Leitsatz (amtlich)

1. Bei Streitigkeiten über die Beitragsentrichtung nach § 141n AFG ist die Berufung nicht nach § 144 SGG ausgeschlossen.

2. Die Ausschlußfrist des § 141e Abs 1 S 2 AFG beginnt auch für die Einzugsstelle mit Eintritt des jeweiligen Insolvenzfalles (Anschluß an BSG 26.8.1983 10 RAr 1/82 = SozR 4100 § 141e Nr 5).

3. Zur Wahrung der Ausschlußfrist des § 141e Abs 1 S 2 AFG genügt auch ein - ohne Beitragsnachweis - nur "dem Grunde nach" gestellter Antrag.

 

Normenkette

SGG § 144 Abs 1 Nr 1 Fassung: 1953-09-03; AFG § 141e Abs 1 S 2 Fassung: 1979-07-23, § 141n Abs 1 S 2 Fassung: 1979-07-23, § 141n Abs 1 S 3 Fassung: 1979-07-23

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 05.10.1983; Aktenzeichen L 12 Ar 138/81)

SG Detmold (Entscheidung vom 03.07.1981; Aktenzeichen S 3 Ar 93/80)

 

Tatbestand

Streitig ist die Verpflichtung der Beklagten zur Entrichtung von Beiträgen nach § 141n des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG), insbesondere, ob die Klägerin die Antragsfrist des § 141e Abs 1 Satz 2 AFG versäumt hat.

Mit Beschlüssen vom 6. März 1980 lehnte das Amtsgericht Paderborn die Anträge der Firmen S. auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse ab. Hiervon wurde die Klägerin am 10. April 1980 durch das Konkursgericht schriftlich verständigt.

Am 23. Mai 1980 beantragte die Klägerin beim Arbeitsamt die Entrichtung rückständiger Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 74.690,90 DM für 41 Arbeitnehmer, die bei den vorgenannten Firmen beschäftigt gewesen sind. Den Antrag lehnte die Beklagte wegen Versäumung der Frist des § 141e Abs 1 Satz 2 AFG ab.

Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg (Urteil des Sozialgerichts -SG- Detmold vom 3. Juli 1981). Der Berufung der Beklagten ist stattgegeben und die Klage abgewiesen worden (Urteil des Landessozialgerichts -LSG- für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. Oktober 1983). Das LSG hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, der erst am 23. Mai 1980 eingegangene Antrag hätte innerhalb von zwei Monaten nach Ablehnung der Konkurseröffnung, also bis 6. Mai 1980 gestellt werden müssen. Die Ausschlußfrist habe nicht erst mit der Kenntnis der Ablehnungsbeschlüsse begonnen. Die Fristversäumung sei auch von der Klägerin zu vertreten. Es hätten keine Umstände festgestellt werden können, die die Klägerin gehindert hätten, den Antrag unverzüglich nach Erlangung der Kenntnis von den Ablehnungsbeschlüssen - innerhalb der noch verbleibenden 26 Tage - wenigstens vorläufig unter Angabe der in etwa anfallenden Beiträge zu stellen.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 141e Abs 1 AFG. Für ihre Ansicht, die Ausschlußfrist habe erst mit dem Tag der Kenntnis von den Entscheidungen des Konkursgerichts begonnen, bezieht sie sich auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 20. Oktober 1977 (BSG SozR 4100 § 141e Nr 1), dessen Gründe auch nach derzeitiger Rechtslage noch Geltung hätten. Im übrigen habe sie die Versäumung der Ausschlußfrist nicht zu vertreten, weil sich bei der Feststellung der anspruchserheblichen Umstände unvorhergesehene Schwierigkeiten ergeben hätten. Nach § 141n Abs 1 Satz 2 AFG habe sie die Beitragsforderung aber konkret nachzuweisen. Der Versuch einer Betriebsprüfung sei gescheitert, weil der Betrieb geschlossen gewesen sei. Diese Umstände habe das LSG unter Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht nicht aufgeklärt. Insoweit werde - hilfsweise - geltend gemacht, daß die Voraussetzungen des § 141e Abs 1 Satz 3 und 4 AFG erfüllt seien.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. Oktober 1983 aufzuheben und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und beruft sich auf das Urteil des BSG vom 26. August 1983 (10 RAr 1/82).

Die Beigeladenen zu 1) und 2) schließen sich dem Antrag der Revisionsklägerin an.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat der Berufung der Beklagten zu Recht stattgegeben und die Klage abgewiesen.

