Beteiligte

Klägerin und Revisionsklägerin

Beklagte und Revisionsbeklagte

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Mutterschaftsgeld.

Die Klägerin war auf Grund einer Beschäftigung Pflichtmitglied der beklagten AOK. Anläßlich der Geburt ihres ersten Kindes beendete sie ihre Tätigkeit am 5. Juni 1989 und bezog vom 6. Juni bis zum 11. September 1989 Mutterschaftsgeld sowie im Anschluß daran bis zum 16. Oktober 1990 Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG). Zum 16. Oktober 1990 kündigte sie ihr Arbeitsverhältnis und erhielt vom folgenden Tag an auf Grund der hierzu vom zuständigen Landesministerium erlassenen Richtlinien Landeserziehungsgeld. Anläßlich der Geburt ihres zweiten Kindes am 7. Mai 1991 wurde ihr von da an bis zum 6. November 1992 wiederum Erziehungsgeld nach dem BErzGG und sodann bis zum 7. November 1993 wiederum Landeserziehungsgeld gewährt.

Ihren Antrag auf Gewährung von Mutterschaftsgeld anläßlich der zweiten Geburt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30. April 1991 ab, bewilligte aber Entbindungsgeld in Höhe von 150 DM. Der Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 8. Juli 1991).

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte mit Urteil vom 18. Dezember 1991 verurteilt, laufendes Mutterschaftsgeld zu zahlen, weil die Klägerin auf Grund des § 192 Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) bei Beginn der Schutzfrist mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen sei. Das Landessozialgericht (LSG) hat dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 10. September 1993). Da die Klägerin vor der zweiten Geburt nicht in einem Arbeitsverhältnis gestanden habe, sei ihr wegen der Schutzfrist kein Arbeitsentgelt entgangen. Sie sei auch nicht mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen. Denn im Fall der Arbeitsunfähigkeit habe ihr mangels Arbeitsplatzes kein Krankengeld zugestanden. Ohne Arbeitsplatz fehle es am Bezugs- und Ausgangspunkt für das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit. Wer weder einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachgehe noch als Arbeitsuchender dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehe, könne nicht arbeitsunfähig sein.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 200 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) und des § 49 Abs. 1 Nr. 3 und des § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V. Die nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erhaltene Mitgliedschaft sei eine solche mit Anspruch auf Krankengeld. Aus § 49 Abs. 1 Nr. 2 SGB V ergebe sich, daß der Krankengeldanspruch während des Erziehungsurlaubs zwar ruhe, aber gerade nicht entfalle; sein Ruhen führe nicht zum Ausschluß des Mutterschaftsgeldes, sondern der Bezug von Mutterschaftsgeld führe nach § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V zum Ruhen des Krankengeldanspruchs. Dieses habe das SG zu Recht entschieden. Andere Krankenkassen würden entsprechend einem Besprechungsergebnis der Spitzenverbände in vergleichbaren Fällen Mutterschaftsgeld gewähren. Insoweit sei auch Art 3 des Grundgesetzes (GG) verletzt.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß), das Urteil des LSG vom 10. September 1993 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG vom 18. Dezember 1991 mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß ihr für die Zeit vom 28. März bis zum 2. Juli 1991 Mutterschaftsgeld unter Anrechnung des erhaltenen Entbindungsgeldes gewährt wird.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Zwar hätten die Spitzenverbände der Krankenkassen im August 1989 für Fälle wie den der Klägerin einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld bejaht (BKK 1989, 687f.). Die Richtigkeit dieser Auffassung werde aber auch von anderen Krankenkassen bezweifelt; eine erneute Beratung werde von den Spitzenverbänden für erforderlich gehalten.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht entschieden, daß die Klägerin keinen Anspruch auf Mutterschaftsgeld hat.

