibt in Braunschweig, Wendenstraße 62, einen Einzelhandel mit Kraftfahrzeugen. In dieser Eigenschaft ist er bei der beklagten Berufsgenossenschaft für den Einzelhandel als Unternehmer gemäß § 543 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) und § 39 Abs. 1, § 40 Abs. 1 der Satzung der Beklagten mit einem JAV von damals 9 000 DM gegen Arbeitsunfall versichert. Außerdem ist der Kläger Geschäftsführer der Firma „G.F.I. Gesellschaft für Finanzierungen und Immobilien m.b.H.”, deren Geschäftsanteile er zu 75 % innehatte und die Mitglied der beigeladenen Verwaltungs-Berufsgenossenschaft ist.

Am 2. November 1967 verließ der Kläger um 18,15 Uhr sein Büro, das beiden Firmen dient, um auf direktem Wege in seine Wohnung zu gehen. Unterwegs stolperte er, kam zu Fall und zog sich einen Bruch des linken Unterarmes mit Verschiebung zu. Diesen Unfall zeigte er am 8. November 1967 der Beklagten und am 21. November 1967 der Beigeladenen an. Letztere gab ihre Vorgänge an die Beklagte als dem zuerst angegangenen Versicherungsträger ab mit der Bitte um Überprüfung, welchem Unternehmen der Weg von dem Ort der Tätigkeit gedient habe. Auf entsprechende Anfrage erklärte der Kläger, im allgemeinen könne davon ausgegangen werden, daß er mindestens 8 Stunden täglich für sein Einzelhandelsunternehmen und weitere 2 bis 4 Stunden für die G.F.I. arbeite. Am Unfalltage sei er vormittags nicht in seinem Büro tätig gewesen. In der Zeit von 16,00 bis 18,15 Uhr habe er in diesem vorwiegend die eingegangene Post durchgesehen und die ausgehende unterschrieben, und zwar für beide Firmen. Für die G.F.I. habe er an diesem Nachmittag allerdings für die Unterschrift einiger Briefe nur wenige Minuten verwandt. Das Arbeitseinkommen aus der Geschäftsführertätigkeit im Jahre vor dem Unfall gab die G.F.I. mit 9 600 DM zuzüglich 800 DM Weihnachtsgeld an.

Nach Einholung von Gutachten gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 5. September 1968 Leistungen in verschiedener Höhe und legte dabei entsprechend § 40 Abs. 1 ihrer Satzung einen JAV von 9 000 DM (Versicherungssumme) zugrunde. Zur Begründung wies sie darauf hin, das vom Kläger in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der G.F.I. im Jahre vor dem Arbeitsunfall erzielte Arbeitseinkommen von insgesamt 10 400 DM könne nicht berücksichtigt werden.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger Klage erhoben. Mit Bescheid vom 5. November 1968 entzog die Beklagte die bisher gewährte vorläufige Rente, da die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch die Folgen des Arbeitsunfalls nicht mehr im rentenberechtigenden Grade gemindert sei; insoweit besteht kein Streit.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen (Urteil vom 11. Dezember 1970). Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG in vollem Umfang und den Bescheid der Beklagten vom 5. September 1968 teilweise aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Berechnung der dem Kläger wegen der Folgen des Unfalls am 2. November 1967 gewährten Leistungen einen JAV von 19 400 DM zugrunde zu legen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger sei auch bei der Beigeladenen gegen Arbeitsunfälle – und zwar „formal” – versichert gewesen, da diese von ihm Beiträge gefordert und auch erhalten habe, jedoch sei die Beklagte der für die Entschädigung des Klägers allein zuständige Versicherungsträger; der Heimweg sei dem Betrieb zuzurechnen, in dem der Kläger überwiegend tätig gewesen sei, und das sei das Einzelhandelsunternehmen gewesen. Weiter sei die Beklagte verpflichtet, bei der Berechnung des Verletztengeldes und der Rente auch das Arbeitseinkommen des Klägers als Geschäftsführer der G.F.I. zu berücksichtigen. Zwar habe sie in ihrer Satzung eine lückenlose Regelung hinsichtlich der Berechnung der Beiträge und Geldleistungen getroffen; diese beziehe sich jedoch nur auf die Entschädigung von Arbeitsunfällen, die sich allein im Bereich des Einzelhandels ereigneten, nicht jedoch für die Fälle, in denen der Unfallverletzte auch bei einem anderen Unfallversicherungsträger versichert sei.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die zugelassene Revision eingelegt und zur Begründung ausgeführt: Da der Unfall nicht dem bei der Beigeladenen versicherten GmbH-Unternehmen, sondern nur dem bei der Beklagten versicherten Einzelhandelsunternehmen zugerechnet werde, müsse das Einkommen des Klägers als Geschäftsführer der bei der Beigeladenen versicherten GmbH außer Betracht bleiben. Die JAV-Verdienstberechnung erfolge nach § 671 Nr. 9 RVO i.V.m. den Satzungsbestimmungen. Die Entscheidung des LSG laufe jedoch darauf hinaus, den Kläger hinsichtlich der JAV-Berechnung so zu stellen, als wäre er Arbeitnehmer und sein Unfall von der Beigeladenen zu entschädigen.