Die Berufung war nicht deshalb unzulässig, weil die streitige Beitragsentrichtung nach § 141n AFG zu den Leistungen iS des § 144 Abs 1 SGG gehört. Von dieser Bestimmung werden, wie das BSG mehrfach ausgesprochen hat, nur die typischen Sozialleistungen erfaßt, die dem einzelnen von der öffentlichen Hand gewährt werden (vgl BSGE 3, 234, 235 f; 5, 140, 141 f; 6, 47, 50; 11, 102, 107 = SozR Nr 16 zu § 144 SGG; SozR Nrn 9 und 19 zu § 144 SGG). Hingegen sind die Ansprüche der öffentlichen Hand gegen den einzelnen, insbesondere die Beitragsansprüche unbeschränkt berufungsfähig (vgl BSGE 6, 47, 50; 30, 230, 232; BSG SozR 1500 § 144 Nr 21). Zu den Beitragsansprüchen in diesem Sinne gehören auch die Ansprüche der Einzugsstelle gegen die Bundesanstalt für Arbeit (BA) wegen ihrer Haftung für rückständige Beiträge des Arbeitgebers. Anders als das Konkursausfallgeld (Kaug) nach § 141b AFG ist die Beitragsentrichtung nach § 141n AFG nicht als eigenständige Sozialleistung ausgestaltet. Während die BA nach § 141b AFG für ausgefallenes Arbeitsentgelt mit dem Kaug eine eigenständige öffentlich-rechtliche Sozialleistung gewährt, also nicht Arbeitsentgeltansprüche befriedigt, entrichtet sie nach § 141n AFG wie der Arbeitgeber, für dessen Beitragsschuld sie im Insolvenzfall kraft gesetzlichen Schuldbeitritts haftet, Beiträge. Daß diese Beiträge aus Mitteln der Konkursausfallversicherung gezahlt werden, mag es rechtfertigen, sie auch als "Leistung" dieser Versicherung anzusehen bzw als solche zu bezeichnen (- in der bis 30. Juni 1983 gültig gewesenen Fassung des § 19 Abs 1 Nr 5 SGB I war § 141n AFG unter den Leistungen der Arbeitsförderung aufgeführt). Dies rechtfertigt aber nicht die Annahme, daß der Gesetzgeber des SGG, wenn er die erst aufgrund des Gesetzes vom 17. Juni 1974 (BGBl I 1481) eingeführte Beitragsentrichtung nach § 141n AFG bereits in seine Erwägungen einbezogen hätte, sie den Berufungsausschließungsgründen der §§ 144 bis 148 SGG, insbesondere dem § 144 Abs 1 SGG zugeordnet hätte. Denn mit diesen Bestimmungen hat der Gesetzgeber in Übereinstimmung mit dem üblichen Sprachgebrauch im Sozialrecht nur die eigentlichen Sozialleistungsansprüche erfassen wollen, weil er nur so überblicken konnte, bei welchen dieser Gewährungen es sich regelmäßig um Fälle geringerer Bedeutung handelt, bei denen die Hinnahme möglicher Fehlentscheidungen infolge Berufungsausschlusses zumutbar erscheint. Die dem gegenüberstehenden Ansprüche der öffentlichen Hand gegen den einzelnen, die im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit typischerweise nur in den beiden Fallgruppen der Entrichtung von Beiträgen und der Rückzahlung zu Unrecht empfangener Sozialleistungen in Betracht kommen, sind von diesen Bestimmungen, die die Ausnahmen von dem Grundsatz des § 143 SGG abschließend regeln, nicht erfaßt. Dies ergibt sich für die Beitragsansprüche insbesondere daraus, daß bei ihnen nicht ohne weiteres ihre größere oder geringere Bedeutung - etwa für den Versicherungsschutz des einzelnen - überblickt werden konnte, so daß eine Hinnahme möglicher Fehlentscheidungen hier grundsätzlich nicht vertretbar erschien. Diese Gründe treffen auch für die Beitragsentrichtung nach § 141n AFG zu. Da diese Ansprüche nach ihrem materiellen Gehalt den Beitragsansprüchen gegen den Arbeitgeber gleichstehen, können sie auch prozessual keine andere, insbesondere geringere Bedeutung haben als diese. Auch für sie ist daher nach § 143 SGG die Berufung unbeschränkt zulässig.