Nach § 200 Abs. 1 RVO in der hier anwendbaren Fassung des Art 5 Nr. 4 des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2477) erhalten weibliche Mitglieder, die bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld haben (erste Alternative) oder denen wegen der Schutzfristen nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) kein Arbeitsentgelt gezahlt wird (zweite Alternative), Mutterschaftsgeld, wenn sie vom Beginn des zehnten bis zum Ende des vierten Monats vor der Entbindung mindestens zwölf Wochen Mitglieder waren oder in einem Arbeitsverhältnis standen. Da die Schutzfristen des MuSchG nach § 1 MuSchG nur für Frauen in einem Arbeitsverhältnis und Heimarbeiterinnen gelten und die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis zum 16. Oktober 1990 gekündigt hatte, kommt ein Anspruch nach § 200 Abs. 1 Alt 2 RVO von vornherein nicht in Betracht. Ein solcher wird auch von der Klägerin nicht behauptet.

Ein Anspruch nach der ersten Alternative des § 200 Abs. 1 RVO scheitert daran, daß die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt (sechs Wochen vor der voraussichtlichen Entbindung) nicht - wie vom Gesetz vorausgesetzt - einen Anspruch auf Krankengeld gehabt hätte, wenn sie arbeitsunfähig geworden wäre. Die Mitgliedschaft bei der Beklagten bestand zwar fort; das Versicherungsverhältnis beinhaltete jedoch keinen Anspruch auf Krankengeld.

Bis zum 6. Juni 1989, dem Beginn der Schutzfrist anläßlich der Geburt ihres ersten Kindes, war die Klägerin in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung erwerbstätig und daher mit Anspruch auf Krankengeld versichert. Die ursprünglich auf der Beschäftigung beruhende Pflichtmitgliedschaft blieb nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in der hier einschlägigen, vom 1. Januar 1989 bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung auf Grund des Bezugs von Mutterschaftsgeld und des sich daran anschließenden Bezugs von Erziehungsgeld erhalten. Während der aufrechterhaltenen Mitgliedschaft trat sechs Wochen vor der voraussichtlichen Geburt des zweiten Kindes ein erneuter Versicherungsfall für den Anspruch auf Mutterschaftsgeld ein (zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls vgl. BSGE 40, 211 = SozR 2200 § 200 Nr. 2; BSGE 32, 270 = SozR Nr. 1 zu § 200a RVO). Wäre die Klägerin zu diesem Zeitpunkt arbeitsunfähig geworden, hätte sie keinen Anspruch auf Krankengeld gehabt. Denn sie war nicht mehr als Arbeitnehmerin versichert; andere anspruchsbegründende Umstände kommen von vornherein nicht in Betracht.

Die in § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V angeordnete Erhaltung der Mitgliedschaft bedeutet nicht, daß auch der die Mitgliedschaft ursprünglich auslösende Tatbestand (hier: die versicherungspflichtige Beschäftigung) aufrechterhalten wird oder als aufrechterhalten gilt. Das auf der Erwerbstätigkeit beruhende Versicherungsverhältnis zur Krankenkasse bleibt bestehen. Damit ist jedoch nicht gesagt, daß unabhängig vom Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses auch die Zugehörigkeit zum Kreis der Arbeitnehmer fingiert wird. Denn § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V knüpft lediglich allgemein an eine früher bestehende Versicherungspflicht und nicht, wie etwa § 192 Abs. 1 Nr. 1 SGB V an eine früher bestehende versicherungspflichtige Beschäftigung an. Die angeordnete Rechtsfolge erschöpft sich im Fortbestand der Versicherung, ohne nach deren ursprünglichem Grund zu unterscheiden und ohne den Fortbestand des ursprünglichen Versicherungspflicht-Tatbestandes zu fingieren. Demgegenüber wird beispielsweise beim Erhalt der Mitgliedschaft von Wehrdienstleistenden nach § 193 Abs. 1 SGB V an das vorherige versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis angeknüpft und bestimmt, daß es durch den Wehrdienst als nicht unterbrochen gilt, d.h. als während des Wehrdienstes fortbestehender Versicherungspflicht-Tatbestand fingiert wird.

