Entscheidungsstichwort (Thema)

Versicherungspflicht - Einstrahlung - Entsendung - Beschäftigungsverhältnis - ausländischer Konzern - inländische Tochtergesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

Einstrahlung (§ 5 SGB 4) liegt nicht vor, wenn bei konzerninterner Entsendung die inländische Tochtergesellschaft eine juristische Person ist, der Arbeitnehmer in den Betrieb dieser Gesellschaft eingegliedert ist und sie das Arbeitsentgelt zahlt.

 

Normenkette

SGB IV § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1; AÜG Art. 1 § 1; AVG § 2 Abs. 1 Nr. 1; SGB IV § 3 S. 1 Nr. 1; RVO § 1227 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LSG Bremen (Urteil vom 24.11.1994; Aktenzeichen L 1 Kr 10/93)

SG Bremen (Entscheidung vom 21.01.1993; Aktenzeichen S 16 Kr 55/92)

 

Tatbestand

Streitig sind die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und die Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung von zwölf koreanischen Angestellten während ihrer Tätigkeit bei der Klägerin in Bremen in der Zeit von November 1988 bis Juni 1990.

Die klagende GmbH ist eine Tochtergesellschaft des südkoreanischen Konzerns H. (Muttergesellschaft). Die Muttergesellschaft stellt vor allem Computer und Telekommunikationsgeräte her und vertreibt sie über ihre Tochtergesellschaften weltweit. Die Klägerin ist nach der Eintragung im Handelsregister beim Amtsgericht Bremen ein Unternehmen für Handel, Import, Export von Produkten aller Art, soweit sie nicht der behördlichen Genehmigung bedürfen, einschließlich Computern, elektrischen Maschinen und elektronischen Teilen. Neben dem Kauf und Verkauf, dem Leasen und Vermieten besteht der Unternehmenszweck auch in der Verfügung über Lizenzen, Patente und andere industrielle Eigentumsrechte. Die Klägerin hat 1993 ihren Sitz von Bremen nach Raunheim in der Nähe von Frankfurt verlegt.

In der Zeit von November 1988 bis Juni 1990 waren bei der Klägerin in Bremen neben fünfzehn inländischen Arbeitnehmern auch zwölf aus Südkorea gekommene Angestellte beschäftigt. In den schriftlichen Arbeitsverträgen, die zwischen ihnen und der als Arbeitgeber bezeichneten Muttergesellschaft einzeln abgeschlossen worden waren, hieß es ua: "Der Angestellte ist Angestellter des Arbeitgebers. Er bleibt während der Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland Angestellter des oben erwähnten Arbeitgebers. Der Angestellte wird/wurde beauftragt, bei der Tochtergesellschaft des Arbeitgebers für einen begrenzten Zeitraum von etwa 60 Monaten zu arbeiten. Während der Zeit wird er die Geschäfte des Arbeitgebers in Deutschland führen. Er unterliegt weiterhin den Anweisungen des Arbeitgebers im Hinblick auf Arbeitsplatz, Arbeitszeit und Funktion. Das Gehalt beträgt DM ... Der Urlaub wird gemäß Anweisung des Arbeitgebers festgelegt. Während seiner Tätigkeit in Deutschland werden für den Arbeitnehmer weiterhin Sozialversicherungsprämien in Korea gezahlt." Außerdem gab es für jeden der zwölf Angestellten eine von diesem unterzeichnete Tätigkeitsbeschreibung. Das Gehalt wurde den Angestellten von der Klägerin gezahlt, die auch Lohnsteuer abführte.

Nach einer Betriebsprüfung im Juli 1990 gelangte die beklagte Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) als Einzugsstelle zu dem Ergebnis, daß die zwölf koreanischen Angestellten in der Rentenversicherung versicherungspflichtig und in der Arbeitslosenversicherung beitragspflichtig seien. In der Krankenversicherung bestand wegen Überschreitens der Jahresarbeitsverdienst- bzw Jahresarbeitsentgeltgrenze keine Versicherungspflicht. Die Beklagte forderte mit Bescheid vom 16. Juli 1990 von der Klägerin für den Zeitraum vom 1. November 1988 bis 30. Juni 1990 für die zwölf koreanischen Angestellten an Beiträgen zur Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung 217.514,04 DM, zusätzlich 668,15 DM Umlagen. Die Klägerin legte Widerspruch ein. Sie machte geltend, die Angestellten unterlägen nicht der deutschen Sozialversicherung. Sie seien nur jeweils für eine begrenzte Zeit von der Muttergesellschaft entsandt worden und hätten nach ihrer Rückkehr dort weiterzuarbeiten. Gehalt und Urlaubszeit würden von der Zentrale bestimmt. Das Gehalt werde allerdings von ihr (der Klägerin) ausgezahlt. Die Angestellten erhielten Sonderzuwendungen von der Muttergesellschaft und würden bei ihr auch weiterhin in der Pensionsversicherung geführt. Es liege Einstrahlung vor. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 1992 zurück. Der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale der Beschäftigungsverhältnisse liege bei der Klägerin. Sie verfolge einen eigenständigen und im Gesellschaftsvertrag festgelegten Unternehmenszweck. Sie beschäftige neben den koreanischen auch inländische Arbeitnehmer, denen gegenüber sie arbeitsrechtlich und auch bei den Meldungen zur Sozialversicherung als inländisches Unternehmen auftrete. Die Entgeltansprüche richteten sich gegen die Klägerin. Die Angestellten besetzten Dauerarbeitsplätze in der Binnenstruktur der Klägerin als einem inländischen Unternehmen.