In der Sache hat die Beklagte zu Recht die Beitragsentrichtung verweigert, weil die Klägerin den Antrag verspätet gestellt hat. Maßgebend für die Beurteilung der Rechtslage ist § 141n AFG iVm § 141e AFG, beide in der seit dem 1. August 1979 geltenden Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes vom 23. Juli 1979 (5. AFG-ÄndG, BGBl I 1189), denn der Insolvenzfall ist nach dem 31. Juli 1979 eingetreten (§ 141n Abs 3, § 141e Abs 3 - seit 1. Januar 1982 Abs 4 - AFG). Nach § 141n Abs 1 Satz 1 AFG werden rückständige Beiträge unter den dort genannten Voraussetzungen vom Arbeitsamt auf Antrag der zuständigen Einzugsstelle entrichtet. Nach § 141e AFG, der nach § 141n Abs 1 Satz 3 für die Beitragsentrichtung entsprechend gilt, ist der Antrag innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach Eröffnung des Konkursverfahrens zu stellen (Abs 1 Satz 2). Der Eröffnung des Konkursverfahrens steht nach § 141b Abs 3 AFG bei Anwendung des § 141n AFG der Insolvenztatbestand der Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse (§ 141b Abs 3 Nr 1 AFG) gleich. Für den Beginn der Ausschlußfrist des § 141e Abs 1 Satz 2 AFG ist deshalb der Eintritt dieses Tatbestandes und nicht - wie die Klägerin meint - der Zeitpunkt ihrer Kenntnisnahme von den Abweisungsbeschlüssen maßgebend. Für ihre Ansicht kann sich die Klägerin nicht mehr auf das Urteil des BSG vom 20. Oktober 1977 (BSGE 45, 85 ff = SozR 4100 § 141e Nr 1) berufen. Dort ist zwar im Zusammenhang mit dem Kaug entschieden worden, daß wegen der gegenüber der Konkurseröffnung wesentlich geringeren Publizität des Beschlusses über die Ablehnung der Konkurseröffnung mangels Masse in diesen Fällen die Ausschlußfrist des § 141e Abs 1 AFG in der damals gültig gewesenen Fassung - abweichend von dem Gesetzeswortlaut - erst mit dem Zeitpunkt der Kenntnis von der Abweisung beginne. Das kann aber, wie der erkennende Senat in seinem Urteil vom 26. August 1983 (- 10 RAr 1/82 -, SozR 4100 § 141e Nr 5) bereits entschieden hat, seit der Neufassung des § 141e Abs 1 AFG durch das 5. AFG-ÄndG nicht mehr gelten.