Die Unterschiede zwischen den Vorschriften über die Erhaltung der Mitgliedschaft sind jedenfalls insoweit für die Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsverhältnis von Bedeutung, als diese Rechte und Pflichten von der Art des früheren Versicherungsverhältnisses, d.h. vom Versicherungspflicht-Tatbestand, abhängen. Die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung begründet die Leistungspflicht der Krankenkasse (§ 2 SGB V) und die Beitragspflicht des Versicherten (§ 223 Abs. 1 SGB V). Der Umfang dieser Pflichten hängt zum Teil vom Grund der Mitgliedschaft ab: Der Anspruch auf Krankengeld ist nach § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB V ausgeschlossen, wenn die Versicherung auf bestimmten Versicherungspflicht-Tatbeständen beruht; für freiwillig Versicherte kann der Anspruch nach § 44 Abs. 2 SGB V durch die Satzung ausgeschlossen werden. Noch differenzierter als das Leistungsrecht berücksichtigt das Beitragsrecht den jeweiligen Tatbestand, der die Mitgliedschaft begründet, so daß beispielsweise der Beitragsbemessung für versicherungspflichtig Beschäftigte andere Einnahmen und ein anderer Beitragssatz zugrunde zu legen sind (§§ 226, 241, 242 SGB V) als für versicherungspflichtige Studenten (§§ 235, 245 SGB V) oder für versicherungspflichtige Rentner (§§ 237, 248 SGB V). Die Erhaltung der Mitgliedschaft ohne Fortbestehen des zugrundeliegenden Tatbestandes bedeutet nun nicht, daß der Versicherte in jeder Beziehung genauso behandelt werden müßte wie vorher (aM Marburger, Die Leistungen 1991, 202). Vielmehr können nur diejenigen Regeln des Versicherungsverhältnisses weiter angewandt werden, die vom ursprünglichen Versicherungspflicht-Tatbestand unabhängig sind oder deren Anwendung das Gesetz - gegebenenfalls durch die Fiktion des Versicherungsgrundes wie in § 193 Abs. 1 SGB V - zumindest sinngemäß anordnet.

Im Gegensatz zu § 193 Abs. 1 SGB V ist das bei § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nicht der Fall. Durch § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V wird lediglich verhindert, daß der Wegfall des jeweiligen Versicherungspflicht-Tatbestandes zum Ende der Mitgliedschaft führt, wie es § 190 SGB V eigentlich vorschreibt; dabei wird jedoch der ursprüngliche Versicherungspflicht-Tatbestand weder als fortbestehend behandelt noch durch einen anderen ersetzt. Deshalb ist es grundsätzlich unzulässig, eine nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erhaltene Mitgliedschaft einem Tatbestand nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 bis 12 SGB V zuzuordnen.

Das ist im Beitragsrecht bereits entschieden, gilt aber auch im Leistungsrecht. Unter Hinweis auf den aufgezeigten systematischen Unterschied zwischen § 193 Abs. 1 und § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V hat das Bundessozialgericht (BSG) die Beitragsbemessung nach § 236 SGB V bei einer ehemaligen Studentin für unzulässig erklärt, nachdem die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V wegen Exmatrikulation entfallen war (§ 190 Abs. 9 SGB V in der bis 10. Mai 1995 geltenden Fassung), die Mitgliedschaft jedoch wegen Bezugs von Erziehungsgeld fortbestand. Nach dieser Entscheidung dürfen Einnahmen, die sich auf einen bestimmten Versicherungspflicht-Tatbestand beziehen, nach dessen vollständigem Ende zur Beitragsbemessung nicht mehr herangezogen werden. Denn § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erhält beim Bezug von Erziehungsgeld lediglich die Mitgliedschaft; eine Beschäftigung oder ein sonstiger Status des Versicherten wird dabei nicht unterstellt (BSGE 74, 282 = SozR 3-2500 § 192 Nr. 2).