Eine Vermengung der Unternehmer Versicherung mit einer Arbeitnehmerversicherung sei unzulässig.

Die Beklagte beantragt,

  • das Urteil des LSG Niedersachsen vom 26. Juni 1973 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 11. Dezember 1970 zurückzuweisen,
  • hilfsweise,

    die Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

Diesem Antrag hat sich die Beigeladene angeschlossen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Beklagte habe nach § 1539 RVO einen Erstattungsanspruch gegen die Beigeladene.

Alle Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz –SGG–).

II

Die Revision der Beklagten ist unbegründet.

Zutreffend ist das LSG zunächst davon ausgegangen, daß der Kläger auch bei der Beigeladenen gegen Arbeitsunfall versichert war. Diese Versicherung beruht zwar nicht auf § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO, da es angesichts der Höhe seiner Geschäftsanteile von 75 v.H. des Stammkapitals an dem rechtlichen Erfordernis der persönlichen Abhängigkeit von der GmbH fehlte (siehe BSG 23, 83, 84, 85; BSG in SozR Nr. 30 zu § 539 RVO Bl. Aa 44 Rücks. mit weiteren Nachweisen zur ständigen Rechtsprechung des 2. Senats bezüglich der beitragsrechtlichen Behandlung einer GmbH). Ob und inwieweit der Kläger mit Rücksicht auf die Höhe seiner Kapitalbeteiligung u.U. „wie” ein nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO Versicherter (§ 539 Abs. 2 RVO) für die GmbH tätig werden konnte, kann hier dahinstehen (vgl. BSG 23, 85, 86). Denn für den Kläger bestand bei der Beigeladenen jedenfalls ein formal-rechtliches Versicherungsverhältnis. Sie hatte nämlich von ihrer Rechtsauffassung ausgehend, daß alle Geschäftsführer einer GmbH ohne Rücksicht auf das Maß ihrer Beteiligung am Gesellschaftskapital gemäß § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO pflichtversichert seien, von der G.F.I. auch Beiträge für die Tätigkeit des Klägers angefordert und erhalten. Damit waren (vgl. dazu die Ausführungen des Senats in seinem Urteil vom 26. Juni 1973, SozR Nr. 40 zu § 539 RVO Bl. Aa 64) die Voraussetzungen für eine Formalversicherung gegeben, aus der alle Rechte und Pflichten eines sachlich begründeten Versicherungsverhältnisses erwachsen (vgl. BSG in SozR Nr. 40 aaO). Dieses wird letztlich von der Beklagten und der Beigeladenen, abgesehen von einer anderen Auffassung über den Rechtsgrund dieses Versicherungsverhältnisses, nicht bezweifelt.

