Entscheidungsstichwort (Thema)

Kfz-Haftpflichtversicherer. Direktanspruch. Feststellungsbefugnis. Vorliegen eines Arbeitsunfalles. Prozeßführungsbefugnis

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Kfz-Haftpflichtversicherer kann, wenn er von dem durch einen Unfall Verletzten direkt in Anspruch genommen wird, die Feststellungen nach § 638 Abs 1 RVO beantragen und das Verfahren nach dem SGG betreiben.

Stand: 24. Oktober 2002

 

Normenkette

RVO § 639 S. 1, § 638 Abs. 1; SGB VII § 109; AKB 1984 § 10 Abs. 5; KfzPflVG § 3 Nrn. 1-2

 

Verfahrensgang

SG Hamburg (Gerichtsbescheid vom 24.04.1996; Aktenzeichen 24 U 293/94)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin zu 1 wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 24. April 1996 aufgehoben, soweit die Klage der Klägerin zu 1 abgewiesen worden ist. Die Sache wird insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen.

Im übrigen werden die von der Klägerin zu 1 namens der Klägerin zu 2 und des Klägers zu 3 eingelegten Revisionen als unzulässig verworfen.

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte dem Beigeladenen wegen eines Verkehrsunfalls Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren hat und die Klägerin zu 1 berechtigt ist, dies gerichtlich feststellen zu lassen.

Mit Wirkung vom 1. Januar 1992 ist der Beigeladene zum Geschäftsführer der Klägerin zu 2 bestellt worden. Am 23. Juni 1993 erlitt er auf dem Weg zu seiner Wohnung einen Verkehrsunfall als Mitfahrer in einem Kraftfahrzeug, dessen Halter die Klägerin zu 2 war und das von dem bei ihr beschäftigten Kläger zu 3 gesteuert wurde. Die Klägerin zu 1 ist die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung des Kraftfahrzeughalters und des mitversicherten Fahrers. Durch den Verkehrsunfall zog sich der Beigeladene mehrere Frakturen zu.

Die Beklagte lehnte gegenüber dem Beigeladenen die Gewährung von Leistungen ab, weil er zum Unfallzeitpunkt als selbständiger Unternehmensberater für die Klägerin zu 2 tätig geworden sei und daher nicht zu dem Kreis der in der gesetzlichen Unfallversicherung pflichtversicherten Personen nach § 539 Abs 1 Nr 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) gehöre (Bescheid vom 5. Mai 1994). Die hiergegen von den Klägern zu 1 bis 3 und dem Beigeladenen eingelegten Widersprüche blieben erfolglos (Widerspruchsbescheide vom 9. September 1994).

Dagegen haben die Kläger zu 1 bis 3 Klage erhoben. Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 1995 hat die Klägerin zu 2 erklärt, sie habe den Bevollmächtigten der Klägerin zu 1 keine Vollmacht erteilt und keinerlei Interesse an der Fortsetzung des Prozesses gegen die Beklagte. Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 1995 hat der Kläger zu 3 die Klage zurückgenommen.

Das Sozialgericht (SG) hat durch Gerichtsbescheid vom 24. April 1996 den Rechtsstreit insoweit als in der Hauptsache erledigt angesehen, als die Kläger zu 2 und 3 ihre Klagen zurückgenommen hätten. Im übrigen hat es die Klage der Klägerin zu 1 abgewiesen. Ihre Klage sei unzulässig, da die Klägerin zu 1 nicht nach § 639 Satz 1 RVO prozeßführungsbefugt sei. Sie gehöre nicht zu den haftungsprivilegierten Personen des § 636 oder § 637 RVO. Auch sei sie nicht berechtigt, das Verfahren in Vertretung für die Kläger zu 2 und 3 als Prozeßbevollmächtigte zu betreiben. Denn als juristische Person sei sie nicht prozeßfähig. Ihrem Bevollmächtigten sei von der Klägerin zu 2 keine Vollmacht erteilt worden, und die von dem Kläger zu 3 erteilte Vollmacht habe dieser zwischenzeitlich wieder zurückgezogen.

Mit der Sprungrevision (Beschluß vom 18. Juni 1996) rügt die Klägerin zu 1, sie sei entgegen der Ansicht des SG prozeßfähig und im Rahmen des § 639 Satz 1 RVO selbst klagebefugt. Ihre Feststellungs- und Klagebefugnis nach dieser Vorschrift sei Konsequenz des Direktanspruchs und der gesamtschuldnerischen Haftung gemäß § 3 Nr 1 und 2 Pflichtversicherungsgesetz (PflVG) sowie des Umstandes, daß von ihr als Kfz-Haftpflichtversicherer im Rahmen des Direktanspruchs nur das verlangt werden könne, was der Anspruchssteller auch vom Schädiger unter Berücksichtigung möglicher Haftungsbeschränkungen nach §§ 636, 637 RVO beanspruchen könne.

