Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuschuß zum Krankenversicherungsbeitrag

 

Beteiligte

…, Kläger und Revisionskläger

Land Berlin

 

Tatbestand

G r ü n d e :

I

Die Beteiligten streiten um einen Zuschuß zum Krankenversicherungsbeitrag.

Der 1945 geborene Kläger ist seit 1975 als selbständiger Rechtsanwalt tätig. Daneben war er seit 1976 mit der Hälfte der üblichen Wochenarbeitszeit im Angestelltenverhältnis beim beklagten Land beschäftigt; sein monatliches Bruttogehalt betrug im Jahre 1988 rund 3.100 DM, im Jahre 1989 rund 3.200 DM. Aufgrund der Beschäftigung war der Kläger krankenversicherungspflichtig und Mitglied der Betriebskrankenkasse (BKK). Diese stellte jedoch mit bindend gewordenem Bescheid vom 10. April 1990 fest, daß der Kläger seit Inkrafttreten des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) am 1. Januar 1989 nicht mehr der Versicherungspflicht unterliege, weil er hauptberuflich selbständig erwerbstätig sei. Zugleich bestätigte sie seine freiwillige Mitgliedschaft seit Januar 1989.

Im Zusammenhang hiermit wandte sich der Kläger an das beklagte Land und verlangte einen Beitragszuschuß: Die BKK halte die selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt und Notar für die Haupttätigkeit und die abhängige Beschäftigung für eine Nebenbeschäftigung. Maßgebend hierfür sei allein, daß er aus der selbständigen Tätigkeit höhere Einkünfte erziele als aus der abhängigen Beschäftigung. Der Arbeitgeber dürfe jedoch keinen Vorteil daraus ziehen, daß er (der Kläger) nicht mehr als Versicherungspflichtiger, sondern als freiwillig Versicherter zu behandeln sei. Das Land lehnte einen Beitragszuschuß ab, weil er einem hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen nicht zustehe.

Der Kläger hat Klage auf Zahlung eines Zuschusses erhoben. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit Urteil vom 14. Juni 1991 abgewiesen, das Landessozialgericht (LSG) die Berufung mit Urteil vom 12. August 1992 zurückgewiesen. Nach § 257 Abs 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) hätten freiwillig versicherte Beschäftigte Anspruch auf einen Zuschuß, wenn sie nur wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAE-Grenze) versicherungsfrei seien. Der Kläger sei jedoch wegen der hauptberuflich selbständigen Erwerbstätigkeit versicherungsfrei. Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift komme nicht in Betracht. Der Kläger werde nicht in Grundrechten verletzt.

Gegen das Urteil des LSG richtet sich die Revision des Klägers. Er rügt eine Verletzung des § 257 Abs 1 Satz 1 SGB V sowie des Art 14 Abs 1, des Art 20 Abs 3 und des Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG).

Der Kläger beantragt,

das Urteil des LSG vom 12. August 1992 und das Urteil des SG vom 14. Juni 1991 aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, ihm vom 1. Januar 1989 an einen Zuschuß zu seinem Krankenversicherungsbeitrag in Höhe des Arbeitgeberanteils zur Pflichtversicherung nach Maßgabe seines tarifgebundenen Gehalts zu zahlen,

hilfsweise das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob die Regelung in § 5 Abs 5 und § 257 Abs 1 Satz 1 SGB V mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Das beklagte Land beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Es hält das Urteil des LSG für zutreffend und verweist auf das fehlende Schutzbedürfnis des Klägers. Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers habe zum 31. Januar 1994 geendet.

II

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, daß er für die Zeit vom 1. Januar 1989 an keinen Anspruch auf einen Beitragszuschuß gegen das beklagte Land hat.