Die Klägerin hat Klage erhoben. Das Sozialgericht (SG) hat beigeladen: Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Beigeladene zu 1), die Bundesanstalt für Arbeit (Beigeladene zu 2), die AOK Hessen (früher Beigeladene zu 4, jetzt Beigeladene zu 3) und die zwölf Angestellten (früher Beigeladene zu 5 bis 16, jetzt Beigeladene zu 4 bis 15). Mit Urteil vom 21. Januar 1993 hat das SG die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 24. November 1994 das Urteil des SG geändert und den Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Mai 1992 insoweit aufgehoben, als die Beklagte 218.182,19 DM an Beiträgen und Umlagen für die jetzigen Beigeladenen zu 4) bis 15) erhoben hat. Die Angestellten seien nicht versicherungs- und beitragspflichtig gewesen, weil Einstrahlung vorgelegen habe. Sie seien aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses zur Muttergesellschaft in die Bundesrepublik entsandt worden. Das ergebe sich in erster Linie aus dem mit jedem einzelnen Angestellten abgeschlossenen Arbeitsvertrag. Das Beschäftigungsverhältnis zur Muttergesellschaft habe auch während der Entsendung weiterbestanden. Die Integration in die Muttergesellschaft und die dieser gegenüber bestehende Weisungsunterworfenheit auch während der Entsendungszeit werde rechtlich und tatsächlich in mehrfacher Hinsicht deutlich. Bereits die Arbeitsverträge enthielten Passagen, die sich als vertragliche Regelung des Direktionsrechts und als Ausdruck der damit zusammenhängenden persönlichen Abhängigkeit des Arbeitnehmers erwiesen. Schon die befristete Entsendung stelle eine Auswirkung der persönlichen Abhängigkeit des Arbeitnehmers dar. Die Angestellten seien auch während dieser Zeit an den Arbeitgeber gebunden, indem sie seine Geschäfte in Deutschland zu führen hätten und seinen Anweisungen im Hinblick auf Arbeitsplatz, Arbeitszeit und Funktion unterlägen. Gehalt und Urlaub würden in den Verträgen, nicht durch Abmachungen mit der Klägerin geregelt. Im Verhältnis zur Klägerin weise die Tätigkeit der Angestellten geringere Merkmale eines Beschäftigungsverhältnisses auf. Es fehle schon eine vertragliche Regelung über eine weisungsgebundene Beschäftigung bei der Klägerin. Die Angestellten hätten als Bereichsleiter auch selbständig handeln können. Ihre Tätigkeit bei der Klägerin habe im wesentlichen darin bestanden, die Anweisungen der Muttergesellschaft umzusetzen. Das habe sich dann im Betrieb der Klägerin und im Verhältnis zu dieser durchweg in selbständiger Form vollzogen. Die Angestellten hätten auch nicht wie Leiharbeitnehmer dem Weisungsrecht der Klägerin unterstanden. Da ein echtes Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis zur Muttergesellschaft während der Entsendung fortbestanden habe, versage die Konstruktion eines "Rumpfarbeitsverhältnisses" zur Muttergesellschaft mit einem gleichzeitig zur Tochtergesellschaft bestehenden Arbeitsverhältnis. Die gesellschaftsrechtliche Organisation sei für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses grundsätzlich nicht entscheidend. Ebensowenig komme es darauf an, ob ein von der Klägerin erwirtschafteter Gewinn zunächst der Klägerin zugute komme. Der wirtschaftliche und unternehmerische Gewinn oder Verlust sei für das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ohne Bedeutung. Entscheidend sei, wessen Weisungsrecht und wessen Fürsorge der Arbeitnehmer unterliege. Beides sei hier maßgebend von der Muttergesellschaft ausgegangen. Schließlich vermöge die Gehaltszahlung durch die Klägerin kein Beschäftigungsverhältnis zu ihr zu begründen. Der mehr oder weniger technischen Regelung der Gehaltszahlung komme keine entscheidende Bedeutung zu. Zahlung und Abrechnung der Gehälter dürften gerade vor dem Hintergrund der Konzernverhältnisse keine bedeutsamen Merkmale darstellen. Ebensowenig falle nennenswert ins Gewicht, daß für die Angestellten in Deutschland Steuern und Beiträge für private Krankenversicherungen entrichtet worden seien.

Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Beigeladenen zu 1) und 2).

Die Beigeladene zu 1) rügt die Verletzung des § 5 Abs 1 des Sozialgesetzbuchs - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV). Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne sei die nichtselbständige Arbeit (§ 7 Abs 1 SGB IV), und diese sei nach der Rechtsprechung Arbeit in persönlicher Abhängigkeit. Die persönliche Abhängigkeit äußere sich dabei vornehmlich in der Eingliederung des Arbeitenden in einen Betrieb. Die Angestellten seien in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen. Die Klägerin habe innerhalb des Konzernverbundes mit dem Vertrieb von Produkten der Zentrale in Europa eine von anderen Bereichen der Zentrale klar abgegrenzte eigene Aufgabe erfüllt. Hiervon ausgehend benötige und unterhalte sie eine gegliederte Betriebsorganisation, die sich grundsätzlich nicht von den Strukturen eines Unternehmens unterscheide, das zB als Handelsvertreter den Vertrieb für die Muttergesellschaft übernommen habe. Arbeitsteilig seien einzelne Bereiche, wie zB Lagerhaltung sowie Marketing und Vertrieb, mit regionaler Aufteilung gebildet worden. Ergänzend zu Bereichen mit Linienfunktionen gebe es Stabsstellen mit Querschnittsaufgaben wie die technische Leitung sowie den Bereich Finanzen und Buchhaltung. Schon diese tatsächlichen Merkmale genügten, um die Klägerin als Betrieb mit eigenen Strukturen im Verbund des Konzerns zu qualifizieren. Hier trete hinzu, daß sie als GmbH gegenüber der Zentrale rechtlich verselbständigt sei.

