Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsunfall. innerer Zusammenhang. Weg zur Arbeitsstätte. Unterbrechung. Versicherungsschutz. öffentlicher Verkehrsraum. Überqueren der Straße. Handlungstendenz. Abbruch des Heimwegs. Richtungswechsel

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Unterbrechung des Versicherungsschutzes auf dem Weg zur Arbeitsstätte, wenn der Versicherte seinen Pkw verläßt, auf der anderen Straßenseite einen Verkaufskiosk kurz aufsucht und auf dem Rückweg zum Wagen beim Überqueren der Straße verunglückt (Fortführung von BSGE 20, 219 = SozR Nr. 49 zu § 543 aF RVO).

 

Normenkette

RVO § 548 Abs. 1 S. 1, § 550 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 15.03.1995; Aktenzeichen L 17 U 219/94)

SG Detmold (Urteil vom 22.09.1994; Aktenzeichen S 4 U 16/94)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15. März 1995 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 22. September 1994 zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten um die Entschädigung eines Verkehrsunfalls als Arbeitsunfall.

Der Kläger begab sich am Morgen des 9. Februar 1993 mit seinem Pkw von seiner Wohnung auf den Weg zu seiner Arbeitsstätte in Bielefeld. Auf der üblichen Fahrstrecke parkte er sein Fahrzeug auf dem rechten Fahrstreifen der Hillegosser Straße, um – wie es seiner Gewohnheit entsprach – in einem gegenüberliegenden Kiosk Brötchen und eine Zeitung zu kaufen. Der Kläger überquerte die Straße in einem rechten Winkel und ging sodann etwa 7 bis 8 m zu dem Kiosk zurück, da er seinen Pkw infolge anderer geparkter Fahrzeuge nicht unmittelbar diesem gegenüber abstellen konnte. Als er den Laden nach ca 3 Minuten wieder verließ, war vor diesem ein Lastzug geparkt worden, so daß er nicht an derselben Stelle wie auf dem Hinweg die Straße überqueren konnte, um seinen Pkw wieder zu erreichen. Daher wandte er sich in die seinem Fahrzeug entgegengesetzte Richtung und überquerte die Hillegosser Straße zwischen 14 und 18 m hinter seinem Pkw. Dabei wurde er von dem Anhänger eines vorbeifahrenden Pkw's erfaßt und erlitt einen Mehrfragmentbruch des rechten Unterschenkels.

Mit Bescheid vom 11. August 1993 idF des Widerspruchsbescheids vom 13. Dezember 1993 lehnte die Beklagte Entschädigungsleistungen ab, weil sich der Kläger im Unfallzeitpunkt nicht auf dem direkten Weg zum Ort seiner Tätigkeit befunden und daher nicht unter Versicherungsschutz gestanden habe.