Ferner habe das SG ihre, der Klägerin zu 1, gesetzliche Bevollmächtigung verkannt, die sich aus § 10 Abs 5 der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) ergebe und sie auch berechtige, das Feststellungs- und sozialgerichtliche Verfahren im Namen der Kläger zu 2 und 3 zu betreiben. Wegen der nach den AKB vom Versicherungsnehmer dem Versicherer erteilten unwiderruflichen Vollmacht, die für die Dauer des Haftpflichtversicherungsverhältnisses bestehe, seien die Erklärungen der Klägerin zu 2 und des Klägers zu 3 zur Rücknahme der Klage unerheblich.

Der Beigeladene habe den Unfall als Angestellter der Klägerin zu 2 erlitten und damit als Betriebsangehöriger im Verhältnis zum Kläger zu 3. Beide hätten sich zum Unfallzeitpunkt auf einer Dienstreise befunden.

Die Klägerin zu 1 beantragt auch namens der Kläger zu 2 und 3,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 24. April 1996 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. Mai 1994 idF des Widerspruchsbescheides vom 9. September 1994 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Beigeladenen wegen des Unfalls vom 23. Juni 1993 Entschädigungsleistungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Sprungrevision zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Darüber hinaus vertritt sie die Ansicht, die Bestimmungen der AKB gingen der besonderen Bestimmung des § 639 RVO als lex specialis nach. Die Klägerin zu 1 sei im Rahmen des § 639 RVO nicht prozeßführungsbefugt, da es bei den Bestimmungen der Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) und den AKB um die Geltendmachung zivilrechtlicher Haftungsansprüche und nicht um die Ansprüche der Verletzten gegenüber den Trägern der sozialen Unfallversicherung gehe. Der Kreis der zum Betreiben des Verfahrens Berechtigten sei auf den Unternehmer (§ 636 RVO) und die Betriebsangehörigen (§ 637 RVO) beschränkt. Dritte, wie zum Beispiel der Kfz-Haftpflichtversicherer, könnten das Prozeßführungsrecht aus § 639 RVO nicht für sich in Anspruch nehmen. Wenn der Gesetzgeber eine andere Regelung gewollt hätte, dann hätte er dies im Gesetz zum Ausdruck bringen müssen, nicht zuletzt in den §§ 104, 105, 109 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII).

Im übrigen habe der Beigeladene am 23. Juni 1993 keinen Arbeitsunfall erlitten, weil er zwar zu dem in § 545 RVO bezeichneten Personenkreis gehöre, jedoch von der Möglichkeit, sich freiwillig zu versichern, keinen Gebrauch gemacht habe.

Der Beigeladene beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Da die Kläger zu 2 und 3 die Klage zurückgenommen hätten, seien sie im Revisionsverfahren nicht mehr beteiligt. Der Einwand der Klägerin zu 1, sie habe die Legitimation für die Kläger zu 2 und 3, in deren Vertretung einen Prozeß zu führen, sei vorliegend im Revisionsverfahren nicht mehr erheblich.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision der Klägern zu 1 ist insoweit begründet, als der Gerichtsbescheid des SG, soweit darin die Klage der Klägerin zu 1 abgewiesen worden ist, aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG zurückzuverweisen ist.

Der Rechtsstreit richtet sich noch nach den Vorschriften der RVO, da der Unfall des Beigeladenen sich vor Inkrafttreten des SGB VII am 1. Januar 1997 ereignet und auch die Klägerin zu 1 den Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt begonnen hat (s Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes, § 212 SGB VII).

Die Klägerin zu 1 ist gemäß § 639 RVO berechtigt, die Feststellungen nach § 638 Abs 1 RVO zu beantragen und das entsprechende Verfahren nach dem Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu betreiben.

Die Klägerin ist – um einem Argument des SG zu entgegnen – eine Person iS des § 639 Satz 1 RVO. In dieser Vorschrift wird nicht zwischen natürlichen und juristischen Personen unterschieden. Auch eine GmbH kann als Unternehmerin ihre Rechte aus § 639 iVm § 638 Abs 1 RVO geltend machen.