Die Beigeladene zu 2) rügt die Verletzung des § 5 Abs 1 SGB IV iVm § 173a des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG). Sie sieht den vorliegenden Fall dadurch gekennzeichnet, daß die ausländische Muttergesellschaft die Klägerin als ihre hundertprozentige Tochtergesellschaft beherrsche und sie mit ihr wirtschaftlich wie ihr verlängerter Arm verbunden sei. Sie habe ihren gesellschaftsrechtlichen Einfluß nicht nur über den Geschäftsführer der Klägerin, sondern auf vielfältige Art und Weise, insbesondere auf dem direkten Weg über die höhere und mittlere Führungsebene der Gesellschaft durchgesetzt. Die Arbeitnehmer hätten Funktionen der rechtlich selbständigen Klägerin ausgeübt. Soweit die Muttergesellschaft der höheren und mittleren Führungsebene der Tochtergesellschaft Anweisungen unmittelbar erteilt habe, hätten diese die Tochtergesellschaft selbst betroffen; für deren Ausführung sei letztlich der Geschäftsführer der Klägerin verantwortlich gewesen. Die Arbeitnehmer hätten Dienste höherer Art geleistet.

Die Beigeladene zu 1) beantragt,

das Urteil des LSG Bremen vom 24. November 1994 aufzuheben, soweit es die

Rentenversicherung der Beigeladenen zu 4) bis 15) - Beigeladenen zu 5) bis

16) des angefochtenen Urteils - betrifft, und insoweit die Berufung der

Klägerin gegen das Urteil des SG Bremen vom 21. Januar 1993

zurückzuweisen.

Die Beigeladene zu 2) beantragt,

das Urteil des LSG Bremen vom 24. November 1994 aufzuheben, soweit es die

Arbeitslosenversicherung der Beigeladenen zu 4) bis 15) - Beigeladene zu

5) bis 16) des angefochtenen Urteils - betrifft, und insoweit die Berufung

der Klägerin gegen das Urteil des SG Bremen vom 21. Januar 1993

zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revisionen der Beigeladenen zu 1) und 2) zurückzuweisen.

Sie rügt eine nicht gesetzmäßige Vertretung der Beigeladenen zu 1). Diese habe durch den Vorstand vertreten werden müssen. Sie hält das Rechtsstaatsprinzip für verletzt, weil Arbeitnehmer zu Beiträgen herangezogen würden, obgleich von vornherein feststehe, daß sie Leistungen nicht in Anspruch nehmen würden. Beitrags-Erstattungsregelungen reichten als Ausgleich nicht aus. Es dränge sich der Eindruck auf, daß die Sozialversicherungsträger die von ausländischen Arbeitnehmern entrichteten Beiträge benutzten, um ihr Beitragsvolumen in der Gewißheit anzuheben, niemals Leistungen erbringen zu müssen. Die Arbeitnehmer hätten auch keinen Anspruch auf Leistungen der Beigeladenen zu 2). Sie müßten, wenn sie entlassen oder in sonstiger Weise in Deutschland arbeitslos würden, Deutschland nach den Bestimmungen des Ausländerrechts verlassen. Der Wortlaut des § 5 SGB IV fordere nicht, daß eine Einstrahlung nur vorliege, wenn das Gehalt auch durch die ausländische Muttergesellschaft gezahlt werde, wie dies die Versicherungsträger annähmen. Der Gesetzgeber habe mit der Einstrahlungsregelung von dem Grundsatz der Geltung deutschen Rechts für inländische Beschäftigungsverhältnisse abgehen wollen, weil es nicht sinnvoll sei, von einer ausländischen Zentrale auf Zeit entsandte Mitarbeiter der deutschen Sozialversicherung zu unterwerfen. Es komme darauf an, daß entsandte Arbeitnehmer nicht als typische der Inlandsversicherung unterliegende Arbeitnehmer angesehen würden. Alle von der Muttergesellschaft der Klägerin entsandten Arbeitnehmer gehörten zu dieser Personengruppe. Die Revisionsklägerinnen sähen mit ihren Ausführungen zur Eingliederung das Funktionieren eines koreanischen Konzerns falsch und verklärten dessen Befehlsstrukturen mit fiktiven Rechtsgebilden, die als "äußere und innere Weisungsbefugnis" definiert würden. Ein koreanischer Konzern sei hierarchisch strukturiert; Weisungsberechtigte in Korea wendeten sich direkt an die entsandten Mitarbeiter, ohne über den Geschäftsführer zu gehen, der sich eher um die generelle Geschäftspolitik kümmere. Das ergäben eindeutig die vom LSG eingeholten Zeugenaussagen.

Die Beklagte schließt sich der Auffassung der Beigeladenen zu 1) und 2) an. Die Beigeladenen zu 3) bis 15) haben sich nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

Die Revisionen der Beigeladenen zu 1) und 2) sind begründet.

Ein Mangel der Vertretung der Beigeladenen zu 1) besteht entgegen der Ansicht der Klägerin nicht. Die Beigeladene zu 1) wird bei den laufenden Verwaltungsgeschäften auch gerichtlich durch die Geschäftsführung vertreten (§ 36 Abs 1 und 4 SGB IV). Zu den laufenden Verwaltungsgeschäften gehört die Entscheidung über die Versicherungspflicht im Einzelfall. Die Beigeladene zu 1) ist im Rechtsstreit durch die Geschäftsführung oder deren Beauftragte vertreten.

Das der Klage stattgebende Urteil des LSG ist hinsichtlich der Umlagen rechtskräftig. Im übrigen war es aufzuheben. Das SG hat die Klage gegen den Bescheid vom 16. Juli 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Mai 1992 zu Recht abgewiesen. Dieser Bescheid ist rechtmäßig, soweit die Beklagte die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und die Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung festgestellt und Beiträge erhoben hat.

