Entscheidungsstichwort (Thema)

Dienstreise. Versicherungsschutz. eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Weg zur Nachtruhe. besondere Gefahrenmomente im Hotel

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Versicherungsschutz während einer Dienstreise nach einer abgrenzbaren eigenwirtschaftlichen Tätigkeit im Hotel auf dem Weg zur Nachtruhe.

 

Normenkette

RVO § 548 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

SG Wiesbaden (Entscheidung vom 05.08.1988; Aktenzeichen S 8 U 396/86)

Hessisches LSG (Entscheidung vom 07.08.1991; Aktenzeichen L 3 U 122/89)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Entschädigung eines Unfalls als Arbeitsunfall, den der Kläger am 13. April 1984 während einer Dienstreise erlitten hat.

Der im Jahre 1942 geborene Kläger war seit Mitte 1966 bei der Sch. H. , zuletzt als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. In der Zeit vom 10. bis 13. April 1984 nahm er an einem "Basisseminar Verkaufstraining" im Hotel H. in E. teil. Am 12. April 1984 endete die Seminartätigkeit um 18.00 Uhr. Im Anschluß an das Abendessen fand in den Räumen der hoteleigenen Kegelbahn gegen 20.30 Uhr eine vom Seminarleiter organisierte gemeinsame Kegelveranstaltung statt, für die die Firma ein 30-Liter-Faß Bier zur Verfügung stellte und die sie gegenüber der Beklagten als einen in ihrem Auftrag vom Seminarleiter organisierten geselligen "Abschlußabend" mit Kegeln bezeichnete. Gegen 23.00 Uhr hatten die Seminarteilnehmer "die Lust am Kegeln verloren"; einige von ihnen, ua auch der Seminarleiter, begaben sich zur Nachtruhe auf ihre Zimmer.

Der Kläger und etwa fünf weitere Teilnehmer setzten sich in einem Aufenthaltsraum des Hotels zusammen und tranken ihre restlichen Getränke. Nach Angaben des Klägers unterhielten sie sich überwiegend über Ablauf und Inhalt des Seminars. Gegen 1.30 Uhr begaben sich der Kläger und der Zeuge V. zu der nicht mehr besetzten Hotelrezeption, um dort die Zimmerschlüssel zu holen. Der Kläger nahm seinen Schlüssel. Nach etwa 5 bis 7 m stolperte und stürzte er auf dem Weg zu seinem Zimmer auf der sechs Stufen zum Hotelgang hinabführen mit schwarzen Teppichfliesen belegten Treppe und zog sich einen Verrenkungsbruch des linken oberen Sprunggelenks zu. Seinen Angaben zufolge hatte er den Lichtschalter gesucht, um statt der ihm nicht als ausreichend erscheinenden Notbeleuchtung die normale Beleuchtung einzuschalten. Die Notbeleuchtung nachts bestand aus zwei direkt über dem Stufenbereich angeordneten 60-Watt-Strahlern mit verspiegelten Lampen. Außerdem befand sich an der dem Handlauf gegenüberliegenden Seite der Treppe eine beleuchtete Vitrine.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 28. Januar 1986 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. März 1986 Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab, weil sowohl das Kegeln als auch das anschließende Zusammensitzen mit den Kollegen nicht durch betriebliche Tätigkeiten geprägt gewesen sei, sondern allein eigenwirtschaftlichen, nicht unfallversicherten Interessen (Freizeitgestaltung) gedient hätte. Zumindest aber wäre spätestens mit dem Ende des Kegelns und dem Beginn der geselligen Unterhaltung der Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit gelöst worden. Gespräche allgemeiner Art bei einer gemütlichen Zusammenkunft begründeten keinen Versicherungsschutz, wenn dabei auch über geschäftliche Vorgänge gesprochen würde. Auch der Weg im Anschluß an dieses mehr als zweistündige Zusammensein stehe in keiner Beziehung mehr zur betrieblichen, versicherten Tätigkeit und sei lediglich als Weg von einer eigenwirtschaftlichen, unversicherten Verrichtung anzusehen. Besondere Gefahren als Ursache des Sturzes seien auszuschließen.

Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger unter Anerkennung des Unfalls vom 13. April 1984 als Arbeitsunfall wegen der Folgen dieses Unfalls Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren (Urteil vom 5. August 1988). Der zum Unfall führende Weg des Klägers zur Aufnahme der Nachtruhe habe in rechtlich wesentlichem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gestanden, weil er mit dem durch die Dienstreise veranlaßten Aufenthalt am fremden Ort bei normaler Lebensführung notwendigerweise verbunden gewesen sei.

Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 27. August 1991 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe im Zeitpunkt des Unfalls unter Versicherungsschutz gestanden, da sein Weg von der Hotelrezeption zu seinem Zimmer in einem wesentlichen inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gestanden habe. Auch während einer Dienstreise sei zu unterscheiden zwischen Betätigungen, die mit dem Beschäftigungsverhältnis rechtlich wesentlich zusammenhingen, und solchen Verrichtungen, die der privaten, unversicherten Sphäre angehörten. Allerdings sei während einer Dienstreise ein innerer Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit auch außerhalb der eigentlichen dienstlichen Beschäftigung im allgemeinen eher anzunehmen als am Wohn- oder Betriebsort. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien zB Wege nach und von der Nahrungsaufnahme während der Arbeitszeit in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit zu sehen. Auch auf Geschäfts- und Dienstreisen werde für alle Wege nach und von der Essenseinnahme Versicherungsschutz angenommen, und zwar einschließlich der Wege, die zu diesem Zweck vor oder nach der eigentlichen betrieblichen Tätigkeit zurückgelegt würden, weil der Versicherte durch die Dienstreise gezwungen sei, auch diese außerhalb der Dienstreise als "Vorbereitungshandlungen" geltenden Verrichtungen außerhalb des häuslichen Bereichs vorzunehmen. Dementsprechend könnten auch Wege innerhalb der auswärtigen Arbeits- und/oder Übernachtungsstätte zur Aufnahme der Nachtruhe, um sich von der Arbeit des Tages zu erholen und neue Kräfte für die Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit am nächsten Tag zu sammeln, nicht anders beurteilt werden. Ihr innerer Zusammenhang mit dem Betrieb bzw der Durchführung der Dienstreise, die den Versicherten in die fremde Stadt geführt habe, sei qualitativ derselbe wie bei Wegen zur Nahrungsaufnahme nach Beendigung des für den jeweiligen Tag vorgesehenen Dienstgeschäfts. Der rechtlich wesentliche Zusammenhang entfalle auch nicht deshalb, weil dem Weg eine rein private Verrichtung (eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit mit Beginn des Abendessens um 18.00 Uhr unterstellt) vorangegangen sei. Der Zeitraum von ca 6 Stunden lasse den ursächlichen Zusammenhang nicht entfallen. Die zum Versicherungsschutz für Wege nach und von dem Ort der Tätigkeit insbesondere zur Frage der Unterbrechung und Lösung des ursächlichen Zusammenhangs durch eigenwirtschaftliche Betätigungen entwickelten Grundsätze seien nicht ohne weiteres auf Dienstreisen übertragbar. Der Versicherungsschutz sei schließlich auch nicht durch Alkoholeinwirkung ausgeschlossen; es fehlten für die Feststellung eines alkoholbedingten Leistungsabfalls als rechtlich allein wesentliche Unfallursache jegliche beweiskräftige Anzeichen.