Dort hat der Gesetzgeber dem Umstand der mangelnden Publizität des Abweisungsbeschlusses nicht dadurch Rechnung getragen, daß er die tatsächliche Kenntnis von der Ablehnung des Konkursantrages zur weiteren Voraussetzung für den Beginn der Ausschlußfrist bestimmt hat; vielmehr ist in dem neu eingeführten Satz 3 dieser Bestimmung allgemein eine weitere Ausschlußfrist von zwei Monaten für den Fall eröffnet worden, daß der Arbeitnehmer die Ausschlußfrist des Satzes 2 aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen versäumt hat, und in Satz 4 ein Tatbestand umschrieben, bei dem die Versäumung stets zu vertreten ist. Diese Neuregelung gilt kraft der weiterhin uneingeschränkten Verweisung des § 141n Abs 1 Satz 3 AFG auf § 141e AFG auch für die Einzugsstelle entsprechend (aA offenbar Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG, § 141n Anm 8, Stand März 1980). Sachlich einleuchtende Gründe dafür, warum in Fällen unverschuldeter Fristversäumung für die Einzugsstelle etwas anderes gelten soll als für den Arbeitnehmer, sind nicht ersichtlich. Daß die Einzugsstelle bei ordnungsgemäßer Verfolgung ihrer Beitragsforderungen in der Regel schneller als der Arbeitnehmer von den Insolvenztatbeständen des § 141b AFG Kenntnis erhalten kann, berührt nur die Frage ihres Vertretenmüssens. Auch für die Einzugsstelle beginnt also die Ausschlußfrist des § 141e Abs 1 Satz 2 AFG für alle drei rechtserheblichen Insolvenztatbestände des § 141b Abs 1 und 3 AFG gleichermaßen mit deren Eintritt. Die weitere Frist des § 141e Abs 1 Satz 3 AFG wird für alle drei Insolvenztatbestände unter denselben Voraussetzungen eröffnet, nämlich, daß die Versäumung der Ausschlußfrist des Satzes 2 vom Antragsteller nicht zu vertreten ist. Das bedeutet allerdings nicht, daß die weitere Zweimonatsfrist bereits zu dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Antragsteller Kenntnis von der Ablehnung haben konnte, sondern sie beginnt nach Wegfall des Hindernisses allgemein nur dann, wenn die Ausschlußfrist des Satzes 2 insgesamt aus vom Berechtigten nicht zu vertretenden Gründen versäumt worden ist. Zu vertreten hat der Berechtigte die Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt, also auch jede Fahrlässigkeit (§ 276 des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB-). Eine auf Fahrlässigkeit beruhende Unterlassung der Antragstellung schließt daher den Anspruch aus § 141n AFG nach Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt des Insolvenzereignisses aus.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Feststellung des LSG, die Klägerin habe die am 6. Mai 1980 endende Frist aus von ihr zu vertretenden Gründen versäumt, für das Revisionsgericht bindend ist (BSGE 47, 180, 181 = SozR 2200 § 1301 Nr 8). Denn der erkennende Senat teilt die Annahme des LSG, daß die Klägerin jedenfalls seit ihrer Kenntnis von den Ablehnungsbeschlüssen am 10. April 1980 die Antragstellung fahrlässig unterlassen hat. Nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des LSG war die Klägerin in der noch verbleibenden Frist bis zum 6. Mai 1980 nicht gehindert, einen Antrag wenigstens vorläufig zu stellen. Ob - wie die Klägerin behauptet - der Versuch einer Betriebsprüfung bei den insolventen Arbeitgebern wegen Betriebsschließung gescheitert ist oder ob sonstige Schwierigkeiten eine sofortige Ermittlung der anspruchserheblichen Umstände ausgeschlossen haben, ist für die Beurteilung ihres Verschuldens unerheblich; denn diese Umstände hätten eine rechtzeitige Antragstellung bis zum 6. Mai 1980 nicht gehindert. Wenn die Klägerin in der - rechtsirrigen - Annahme untätig geblieben ist, der Antrag nach § 141n AFG bedürfe zu seiner Wirksamkeit oder Rechtzeitigkeit der Konkretisierung durch die erforderlichen Beitragsnachweise, vermag dies den Vorwurf fahrlässigen Verhaltens nicht zu entkräften. Denn die Klägerin hätte nach der ihr bekannten Gesetzeslage mindestens Zweifel daran haben müssen, ob nicht ein lediglich "dem Grunde nach" gestellter Antrag den Erfordernissen des § 141n iVm § 141e AFG genügt, und hätte deshalb nicht untätig bleiben dürfen.