Die Beklagte hat als Einzugsstelle die Versicherungs- und Beitragspflicht festzustellen (§ 121 Abs 3 des Angestelltenversicherungsgesetzes ≪AVG≫ und §§ 176, 181 Abs 1 AFG, jeweils in der bis zum 31. Dezember 1988 geltenden Fassung, und seit dem 1. Januar 1989 § 28h Abs 2 Satz 1 SGB IV). Ein für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides erheblicher Mangel des Verwaltungsverfahrens liegt nicht vor. Die Beigeladenen zu 4) bis 15) sind am Verwaltungsverfahren ausreichend beteiligt worden. Sie mußten nach § 12 Abs 2 Satz 2 des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren (SGB X) von der Einleitung des Verfahrens benachrichtigt werden, denn die Entscheidung über die Versicherungs- bzw Beitragspflicht hat auch für sie rechtsgestaltende Wirkung. Die zunächst unterbliebene Benachrichtigung ist von der Beklagten rechtzeitig nachgeholt worden, denn sie hat die Beigeladenen zu 4) bis 15) nach § 24 SGB X im Vorverfahren angehört und damit zugleich vom Verfahren benachrichtigt. Das wird im Widerspruchsbescheid ausdrücklich angegeben und ergibt sich auch aus den beigezogenen Verwaltungsakten.

Die Beigeladenen zu 4) bis 15) waren in der Zeit von November 1988 bis Juni 1990 beschäftigt iS des § 7 SGB IV. Sie verrichteten nichtselbständige Arbeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig und bedarf keiner weiteren Begründung. Die Beigeladenen zu 4) bis 15) waren deshalb wegen einer Beschäftigung als Angestellte in der Rentenversicherung nach § 2 Abs 1 Nr 1 AVG versicherungspflichtig und in der Arbeitslosenversicherung nach § 168 AFG beitragspflichtig.

Diese Vorschriften gelten nach § 3 Satz 1 Nr 1 SGB IV, der über § 173a AFG auch für die Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung gilt, für die Beschäftigung der Beigeladenen zu 4) bis 15), denn diese waren in Bremen und damit im Geltungsbereich des SGB IV beschäftigt. Bremen war der Beschäftigungsort, dh der Ort, an dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wurde (§ 9 Abs 1 SGB IV). Abweichende und nach § 6 SGB IV vorrangige Regelungen über die Versicherungs- oder Beitragspflicht in den besonderen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige oder im zwischenstaatlichen Recht bestehen nicht.

Die Geltung der Vorschriften über die Versicherungs- und Beitragspflicht während einer Beschäftigung im Inland war nicht nach § 5 SGB IV ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht, soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen, nicht für Personen, die im Rahmen eines außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in diesen Geltungsbereich entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt ist (Einstrahlung). Während der Tätigkeit der Beigeladenen zu 4) bis 15) in Bremen bestanden deren Beschäftigungsverhältnisse bei der Klägerin. Die Annahme des LSG, die Beschäftigungsverhältnisse hätten allein bei der Muttergesellschaft bestanden, ist unzutreffend. Das LSG hat seine Ansicht darauf gestützt, daß die Beigeladenen zu 4) bis 15) nur mit der Muttergesellschaft einen Arbeitsvertrag abgeschlossen und ihre Arbeit bei der Klägerin durchgehend nach Weisungen der Muttergesellschaft verrichtet hätten. Demgegenüber sei es unerheblich, daß die Klägerin das Arbeitsentgelt gezahlt habe. Das LSG hat damit die Merkmale verkannt, die für das Beschäftigungsverhältnis iS des § 5 SGB IV bestimmend sind.

Sowohl für die hier zu beurteilende Entsendung eines Arbeitnehmers aus dem Ausland ins Inland (Einstrahlung) wie auch für den umgekehrten Fall der Entsendung eines Arbeitnehmers aus dem Inland ins Ausland (Ausstrahlung, § 4 SGB IV) wird für die Geltung der Vorschriften über die Versicherungs- und Beitragspflicht auf ein Beschäftigungsverhältnis zum entsendenden Unternehmen abgestellt. Im Gesetz wird nicht näher umschrieben, welche Merkmale dabei für ein Beschäftigungsverhältnis maßgebend sein sollen. In der Begründung des Gesetzentwurfs ist dazu lediglich angegeben, daß für die Zuordnung des Beschäftigungsverhältnisses maßgebend ist, wo "der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses ... liegt" (BT-Drucks 7/4122 S 30 zu § 4). Die Begründung setzt damit voraus, daß der entsandte Arbeitnehmer bei der Entsendung stets rechtliche Bindungen zum entsendenden Unternehmen hat. Es sind jeweils sowohl im Inland als auch im Ausland Merkmale vorhanden, die für eine abhängige Beschäftigung entweder am Beschäftigungsort oder beim entsendenden Unternehmen sprechen. Nur bei hinreichender Intensität der tatsächlichen und rechtlichen Bindungen zu dem entsendenden Unternehmen kann jedoch ein fortbestehendes Beschäftigungsverhältnis zu diesem Unternehmen angenommen werden. Nur dann ist es auch gerechtfertigt, trotz eines Beschäftigungsortes im Inland die Geltung der Vorschriften über die Versicherungs- und Beitragspflicht auszuschließen.

Der Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses bei der Ausstrahlung und der Einstrahlung liegt unabhängig davon, mit wem der Arbeitsvertrag geschlossen ist, regelmäßig bei dem Betrieb, bei dem über die Arbeitsleistung hinaus wesentliche Elemente des Beschäftigungsverhältnisses erfüllt werden. Für die Zuordnung eines Beschäftigungsverhältnisses zu einem bestimmten Betrieb sind dabei einerseits die Eingliederung des Beschäftigten in diesen Betrieb und andererseits die Zahlung des Arbeitsentgelts durch den Betrieb entscheidend.