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts (§§ 548 Abs 1, 539 Abs 1 Nr 1 der Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫). Entgegen der Auffassung des LSG habe die unfallbringende Tätigkeit nicht in einem inneren sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gestanden. Der Rechtsprechung des BSG sei nicht zu entnehmen, daß Wege im Hotel zur Aufnahme der Nachtruhe versichert seien, zumal der vorliegende Sachverhalt dadurch gekennzeichnet sei, daß dem Weg eine mehrstündige eigenwirtschaftliche Tätigkeit vorausgegangen sei. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Versicherungsschutz auf Wegen zur Nahrungsaufnahme während der Arbeitszeit sei auf Wegen zur Nachtruhe im Hotel schon deshalb nicht anwendbar, weil die Nahrungsaufnahme unaufschiebbar sei, um die aktuelle betriebliche Tätigkeit im Anschluß an die Nahrungsaufnahme fortzusetzen. An dieser Fortsetzung der aktuellen betrieblichen Tätigkeit fehle es auf einer Dienstreise bei Wegen zur Nachtruhe. Sowohl am Ort der eigentlichen Tätigkeit als auch auf der Dienstreise handele es sich bei der Nachtruhe um eine reine eigenwirtschaftliche Vorbereitungshandlung einer ordnungsgemäßen Arbeitsleistung. Hierin liege der wesentliche Unterschied zu den Fallgestaltungen des Versicherungsschutzes bei der Nahrungsaufnahme auf Dienstreisen. Da eine unmittelbare oder mittelbare Betriebsbezogenheit der Nachtruhe auf einer Dienstreise ebensowenig denkbar sei wie am Ort der Tätigkeit, komme Versicherungsschutz auf Wegen im Hotel zur Nachtruhe schon grundsätzlich nicht in Betracht. Folge man der Rechtsauffassung des LSG, so sei kein Fall denkbar, bei dem Versicherungsschutz auf dem Weg zur Nachtruhe im Hotel entfalle, weil eigenwirtschaftliche Motive bei einer Gesamtbetrachtung überwiegen würden. Diese wären dann nämlich unerheblich, da der Versicherte mit Beginn des Weges zur Nachtruhe im Hotel die versicherte Tätigkeit wieder aufnehme.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 7. August 1991 und das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 5. August 1988 aufzuheben sowie die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint ergänzend, daß der Weg zur Nachtruhe im Hotel unter Versicherungsschutz stehe. Ein innerer Zusammenhang zwischen der betrieblichen Tätigkeit und dem Weg zur Nachtruhe liege auch dann vor, wenn eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit von ca 6 Stunden vorausgegangen sei, da er - der Kläger - auf jeden Fall die betriebliche Tätigkeit im Anschluß an die Nachtruhe wieder aufgenommen hätte. Im übrigen stelle die Kegelveranstaltung und auch das anschließende Zusammensitzen mit Kollegen keine eigenwirtschaftliche Tätigkeit dar, sondern sei betrieblich veranlaßt gewesen. Selbst aber wenn der Weg zur Nachtruhe als private Tätigkeit zu charakterisieren sei, bestünde dennoch Versicherungsschutz, da im vorliegenden Fall besondere Gefahrenmomente vorgelegen hätten, die den Unfall wesentlich mitverursacht hätten. Diesen gefahrbringenden Umständen wäre er bei seinem normalen Aufenthalt an seinem Wohn- und Beschäftigungsort nicht ausgesetzt gewesen. Diese besondere Gefahr verwirkliche sich im Vorliegen der unzureichenden Beleuchtung der Treppe und den schwer erkennbaren Treppenstufen aufgrund des schwarzen Belages.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist insofern begründet, als das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist. Aufgrund der bisher vom LSG im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen läßt sich nicht abschließend bestimmen, ob der Kläger am 13. April 1984 einen Arbeitsunfall iS des § 548 Abs 1 Satz 1 RVO erlitten hat.

Nach § 548 Abs 1 Satz 1 RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeit erleidet. Dies erfordert zunächst eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit und dem Beschäftigungsverhältnis (§ 539 Abs 1 Nr 1 RVO), den sog inneren Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (s BSGE 63, 273, 274; BSG SozR 2200 § 548 Nr 95; BSG SozR 3-2200 § 539 Nrn 5 und 9). Dazu muß die Betätigung des Versicherten, bei der sich der Unfall ereignet hat, mit dem Beschäftigungsverhältnis in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang stehen. Ein derartiger Zusammenhang wird zwar am Ort der auswärtigen Beschäftigung (auf Dienst- oder Geschäftsreisen) in der Regel eher anzunehmen sein, als am Wohn- oder Betriebsort. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist aber auch auf Dienstreisen der Unfallversicherungsschutz nicht schon deshalb ohne weiteres gegeben, weil sich der Reisende in einer fremden Stadt aufhalten muß. Der Versicherungsschutz entfällt jedenfalls, wenn der Reisende sich rein persönlichen, von der Betriebstätigkeit nicht mehr beeinflußten Belangen widmet (BSG Urteil vom 22. September 1966 - 2 RU 16/65 -). Auf Geschäftsreisen besteht für Wege nach und von der Essenseinnahme Versicherungsschutz nach § 548 Abs 1 RVO. Diese Wege stehen im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, die den Versicherten in die fremde Stadt geführt hat (BSGE 50, 100, 101; 63, 273, 274).

Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 des SGG) hatte der Kläger am Unfalltag gegen 19.30 Uhr zu Abend gegessen. Das Ende dieses Abendessens war zumindest mit Beginn der gemeinsamen Kegelveranstaltung auf 20.30 Uhr bestimmt. Es kann offen bleiben, ob das Kegeln als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung iS der Rechtsprechung des Senats angesehen werden kann (s BSGE 1, 179, 182; BSG SozR 2200 § 548 Nr 69; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl, § 482k mwN) oder aus anderen Gründen im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit des Klägers stand (s BSGE 8, 48 92). Jedenfalls mit dem Ende des Kegelns hatte sich der Kläger für den Rest des Abends rein persönlichen, der Betriebstätigkeit nicht mehr zuzurechnenden Verrichtungen zugewandt.

Die zweieinhalbstündige Unterhaltung des Klägers mit den Teilnehmern ist dagegen nicht der betrieblichen Tätigkeit zuzurechnen. Dieses Zusammensein im Aufenthaltsraum des Hotels diente lediglich der Pflege kollegialer Beziehungen untereinander. Eine nur geringe Anzahl der Teilnehmer des Fortbildungslehrganges nahm an dem Gespräch im Aufenthaltsraum des Hotels teil. Der Lehrgangsleiter hatte sich bereits zur Nachtruhe begeben. Die Gespräche über dienstliche Belange, Ablauf und Inhalt des Seminars lassen keine andere Beurteilung dieses Zusammenseins zu. Die Gewohnheit, bei solchen privaten Zusammenkünften auch über die Bildungsveranstaltung, insbesondere über Lehrplanthemen, zu sprechen, genügt für sich allein nicht, um ein solches Beisammensein dem versicherungsrechtlich geschützten Dienstbereich zuzurechnen. Wollte man allein durch die Gesprächsthemen einen inneren Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit als gegeben erachten, wäre jede Unterhaltung - gleich wo und unter welchen Umständen sie stattfindet - sofern sie sich nur auf betriebliche Vorgänge bezieht, als Betriebstätigkeit anzusehen; dadurch würde aber eine sinnvolle Abgrenzung zwischen betrieblicher und persönlicher Sphäre schlechthin unmöglich gemacht (BSG Urteil vom 26. Januar 1983 - 9b/8 RU 38/81 - HV-Rundschreiben VB 38/83; BSG SozR 2200 § 548 Nr 21).

Allerdings hat das BSG in seiner Entscheidung vom 30. Juli 1958 (BSGE 8, 48, 52) in einem halbstündigen Aufenthalt im Hotelspeisesaal im Anschluß an eine versicherte Tätigkeit nicht eine eindeutige und nachhaltige Hinwendung zu abgrenzbaren eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten im Hotel erblickt; es hat vielmehr die Unterbrechung des Rückweges von der versicherten Tätigkeit einer "kurzen Erfrischungspause" gleichgestellt. Anders ist jedoch im vorliegenden Fall der zweieinhalbstündige Aufenthalt des Klägers zu beurteilen. Nicht nur, daß er den Zeitrahmen gegenüber der genannten Entscheidung um zwei Stunden überschritt, so dauerte auch die Zusammenkunft bis in die frühen Morgenstunden des nächsten Tages