Das LSG ist weiter zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, daß die Beklagte für die Entschädigung des Klägers der allein zuständige Versicherungsträger ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des 2. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) (vgl. u. a. BSG 5, 168, 175; 12, 65, 68; 24, 216, 218; 27, 233, 236; BSG in SozR Nr. 2 zu § 631 RVO aF) ist den Anspruchsberechtigten gegenüber auch dann, wenn Versicherungsschutz durch verschiedene Träger der Unfallversicherung in Betracht kommt, immer nur ein einziger Versicherungsträger leistungspflichtig (siehe auch Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand April 1974, Bd. II S. 500 b; Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl., Stand September 1974, Anm. 2 zu § 648). Diese Rechtsauffassung wird von der Rechtsprechung ebenso wie vom Schrifttum mit dem zwingenden Charakter der Zuständigkeitsregelung und der öffentlich-rechtlichen Besonderheit begründet, daß die Zuständigkeit zur Entschädigung die Zuständigkeit zum Feststellungsverfahren einschließt (BSG 5, 175). Diese Auffassung wird vom erkennenden Senat gebilligt. Das Feststellungsverfahren kann und soll (vgl. § 1739 RVO) schon aus praktischen Gründen grundsätzlich nur von einem Versicherungsträger durchgeführt werden. Aus obigem ergibt sich auch, daß eine Gesamtschuldnerschaft der in Betracht kommenden Versicherungsträger i. S. der §§ 421, 426 Bürgerliches Gesetzbuch ausscheidet (BSG 12, 70; aA. Krebs, Sgb 1956, 179, 181, der dies nicht hinreichend berücksichtigt; nicht ganz eindeutig Haueisen, JZ 1958, 129, 130). Für die hier vertretene Auffassung spricht aber vor allem auch die Regelung in dem bereits zitierten § 1739 RVO, wonach die beteiligten Versicherungsträger in Fällen der vorliegenden Art die Möglichkeit haben, die Entschädigungslast unter sich zu verteilen (vgl. dazu auch BSG 12, 65, 70). Dieser Vorschrift bedürfte es nicht, wenn immer alle Versicherungsträger, die an sich beteiligt wären, einzutreten hätten.

Da sich der Unfall auf dem Heimweg von einem Tätigkeitsort (§ 550 RVO) ereignet hat, an dem der Kläger für zwei verschiedene Betriebe gearbeitet hatte und für die er auch regelmäßig zu arbeiten pflegte, kann für die Zuständigkeit des Versicherungsträgers nicht der Grundsatz in Frage kommen, daß der Versicherungsträger des „Stammbetriebes” zuständig ist. Vielmehr muß der Heimweg in einem solchen Falle dem Betrieb zugerechnet werden, für den der Versicherte in erster Linie bzw. überwiegend tätig wird (siehe RVA Rekursentscheidung 960 in AN 1891, 202; Rekursentscheidung 1498 in AN 1896, 249; Brackmann aaO S. 500 c; Lauterbach aaO Anm. 9 zu § 648 RVO; BSG in SozR Nr. 2 zu § 6, 31 RVO aF). Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG war der Kläger durchschnittlich täglich acht Stunden für sein Einzelhandelsunternehmen und nur zwei bis vier Stunden für die G.F.I. tätig. Daraus folgt, daß zuständiger Versicherungsträger die Beklagte ist.

Bei der Berechnung des Verletztengeldes und der Rente – die Dauer der Arbeitsunfähigkeit, Beginn und Ende des Rentenbezuges und die Höhe der unfallbedingten MdE sind unstreitig – muß die Beklagte auch das Arbeitseinkommen des Klägers als Geschäftsführer der G.F.I. berücksichtigen. Der Versicherungsschutz des Klägers ist bei der Beklagten erst durch die Satzung begründet worden (§ 543 Abs. 1 RVO i.V.m. § 39 Abs. 1 Satz 1 der Satzung), denn als Unternehmer der Einzelhandelsfirma wäre er allein nach dem Gesetz nicht versicherungspflichtig gewesen. Nach § 671 Nr. 9 RVO muß die Satzung über die Höhe und Ermittlung des JAV Näheres bestimmen. Das ist in § 40 Abs. 1 der Satzung geschehen. Danach galt im Zeitpunkt des Unfalls für die Berechnung der Beiträge und Geldleistungen ein JAV von 9 000 DM. Die Vorschriften der RVO über den JAV (§§ 570 ff) gelten nur insoweit, als die Satzung im Rahmen des § 671 Nr. 9 RVO bei den Bestimmungen über den JAV Lücken läßt, die dann durch die gesetzlichen Vorschriften ausgefüllt werden müssen (Lauterbach aaO Anm. 11 Buchst. c zu § 671 RVO). Soweit es sich um die Berechnung der Beiträge und Geldleistungen handelt, die einen Unfall betreffen, der ausschließlich den Bereich berührt, der der Beklagten zuzurechnen ist, hat diese in den §§ 40 und 41 wohl eine lückenlose Regelung getroffen (Festsetzung eines JAV von 9 000 DM mit der Möglichkeit, diese Mindestversicherungssumme freiwillig durch eine Zusatzversicherung aufzustocken, auch Beitragsermäßigung bei nicht voll Beschäftigten im Einzelhandel). Diese satzungsmäßige Regelung enthält jedoch keine Bestimmungen darüber, wie Arbeitsunfälle zu entschädigen sind, in denen der Unfallverletzte auch bei einem anderen Unfallversicherungsträger versichert ist. Insoweit ist sie nicht „lückenlos” und deshalb durch die für solche Fälle allgemein geltenden Rechtsgrundsätze zu ergänzen.