Der Antrag ist nach § 141n Abs 1 Satz 1 AFG weder an eine bestimmte Form gebunden noch ist ein bestimmter Inhalt vorgeschrieben (vgl Wanke, MittLVA Oberfranken und Mittelfranken 1977, 96, 100; Gagel, Komm zum AFG, § 141e Anm 1; Schönefelder/Kranz/Wanka, Komm zum AFG, § 141e Anm 2). Er kann also auch formlos gestellt werden, wobei es im allgemeinen - soweit das Gesetz die Stellung eines Antrages vorschreibt - für ausreichend angesehen wird, daß der Berechtigte in erkennbarer Weise seinen Willen zum Ausdruck bringt, von seinem Antragsrecht Gebrauch zu machen (vgl die Nachweise in BSG SozR 5750 Art 2 § 51a ArVNG Nr 36). Daß insoweit für die Einzugsstelle strengere Anforderungen gelten, ist § 141n AFG nicht zu entnehmen. Insbesondere ergibt sich dies nicht aus § 141n Abs 1 Satz 2 dieser Bestimmung, wonach die Einzugsstelle dem Arbeitsamt die geforderten Beiträge nachzuweisen hat. Dieser Beitragsnachweis ist weder Voraussetzung für eine wirksame Antragstellung noch ergibt sich aus dem Normzweck des § 141n AFG, daß auch der Nachweis innerhalb der Ausschlußfrist des § 141e Abs 1 Satz 2 AFG erbracht werden muß. Auch wenn zum Beitragsnachweis in diesem Sinne die Feststellung der Einzugsstelle gehört, daß bestimmte Arbeitnehmer für einen bestimmten Zeitraum in bestimmtem Umfang versicherungspflichtig und beitragspflichtig sind (vgl Urteil des erkennenden Senats vom 23. November 1981, SozR 4100 § 141a Nr 6) und nur auf diese Weise konkret entstandene Beitragsansprüche von der BA nach § 141n AFG entrichtet werden müssen, bedeutet dies nicht, daß ein "vollständiger" bzw wirksamer Antrag den Beitragsnachweis bei Antragstellung voraussetzt. Denn dieser Antrag bezieht sich nur auf die insolvenzrechtlichen Voraussetzungen sowie auf die hieran und an den Beitragsnachweis geknüpfte Rechtsfolge der Beitragsentrichtung durch die BA. Ein - hinsichtlich der Beiträge - nur dem Grunde nach innerhalb der gesetzlichen Ausschlußfrist gestellter Antrag muß hier schon deshalb als ausreichend angesehen werden, weil der Einzugsstelle eine endgültige Präzisierung ihrer Beitragsforderungen jedenfalls solange nicht möglich ist, bis die kaug-rechtlichen Voraussetzungen - zB der Eintritt des Insolvenzfalles, Beginn und Ende des für § 141n AFG maßgeblichen Beitragsentrichtungszeitraumes - geklärt sind. Diese Prüfung obliegt der Arbeitsverwaltung, die erst auf Antrag der Einzugsstelle tätig wird. Insoweit macht auch die Verweisung des § 141n Abs 1 Satz 3 AFG auf § 141h Abs 1 und 3 AFG deutlich, daß ein dem Grunde nach gestellter Antrag zur Wahrung der Ausschlußfrist des § 141e Abs 1 Satz 2 AFG genügt und die Beitragsnachweise im Laufe des anschließenden Prüfungsverfahrens nachgereicht werden können. Weil nämlich der Einzugsstelle häufig die erforderlichen Informationen fehlen, ist der Konkursverwalter oder - bei fehlender Konkurseröffnung - der Arbeitgeber verpflichtet worden, auf Verlangen des Arbeitsamtes unverzüglich die für die Beitragsentrichtung maßgeblichen Arbeitsentgelte zu bescheinigen. Dementsprechend kann von der Einzugsstelle eine Konkretisierung der geforderten Beiträge auch erst verlangt werden, wenn die Arbeitsverwaltung die Sache soweit gefördert hat, daß die Einzugsstelle in der Lage ist, die kaug-fähigen Beitragsforderungen im einzelnen festzustellen bzw nachzuweisen. Dann kann aber ein innerhalb der Ausschlußfrist ohne Beitragsnachweis gestellter Antrag nicht als verspätet oder unwirksam zurückgewiesen werden. Dies kann weder aus § 141n Abs 1 Satz 2 AFG, der für unzureichende Mitwirkung der Einzugsstelle beim Nachweis der Beiträge keine Sanktion enthält, noch dem Zweck des § 141e Abs 1 Satz 2 AFG entnommen werden. Zwar soll die verhältnismäßig kurze Ausschlußfrist dieser Bestimmung den Arbeitsämtern ermöglichen, den Gesamtumfang der Ansprüche nach einer verhältnismäßig kurzen Zeit abschließend festzustellen und die Beitragsentrichtung zügig abzuwickeln. Daß damit zugleich eine Frist für die Konkretisierung des Antrages bzw die Vorlage der Beitragsnachweise hätte bestimmt werden sollen, kann insbesondere nicht daraus entnommen werden, daß die BA - bis 1. August 1979 - verpflichtet war, die auf sie übergegangenen Beitragsansprüche innerhalb angemessener Frist dem Konkursverwalter zu melden und damit zur Beschleunigung des Konkursverfahrens beizutragen. Nach der Rechtslage seit 1. August 1979 gehen die Ansprüche der Einzugsstelle nicht mehr auf die BA über, so daß sie selbst die bei ihr verbleibenden Beitragsansprüche im Konkurs anzumelden hat. Auch hierauf kann die Klägerin ihre Ansicht nicht stützen, daß ein innerhalb der Ausschlußfrist vorsorglich gestellter Antrag nicht ausgereicht hätte.

Wie der erkennende Senat ebenfalls bereits entschieden hat, kommt bei Versäumung der Ausschlußfrist des § 141e Abs 1 Satz 2 AFG eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht; die Berufung auf diese Frist verstößt auch nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben (BSG SozR 4100 § 141e Nr 5). Auch ein Herstellungsanspruch scheidet aus; denn er würde voraussetzen, daß die Beklagte selbst zur Fristversäumnis beigetragen hat. Dafür besteht aber kein Anhalt.

Die Revision der Klägerin war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1660110

ZIP 1984, 1511

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