Als Grundlage für einen Anspruch auf den Beitragszuschuß kommt seit dem 1. Januar 1989 nur § 257 SGB V idF des Art 1 des GRG vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) in Betracht, der die frühere Regelung des § 405 der Reichsversicherungsordnung (RVO) abgelöst hat. Nach Maßgabe des § 257 Abs 1 Satz 1 SGB V erhalten freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Beschäftigte, die nur wegen Überschreitens der JAE-Grenze versicherungsfrei sind, von ihrem Arbeitgeber als Beitragszuschuß die Hälfte des Beitrags, der für einen versicherungspflichtig Beschäftigten zu zahlen wäre, höchstens jedoch die Hälfte des Betrages, den sie tatsächlich zu zahlen haben. Der Kläger ist zwar im Jahre 1989 weiterhin beschäftigt gewesen und in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichert. Er war aber nicht wegen Überschreitens der JAE-Grenze versicherungsfrei. Sein Jahresarbeitsentgelt aus der Teilzeitbeschäftigung (1989: rund 38.500 DM) lag unter der JAE-Grenze des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V von 54.900 DM im Jahre 1989. Für die Jahre bis 1992 (Abschluß des Verfahrens vor dem Berufungsgericht) ist ebenfalls davon auszugehen, daß der Kläger die Grenze nicht überschritten hat. Die Versicherungsfreiheit des Klägers beruhte vielmehr auf § 5 Abs 5 SGB V: Wer hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist, ist nicht nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V (hier als Angestellter gegen Arbeitsentgelt) versicherungspflichtig. Aufgrund dieser Regelung und der Entscheidung der BKK im Bescheid vom 10. April 1990 steht fest, daß die Versicherungspflicht beim Kläger seit dem 1. Januar 1989 beendet ist. Ein Ausschluß von der Versicherungspflicht nach § 5 Abs 5 SGB V begründet für ihn bei wörtlicher Anwendung des § 257 Abs 1 Satz 1 SGB V ("nur wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei") keinen Anspruch auf den Beitragszuschuß.

Die Vorschrift ist nicht entsprechend anzuwenden. Wenn sie den Zuschuß auf diejenigen beschränkt, die nur wegen Überschreitens der JAE-Grenze (§ 6 Abs 1 Nr 1 SGB V) versicherungsfrei sind, so handelt es sich dabei um Versicherte, bei denen im allgemeinen die Beschäftigung die Grundlage für den Krankenversicherungsschutz bildet. Für diese Personen sieht § 257 Abs 1 Satz 1 SGB V, obwohl das Arbeitsentgelt die Grenze übersteigt und sie daher nicht mehr versicherungspflichtig sind, eine wirtschaftlich gleiche Beteiligung der Arbeitgeber am Krankenversicherungsbeitrag vor wie bei versicherungspflichtig Beschäftigten mit dem Anteil am Pflichtbeitrag (vgl zu früheren Zuschußregelungen und ihrer Entstehung: Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes in BSGE 37, 292, 293 = SozR 1500 § 51 Nr 2; Bundessozialgericht [BSG] in BSGE 41, 13, 13/14 = SozR 2200 § 381 Nr 4; BSG SozR 2200 § 405 Nrn 7, 9). Diese auch für § 257 Abs 1 Satz 1 SGB V geltende Rechtfertigung des Zuschusses trifft bei hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen, die eine abhängige Beschäftigung lediglich als Nebenbeschäftigung ausüben, nicht in gleichem Maße zu. Im einzelnen ergibt sich dieses aus einem Vergleich der bis Ende 1988 bestehenden mit der seit 1989 geltenden Rechtslage sowie den Gründen, die für die Rechtsänderung maßgebend waren.

