Beteiligte

1. Barmer Ersatzkasse

2. Techniker-Krankenkasse

3. Deutsche Angestellten-Krankenkasse

4. Kaufmännische Krankenkasse – KKH

5. Schwäbisch Gmünder Ersatzkasse

1. Verband der Angestellten-Krankenkassen eV

2. VDB-Physiotherapieverband

 

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 20. Dezember 1994 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten der Beklagten zu 1) bis 5) im Revisionsverfahren. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Beteiligten streiten über die Verjährung der Ansprüche auf Zahlung der Mehrwertsteuer auf Vergütungen aus den Jahren 1987 und 1988.

Die Kläger betreiben gemeinsam eine Massagepraxis und einen medizinischen Badebetrieb. Als das Finanzamt nachträglich auf sämtliche Vergütungen aus den Jahren 1987 und 1988 7% Mehrwertsteuer nachforderte, machten die Kläger ihrerseits gegenüber den beklagten Krankenkassen (KKn) mit Schreiben vom 20. November 1990 entsprechende Zahlungsansprüche geltend. Die Beklagten beriefen sich auf Verjährung und verweigerten die Zahlung der Mehrwertsteuer. Das Sozialgericht (SG) hat die am 31. Dezember 1992 erhobenen Klagen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Rechtsbeziehungen zwischen Leistungserbringer und Krankenkassen seien dem Privatrecht zuzuordnen. Die Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) seien deshalb unmittelbar anzuwenden. Die vom Bundessozialgerichts (BSG) zur Wirtschaftlichkeitsprüfung im Kassen(zahn-)arztrecht vertretene Auffassung, dem § 45 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) sei eine allgemeine Ausschlußfrist von vier Jahren für alle im Sozialrecht wurzelnden Ansprüche zu entnehmen (BSGE 72, 271), könne nicht übertragen werden. Bei den Vergütungsansprüchen eines Vertragsarztes gegen die Krankenkasse (gemeint ist: die Kassenärztliche Vereinigung) handele es sich im Gegensatz zu dem hier vorliegenden Fall um ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis. Auch erfasse die Auffangvorschrift des § 196 Abs 1 Ziff 7 BGB im weitesten Sinn alle Ansprüche der Personen, die den Heilberufen zuzuordnen seien. Dies folge insbesondere daraus, daß nach § 196 Abs 1 Ziff 14 BGB auch die Ansprüche von approbierten Ärzten sowie Wundärzten, Geburtshelfern, Zahn- und Tierärzten sowie Hebammen der zweijährigen Verjährung unterlägen.

Mit der vom SG zugelassenen Revision rügen die Kläger eine Verletzung von § 196 BGB: Die §§ 194 ff BGB seien nicht anwendbar, da es sich um ein öffentlich-rechtliches Vertragsverhältnis handele. Zwar sei nach § 61 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) das BGB auf öffentlich-rechtliche Verträge entsprechend anwendbar. Doch gelte nach der Rechtsprechung des BSG im Sozialrecht einschließlich des kassenärztlichen Bereichs einheitlich eine vierjährige Verjährung. Eine Anwendung des § 196 BGB auf das Vertragsverhältnis zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen führe zu unterschiedlichen Verjährungsfristen im ärztlichen und nichtärztlichen Bereich. Die Voraussetzungen des § 196 Abs 1 Ziff 7 BGB lägen im übrigen nicht vor, weil der Kläger nicht gewerbsmäßig, sondern freiberuflich tätig sei.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 20. Dezember 1994 aufzuheben und

  • die Barmer Ersatzkasse zu verurteilen, an die Kläger DM 5.002,52 nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 01.07.1991 zu bezahlen;
  • die Techniker-Krankenkasse zu verurteilen, an die Kläger DM 3.738,96 nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 01.07.1991 zu bezahlen;
  • die Deutsche Angestellten-Krankenkasse zu verurteilen, an die Kläger DM 7.694,52 nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 01.07.1991 zu bezahlen;
  • die KKH Kaufmännische Krankenkasse zu verurteilen, an die Kläger DM 1.362,77 nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 01.07.1991 zu bezahlen;
  • die Schwäbisch-Gmünder Ersatzkasse zu verurteilen, an die Kläger DM 1.537,78 nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 01.07.1991 zu bezahlen.