Es fehlen Anhaltspunkte dafür, daß sich der leistungsrechtliche Status des Versicherten im Rahmen des § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V vom beitragsrechtlichen unterscheiden soll. Zwar sind Beiträge und Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht in dem Sinn aufeinander abgestimmt, daß sie sich in allen Fällen gleichwertig gegenüberstehen müssen; vielmehr kann der in der Sozialversicherung verwirklichte Gedanke des sozialen Ausgleichs dazu führen, daß Versicherte mit den gleichen Leistungsansprüchen hohe, niedrige oder gar keine Beiträge zu entrichten haben (zur verfassungsrechtlichen Grenze bei ungleicher Bemessung von Beiträgen und Lohnersatzleistungen vgl. BVerfG vom 11. Januar 1995 - 1 BvR 892/88 = WM IV 1995, 1042 = DB 1995, 1084; zur Beitragspflicht ohne voraussichtliche Gegenleistung: BVerfG SozR 4100 § 168 Nr. 21; BVerfGE 53, 313 = SozR a.a.O. Nr. 12). Im Fall der Klägerin geht es jedoch nicht um die Frage der Äquivalenz zwischen Beitrag und Leistung, sondern darum, ob dieselbe Versicherte im Beitragsrecht anders behandelt werden kann als im Leistungsrecht - ob sie also beispielsweise leistungsrechtlich als Studentin gelten könnte, wenn sie beitragsrechtlich diesen Status bereits verloren hat. Ohne ausdrückliche Vorschrift kann nicht angenommen werden, daß derartige Widersprüche beabsichtigt sind.

Die Versicherung der Klägerin schloß zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls einen Anspruch auf Krankengeld nicht mit ein. Dieser setzt wegen § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB V eine freiwillige Versicherung oder die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 oder Nr. 6 bis 8 SGB V voraus; durch die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 und 12 SGB V ist der Anspruch nicht unbedingt ausgeschlossen, er ist aber nach § 50 Abs. 1 Nr. 1, § 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V eingeschränkt. Im März 1991 war die Klägerin weder freiwillig versichert, noch war bei ihr einer der aufgeführten Versicherungspflicht-Tatbestände erfüllt.

Besonderer Erörterung bedarf dieses nur hinsichtlich der versicherungspflichtigen Beschäftigung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Das BSG hat entschieden, daß ein versicherungspflichtig Beschäftigter den Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld nicht verliert, solange während eines unbezahlten Urlaubs die Mitgliedschaft nach dem bis zum 31. Dezember 1988 geltenden § 311 Satz 1 Nr. 1 RVO (der Vorgängervorschrift zu § 192 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) erhalten bleibt. Dabei ist das BSG von einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis ausgegangen, dessen Hauptpflichten vorübergehend suspendiert waren. Mit dem Wegfall der Hauptpflichten des Arbeitsverhältnisses kann der Ausschluß des Krankengeldanspruchs nicht begründet werden, denn Krankengeld ist auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus zu zahlen, wenn der Versicherungsfall während der Mitgliedschaft eingetreten ist. Danach hängt der Krankengeldanspruch nur insoweit vom Bestehen eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses ab, als dieses in der Vergangenheit (nach damaligem Recht höchstens drei Wochen vorher) vorgelegen haben muß (BSGE 68, 11 = SozR 3-2200 § 182 Nr. 4). Der Senat braucht hier nicht zu entscheiden, ob der Erhalt der Mitgliedschaft bei einem suspendierten Arbeitsverhältnis auch im neuen Recht nach § 192 Abs. 1 Nr. 1 SGB V einen Anspruch auf Krankengeld vermittelt und ob die Übertragung auf § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V gerechtfertigt wäre, obwohl darin nicht an eine vorherige versicherungspflichtige Beschäftigung, sondern lediglich allgemein an die Versicherungspflicht angeknüpft wird. Denn die Klägerin hat ihr im Anschluß an die erste Geburt im Jahre 1989 zunächst ruhendes Arbeitsverhältnis zum 16. Oktober 1990 gekündigt und spätestens damit den möglicherweise bis dahin noch erhaltenen Status als versicherungspflichtig Beschäftigte aufgegeben.

Der Ausschluß des Krankengeldanspruchs bei einem Versicherungsfall über fünf Monate nach vollständiger Lösung des Arbeitsverhältnisses steht auch mit § 49 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in Einklang. Darin wird das Ruhen des Krankengeldanspruchs lediglich für die Zeit des Erziehungsurlaubs nach dem BErzGG, also während eines ruhenden Arbeitsverhältnisses, angeordnet. Der Schluß auf einen möglichen Krankengeldanspruch, nachdem das Arbeitsverhältnis gekündigt wurde, ist dadurch nicht gerechtfertigt.