Bis Ende 1988 waren die Tatbestände, die Versicherungspflicht begründeten, in § 165 Abs 1 RVO geregelt (sondergesetzliche Ausnahmen für Leistungsbezieher nach dem Arbeitsförderungsgesetz, Landwirte und Künstler, vgl nunmehr § 5 Abs 1 Nrn 2 bis 4 SGB V). War einer der Tatbestände des § 165 Abs 1 RVO erfüllt, trat Versicherungspflicht ein, beim Kläger nach § 165 Abs 1 Nr 2 RVO wegen der Beschäftigung beim beklagten Land. Kam mit der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit (hier als Rechtsanwalt und Notar) ein anderer Tatbestand hinzu, für den als solchen keine Versicherungspflicht bestand, so war das auf den Eintritt der Versicherungspflicht aufgrund des Versicherungspflicht-Tatbestandes (hier der abhängigen Beschäftigung) ohne Einfluß. Ebensowenig stand eine selbständige Tätigkeit der Versicherungspflicht als Student entgegen (§ 165 Abs 1 Nr 5 RVO; BSG SozR 3-2200 § 165 Nr 2). Ein Tatbestand mit nicht bestehender Versicherungspflicht schloß die Versicherungspflicht aufgrund eines anderen Tatbestandes lediglich in den Fällen des § 165 Abs 6 Satz 1 Nr 2 und Abs 8 RVO aus: Als Rentner, Student oder Praktikant wurde nicht nach § 165 Abs 1 Nr 3, 5 oder 6 RVO versichert, wer als Angestellter oder als Selbständiger iS des § 166 RVO nur wegen Überschreitens der Einkommensgrenzen nicht versicherungspflichtig war. Im übrigen blieben Versicherungspflichten unberührt von anderen Tatbeständen, die keine Versicherungspflicht begründeten. Das galt im Verhältnis von versicherungspflichtiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit auch, wenn die selbständige Tätigkeit hauptberuflich ausgeübt und die abhängige Arbeit nur als Nebenbeschäftigung verrichtet wurde.

Die frühere Regelung führte zu einer beitragsgünstigen Krankenversicherung. Bei einem Selbständigen, der eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnahm, wurden die Beiträge regelmäßig nur nach dem Arbeitsentgelt bemessen, das er in der Beschäftigung verdiente (§ 381 Abs 1 Satz 1, § 385 Abs 1 Satz 1 RVO; § 14 des Sozialgesetzbuchs - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV). Demgegenüber gehörte das Arbeitseinkommen aus der selbständigen Tätigkeit (§ 15 SGB IV) nur ausnahmsweise zum beitragspflichtigen Grundlohn, wenn der Betreffende neben dem Arbeitsentgelt auch eine Rente oder Versorgungsbezüge erhielt (§ 180 Abs 6 Nr 3 RVO), wofür beim Kläger des vorliegenden Verfahrens nichts erkennbar ist. Die Beiträge aus dem Arbeitsentgelt waren vom Versicherten und seinem Arbeitgeber je zur Hälfte zu tragen (§ 381 Abs 1 RVO mit den dort geregelten Ausnahmen). Demnach belief sich der Monatsbeitrag, der im Jahre 1988 für den Kläger zu entrichten war, bei einem Bruttogehalt von etwa 3.100 DM aus der Halbtagsbeschäftigung und dem allgemeinen Beitragssatz der BKK von 12,9 vH auf rund 400 DM, wovon er selbst rund 200 DM zu tragen hatte. Bei Fortgeltung dieser Regelung im Jahre 1989 und einem Gehalt von 3.200 DM hätte der Gesamtbeitrag rund 413 DM im Monat und die Beitragslast des Klägers rund 207 DM betragen. Wurde nach dem früheren Recht eine versicherungspflichtige Beschäftigung in geringerem zeitlichen Umfang und zu niedrigerem Arbeitsentgelt ausgeübt, konnten Selbständige zu einem deutlich günstigeren Beitrag als der Kläger einen vollen Krankenversicherungsschutz erlangen. Mit ihm war ein beitragsfreier Anspruch auf Familienhilfe verbunden (§ 205 RVO).