Die Beklagten und der Beigeladene zu 1) beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Beigeladene zu 2) hat die von ihm eingelegte Revision in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

II

Die Revision der Kläger ist zulässig, aber unbegründet und war deshalb zurückzuweisen.

Das SG hat zutreffend entschieden, daß die beklagten KKn nicht verpflichtet sind, die von den Klägern geforderte Mehrwertsteuer auf die in den Jahren 1987 und 1988 entrichteten Vergütungen zu zahlen. Ob die Ansprüche der Kläger dem Grunde nach gegeben sind, kann dahinstehen. Denn die Beklagten können sich zu Recht auf Verjährung berufen.

Die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche unterliegen der zweijährigen Verjährung, da sie auf einem privatrechtlichen Vertragsverhältnis beruhen, auf das § 196 Abs 1 Ziff 7 BGB unmittelbar anzuwenden ist.

Bei den Rechtsbeziehungen zwischen den KKn und den Erbringern von Heilmitteln waren früher nach der Reichsversicherungsordnung (RVO) und sind nunmehr nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) drei Ebenen zu unterscheiden, nämlich (1.) die Zulassung zur Versorgung der Versicherten als Grundverhältnis, (2.) die Rahmenvereinbarungen zwischen den Kassenverbänden und den Leistungserbringern oder deren Verbänden ua zur Festsetzung von Höchstpreisen, die für die Einzelverträge verbindlich sind, und (3.) die Einzelverträge zwischen Einzelkasse und Leistungserbringer über die jeweilige Leistung an den Versicherten (vgl GmSOGB SozR 1500 § 51 Nr 39; von Maydell, Leistungsbeschaffung durch die gesetzlichen Krankenkassen zwischen öffentlichem und privaten Recht, DB 1985, 276, 280; Kranig, in Hauck/Haines, SGB V, Kommentar, § 125 RdNrn 4 und 5; Kleimann, Die Rechtsnatur der Beziehungen der gesetzlichen Krankenkassen zu den Leistungserbringern im Gesundheitswesen, NJW 1985, 1365, 1369; Schmitt, Leistungserbringung durch Dritte im Sozialrecht, 1990, 213, 216; Heinze in: Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 1 Krankenversicherungsrecht, 1994, § 40 RdNrn 38 ff und 77 ff; Rosenthal, Handbuch für Leistungserbringer von Heil- und Hilfsmitteln und Krankenkassen, Bd 1, B 15, B 18/1). Die erste Ebene, die Zulassung des Heilmittelerbringers, die die formale Voraussetzung für seine Teilnahme an der Heilmittelversorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkasse bildet, wurde unter Geltung der RVO nach der angeführten Entscheidung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes wie die beiden anderen Ebenen dem Privatrecht zugeordnet, ist aber nunmehr im SGB V als öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis ausgestaltet, das durch Verwaltungsakt zu regeln ist (BSG SozR 3-2500 § 124 Nr 3). Die hier allein streitige 3. Ebene bleibt indes auch nach dem SGB V weiterhin als Privatrechtsverhältnis ausgestaltet.

Der Heilmittelerbringer wird weder durch die nach dem SGB V öffentlich-rechtliche Zulassung noch durch die in § 125 SGB V erfolgte Regelung der Rahmenverträge in ein öffentlich-rechtliches System einbezogen, das vergleichbar dem vertragsärztlichen System in seiner Gesamtheit einem öffentlich-rechtlichen Regelungswerk unterliegt. Nach § 125 SGB V schließen die Landesverbände der KKn sowie die Verbände der Ersatzkassen (ErsKn) mit Leistungserbringern oder Verbänden der Leistungsbringer über die Einzelheiten der Versorgung sowie über Höchstpreise (Rahmen)Verträge ab, die für die Mitgliedskassen verbindlich sind und deren Anerkennung für den einzelnen Leistungserbringer Voraussetzung seiner Zulassung ist (§ 124 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V). Innerhalb des Regelungsbereichs der Rahmenverträge steht den einzelnen Leistungserbringern und KKn nicht das Recht zu, einzelvertragliche Vereinbarungen zu treffen. Diese Rahmenverträge sind trotz ihrer normativen Wirkung dem Privatrecht zuzuordnen, weil sie mit den Einzelverträgen in einem engen Zusammenhang stehen und weil für diese die Argumente für eine Zuordnung zum Privatrecht erheblich überwiegen, wie mit Urteil ebenfalls vom 10. Juli 1996 (3 RK 29/95, für SozR vorgesehen) entschieden.

