Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. Juni 1985 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger gegen die beklagte Kirchengemeinde gem. § 405 der Reichsversicherungsordnung (RVO) Anspruch auf Zahlung eines anteiligen Zuschusses zu seinem Krankenversicherungsbeitrag hat.

Der Kläger ist seit dem 1. Juli 1974 als Musiklehrer (Angestellter) bei der beigeladenen Stadt M… beschäftigt. Sein Gehalt liegt über der Krankenversicherungspflichtgrenze (§ 165 Abs. 1 Nr. 2 RVO). Nebenberuflich ist er als Organist und Chorleiter für die beklagte Kirchengemeinde St. … tätig. Hierfür erhielt er als Vergütung zunächst durchschnittlich ca. 1.250,– DM im Monat. Später erhöhte sich dieser Betrag und erreichte Ende 1980 durchschnittlich ca. 1.500,– DM im Monat. Der Kläger erhielt anfänglich zu seiner freiwilligen Krankenversicherung von beiden Arbeitgebern je einen Zuschuß nach § 405 RVO im Verhältnis der jeweiligen Verdienste. Zum 30. Juni 1976 stellte die Beklagte jedoch die Zahlung des anteiligen Zuschusses ein, weil sie meinte, daß bei einem Mehrfachbeschäftigten derjenige Arbeitgeber den Zuschuß allein tragen müsse, bei dem ein Verdienst erzielt werde, der die Krankenversicherungspflichtgrenze überschreite.

Den bis 1980 aufgelaufenen Betrag und die Feststellung der künftigen Zahlungspflicht der Beklagten forderte der Kläger mit der am 2. Oktober 1981 erhobenen Klage.

Er beantragte,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.490,13 DM nebst 4% Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen; festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm auch für die Zeit ab dem 1. Januar 1981 für die Zeit der Fortdauer des Arbeitsverhältnisses den auf die Beklagte entfallenden verhältnismäßigen Arbeitgeberanteil der Beiträge zur Sozialversicherung zu zahlen, der dem Verhältnis des Einkommens entspricht, das der Kläger bei der Beklagten erzielt, zu dem Einkommen, was der Kläger aus seiner Hauptbeschäftigung bei der Stadt M… erzielt.

Die Klage hatte Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf – SG – vom 21. Juni 1983). Die Berufung der Beklagten ist zurückgewiesen worden (Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – LSG – vom 5. Juni 1985). Das LSG hat die Auffassung, vertreten, daß das Gesetz eine Regelungslücke enthalte, die in Anlehnung an die übrigen für Mehrfachbeschäftigte geltenden Regelungen gefüllt werden müsse. § 396 Abs. 1 RVO zeige, daß im Bereich der Pflichtversicherung die mehreren Arbeitgeber als Gesamtschuldner für die Beiträge hafteten. Es sei nicht ersichtlich, wieso dies im Rahmen von § 405 RVO anders sein solle. Wenn der Angestellte in beiden Beschäftigungsverhältnissen die Jahresarbeitsverdienstgrenze überschreite, liege kein sachlich rechtfertigender Grund vor, nur einen Arbeitgeber zu belasten. Das gleiche gelte, wenn das Gehalt in der ersten Beschäftigung knapp unter, in der zweiten über der genannten Grenze liege oder wenn die Gehälter gleich hoch seien, beide aber über der Hälfte der Grenze lägen oder wenn sie schließlich zwar unterschiedlich hoch seien, insgesamt jedoch über der Grenze lägen. Wollte man der Rechtsmeinung der Beklagten folgen, so wäre die hier zu beurteilende Fallgestaltung die einzige, bei der lediglich einer der Arbeitgeber Schuldner des Anspruchs auf Beitragszuschuß wäre. Die Auffassung der Beklagten sei auch nicht durch einen Umkehrschluß aus § 396 RVO zu rechtfertigen. Wenn darin angeordnet werde, daß die Arbeitgeber bei mehreren versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen als Gesamtschuldner hafteten, so folge daraus nicht, daß in allen anderen Fällen stets nur ein Arbeitgeber verpflichtet wäre. Der Teil des Beitragszuschusses, den der Kläger gegenüber dem einzelnen Arbeitgeber geltend machen könne, entspreche dem Verhältnis der Einkommen in beiden Arbeitsverhältnissen. Für eine andere Verteilung als diejenige nach dem Anteil der einzelnen Entgelte am Gesamteinkommen gebe es „keine Rechtsgrundlage” (BSG 27. November 1984 – 12 RK 31/82BSGE 57, 253). Der Zinsanspruch ergebe sich aus entsprechender Anwendung des § 44 des Sozialgesetzbuches – Allgemeiner Teil – (SGB 1). § 405 RVO betreffe zwar keine Geldleistung des Sozialversicherungsträgers, es handele sich aber ebenfalls um einen sozialrechtlichen Anspruch zur sozialen Sicherung, der entsprechend zu behandeln sei.