Wie der erkennende Senat im Urteil vom 21. März 1974 – 8 RU 81/73 –, das zur Veröffentlichung vorgesehen ist, entschieden hat, werden einerseits in der Krankenversicherung mehrere Beschäftigungen in der Weise zusammengefaßt, daß bei mehrfach beschäftigten Arbeitnehmern grundsätzlich die Löhne aus allen versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen zu berücksichtigen sind und gilt andererseits dieser Grundsatz auch für den JAV (Urteil S. 6). Als „Arbeitseinkommen” i. S. des § 571 Abs. 1 Satz 1 RVO, der den Begriff des JAV definiert, ist dasgesamte Einkommen anzusehen, das durch eine berufliche Tätigkeit – gleich welcher Art – erzielt wird (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 21. März 1974 und Lauterbach aaO Anm. 2 a zu § 571 RVO S. 417, der auch zutreffend betont, daß der Begriff „Arbeitseinkommen” den Verdienst „aus selbständiger und unselbständiger Tätigkeit” umfaßt). Daß dieser Grundsatz für mehrfach beschäftigte Unternehmer überhaupt keine Geltung beanspruchen könnte, ist nicht ersichtlich, zumal die durch einen Arbeitsunfall ineinem Unternehmen verursachte Arbeitsunfähigkeit den Verletzten gleichzeitig in seinemzweiten Unternehmerberuf oder in seinem daneben ausgeübten Arbeitnehmerberuf arbeitsunfähig macht (vgl. dazu Urteil des erkennenden Senats vom 29. November 1972 – 8/2 RU 186/71 in SozR Nr. 11 zu § 1504 RVO). Der Senat konnte hier dahingestellt sein lassen, ob bei der Ermittlung des JAV im Rahmen der Unternehmerversicherung nach § 543 RVO das Einkommen aus einer Zweitbeschäftigung immer auch dann mitzuberücksichtigen ist, wenn der Unfall mit dieser Zweitbeschäftigung in keinem inneren Zusammenhang steht. Denn im vorliegenden Fall stand die unfallbringende Tätigkeit sowohl mit der Tätigkeit im Einzelhandelsunternehmen des Klägers als auch mit seiner Geschäftsführertätigkeit bei der G.F.I., für welche die Beigeladene als zuständiger Versicherungsträger in Betracht kommt, in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang. Haueisen hat zu einem solchen Sachverhalt an sich zu Recht die Frage gestellt, „warum denn eigentlich der Verletzte nicht auch Ansprüche gegenmehrere Versicherungsträger haben kann …” (JZ 1958, 130), und auch Krebs meint aaO S. 181, es sei nicht angängig, die Tätigkeit willkürlich dem einen oder anderen Betrieb zuzurechnen, vielmehr hätten „beide Berufsgenossenschaften einzutreten”. Wenn dieser Weg nach der oben erwähnten ständigen Rechtsprechung des BSG auch nicht gangbar ist, so geht es doch keineswegs an, die Entschädigungsansprüche des Verletzten allein deshalb erheblich einzuschränken, weil – vor allem auch aus praktischen Gründen – immer nur ein einziger Versicherungsträger als leistungspflichtig angesehen wird. Vielmehr kann der Verletzte in diesen Fällen hinsichtlich der Höhe des JAV nicht schlechter gestellt werden, als wenn beide Versicherungsträger zu leisten hätten. Dem Versicherungsträger, derallein leistungspflichtig ist, entsteht dadurch kein beachtlicher Nachteil, da § 1739 RVO eine Verteilung der Entschädigungslast ermöglicht. Dieses Ergebnis ist allein systemgerecht und sinnvoll, wie sich überdies auch aus folgender Erwägung ergibt: Hätte sich nämlich der Unfall des Klägers auf dem Wege von einer Tätigkeit ereignet, die er überwiegend für die G.F.I. verrichtet hätte, so wäre für die Entschädigung des Klägers allein die Beigeladene zuständig gewesen und sie hätte der Berechnung der Leistungen nach § 571 Abs. 1 Satz 1 RVO das gesamte Arbeitseinkommen sowohl als Geschäftsführer der G.F.I. als auch als Inhaber des Einzelhandelsgeschäftes zugrunde legen müssen (siehe auch das bereits zitierte, zur Veröffentlichung vorgesehene Urteil des Senats vom 21. März 1974 – 8 RU 81/73). Dies wird von der Revision ausdrücklich eingeräumt (vgl. Bl. 4 der Revisionsbegründungsschrift). Es würde aber weder mit den für die gesetzliche Unfallversicherung geltenden Rechtsgrundsätzen noch mit dem Gleichbehandlungsgebot des Artikels 3 des Grundgesetzes in Einklang stehen, wenn die Höhe der Leistungen bei Arbeitsunfällen, die sich im Bereich mehrerer Betriebe ereignen, von dem Zufall abhängen sollte, welcher von den mehreren Versicherungsträgern für die Feststellung der Entschädigung im Einzelfall zuständig ist.