Das auf der dritten Ebene angesiedelte Abrechnungsverhältnis zwischen der einzelnen KK und dem Heilmittelerbringer kommt in der Regel dadurch zustande, daß der Versicherte zugleich als Vertreter seiner KK sich mit dem Leistungserbringer über den Abschluß eines „Dienstvertrages” einigt, der den Heilmittelerbringer verpflichtet, dem Versicherten die vereinbarten Leistungen nach den Vorgaben des maßgebenden Rahmenvertrages zu erbringen, und die KK verpflichtet, die Vergütung zu zahlen. Das einzelne Leistungsverhältnis entspricht danach einem üblichen privaten Rechtsgeschäft, das auf der Grundlage rechtlicher Gleichordnung abgeschlossen wird (vgl Schmitt aaO, S 216; Heinze aaO, RdNr 98; Kranig, in Hauck-Haines aaO, § 125 RdNr 5 und von Maydell aaO, S 280). Eine Zuordnung zum öffentlichen Recht kann insbesondere nicht aus der Tatsache abgeleitet werden, daß an diesem Rechtsgeschäft mit der KK eine Körperschaft des öffentlichen Rechts beteiligt ist, die mit der Heilmittelversorgung eine öffentliche Aufgabe wahrnimmt, wie bereits zur RVO entschieden (GmSOGB SozR 1500 § 51 Nr 39). Das Gesundheitsreformgesetz (GRG) hat zwar wegen des engen Zusammenhangs mit der Aufgabenerfüllung für diese Streitigkeiten durch Neufassung des § 51 Abs 2 Satz 1 SGG den Sozialrechtsweg eröffent. Dadurch sollte sich aber nach der vom Ausschuß gegebenen Begründung an dem privatrechtlichen Charakter dieser Verträge nichts ändern (BT-Drucks 11/3480 S 77). Danach sollte auch die schon im Gesetzesentwurf enthaltene Ausgestaltung der Zulassung „als öffentlich-rechtliche Entscheidung (§ 31 SGB X)” auf den Charakter der Verträge nicht einwirken (BT-Drucks 11/2237 S 204 zu § 133).

Die Verjährung der von den Klägern geltend gemachten Mehrwertsteuer richtet sich nach der Verjährung der jeweiligen Hauptforderung, denn die Mehrwertsteuer ist keine selbständige Forderung, sondern lediglich ein Rechnungsposten. Die Ansprüche der Kläger auf Vergütung der von ihnen erbrachten physiotherapeutischen Leistungen verjähren nach § 196 Abs 1 Ziff 7 BGB in zwei Jahren. Die Anwendbarkeit der zivilrechtlichen Verjährungsvorschriften wird nicht durch die speziellen Verjährungsregeln im Sozialrecht ausgeschlossen. Zwar sehen die Verjährungsvorschriften des SGB einheitlich eine Verjährungsfrist von vier Jahren vor (§ 45 Abs 1 SGB I für Ansprüche auf Sozialleistungen; §§ 25 Abs 1 und 27 Abs 2 SGB IV für Ansprüche auf Beiträge und Erstattung von Beiträgen; § 50 Abs 4 SGB X für Ansprüche auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen; § 113 SGB X für Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander). Doch können die Vergütungen der Heilmittelerbringer keinem der im SGB speziell geregelten Bereiche zugeordnet werden. Es sind weder Sozialleistungen noch Beitrags- oder Erstattungsansprüche. Die Verjährungsvorschriften des SGB erfassen zudem allein öffentlich-rechtliche Ansprüche.