Während das Sozialgericht (SG) die Beklagte verurteilt hat, das Ereignis vom 9. Februar 1993 als Wegeunfall zu entschädigen (Urteil vom 22. September 1994), hat das Landessozialgericht (LSG) die Klage abgewiesen (Urteil vom 15. März 1995). Es hat im wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe seinen Weg mit Zielrichtung zur Arbeitsstätte unterbrochen und einen zusätzlichen Weg in die Fahrstrecke eingeschoben. Während einer solchen Unterbrechung bestehe Versicherungsschutz nur, wenn der eingeschobene Weg und die auf ihm erfolgten Verrichtungen der versicherten Tätigkeit, hier die Fahrt von der Wohnung zum Betrieb, wesentlich gedient hätten. Die Umkehr des Klägers sei aber aus rein privaten, eigenwirtschaftlichen Gründen erfolgt, so daß kein Versicherungsschutz bestanden habe. Die aus dieser eigenwirtschaftlichen Motivation erfolgte Änderung der Zielsetzung habe eine eindeutige Zäsur während des bis dahin geschützen Weges zur Arbeitsstelle gesetzt. Die Handlungstendenz des Klägers sei ab diesem Zeitpunkt nicht mehr auf das Erreichen der Betriebsstätte gerichtet gewesen. Mit dem Wiederbetreten der Straße habe sich diese Handlungstendenz noch nicht geändert. Ebenso wie der Weg von oder zum Ort der Tätigkeit eine natürliche Einheit darstelle, gelte dies auch für die Unterbrechung derselben. Erst mit dem Erreichen des Umkehrpunkts wäre der Versicherungsschutz wieder eingetreten. Daß sich der Kläger im Unfallzeitpunkt auf der Straße befunden habe, die er ohnehin für den Weg zur Arbeitsstätte benutzen und die er auch wieder zum Aufsuchen seines Pkw's habe überqueren müssen, führe zu keiner anderen Beurteilung. Bei einem unversicherten Abweg seien die aufgrund der eigenwirtschaftlichen Handlung notwendigen Umwege versicherungsrechtlich nicht geschützt. Für den Erhalt des Versicherungsschutzes sei erforderlich, daß die Straßenüberquerung im Bereich des versicherten Weges erfolge. Daran fehle es hier, weil sich der Kläger aus eigenwirtschaftlichen Gründen von dem versicherten Weg gelöst habe, in die entgegengesetzte Richtung gegangen und beim Überqueren der Straße noch nicht wieder im Bereich des Umkehrpunkts angelangt gewesen sei. Letzteres wäre nur zu bejahen, wenn der Kläger sich wieder in Höhe seines Pkw's befunden hätte.

Mit der – vom LSG – zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 550 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫). Das LSG habe zwar zutreffend festgestellt, daß er den Weg von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte aus rein privaten, eigenwirtschaftlichen Gründen durch das Aufsuchen des Kiosks unterbrochen habe. Das Ende der Unterbrechung des Unfallversicherungsschutzes sei jedoch dann anzunehmen, wenn der Weg mit der Handlungstendenz, in den Betrieb zu gelangen, in dem öffentlichen Verkehrsraum, den er zunächst aus eigenwirtschaftlichen Gründen verlassen hätte, fortgesetzt werde. Nach Verlassen des Kiosks sei seine Handlungstendenz eindeutig darauf gerichtet gewesen, den Weg zu seiner Arbeitsstätte wieder fortzusetzen. Trotz dieser eindeutigen Handlungstendenz könne es nicht angehen, den Versicherungsschutz allein deswegen zu verneinen, weil er die Straße nicht am Umkehrpunkt überquert habe, obwohl dies an dieser Stelle objektiv unmöglich gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15. März 1995 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. August 1993 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 9. Februar 1993 als Wegeunfall zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision des Klägers ist begründet.

Entgegen der Auffassung des LSG und der Beklagten stehen dem Kläger Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu, weil sein Unfall am 9. Februar 1993 als Arbeitsunfall iS des § 550 Abs. 1 Satz 1 RVO gilt.

Nach dieser Vorschrift gilt als Arbeitsunfall auch ein Unfall auf einem mit einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit. Voraussetzung ist, daß das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, im inneren (sachlichen) Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit steht, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang ist gegeben, wenn die Zurücklegung des Weges der Aufnahme der versicherten Tätigkeit wesentlich dient (BSGE 58, 76, 77; BSG Urteil vom 12. Juni 1990 – 2 RU 58/89 – USK 90150). Bei der Feststellung des inneren Zusammenhangs zwischen dem zum Unfall führenden Verhalten und der Betriebstätigkeit geht es um die Ermittlung der Grenze, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Es ist daher wertend zu entscheiden, ob das Handeln des Versicherten zur versicherten Tätigkeit oder wie hier zum Weg zur Arbeitsstätte gehört (BSGE 58, 76, 77; BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 1). Maßgeblich ist dabei die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch objektive Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 4 mwN). Fehlt es an einem inneren Zusammenhang in diesem Sinne, scheidet ein Versicherungsschutz selbst dann aus, wenn sich der Unfall auf derselben Strecke ereignet, die der Versicherte auf dem Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit gewöhnlich benutzt (BSG Urteil vom 12. Juni 1990 – 2 RU 58/89 – HV-INPO 1990, 2064 BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 4, jeweils mwN).

Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG hatte der Kläger auf seinem Weg von zu Hause zur Arbeitsstätte angehalten, um in einem auf der anderen Straßenseite liegenden Kiosk Brötchen und eine Zeitung zu kaufen. Während einer solchen privaten Verrichtungen dienenden Unterbrechung des Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit besteht – wie das LSG zutreffend ausgeführt hat – nur dann Versicherungsschutz, wenn die Unterbrechung lediglich als nur geringfügig anzusehen ist (s ua BSGE 20, 219, 221; BSG SozR 2200 § 550 Nr. 44; BSG Urteil vom 25. Juni 1992 – 2 RU 31/91 – NJW 1993, 87; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl, S 487e mwN aus Rechtsprechung und Schrifttum). Richtig ist auch der Hinweis des LSG, daß der Kauf von Brötchen und der Zeitung mit dem Aufsuchen des Kiosks auf der gegenüberliegenden Straßenseite grundsätzlich keine nur geringfügige eigenwirtschaftliche Tätigkeit darstellt (BSG SozR 2200 § 550 Nr. 44). Das Bundessozialgericht (BSG) hat allerdings auch stets betont, daß der Versicherte auf dem Weg vom oder zum Ort der Tätigkeit in der Regel im gesamten Bereich des öffentlichen Verkehrsraums geschützt ist, also beim Überqueren der Straße, selbst wenn persönliche Gründe hierfür maßgeblich sind (BSG SozR 2200 § 550 Nrn 20 und 24; BSG Urteil vom 31. Juli 1985 – 2 RU 63/84 – USK 85252). Die Unterbrechung des versicherungsrechtlich geschützten Weges beginnt in diesen Fällen erst dann, wenn der Versicherte den öffentlichen Verkehrsraum verlassen hat, und endet, wenn der Versicherte den Öffentlichen Verkehrsraum wieder erreicht (s ua BSGE 20, 219, 221/222; 49, 16, 18; BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 4; BSG Urteil vom 25. Juni 1992 – a.a.O. –). Die infoige einer privaten Besorgung notwendige – räumliche – Unterbrechung des Weges nach oder von dem Ort der Tätigkeit beginnt somit in der Regel erst, wenn der Versicherte den öffentlichen Verkehrsraum verlassen hat. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Versicherte den Weg zu Fuß oder mit Hilfe eines Verkehrsmitteis zurücklegt (BSGE 20, 219; BSG Urteil vom 31. Oktober 1972 – 2 RU 99/71 – USK 72162 mwN). Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß die gesetzliche Unfallversicherung dem Versicherten grundsätzlich ein bestimmtes Maß an räumlicher Bewegungsfreiheit einräumt, ohne daß er negative versicherungsrechtliche Auswirkungen befürchten muß. Sie überläßt es ihm, in welchem Bereich des öffentlichen Verkehrsraums, in dem er seinen Weg nach oder von dem Ort der Tätigkeit zurücklegt, er sich bewegen will, ob er also von einem Bürgersteig zum anderen ein- oder mehrmals hinüberwechselt (SozR 2200 § 550 Nr. 69; BSG Urteil vom 28. Juni 1991 – 2 RU 70/90 – USK 91165, jeweils mwN). Der Versicherungsschutz des Weges von oder zum Ort der Tätigkeit bleibt stets von solchem Seitenwechsel unberührt. Bei einem einer privaten Besorgung dienenden Überquerung der Straße besteht hiernach Versicherungsschutz sowohl als Fußgänger als auch als Autofahrer, der seinen Pkw auf der anderen Straßenseite stehenläßt (BSGE 20, a.a.O.; BSG Urteil vom 31. Oktober 1972 – a.a.O. –).