Vom 1. Januar 1989 an entfiel für hauptberuflich selbständig Erwerbstätige die Versicherungspflicht aufgrund der Nebenbeschäftigung (§ 5 Abs 5 SGB V), so daß nunmehr ein Tatbestand ohne Versicherungspflicht (Selbständigkeit) die Versicherungspflicht aufgrund eines anderen Tatbestandes (Beschäftigung) verdrängt. Die bisher Versicherungspflichtigen konnten nach Art 59 Abs 1 Nr 1 GRG den freiwilligen Beitritt zur gesetzlichen Krankenversicherung erklären, was durch den Kläger geschehen ist. Für freiwillige Mitglieder gelten indes nicht die beitragsrechtlichen Vorteile von Versicherungspflichtigen wie die Beschränkung der beitragspflichtigen Einnahmen auf bestimmte Einnahmearten, hauptsächlich das Arbeitsentgelt (§ 226 Abs 1 SGB V), und die Tragung des halben Beitrags vom Arbeitsentgelt durch die Arbeitgeber (§ 249 SGB V). Vielmehr haben die freiwilligen Mitglieder den Beitrag entsprechend der Satzungsregelung ihrer Kasse unter Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (§ 240 Abs 1 SGB V), dh vor allem unter Berücksichtigung ihrer Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit, zu tragen, und zwar allein (§ 250 Abs 2 SGB V). Soweit die Beitragsbemessungsgrenze des § 223 Abs 3 Satz 1 SGB V, die mit der JAE-Grenze des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V übereinstimmt, nicht bereits mit beitragspflichtigen Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit oder anderen Quellen (zB aus Vermietung und Verpachtung oder Kapitalvermögen) erreicht wird, kann allerdings auch das Arbeitsentgelt aus der Nebenbeschäftigung beitragsbelastet bleiben. Nach der Neuregelung, zu deren beitragsrechtlichen Auswirkungen das LSG keine Feststellungen getroffen hat, dürfte der Kläger Höchstbeiträge zu entrichten haben, weil seine beitragspflichtigen Einnahmen die Beitragsbemessungsgrenze (1989 monatlich 4.575 DM) überstiegen: Entweder mit den beitragspflichtigen Einnahmen (außer dem Arbeitsentgelt) allein oder, weil die Einkünfte aus der selbständigen Tätigkeit höher waren als das Arbeitsentgelt (etwa 3.200 DM monatlich im Jahre 1989), jedenfalls zusammen mit diesem. Der Höchstbeitrag hätte sich im Jahre 1989 bei einem Beitragssatz von 12,9 vH auf monatlich rund 590 DM belaufen. Damit hätte sich die Beitragsbelastung des Klägers gegenüber dem früheren Rechtszustand (monatlich 200 DM im Jahre 1988) annähernd verdreifacht. Allerdings besteht auch für die Angehörigen von freiwillig Versicherten eine beitragsfreie Familienversicherung (§ 10, § 3 Satz 3 SGB V).

Mit der Verdrängung von Versicherungspflichten durch eine hauptberuflich selbständige Erwerbstätigkeit (§ 5 Abs 5 SGB V) sollte nach der Begründung des Gesetzentwurfs ua vermieden werden, daß ein versicherungsfreier Selbständiger durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Nebenbeschäftigung versicherungspflichtig wurde und damit den umfassenden Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung erhielt (BT-Drucks 11/2237 = BR-Drucks 200/88, jeweils S 159 zu Abs 3 bis 9). Dem entsprechen weitere Regelungen des GRG, mit denen die gesetzliche Krankenversicherung wieder mehr auf diejenigen zurückgeführt werden sollte, deren wirtschaftliche Lebensgrundlage die abhängige Beschäftigung bildet. So wurde die früher nach § 166 RVO bestehende Versicherungspflicht kleinerer Gruppen von Selbständigen abgeschafft, weil sie in eigener Verantwortung Vorsorge treffen könnten (BT-Drucks 11/2237 = BR-Drucks 200/88, jeweils S 159 zu Abs 1 und 2). Ferner schloß nunmehr auch bei Beamten, Richtern und Soldaten im Dienst und im Ruhestand die Versicherungsfreiheit eine Versicherungspflicht in einer Beschäftigung außerhalb des (früheren) Dienstverhältnisses aus (§ 6 Abs 3 Satz 1, Abs 1 Nr 2, 6 SGB V). Schließlich wurden Beitrittsrechte (§ 176 RVO) abgeschafft und die Voraussetzungen für eine Weiterversicherung im Anschluß an eine versicherungspflichtige Beschäftigung verschärft (§ 9 Abs 1 Nr 1 ursprünglicher Fassung des SGB V gegenüber § 313 Abs 1 Satz 1 RVO; zur weiteren Entwicklung Urteil vom 3. Februar 1994 - 12 RK 27/93, zur Veröffentlichung bestimmt).