Auch die weiteren von den Vorinstanzen angeführten Entscheidungen des BSG führen zu keiner anderen Beurteilung. In seinem Urteil vom 30. August 1962 (SozR Nr 57 zu § 542 RVO aF) hat das BSG keine Entscheidung bezüglich des Weges zur Aufnahme der Nachtruhe nach einer längeren allein privaten Interessen dienenden Verrichtung im Hotel getroffen. Die Entscheidung des Senats vom 29. April 1980 (BSGE 50, 100) betrifft einen anderen Sachverhalt, da dort der Versicherte auf dem Heimweg unmittelbar von der unter Versicherungsschutz stehenden Nahrungsaufnahme verunglückte, während sich der Kläger nach dem Abendessen und dem Kegelabend noch einer längeren rein privaten Interessen dienenden Verrichtung - zudem in anderen Räumen - zugewandt hatte. Das unterscheidet den hier maßgebenden Sachverhalt von dem, der der Entscheidung in BSG SozR 2200 § 548 Nr 63 zugrundelag. Dort war der Versicherungsschutz auf dem Rückweg von der Nahrungsaufnahme bzw einer dienstlichen Besprechung zu beurteilen.

Nach den Feststellungen des LSG wollte sich der Kläger auf sein Zimmer zur Aufnahme der Nachtruhe begeben. Die Nachtruhe und damit zusammenhängende Verrichtungen sind grundsätzlich dem persönlichen, vom Versicherungsschutz nicht erfaßten Bereich des Versicherten zuzurechnen (BSG Urteil vom 22. September 1966 - 2 RU 16/65 -; BSG SozR Nr 5 zu § 548 RVO). Der Kläger hat sich somit von einer abgrenzbaren eigenwirtschaftlichen Tätigkeit im Hotel zur Nachtruhe und damit in einen ebenfalls der persönlichen Sphäre zuzurechnenden Bereich begeben wollen. Ein innerer Zusammenhang zur dienstlichen Tätigkeit war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gegeben. Auf Wegen zu eigenwirtschaftlichen Zwecken im Hotel besteht kein Versicherungsschutz (BSG Urteil vom 22. September 1966 - 2 RU 16/65 -).

Ungeachtet des privaten Charakters einer Verrichtung kann während einer Dienst- oder Geschäftsreise innerhalb eines Hotels ein rechtlich wesentlicher innerer Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit des Reisenden auch bei einer dem privaten unversicherten Bereich angehörenden Verrichtung gegeben sein, wenn gefahrbringende Umstände den Unfall wesentlich bedingt haben, die in ihrer besonderen Eigenart dem Beschäftigten während seines normalen Verweilens am Wohn- oder Beschäftigungsort nicht begegnet wären (Brackmann aaO § 481z mwN). Allerdings genügt die Erwägung, daß dem auf einer Dienstreise befindlichen Versicherten der Unfall nicht zugestoßen wäre, wenn er zu Hause geblieben wäre, in dieser Allgemeinheit nicht, um den Versicherungsschutz zu bejahen. Vielmehr muß, wie generell in der Unfallversicherung, zu der nicht hinwegzudenkenden Bedingung noch eine nähere Beziehung zur dienstlichen Sphäre treten, welche die Annahme eines wesentlichen inneren Zusammenhangs zwischen dem Beschäftigungsverhältnis und dem Unfallereignis rechtfertigt (BSGE 8, 48, 50; BSG SozR 2200 § 539 Nr 110). Auf diesen Grundsätzen beruht die Rechtsprechung des BSG bei Unfällen, die sich während einer Dienstreise durch Gefahrenmomente ereignet haben, denen Versicherte durch den Aufenthalt in einem Hotel oder einer anderen Übernachtungsstätte ausgesetzt waren (s zB BSGE 8, 48; 39 180; BSG SozR 2200 § 548 Nr 7; BSG Urteil vom 22. Oktober 1975 - 8 RU 148/74 -; s auch BSG Urteil vom 26. Januar 1983 - 9b/8 RU 38/81 - HV-Rundschreiben VB 38/83). Diese Umstände hat das LSG - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht abschließend geprüft. Diese rechtliche Überprüfung kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen hinsichtlich der besonderen Gefahrenmomente nicht abschließend vornehmen.

Das LSG hat auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 517635

NJW 1992, 3190

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