Dieses Ergebnis wird durch die in der zweiten Alternative des § 200 Abs. 1 RVO festgelegten Voraussetzungen des Anspruchs auf Mutterschaftsgeld bestätigt. Bei der Auslegung dieser Vorschrift hat der Senat den darin geforderten Ursachenzusammenhang zwischen den Schutzfristen des MuSchG und der Nichtzahlung des Arbeitsentgelts durch den Arbeitgeber in den Vordergrund gestellt und einer freiwillig ohne Krankengeldanspruch Versicherten das Mutterschaftsgeld versagt, weil ein Anspruch auf Arbeitsentgelt unabhängig von den Schutzfristen nicht gegeben war (BSG vom 8. März 1995 - 1 RK 10/94, zur Veröffentlichung bestimmt). Mit den in dieser Entscheidung entwickelten Grundsätzen wäre es nur schwer zu vereinbaren, wenn nach der ersten Alternative des § 200 Abs. 1 RVO Mutterschaftsgeld gewährt werden müßte, obwohl keinerlei Beziehung zum Erwerbsleben mehr besteht. Der Anspruch nach § 200 Abs. 1 Alt 1 RVO wurde für Versicherte geschaffen, die zwar nicht in einem Arbeitsverhältnis stehen, die jedoch auf andere Weise gegen den krankheitsbedingten Ausfall von Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen gesichert sind - entweder im Anschluß an ein Arbeitsverhältnis durch die Krankenversicherung als Arbeitsloser (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V) oder als krankenversicherter Selbständiger (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 und 4 SGB V) oder auf Grund freiwilliger Versicherung. Jedenfalls ist in der Begründung zur Vorgängervorschrift der ersten Alternative des § 200 Abs. 1 RVO insbesondere dieser Personenkreis genannt (Schriftlicher Bericht zu BT-Drucks IV/3652 S. 9, zu § 200b; ohne Änderung in diesem Punkt als § 200a im Entwurf zum Finanzänderungsgesetz 1967

≪FinÄndG≫, BT-Drucks V/2149 S. 3, und durch Art I § 1 Nr. 6 des II. Teils FinÄndG in die RVO übernommen, BGBl. 1967 I 1259, nachdem § 200b RVO in der Fassung der BT-Drucks IV/3652 = Gesetz vom 24. August 1965, BGBl. I 912 nicht in Kraft getreten war, vgl. Art 5 Nr. 3 des Haushaltssicherungsgesetzes vom 20. Dezember 1965, BGBl. I 2065, sowie Art 6 Nr. 1 des Finanzplanungsgesetzes vom 23. Dezember 1966, BGBl. I 697). Nach der Entstehungsgeschichte hat somit auch der Anspruch nach der ersten Alternative des § 200 Abs. 1 RVO zumindest mittelbar den Zweck, entgangenes Erwerbseinkommen zu ersetzen. Die Gewährung von Mutterschaftsgeld an eine Versicherte, die ihre Beziehung zum Erwerbsleben abgebrochen hat, wäre mit diesem Zweck nicht zu vereinbaren.

Das wird mittlerweile auch in der Diskussion über das den Anspruch der Klägerin stützende Besprechungsergebnis der Spitzenverbände vom August 1989 gesehen und zum Anlaß genommen, eine Überprüfung zu fordern (Volbers, SdL 1994, 144; 1993, 73; aM Marburger, Die Leistungen 1991, 201). Unabhängig von dieser Diskussion kann jedoch das Besprechungsergebnis auch i.V.m. dem allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Art 3 Abs. 1 GG) eine Gewährung der Leistung ohne gesetzliche Grundlage rechtfertigen. Der Gleichheitssatz verpflichtet die Verwaltung nicht, eine bisherige rechtswidrige Praxis fortzusetzen und auf alle Betroffenen auszudehnen (BSGE 69, 170, 178 = SozR 3-2200 § 321 Nr. 1 S. 10 m.w.N.).

Da das LSG die Bescheide der Beklagten zu Recht bestätigt hat, ist die Revision zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.

 

Fundstellen

Breith. 1996, 370

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