Demnach hat der Gesetzgeber im GRG die Versicherungspflicht und den Zugang zur freiwilligen Versicherung eingeschränkt. Dabei dienten die Regelungen zur Verdrängung von Versicherungspflicht-Tatbeständen durch Tatbestände, für die keine Versicherungspflicht bestand (§ 5 Abs 5 und § 6 Abs 3 Satz 1 SGB V), einer gewissen Systembereinigung: Hauptberuflich selbständig Erwerbstätige sind von der Versicherungspflicht ausgeschlossen, weil bei ihnen in der Regel die selbständige Tätigkeit die wesentliche wirtschaftliche Grundlage ihrer Lebensführung bildet. Sie werden, sofern nicht ausnahmsweise ein Beitrittsrecht zur gesetzlichen Krankenversicherung besteht (§ 9 Abs 1 SGB V, Art 59 Abs 1 Nr 1 GRG), auf die private Vorsorge verwiesen. Bei den (pensionierten) Beamten, Richtern und Soldaten beruht der Ausschluß von der Versicherungspflicht darauf, daß sie bei Krankheit durch die Gehaltsfortzahlung oder durch das Ruhegehalt sowie durch die Beihilfe oder Heilfürsorge als ausreichend gesichert erscheinen und wegen der ungedeckten Krankheitskosten ebenfalls auf eine anderweitige Vorsorge verwiesen sind, die regelmäßig in der privaten Krankenversicherung erfolgt.

Mit dem gesetzlichen Ausschluß von der Versicherungspflicht in einer Beschäftigung entfällt auch die Beitragspflicht und damit die Beitragslast für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ein Beitragszuschuß würde den allgemeinen Ausschluß der hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen von der Versicherungspflicht im wirtschaftlichen Ergebnis teilweise rückgängig machen. Die Arbeitgeber müßten bei diesen Personen, wenn andere beitragspflichtige Einnahmen als das Arbeitsentgelt die Beitragsbemessungsgrenze übersteigen (vgl seit dem 1. Januar 1993 den Grundsatz des § 240 Abs 4 Satz 2 SGB V) oder ihr nahekommen und daher das Arbeitsentgelt auf die Beitragshöhe (Höchstbeiträge) nicht oder kaum von Einfluß ist, die Beiträge auf die Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit und aus anderen Quellen mitfinanzieren. Unter diesen Umständen hätte ein Beitragszuschuß für die Selbständigen einer erkennbaren gesetzlichen Grundlage bedurft. Da der Gesetzgeber einen entsprechenden Willen trotz der Regelungen zum Ausschluß der Versicherungspflicht (§ 5 Abs 5, § 6 Abs 3 Satz 1 SGB V) bei der Ablösung der früheren Zuschußvorschrift des § 405 RVO durch § 257 SGB V nicht zum Ausdruck gebracht hat, ist die Beschränkung des Beitragszuschusses in § 257 Abs 1 Satz 1 SGB V auf die nur wegen Überschreitens der Versicherungspflichtgrenze Versicherungsfreien nicht als lückenhaft anzusehen. Eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift kommt daher nicht in Betracht. Aus ähnlichen Gründen hat der Senat die Klagen ehemaliger Soldaten, die in einer Beschäftigung nach § 6 Abs 3 Satz 1, Abs 1 Nr 2, 6 SGB V versicherungsfrei und privat krankenversichert waren, auf einen Beitragszuschuß abgewiesen (Urteile vom 10. März 1994 - 12 RK 81/92 und 12 RK 37/93, beide zur Veröffentlichung bestimmt). Wenn damit eine Entlastung der Arbeitgeber von Aufwendungen für Beiträge von bestimmten Beschäftigten eintritt und dieses gegenüber der Beschäftigung anderer Arbeitnehmer zu Wettbewerbsvorteilen führen kann, so mag das nicht das Ziel der Entscheidung für die Versicherungsfreiheit gewesen sein, ist aber als Nebenfolge in Kauf genommen worden.

Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, daß der Kläger in einem Grundrecht verletzt wird, wenn er keinen Beitragszuschuß erhält. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nach Art 100 Abs 1 GG scheidet daher aus.

Die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie (Art 14 Abs 1 GG) begründet für die bisher aufgrund einer Beschäftigung versicherungspflichtigen, nunmehr aber versicherungsfreien hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen keinen Anspruch auf eine weitere Beteiligung der Arbeitgeber an den Krankenversicherungsbeiträgen. Sie haben keine entsprechende vermögenswerte Rechtsposition erworben, die ihnen nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts als privatnützig zugeordnet ist, auf nicht unerheblichen Eigenleistungen beruht und zur Existenzsicherung dient (so die Anforderungen an den Eigentumsschutz für sozialversicherungsrechtliche Positionen: BVerfGE 69, 272 = SozR 2200 § 165 Nr 81; BVerfGE 72, 9, 19 ff = SozR 4100 § 104 Nr 13; BVerfGE 72, 141, 153 = SozR 2200 § 1265 Nr 78; BVerfGE 76, 220, 235 = SozR 4100 § 242b Nr 3). Soweit bei diesen Selbständigen durch eine bisherige, insbesondere längere Versicherungspflicht die Aussicht auf eine weitere Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung zu einer Rechtsposition erstarkt gewesen sein sollte, wäre sie durch die Eröffnung des freiwilligen Beitritts nach Art 59 Abs 1 Nr 1 GRG erhalten geblieben. Einen eigentumsgleich geschützten Anspruch auf weitere Beteiligung der Arbeitgeber an ihren Krankenversicherungsbeiträgen haben die Selbständigen nicht erworben. Alleinige Beitragsschuldner, die den gesamten Beitrag an die Krankenkassen zu zahlen haben, sind die Arbeitgeber. Sie dürfen nur den Arbeitnehmeranteil vom Arbeitsentgelt einbehalten (§ 393 Abs 1 Satz 1, § 394 Abs 1 RVO; vgl heute § 28e Abs 1, § 28g SGB IV) und haben den Arbeitgeberanteil zusätzlich zum Arbeitsentgelt zu tragen. Ob auch dieser von den Versicherungspflichtigen verdient und ihnen nach Entrichtung des Gesamtbeitrags an die Krankenkasse zuzurechnen ist (vgl BVerfGE 69, 272, 302 = SozR 2200 § 165 Nr 81), kann offenbleiben. Auch dann wäre er von ihnen nur für die Zeit erarbeitet, in der die versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt worden ist (hier bis Ende 1988). Ein Recht darauf, daß der Arbeitgeberanteil oder zumindest ein Beitragszuschuß auch in Zukunft (hier für die Zeit ab 1989) gezahlt werden muß, wäre damit nicht erworben. Jedenfalls aber scheitert der Eigentumsschutz für eine Beteiligung der Arbeitgeber an den Beiträgen von hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen daran, daß sie für diesen Personenkreis regelmäßig keine existenzsichernde Bedeutung hat. Dem widerspricht nicht, daß die rentenversicherungsrechtliche Position von Versicherten,

nach welcher der Rentenversicherungsträger Beiträge oder Zuschüsse für die Krankenversicherung der Rentner zu zahlen hat, Gegenstand der Eigentumsgarantie ist (BVerfGE 69, 272 = SozR 2200 § 165 Nr 81). In der Rentenversicherung werden im Gegensatz zur Krankenversicherung mit Beitragsleistungen Anwartschaften für spätere (Renten-)Ansprüche erworben, mit denen eine Beteiligung des Rentenversicherungsträgers an den Beitragsaufwendungen für die Krankenversicherung verknüpft ist.