Die Rechtsprechung hat schon bisher die Eingliederung in einen Betrieb als selbständiges Merkmal für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses zugrunde gelegt (vgl zB BSG SozR 2200 § 165 Nr 51; dort für die Abgrenzung von selbständiger Tätigkeit zu abhängiger Beschäftigung). Bei der Einstrahlung - und bei der Ausstrahlung - ist die Eingliederung in den Betrieb ein besonders angemessenes und geeignetes Merkmal, um den Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses zu bestimmen. Die Eingliederung in einen Betrieb bedeutet, daß die Arbeit für diesen Betrieb erbracht und die Arbeitsleistung diesem Betrieb wirtschaftlich zugerechnet wird. Sie kennzeichnet damit, welcher wirtschaftlichen Einheit gegenüber die wesentliche Leistung aus dem Arbeitsvertrag erbracht wird. Besteht im Inland ein Betrieb mit eigener Wirtschaftsrechnung und eigener Gewinn- und Verlustrechnung, so wird diesem Betrieb das wirtschaftliche Ergebnis der Betriebstätigkeit zugerechnet. Dann ist es angemessen, für die Arbeitnehmer, die den Betriebszweck verwirklichen, den Schwerpunkt ihres Beschäftigungsverhältnisses bei diesem Betrieb anzunehmen. Die Eingliederung in den Betrieb iS der Arbeit für einen Betrieb ist ein geeignetes Merkmal für die Zuordnung des Beschäftigungsverhältnisses, weil es sich nach dem äußeren Erscheinungsbild feststellen läßt. Ist ein Betrieb im Inland gegenüber dem entsendenden ausländischen Unternehmen nicht nur wirtschaftlich, sondern auch rechtlich in der Weise verselbständigt, daß der Betrieb im Inland als juristische Person besteht, so ist bei der Arbeit im inländischen Betrieb regelmäßig eine Eingliederung in diesen Betrieb anzunehmen. Dies gilt bei konzerngebundenen Betrieben auch, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen eines Arbeitsvertrages mit dem übergeordneten ausländischen Unternehmen bei dem inländischen Betrieb arbeitet. Wie zu entscheiden ist, wenn der Betrieb nur zu einem vorübergehenden Zweck und zeitlich befristet (zB zur Errichtung eines Bauwerks) im Inland gegründet wird, kann hier offenbleiben.

Die Beigeladenen zu 4) bis 15) waren während ihrer Tätigkeit bei der Klägerin in deren Betrieb eingegliedert. Das ergibt sich schon daraus, daß das LSG sie als leitende Angestellte der Klägerin bezeichnet. Sie hatten aufgrund ihres mit der Muttergesellschaft abgeschlossenen Arbeitsvertrages bei der Klägerin zu arbeiten und zwar für deren Geschäftszwecke.

Neben der Eingliederung in den Betrieb wird der Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses in Entsendungsfällen auch dadurch bestimmt, welcher Betrieb das Arbeitsentgelt zahlt. Nicht nur für das Arbeitsverhältnis, sondern auch für das entgeltliche Beschäftigungsverhältnis, das regelmäßig Versicherungspflicht begründet, ist die Arbeitsleistung gegen Entgelt kennzeichnend. Die Zahlung des Arbeitsentgelts ist eine wesentliche Arbeitgeberpflicht. Im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung gilt, daß bei Nichterfüllung der Arbeitgeberpflichten durch den Verleiher kein Arbeitnehmerverleih, sondern Arbeitsvermittlung vermutet wird (Art 1 § 1 Abs 2 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes ≪AÜG≫). Die Nichterfüllung der Arbeitgeberpflichten in diesem Sinne ist schon dann gegeben, wenn das Arbeitsentgelt nicht tatsächlich durch den Verleiher gezahlt wird (vgl zB Schüren, Kommentar zum AÜG, Anm 555 zu § 1 AÜG). Es liegt daher nahe, die Zuordnung des Beschäftigungsverhältnisses auch danach vorzunehmen, wer das Entgelt für die Arbeitsleistung zahlt.

Im übrigen wäre die Vergleichbarkeit der §§ 4 und 5 SGB IV hinsichtlich der Anwendung bzw Nichtanwendung der Vorschriften über die Versicherungspflicht aufgehoben, wenn bei Einstrahlung ein Beschäftigungsverhältnis zum entsendenden Unternehmen angenommen wird, obwohl dieses das Arbeitsentgelt tatsächlich nicht zahlt. Hätte ein deutsches Unternehmen einen Arbeitnehmer zu den tatsächlichen Bedingungen ins Ausland entsandt, zu dem die Beigeladenen zu 4) bis 15) von ihrer Muttergesellschaft zur Klägerin entsandt wurden, so bestünde beim deutschen Unternehmen keine Versicherungspflicht nach § 4 SGB IV, denn es fehlte schon das Merkmal einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt iS des § 2 Abs 1 Nr 1 AVG und des § 168 Abs 1 Satz 1 AFG. Der Gesetzgeber ging und geht davon aus, daß in vergleichbaren Fällen bei Entsendung durch ein inländisches Unternehmen ins Ausland über § 4 SGB IV keine Versicherungspflicht mehr besteht. Schon vor Inkrafttreten des SGB IV war die Versicherungspflicht auf Antrag für Deutsche, die für eine begrenzte Zeit im Ausland beschäftigt sind, in § 2 Abs 1 Nr 10 AVG und § 1227 Abs 1 Nr 8 der Reichsversicherungsordnung (≪RVO≫ jeweils idF des Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes vom 9. Juni 1965 BGBl I S 476) vorgesehen. Als diese Vorschriften eingefügt wurden, hatte die Rechtsprechung die Ausstrahlung schon entwickelt. Soweit die Ausstrahlung an das inländische Beschäftigungsverhältnis anknüpft, ist mit § 4 SGB IV keine Änderung der bis dahin von der Rechtsprechung entwickelten Merkmale beabsichtigt gewesen. Nach Inkrafttreten des SGB IV sind die genannten Vorschriften über die Antragspflichtversicherung nicht geändert worden. Sie sind inzwischen als § 4 Abs 1 Nr 2 in das Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) übernommen worden. Wenn der Gesetzgeber aber selbst davon ausgeht, daß eine Versicherungspflicht über eine Ausstrahlung iS des § 4 SGB IV nicht erhalten ist, wenn vom inländischen Unternehmen kein Entgelt gezahlt wird, so ist umgekehrt nicht anzunehmen, daß über § 5 SGB IV Versicherungsfreiheit kraft Einstrahlung vorliegen soll, wenn ein Arbeitnehmer bei einem inländischen Unternehmen tatsächlich arbeitet, dieses Unternehmen ihn auch bezahlt, aber noch ein - entgeltloser oder nur in bezug auf Nebenpflichten entgeltlicher - Arbeitsvertrag zu einem ausländischen Unternehmen besteht.