Dieser Auffassung des Senats steht auch nicht die Entscheidung des 2. Senats in BSG 5, 168, 175 entgegen. In dieser ist ausgeführt, daß sich nach der Zuständigkeit des Versicherungsträgers auch die Anwendbarkeit des Satzungsrechts richte und damit „unter Umständen” auch die Höhe des Entschädigungsanspruchs. Aus dem Urteil des 2. Senats läßt sich jedoch nicht entnehmen, unter welchen Umständen neben dem Satzungs-JAV auch das Arbeitseinkommen – etwa nach §§ 571 ff RVO – aus einem anderen Versicherungsverhältnis zu berücksichtigen ist.

Wenn die Revision meint, eine Berücksichtigung des JAV, soweit er bei der G.F.I. erzielt worden ist, entfalle schon deswegen, weil der Kläger auf seinem Heimweg unter dem Schutz der satzungsmäßigen Unternehmer-Versicherung aus § 543 RVO gestanden habe und nicht unter dem der Vorschrift des § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO, übersieht sie, daß der Heimweg des Klägers, auf dem er den Arbeitsunfall erlitt, von dem Ort angetreten wurde, an dem er für beide Firmen tätig war, so daß an sich auch Unfallversicherungsschutz nach § 550 Satz 1 RVO i.V.m. § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO bestand und lediglich aus den obengenannten besonderen Gründen die Beklagte als allein entschädigungspflichtig behandelt wird.

Nach alledem hat das LSG zutreffend entschieden, daß die Beklagte das Verletztengeld und die Rente nicht nur nach dem fiktiven, in der Satzung der Beklagten festgelegten JAV, sondern auch unter Berücksichtigung seines Gehalts als Geschäftsführer der G.F.I. in Höhe von 10 400 DM zu berechnen hat. Soweit es das Verletztengeld betrifft, wird die Beklagte jedoch – wie das LSG zutreffend betont hat – zu berücksichtigen haben, daß der Kläger für die ersten sechs Wochen seiner Arbeitsunfähigkeit nach dem Unfall sein Gehalt als Geschäftsführer weiterbezogen hat und dadurch der Anspruch auf Verletztengeld gemäß § 560 Abs. 1 Satz 1 RVO entsprechend eingeschränkt wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Unterschriften

Dr. Maisch, Thomas, Schroeder-Printzen

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 12.12.1974 durch Mackenroth Amtsinspektor als Urk.Beamter d.Gesch.Stelle

 

Fundstellen

Dokument-Index HI707841

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