Mit der zugelassenen Revision macht die Beklagte geltend, daß es unzulässig sei, die bestehende Regelungslücke mit den für die Pflichtversicherung geltenden Vorschriften zu füllen, da die freiwillige Versicherung anders konstruiert sei. Der Wortlaut des § 405 RVO spreche hier dafür, daß in Fällen wie dem vorliegenden nur der „Hauptarbeitgeber” zahlungspflichtig sei, bei dem der Arbeitnehmer die Krankenversicherungspflichtgrenze überschreite. Hierdurch werde auch der Schutzzweck des § 405 RVO voll erfüllt.

Die Beklagte beantragt dem Sinne nach,

die Urteile des SG und des LSG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er bezieht sich im wesentlichen auf das angefochtene Urteil.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie weist jedoch darauf hin, daß ihrer Auffassung nach der Zweck des § 405 RVO nicht nur in der Sicherung des Arbeitnehmers liege. Aus § 405 Abs. 1 Satz 2 RVO ergebe sich vielmehr auch, daß der Arbeitgeber bei der Zahlung eines Beitragszuschusses an einen freiwillig versicherten Angestellten nicht schlechter gestellt werden solle als der Arbeitgeber eines pflichtversicherten. Gerade dies mache die Begründung des LSG noch überzeugender.

II.

Die Revision ist unbegründet.

Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, daß bei Anwendung des § 405 RVO die Arbeitgeber von mehrfachbeschäftigten Angestellten zur Zahlung des Beitragszuschusses anteilig, d.h. im Verhältnis der Arbeitsentgelte verpflichtet sind.

Es gibt keinen sachlichen Grund, den „Hauptarbeitgeber” allein mit dem Beitragszuschuß zu belasten, wenn, wie im Falle des Klägers, das Einkommen nur bei ihm die Versicherungspflichtgrenze übersteigt; es gibt umgekehrt keinen einleuchtenden Grund, in diesem Falle den „Nebenarbeitgeber” zu entlasten, und es gibt schließlich keine einleuchtenden Gründe dafür, zwischen dem hierzu entscheidenden Fall und anderen Fällen der Mehrfachbeschäftigung zu unterscheiden.

Der erkennende Senat vermag der Auffassung der Beklagten, daß der Wortlaut für die alleinige Belastung des Hauptarbeitgebers spreche, nicht zu folgen. Es ist zwar in § 405 Abs. 1 Satz 1 RVO von dem „Arbeitgeber” (Einzahl) die Rede. Daraus ist jedoch nicht zu entnehmen, daß im Falle einer Mehrfachbeschäftigung, wie sie der Kläger ausübt, nur einer der Arbeitgeber zahlungspflichtig ist, und zwar hier nur derjenige, bei dem ein Einkommen erzielt wird, das über der Versicherungspflichtgrenze liegt. Wollte man dem folgen, würde in allen Fällen, in denen keiner der Arbeitgeber diese Voraussetzung erfüllt, vielmehr die Versicherungspflichtgrenze erst durch alle aus der Mehrfachbeschäftigung erzielten Entgelte überschritten wird, § 405 RVO überhaupt nicht anwendbar sein. Solche Mehrfachbeschäftigte wären dann zwar wegen Überschreitens der Versicherungspflichtgrenze versicherungsfrei, hätten aber keinen Zuschußanspruch.

Aussagekräftiger ist insoweit Satz 2 des § 405 Abs. 1 RVO. Dieser nimmt Bezug auf den Beitrag, der im Fälle der Versicherungspflicht zu zahlen wäre. Bei versicherungspflichtigen Mehrfachbeschäftigten ist aber gem. § 396 RVO der Beitrag nicht allein vom Hauptarbeitgeber, sondern anteilig von allen Arbeitgebern zu zahlen (BSGE 57, 253). Daraus folgt, daß auch der Beitragszuschuß auf diesen Anteil begrenzt ist; denn mehr als im Falle der Pflichtversicherung muß der Arbeitgeber auch nach § 405 RVO nicht zahlen. Die Auslegung der Beklagen wäre nur haltbar, wenn es verständige Gründe dafür gäbe, im Falle der Mehrfachbeschäftigung den Beitragszuschuß auf den Anteil zu beschränken, den der Arbeitnehmer vom Hauptarbeitgeber zu beanspruchen hat. Solche Gründe hat aber die Beklagte selbst nicht vorbringen können, und sie sind auch objektiv nicht ersichtlich.