Eine vierjährige Verjährungsfrist kann auch nicht, wie die Revision annimmt, aus einer Vergleichbarkeit mit der vertragsärztlichen Vergütung abgeleitet werden. Für diesen Bereich hat die Rechtsprechung die Anwendung der im Sozialrecht allgemein geltenden vierjährigen Verjährung vor allem mit den Besonderheiten des vertragsärztlichen Abrechnungssystems begründet (BSGE 76, 117 = SozR 3-1200 § 45), die vor allem darin zum Ausdruck kommen, daß der Honoraranspruch des Arztes zunächst nur vorläufig festgesetzt wird und unter dem Vorbehalt einer späteren Überprüfung der Wirtschaftlichkeit steht. Zudem ist die vertragsärztliche Vergütung im Gegensatz zur Vergütung des Heilmittelerbringers umfassend durch ein Geflecht öffentlich-rechtlicher Normen geregelt. Der Honorierung des Vertragsarztes liegt die im Gesamtvertrag (§ 83 SGB V) zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung und den Krankenkassen- bzw Ersatzkassenverbänden vereinbarte Gesamtvergütung (§ 85 Abs 3 SGB V) zugrunde, die nach Maßgabe des Honorarverteilungsmaßstabes (§ 85 Abs 4 SGB V) auf die Vertragsärzte verteilt wird, wobei eine Anbindung an die einzelnen vom Arzt erbrachten Leistungen nicht zwingend geboten ist. Demgegenüber entsteht die Zahlungspflicht der Krankenkasse gegenüber dem Heilmittelerbringer aufgrund des privatrechtlichen Vertragsverhältnisses unmittelbar mit der Erbringung der Leistung gegenüber dem Versicherten. Ein abweichender Fälligkeitszeitpunkt könnte zwar in den Rahmenverträgen vereinbart werden; eine solche Vereinbarung ist hier jedoch nicht getroffen worden. Da auch die Heilmittelabgabe durch den Arzt in das vertragsärztliche Vergütungssystem integriert ist, scheidet eine Vergleichbarkeit mit der hier streitigen Leistungserbringung aus. Die Revision beruft sich zu Unrecht auf das Urteil des BSG vom 16. Juni 1993 (14a/6 RKa 37/91 – BSGE 72, 271 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19). Diese Entscheidung befaßt sich allein mit der Frage, innerhalb welchen Zeitraums die den Vertragsarzt treffende Wirtschaftlichkeitsprüfung abgeschlossen sein und der Honoraranspruch des Arztes endgültig feststehen muß. Es hat hierfür aus den Verjährungsregeln des SGB eine Ausschlußfrist von vier Jahren entwickelt. Eine Übertragung dieser Rechtsgrundsätze auf die Vergütung von Heilmittelerbringern scheidet schon deshalb aus, weil es dort ein vergleichbares Prüfungsverfahren nicht gibt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtswegzuweisung in § 51 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGG idF durch das GRG, die den Vergütungsanspruch der Heil- und Hilfsmittelerbringer, soweit er aus Verträgen der Krankenkassen oder ihrer Verbände abgeleitet wird, in den Sozialrechtsweg verweist. Hierdurch sollte die Anwendung der für privatrechtliche Forderungen geltenden Vorschriften weder für die Verzinsung noch für die Verjährung ausgeschlossen werden.

Entgegen der Revision liegen auch die Voraussetzungen des § 196 Abs 1 Ziff 7 BGB vor. Danach verjähren die Ansprüche derjenigen, welche, ohne zu den in Nr 1 bezeichneten Personen zu gehören, die Besorgung fremder Geschäfte oder die Leistung von Diensten gewerbsmäßig betreiben, wegen der ihnen aus dem Gewerbebetrieb gebührenden Vergütung mit Einschluß der Auslagen, in zwei Jahren. Dabei ist es unerheblich, ob der Dienstleistung ein Dienst- oder ein Werkvertrag zugrunde liegt (Palandt-Heinrichs, Kommentar zum BGB, 54. Aufl 1995, § 196 RdNr 22).