Die vom LSG vertretene Ansicht, es sei jedenfalls im Rahmen eines Konzerns letztlich unerheblich, welche der Konzerngesellschaften das Arbeitsentgelt zahle (vgl auch Giesen, NZS 1996, 309 ff), wird der wirtschaftlichen Bedeutung der Entgeltzahlung nicht gerecht. Derjenige Betrieb, der das Arbeitsentgelt zahlt, wird dieses Arbeitsentgelt bei der Gewinnermittlung als Betriebsausgabe (§ 4 Abs 4 des Einkommensteuergesetzes iVm § 8 Abs 1 des Körperschaftssteuergesetzes) steuerrechtlich geltend machen. Wenn der Betrieb aber die Kosten der Arbeitsleistung als Aufwendungen geltend macht, die durch den Betrieb veranlaßt sind, so ist die Annahme gerechtfertigt, daß die Arbeit im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses bei diesem Betrieb erbracht wird. Von daher erscheint es nicht ausgeschlossen, daß schon dann ein Beschäftigungsverhältnis bei einem Betrieb besteht, wenn der Arbeitnehmer in diesen Betrieb eingegliedert ist und der Betrieb das Arbeitsentgelt zwar nicht selbst auszahlt, aber etwa wie bei der Arbeitnehmerüberlassung die Kosten der Arbeitsleistung trägt, dh sie als Betriebsausgabe ansieht. Im vorliegenden Fall ist dies nicht zu entscheiden. Das LSG hat festgestellt und die Klägerin selbst vorgetragen, daß sie den Beigeladenen zu 4) bis 15) das Arbeitsentgelt gezahlt hat. In Verbindung mit der Eingliederung der Beigeladenen zu 4) bis 15) in den Betrieb der Klägerin war dies ausreichend, um ein Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin und damit im Inland zu begründen.

Das Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin ist nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Angestellten den Arbeitsvertrag jeweils mit der Muttergesellschaft geschlossen hatten. Bei der Entsendung zu einem rechtlich selbständigen Unternehmen innerhalb eines Konzerns, aber auch bei der Entsendung zu einer rechtlich unselbständigen Zweigniederlassung eines Unternehmens, bestimmt sich der Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses nach den genannten tatsächlichen Merkmalen der Beschäftigung und nicht nach dem Arbeitsvertrag mit dem entsendenden Unternehmen. Der Ansicht, für die Zuordnung eines Beschäftigungsverhältnisses bei der Ein- und Ausstrahlung sei auf den Arbeitsvertrag in dem Sinne abzustellen, daß das Beschäftigungsverhältnis in der Regel beim Arbeitgeber des Arbeitsvertrages besteht (vgl von Maydell, GK-SGB IV § 4 Anm 11), kann bei einer Entsendung innerhalb eines Konzerns nicht gefolgt werden. Für die Zuordnung des Beschäftigungsverhältnisses bei konzerninterner Entsendung ist der Arbeitsvertrag nicht entscheidend.

Dem stehen die Vorschriften des AÜG nicht entgegen. Nach Art 1 § 1 Abs 3 Nr 2 AÜG sind die Vorschriften dieses Gesetzes nicht anzuwenden auf die Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen iS des § 18 des Aktiengesetzes, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit vorübergehend nicht bei seinem Arbeitgeber leistet. Es kann dahingestellt bleiben, ob dieses auch gilt, wenn die Arbeitnehmerüberlassung vom vertragslosen Ausland nach Deutschland oder von Deutschland ins vertragslose Ausland geschieht (vgl dazu einerseits Schüren, AÜG § 1 Anm 767 mwN und andererseits Becker/Wulfgramm, AÜG Art 1 § 1 Rz 116). Gilt Art 1 § 1 Abs 3 Nr 2 AÜG auch für die Arbeitnehmerüberlassung aus dem vertragslosen Ausland, so bedeutet dies nur, daß die Fiktionen von Arbeitsverhältnissen nach dem AÜG nicht gelten. In diesem Fall ist bei der konzerninternen Arbeitnehmerüberlassung, sofern sie grenzüberschreitend erfolgt, festzustellen, bei welchem Betrieb des Konzerns der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses liegt. Unerheblich ist, daß bei erlaubter Arbeitnehmerüberlassung und damit auch bei konzerninterner Arbeitnehmerüberlassung sozialrechtlich regelmäßig der Verleiher der Arbeitgeber ist. Das Gesetz stellt bei der Ausstrahlung und der Einstrahlung für die Geltung der Vorschriften über die Versicherungspflicht auf das Beschäftigungsverhältnis und damit auf den Schwerpunkt der tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen zum in- oder ausländischen Betrieb ab. Dem würde es widersprechen, unabhängig von den tatsächlichen Verhältnissen das Beschäftigungsverhältnis allein dem Unternehmen zuzuordnen, mit dem der Arbeitsvertrag geschlossen ist. Der Arbeitsvertrag ist im übrigen selbst bei der Entsendung innerhalb eines Unternehmens für die Zuordnung des Beschäftigungsverhältnisses nicht entscheidend.