Der Weg des Klägers war damit bis zum Verlassen des öffentlichen Verkehrsraums durch das Betreten des Kiosks versicherungsrechtlich geschützt. Dem steht bei natürlicher Betrachtungsweise, besonders unter Berücksichtigung der heutigen Straßenverkehrsverhältnisse nicht entgegen, daß der Kläger nach dem Überqueren der Straße ca 7 bis 8 m zu dem Kiosk zurückgehen mußte, da er nach den Feststellungen des LSG infolge anderer geparkter Fahrzeuge seinen Pkw nicht unmittelbar gegenüber dem Kiosk abstellen konnte. Entscheidend ist insoweit bereits hier, daß der Kläger diese geringfügige Strecke zum Überqueren der Straße und mit dem Willen zurücklegte, den Weg zum Ort der Tätigkeit nach dem Aufsuchen des Kiosks fortzusetzen.

Mit dem Verlassen des Kiosks und dem Wiederbetreten des öffentlichen Verkehrsraums vor dem Kiosk lebte der kurzzeitig unterbrochene Versicherungsschutz wieder auf und nicht – wie das LSG und die Beklagte angenommen haben – erst mit dem Erreichen des „Umkehrpunktes”. Mit dem Betreten der Straße diente die Zurücklegung des Weges wesentlich – wieder – der Aufnahme der versicherten Tätigkeit.

Ebenso wie die Unterbrechung des Weges nach oder von dem Ort der Tätigkeit erst beginnt, wenn der Versicherte den öffentlichen Verkehrsraum verlassen hat (hier das Betreten des Kiosks) endet die Unterbrechung, wenn der Versicherte den öffentlichen Verkehrsraum wieder erreicht hat (BSGE 20, 219, 221/222; 63, 26, 27; Brackmann a.a.O. S 487c mwN). Insoweit gelten dieselben Grundsätze auch für den Rückweg des Autofahrers, der zu Fuß über die Straße zu seinem Wagen zurückgeht. Das erneute Überqueren der Fahrbahn ist grundsätzlich nicht anders zu beurteilen als bei einem Fußgänger, der den versicherten Heimweg auf der anderen Straßenseite oder nach nochmaligem Überqueren der Fahrbahn auf der bisher benutzten Straßenseite zu Fuß fortzusetzen beabsichtigt (BSGE 20, 219, 222; BSG Urteil vom 31. Oktober 1972 – a.a.O. –; Brackmann a.a.O. S 487d).

Nach den Feststeilungen des LSG hatte der Kläger sich nach Verlassen des Kiosks aber wegen eines inzwischen auf der Straße davor geparkten Lastzuges zunächst in die seinem Pkw entgegengesetzte Richtung gewandt und wollte erst nach einer geringfügigen Strecke von ca 14 bis 18 m hinter seinem Pkw die Hillegosser Straße überqueren. Durch dieses auf die konkreten Verkehrsverhältnisse abgestellte Verhalten des Klägers wurde der oben beschriebene innere Zusammenhang nicht wieder gelöst.