Die Kläger sind Gewerbetreibende im Sinne des § 196 Abs 1 BGB. Aus der Tatsache, daß Physiotherapeuten im allgemeinen kein Gewerbe iS der Gewerbeordnung und des Einkommensteuerrechts (vgl BFH/NV 1996, 464) betreiben, sondern eine freiberufliche Tätigkeit ausüben, kann nicht der Schluß gezogen werden, daß sie ihre Dienste auch iS des § 196 Abs 1 BGB nicht „gewerbsmäßig” leisten. Der Begriff gewerbsmäßig bzw der des Gewerbebetriebes hat in den genannten Rechtsbereichen nicht dieselbe Bedeutung wie in § 196 BGB (BGHZ 33, 321, 327; LG Tübingen NJW 1983, 2093). Unter Gewerbebetrieb iS des § 196 Abs 1 Nr 1 BGB ist ein berufsmäßiger Geschäftsbetrieb zu verstehen, der von der Absicht dauernder Gewinnerzielung beherrscht wird. Ob diese Voraussetzungen der Gewerbsmäßigkeit uneingeschränkt auch für die Formulierung „gewerbsmäßig betreiben” in § 196 Abs 1 Nr 7 BGB gilt, hat der Bundesgerichtshof [BGH] (NJW 1981, 1665) bislang offengelassen und bedarf auch hier keiner Entscheidung. Denn die Kläger sind auch iS des § 196 Abs 1 Nr 1 gewerbsmäßig tätig. Nach der Verkehrsanschauung ist hierfür in erster Linie maßgebend, ob die Tätigkeit von der Erwerbsabsicht geprägt wird oder ob daneben vor allem geistige, wissenschaftliche oder künstlerische Aspekte im Vordergrund stehen (BGHZ 33, 321, 327). Ärzte sind danach nach allgemeiner Auffassung grundsätzlich nicht gewerbsmäßig tätig (vgl BGH aaO; von Feldmann, in Münchener Kommentar, 1978, § 196 RdNr 12). Dies gilt für Vertreter anderer freier Berufe jedoch nicht, deren Tätigkeit nicht in vergleichbarer Weise von sozialethischen und wissenschaftlichen Zielen geprägt wird. Die Revision kann sich zum Nachweis ihrer Auffassung, die freiberufliche Tätigkeit könne generell auch iS von § 196 Abs 1 BGB nicht als Gewerbebetrieb angesehen werden, nicht auf die Kommentierung von Palandt-Heinrichs (§ 196 BGB RdNr 12) berufen. Dort findet sich zwar die Aussage, kein Gewerbebetrieb sei die freiberufliche Tätigkeit, die in dieser Allgemeinheit von den zitierten Entscheidungen jedoch nicht getragen wird und zudem nicht mit der Kommentierung unter RdNr 22 zu § 196 Abs 1 Nr 7 BGB übereinstimmt. Dort werden gerade auch Vertreter freier Berufe als gewerbsmäßig Tätige iS der Verjährungsregeln bezeichnet.

Die Anwendung der zweijährigen Verjährungsfrist erscheint auch sachgerecht und unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes geboten. Denn die vergleichbaren privatrechtlichen Ansprüche der Ärzte und Hebammen (§ 196 Abs 1 Nr 14 BGB) sowie anderer Freiberufler (zB § 196 Abs 1 Nr 15 BGB) verjähren ebenfalls in zwei Jahren. Schließlich ist die zweijährige Verjährung für die Kläger nicht unbillig, denn diese hatten auch unter Berücksichtigung der nachträglichen Geltendmachung der Mehrwertsteuerzahlung durch die Finanzbehörde noch Zeit, den Eintritt der Verjährung zu unterbrechen. Da es um die Mehrwertsteuer für die den Klägern in den Jahren 1987 und 1988 zugeflossenen Vergütungen geht, ist spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 1990 Verjährung eingetreten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 iVm Abs 4 Satz 2 SGG. Es handelt sich um ein Verfahren nach § 116 Abs 2 Nr 1 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGebO) in einer Angelegenheit nach dem SGB V. Hieraus folgt, daß die Kosten der beklagten Kranken- bzw Ersatzkassen grundsätzlich erstattungsfähig sind. Die Regelung in § 193 Abs 4 Satz 2 SGG ist allerdings nur auf Klagen bzw Rechtsmittel anwendbar, die nach ihrem Inkrafttreten (am 1. Januar 1993) anhängig geworden sind (BSG SozR 3-2500 § 15 Nr 1). Eine Erstattungspflicht kommt daher nur für das Revisionsverfahren in Betracht. Die zugrundeliegenden Klageverfahren sind bereits am 31. Dezember 1992 anhängig geworden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 651671

BSGE, 28

NJW 1997, 1659

Breith. 1997, 389

SozSi 1997, 398

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