Der Verlust der Arbeitgeberbeteiligung verstößt bei hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen wie dem Kläger auch nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 GG und führt daher nicht zu einer Verletzung des Grundrechts aus Art 2 Abs 1 GG. Die Gesetzesänderung ist nicht rückwirkend, sondern nur für die Zukunft erfolgt. Sie verletzt nicht den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes, der eine Abwägung zwischen dem Ausmaß des Vertrauensschadens des Einzelnen und der Bedeutung des gesetzlichen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit verlangt (BVerfGE 69, 272, 309 ff = SozR 2200 § 165 Nr 81). Zwar ist die Beitragsmehrbelastung für den betroffenen Personenkreis erheblich, wie sich beim Kläger zeigt. Für die Beseitigung der Versicherungspflicht und einer weiteren Beteiligung der Arbeitgeber am Beitrag sprachen jedoch die bereits dargelegten Gründe. Es sollte eine beitragsgünstige Pflichtversicherung, die zu Lasten der übrigen Pflichtversicherten ging, beseitigt werden, was gleichzeitig eine beitragsmäßige Entlastung der Einkünfte von Selbständigen durch die Arbeitgeber ihrer Nebenbeschäftigungen verhinderte. Zugunsten der Selbständigen fällt auch nicht entscheidend ins Gewicht, daß sie, zumal nach längerer Versicherungspflicht und damit in vorgerücktem Alter, möglicherweise nicht mehr in die private Krankenversicherung wechseln können. Als freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung zahlen sie einkommensgerechte Beiträge nur nach Einnahmen bis zur Beitragsbemessungsgrenze und erlangen dafür Krankenversicherungsschutz auch für Angehörige (§ 10 SGB V). Unter diesen Umständen stehen sie beitragsmäßig nicht allgemein schlechter als bei einer privaten Krankenversicherung. Soweit dieses bei manchen etwa der Fall sein sollte, bestünde ein gewisser Ausgleich darin, daß sie früher in der gesetzlichen Krankenversicherung besonders beitragsgünstig versichert waren.

Schließlich ist der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG nicht verletzt. Zwischen den hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen, die keinen Zuschuß erhalten, und den Zuschußberechtigten bestehen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen; ungleiche Behandlung und rechtfertigender Grund stehen in einem angemessenen Verhältnis zueinander (zu diesem Erfordernis BVerfGE 82, 126, 146 mwN). Dieses ergibt sich im Vergleich zu denjenigen, die nach § 257 Abs 1 Satz 1 SGB V einen Zuschuß erhalten, weil sie nur wegen Überschreitens der JAE-Grenze versicherungsfrei sind, aus der erwähnten Rechtsprechung zur Entstehung und Rechtfertigung des Beitragszuschusses der Arbeitgeber. Das gleiche gilt im wesentlichen im Vergleich zu den bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen Versicherten, die nach § 257 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V Anspruch auf einen Zuschuß haben. Bei ihnen handelt es sich um Beschäftigte, die nur wegen Überschreitens der JAE-Grenze versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht (in der Beschäftigung) nach § 8 Abs 1 Nrn 1, 2, 3, 6 oder 7 SGB V befreit sind und bei denen die Beschäftigung ebenfalls die Grundlage für den Krankenversicherungsschutz bildet. Soweit hiernach in den Fällen des § 8 Abs 1 Nrn 2 und 3 SGB V bestimmte Teilzeitbeschäftigte begünstigt werden, beruht das erkennbar auf besonderen sozialpolitischen Erwägungen (Förderung des Erziehungsurlaubs, Entlastung des Arbeitsmarktes), die auf hauptberuflich selbständig Erwerbstätige mit einer Nebenbeschäftigung nicht zutreffen. Der Zuschuß für landwirtschaftliche Unternehmer, die eine Beschäftigung ausüben (§ 257 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V), steht mit der sondergesetzlich geregelten Versicherungspflicht dieser Selbständigen in Zusammenhang, die durch die Beschäftigungsversicherung verdrängt wird (§ 2 Abs 1 Nr 1, § 3 Abs 1 Nr 1 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte).

Hiernach erwies sich die Revision des Klägers als unbegründet und war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

Abkürzungen

BKK Seite 2 GRG Seite 2 SG Seite 3 LSG Seite 3 SGB V Seite 3 JAE-Grenze Seite 3 GG Seite 3 RVO Seite 4 BSG Seite 5 SGB IV Seite 7BUNDESSOZIALGERICHT

 

Fundstellen

BSGE, 101

NZA 1995, 760

Breith. 1995, 1

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