Ein Beschäftigungsverhältnis iS der §§ 4 und 5 SGB IV kann bei einem rechtlich unselbständigen Unternehmensteil bestehen, auch wenn der Arbeitsvertrag nur mit dem entsendenden ausländischen Unternehmen (bei Einstrahlung) abgeschlossen ist. Dies wird durch die Vorschriften in verschiedenen Sozialversicherungsabkommen verdeutlicht, in denen ausdrücklich vorgesehen ist, daß Befreiung von der Versicherungspflicht im Aufnahmestaat wegen Entsendung auch eintreten kann, wenn das entsendende Unternehmen im Gebiet des anderen Vertragsstaates "eine Zweigniederlassung" unterhält (vgl Art 6 Abs 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über Soziale Sicherheit vom 7. Januar 1976 ≪BGBl II S 1358≫ idF des Zweiten Zusatzabkommens zu diesem Abkommen vom 6. März 1995 ≪BGBl II 1996 S 302≫ und Art 6 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit vom 17. Dezember 1973 ≪BGBl II 1975 S 246≫ idF des Abkommens zur Änderung dieses Abkommens vom 17. Januar 1986 ≪BGBl II S 863≫). Diese Abkommensvorschriften setzen voraus, daß bei einer rechtlich unselbständigen Zweigniederlassung trotz Entsendung von dem Unternehmen aus dem Ausland ein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis bei der Zweigniederlassung im Inland bestehen kann, obwohl der Arbeitsvertrag allein mit dem entsendenden Unternehmen besteht. Bei der Entsendung von einem Konzernunternehmen zu einem anderen ist es für die Zuordnung des Beschäftigungsverhältnisses von daher unerheblich, mit welchem Unternehmen der Arbeitsvertrag abgeschlossen wird.

Dem hier zugrunde gelegten Verständnis des Beschäftigungsverhältnisses in Einstrahlungsfällen entspricht die Rechtsprechung zum "Rumpfarbeitsverhältnis" bei der Anrechnung von Kindererziehungszeiten. Die Rechtsprechung geht davon aus, daß bei Entsendung ins Ausland kein Beschäftigungsverhältnis besteht und damit kein Fall der Ausstrahlung (§ 4 SGB IV) gegeben ist, wenn die Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis nicht vom inländischen Unternehmen erfüllt werden (vgl BSGE 71, 227 = SozR 3-2600 § 56 Nr 4).

Nicht entscheidend ist, daß nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG die Beigeladenen zu 4) bis 15) hinsichtlich ihrer Arbeit Weisungen der Muttergesellschaft unterlagen. Im Rahmen der Beschäftigung bei einer Konzerngesellschaft gibt der Umfang des Weisungsrechts und der tatsächlichen Weisungen im Einzelfall keinen wesentlichen Hinweis darauf, ob das Beschäftigungsverhältnis bei der weisungsgebenden Gesellschaft oder bei der Gesellschaft besteht, bei der die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird. In welchem Umfang innerhalb eines Konzerns gesellschaftsübergreifend Weisungsrechte ausgeübt werden, hängt von der Struktur des Konzerns ab. Die Klägerin selbst trägt dazu vor, in koreanischen Konzernen wendeten sich Weisungsberechtigte jeweils unmittelbar an die entsandten Mitarbeiter, ohne über den Geschäftsführer der jeweiligen Gesellschaft zu gehen. Das bedeutet: Nicht die Art der arbeitsvertraglichen Bindungen zwischen den Beteiligten, sondern die Art der Unternehmungsführung bestimmt den Umfang des Weisungsrechts innerhalb der einzelnen Konzerngesellschaften und zwischen den Konzerngesellschaften. Wird das Weisungsrecht aber gesellschaftsübergreifend so gehandhabt, daß Betriebshierarchien nicht berücksichtigt werden, so ist Art und Umfang des Weisungsrechts kein Kriterium, um ein Beschäftigungsverhältnis einem bestimmten Betrieb zuzuordnen.