Aus der aus dem Wortlaut des § 405 Abs. 1 Satz 2 RVO ablesbaren Verbindung des Zuschußanspruchs mit dem Umfang der Beitragspflicht des Arbeitgebers ergibt sich vielmehr, daß jedem Arbeitgeber gegenüber ein Anspruch besteht bis zur Höhe des Betrages, den er im Falle der Pflichtversicherung aufzuwenden hätte, und das ist nach der oben zitierten Rechtsprechung des erkennenden Senats immer der prozentuale Anteil im Verhältnis zu den sonstigen Verdiensten.

Es ist – wie schon das LSG dargelegt hat – auch nicht ersichtlich, welche sachlichen Gründe gegen dieses Ergebnis sprechen sollten. Im Gegenteil könnte die Privilegierung von Nebenbeschäftigungen im Rahmen des § 405 RVO bei solchen Personen; die versicherungsfrei sind, zu Wettbewerbsverzerrungen führen (s. dazu BSG SozR 4100 § 186c Nr. 2 S. 4; BVerfGE 14, 312, 318).

Gegen die Höhe des vom LSG dem Kläger zugesprochenen Betrages bestehen ebenfalls keine Bedenken. Es werden insoweit auch keine Einwendungen erhoben.

Das LSG hat dem Kläger ferner zu Recht die beantragten 4% Zinsen ab Rechtshängigkeit zugesprochen. Eine besondere Regelung der Verzinsung für Ansprüche nach § 405 RVO gibt es allerdings nicht. Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB – (§§ 288 ff BGB) gelten nur für zivilrechtliche Ansprüche. Bei dem Anspruch nach § 405 RVO handelt es sich jedoch um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch (BSGE 37, 292 = SozR 1500 § 51 Nr. 2). Auch Verzinsungsvorschriften des SGB 1 und des Sozialgesetzbuches – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB 4) sind auf Ansprüche nach § 405 RVO nicht unmittelbar anwendbar. So gilt § 44 SGB 1 nur für Ansprüche auf Geldleistungen gegen Sozialleistungsträger; hier wird aber ein Anspruch gegen den Arbeitgeber geltend gemacht. § 27 Abs. 1 SGB 4 gilt nur für den Anspruch auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge gegen Versicherungsträger. § 24 SGB 4 regelt nur Säumniszuschläge für säumige Beitragszahler, in die auch die Zinsansprüche eingebunden sind.

Da andererseits kein Anhalt dafür besteht, daß der Gesetzgeber Grund hatte, für den Beitragszuschußanspruch nach § 405 RVO Zinsen zu versagen, handelt es sich insoweit um eine Lücke im Gesetz. Diese Lücke ist nach dem Plan des Gesetzgebers auszufüllen, wie er sich aus den angeführten Vorschriften und den Besonderheiten des Anspruchs nach § 405 RVO ergibt (vgl. dazu Urteil vom 2. Juni 1982 – 12 RK 66/81 – betr. Verjährung von Ansprüchen aus § 405 RVO).

Eine analoge Anwendung von § 44 Abs. 2 SGB 1 oder § 27 SGB 4 auf Ansprüche nach § 405 RVO scheidet aus, weil bei diesen Ansprüchen weder ein Antrag zustellen ist noch ein Bescheid zu ergehen hat. In Betracht kommt danach allenfalls die entsprechende Anwendung der §§ 288 ff BGB oder des § 44 Abs. 1 SGB 1. Die §§ 288 ff BGB stellen auf Verzug und Rechtshängigkeit ab. Verzug setzt eine Mahnung voraus (§ 284 BGB), Rechtshängigkeit die Erhebung einer Klage. § 44 Abs. 1 SGB 1 knüpft demgegenüber an die Fälligkeit des Anspruchs an. Fälligkeit i.S. des SGB 1 erfordert grundsätzlich nur das Entstehen des Anspruchs (§ 41 SGB). Der Anspruch entsteht sobald seine Voraussetzungen vorliegen (§ 40 SGB 1).

Welche von beiden genannten Möglichkeiten hier die sachgerechtere ist und ob für die Fälligkeit des Beitragszuschusses nach § 405 RVO auf den Zeitpunkt abzustellen ist, in dem das Gehalt fällig wird (was naheliegt), kann hier indes dahinstehen; denn der Kläger hat Zinsen erst ab Rechtshängigkeit verlangt (was ihm nach jeder dieser Möglichkeiten zusteht) und nur in Höhe von 4% (was sowohl den §§ 288 ff BGB als auch dem § 44 Abs. 1 SGB 1 entspricht).

Die Revision der Beklagten konnte deshalb keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI605814

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