Den vom LSG für eine Unterbrechung des inneren Zusammenhangs angezogenen Entscheidungen des BSG liegen ausnahmslos Fälle zugrunde, in denen der Versicherte nicht nur geringfügig und nicht nur zum Überqueren der Straße die bisher auf dem Weg von oder zur Betriebsstätte bewältigte Strecke zurückging, sondern vielmehr zB um wieder zu seinem Betrieb als Ausgangspunkt zu gelangen (s BSG Urteil vom 28. Juni 1991 – 2 RU 70/90 – USK 91165) oder bei einem bis zu 800 m weitem Zurück- und Nachfahren eines anderen Kraftfahrers zur Sicherung von Schadensersatzansprüchen (BSG Urteil 3-2200 § 550 Nr. 1) oder zur eigenwirtschaftlichen Zwecken dienenden Rückfahrt des Versicherten zu seiner 280 m entfernt liegenden Wohnung (BSG SozR 2200 § 550 Nr. 24). Entscheidend war in allen diesen Fällen, daß der innere Zusammenhang des begonnenen und nach § 550 Abs. 1 RVO geschützten Weges völlig aufgehoben und durch eine andere Handlungstendenz des Versicherten ersetzt wurde. Das entnahm der Senat im wesentlichen daraus, daß der Versicherte zu einem anderen Zweck und Ziel die bisher benutzte Wegstrecke selbst im öffentlichen Verkehrsraum wieder in umgekehrter Richtung zurücklegte (s BSG Urteil vom 28. Juni 1991 – 2 RU 70/90 – USK 91165). Davon zu unterscheiden sind Fälle wie der vorliegende. Wenn der bisher zurückgelegte Weg als Annäherung an das Ziel (hier die Betriebsstätte) im Ergebnis derart erhalten geblieben ist, daß entweder nach dem Durchqueren des öffentlichen Verkenrsraums oder – wie hier – nach einer Unterbrechung wieder unbeschadet daran angeknüpft werden kann, ist bei unveränderter Handlungstendenz des Versicherten der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit erhalten geblieben. Insoweit ist auch in allen entschiedenen Fällen des BSG dieser innere Zusammenhang stets bejaht worden (s BSGE 20, 219, 220; 49, 16, 18; 63, 26, 27; BSG SozR 2200 § 550 Nr. 69; BSG Urteil vom 28. Juni 1991 – a.a.O. –).

Dieses Ergebnis steht demnach auch im Einklang zu dem vom LSG seiner Entscheidung zugrundegelegten Urteil des Senats vom 19. März 1991 (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 8). Dieses Urteil war in tatsächlicher Hinsicht durch die Besonderheit gekennzeichnet, daß bei natürlicher Betrachtungsweise (s BSG Urteil vom 18. Dezember 1974 – 2 RU 37/73 – USK 74212 –) das Verhalten des Versicherten vor dem Überqueren der Straße auf seine – veränderte – Handlungstendenz schließen ließ, seinen Heimweg abzubrechen und der auf der anderen Straßenseite in entgegengesetzter Richtung gehenden Bekannten in eine nahegelegene Diskothek zu folgen. Hierin hat der Senat eine deutliche Zäsur gesehen mit der Folge, daß bereits mit dem ersten Schritt in die entgegengesetzte Richtung der bis dahin bestehende Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gelöst wurde und der Versicherungsschutz entfiel. Nach den diese Entscheidung zugrundeliegenden Feststellungen des LSG hatte der Versicherte durch den Abbruch des Heimweges den inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gelöst. Die weitere Annäherung an seine Wohnung als Ziel des Weges wurde aufgehoben, und zwar derart, daß – nach dem beabsichtigten Besuch der Diskothek – an die bisher zurückgelegte Wegstrecke nicht mehr angeknüpft werden konnte. Im vorliegenden Fall hingegen wollte der Kläger unmittelbar nach dem Brötchen- und Zeitungskauf seinen Weg zum Ort der Tätigkeit in seinem Pkw fortsetzen.

Anhaltspunkte für eine andere – geänderte – Handlungstendenz des Versicherten, als nach dem erneuten Überqueren der Hillegosser Straße zu seinem Pkw zu gelangen und danach unmittelbar zu seiner Arbeitsstätte zu fahren, sind den Feststellungen des LSG nicht zu entnehmen.

Nach alledem stand der Kläger im Zeitpunkt des Unfalls unter Versicherungsschutz. Wegen der Folgen des Arbeitsunfalls stehen ihm gegen die Beklagte Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu. Damit war auf die Revision des Klägers das angefochtene Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1049451

BB 1996, 2627

NJW 1997, 2260

MDR 1997, 177

Breith. 1997, 422

SozSi 1997, 194

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