Die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses im Rahmen der §§ 4 und 5 SGB IV kann nicht davon abhängig gemacht werden, ob aus der Sicht des Versicherten konkret ein Bedarf für die Einbeziehung in die inländische Versicherung vorhanden ist oder nicht. Die §§ 4 und 5 SGB IV als Ausnahmen von § 3 SGB IV regeln die Anwendung oder Nichtanwendung der Vorschriften über die Versicherungspflicht beim staatenüberschreitenden Auseinanderfallen von Beschäftigungsort und Beschäftigungsverhältnis nicht danach, ob im Einzelfall eine innerstaatliche Schutzbedürftigkeit weiterbesteht (für § 4 SGB IV) oder eine innerstaatliche Schutzbedürftigkeit zu verneinen ist (für § 5 SGB IV). Diese Vorschriften fordern neben dem Beschäftigungsverhältnis zum entsendenden Unternehmen zusätzliche qualifizierende Merkmale wie die vorherige Begründung des Beschäftigungsverhältnisses im jeweiligen Entsendungsstaat und eine zeitliche Begrenzung des Beschäftigungsverhältnisses. Grundlage für die Versicherungs- und Beitragspflicht ist der inländische Beschäftigungsort (§ 3 SGB IV). Er ist maßgebend, auch wenn alle anderen Merkmale der Beschäftigung ins Ausland weisen, etwa der Arbeitgeber seinen Sitz im Ausland hat, der Arbeitnehmer ausländischer Staatsangehöriger ist, der Arbeitserfolg dem ausländischen Arbeitgeber zugute kommt und das Arbeitsentgelt aus dem Ausland gezahlt wird (vgl BSG SozR 3-6180 Art 13 Nr 6). Dem darin zum Ausdruck kommenden Grundsatz, maßgeblich auf den Ort der tatsächlichen Arbeitsleistung abzustellen, würde es widersprechen, bei der Einstrahlung ein Beschäftigungsverhältnis im Inland zu verneinen, obwohl alle wesentlichen Merkmale der Beschäftigung, nämlich der wirtschaftliche Erfolg der Arbeit, die Eingliederung in einen Betrieb und die Entlohnung durch diesen Betrieb im Inland liegen und lediglich ein Arbeitsvertrag mit tatsächlicher Weisungsgebundenheit zum ausländischen Unternehmen besteht.

Die Klägerin kann schließlich nicht mit ihrem Vorbringen durchdringen, die Einbeziehung der Beigeladenen zu 4) bis 15) in die Versicherungs- und Beitragspflicht bedeute eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips, weil für Arbeitnehmer Beiträge verlangt würden, obwohl von vornherein feststehe, daß sie entsprechende Leistungen nicht in Anspruch nehmen könnten. Damit wird nicht berücksichtigt, daß nach § 3 SGB IV grundsätzlich jede im Inland ausgeübte Beschäftigung Versicherungspflicht begründet. Die Versicherungspflicht besteht unabhängig davon, ob individuell eine Schutzbedürftigkeit besteht und ob im Einzelfall hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, daß Leistungen in Anspruch genommen werden. In § 5 SGB IV ist allerdings typisierend eine Ausnahme von der Versicherungspflicht angeordnet für Fälle, in denen eine innerstaatliche Schutzbedürftigkeit nicht angenommen wird. Diese Ausnahme besteht aber nur bei zu geringer Intensität der Beziehung zum inländischen Wirtschaftsleben. Ist diese Einbindung hinreichend eng - charakterisiert durch die Zurechnung der Arbeitsleistung zu einem inländischen Wirtschaftsunternehmen und die Tragung der Arbeitskosten durch ein inländisches Wirtschaftsunternehmen - so rechtfertigt dies auch die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses im Inland und damit die Begründung von Versicherungspflicht. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anordnung von Versicherungs- und Beitragspflicht hat der Senat deshalb nicht (vgl dazu auch schon BSGE 64, 145, 152 = SozR 2100 § 5 Nr 3 und BSGE 36, 276, 283 = SozR Nr 77 zu § 165 RVO).

Dem hier gefundenen Ergebnis kann auch nicht entgegengehalten werden, daß die Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses damit erneut von einer betrieblichen Sicht geprägt werde, die gerade durch die Regelungen über die Aus- bzw Einstrahlung in den §§ 4 und 5 SGB IV überwunden werden sollte. Das Reichsversicherungsamt hat im Bereich der Unfallversicherung die Ausstrahlung betriebsbezogen begründet, dh nicht auf das einzelne Beschäftigungsverhältnis, sondern darauf abgestellt, ob der Betrieb mit einem Betriebsteil ins Ausland ausstrahle. Diese betriebsbezogene Begründung war jedoch vor allem maßgebend, wenn Beschäftigungsverhältnisse, die ausschließlich am ausländischen Beschäftigungsort abgewickelt wurden, als versicherungspflichtig beurteilt wurden und damit auch für die Beitragsberechnung zugrunde zu legen waren (vgl dazu Wolff/Rokita, Ausstrahlungs- und Einstrahlungstheorie in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung, in: Entwicklung des Sozialrechts - Aufgabe der Rechtsprechung, Festgabe aus Anlaß des 100-jährigen Bestehens der sozialgerichtlichen Rechtsprechung 1984 S 714 und 723). Im vorliegenden Fall wird das einzelne Beschäftigungsverhältnis nach seiner Verbindung zum Betrieb bestimmt. Dies ergibt sich daraus, daß eine abhängige Beschäftigung bei einem Betrieb verrichtet wird und die wesentlichen Merkmale dieser abhängigen Beschäftigung, nämlich die Zurechnung der Arbeitsleistung und die Entlohnung, auch betriebsbezogen beurteilt werden müssen.

Die Berechnung der Beiträge ist auf der Grundlage der gezahlten Arbeitsentgelte erfolgt. Sie ist nicht beanstandet worden.

Hiernach war das Urteil des LSG hinsichtlich der Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung aufzuheben; insoweit war die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

BSGE 79, 214

BSGE, 214

RegNr, 22867 (BSG-Intern)

HVGBG, RdSchr VB 40/97 (T)

DOK 1997, 280-281 (K)

NZA 1997, 677

NZA, 1997. 677-680 (LT1)

ZAP, EN-Nr 112/97 (S)

AP Internatioles Sozialversicherungsrecht, Nr 4

Die Beiträge 1997, 98-110 (LT1)

HVBG-INFO 1997, 1155-1167 (LT1)

IPRax 1998, 290

MittLVA Oberfr 1997, 141 (K)

NZS 1997, 372-375 (LT1)

SGb 1997, 74-75 (K)

SozR 3-2400 § 5, Nr.2

SozSich 1997, 237 (L)

ZfSH/SGB 1997, 337 (L)

SozSi 1997, 237

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