Es kann dahinstehen, ob der Klägerin zu 1 bereits unmittelbar die Rechte aus § 639 RVO zustehen, seitdem der durch einen Unfall im Straßenverkehr Verletzte auch direkt gegen sie als Kfz-Haftpflichtversicherer seine Entschädigungsansprüche aus der Haftpflicht des Kraftfahrzeughalters geltend machen kann (s § 3 Nr 1 des PflVG idF seit dem 5. April 1965 – BGBl I 213). Der Versicherer und der ersatzpflichtige Versicherungsnehmer haften als Gesamtschuldner (s § 3 Nr 2 PflVG). Auch die Ersatzpflicht eines Versicherers im Sinne des PflVG ist, wenn er von dem Opfer eines Arbeitsunfalls direkt in Anspruch genommen wird, nach den §§ 636 und 637 RVO beschränkt (BGH LM § 898 RVO Nr 24). Die Klägerin zu 1 ist deshalb eine Person, deren Ersatzpflicht als Gesamtschuldner mit dem Unternehmer nach § 636 RVO und mit dem Betriebsangehörigen nach § 637 RVO beschränkt ist. Aber selbst wenn § 639 Satz 1 RVO iVm der Verweisung auf § 636 und § 637 RVO entsprechend dem früheren Rechtszustand unmittelbar als Personen nur die Unternehmer und die in denselben Betrieben tätigen Betriebsangehörigen erfaßt, so ist § 639 RVO jedenfalls analog anzuwenden in den Fällen, in denen der Versicherer im Sinne des PflVG von dem durch einen Unfall Verletzten direkt in Anspruch genommen wird und mit dem Schädiger als Gesamtschuldner haftet (Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschäden, 5. Aufl 1990, Seite 146 RdNr 421; Sieg, SGb 1991, 213, 214). Die zur Beurteilung stehende Sach- und Rechtslage sind nahezu deckungsgleich, jedenfalls vergleichbar mit denen, die der Gesetzgeber geregelt hat (BGHZ 105, 140, 143; 110, 183, 192). Sinn und Zweck der Regelungen des § 639 RVO ist es, den Ersatzpflichtigen in die Lage zu versetzen, die Beschränkung seiner Ersatzpflicht nach § 636 und nach § 637 RVO wirksam geltend machen zu können. Dazu gehören sowohl die Feststellungen iS des § 638 RVO als auch die Möglichkeit, das entsprechende Verfahren nach dem Sozialgesetz zu betreiben. Auf diese Möglichkeiten ist der direkt in Anspruch genommene Versicherer im Sinne des PflVG aus denselben Gründen und in demselben Umfang wie die Unternehmer und Betriebsangehörigen als Haftpflichtige angewiesen. Der Gesetzgeber hätte sich bei einer Interessenabwägung von den gleichen Grundsätzen leiten lassen wie beim Erlaß der zumindest entsprechend anwendbaren Regelung des § 639 RVO. Dafür sprechen neben der gleichen Rechts- und Sachlage sowie Sinn und Zweck der Regelung, daß sich die vom Senat vertretene Auffassung auch vom Ergebnis rechtfertigt. Könnte der Versicherer nicht die Feststellungen nach § 638 Abs 1 RVO beantragen und das entsprechende Verfahren nach dem SGG nicht betreiben, so würde er – ähnlich der Sachlage beim Unternehmer und Betriebsangehörigen – in allen den Fällen, in denen er direkt in Anspruch genommen wird, dem Verletzten entgegenhalten, nach seiner – des Versicherers – Auffassung handele es sich um einen Arbeitsunfall. In dem dann für den Verletzten notwendigen Zivilprozeß müßte das Verfahren ausgesetzt sowie das Verwaltungsverfahren und gegebenenfalls das sozialgerichtliche Verfahren durchgeführt werden. Die Rechtsansicht führt somit im Regelfall nicht zu einer zahlenmäßig stärkeren Inanspruchnahme der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, vermag vielmehr durch eine frühzeitige Entscheidung der Fachgerichte über die Haftungsbeschränkung einen sonst allein wegen dieser Frage zu führenden Zivilprozeß vermeiden.

Die Beklagte weist zu Unrecht darauf hin, bei den Ansprüchen gegen die Klägerin zu 1 gehe es um die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche und nicht um die des Verletzten gegen den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies ist auch bei Schadenersatzansprüchen des Verletzten direkt gegenüber dem Unternehmer oder den Arbeitskollegen der Fall und dennoch haben sie die Rechte aus § 639 RVO. Die Bezugnahme der Beklagten auf das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 4. März 1960 (BG 1961, 540) steht dem nicht entgegen, da dieses Urteil die Rechtslage vor der Möglichkeit der direkten Inanspruchnahme des Versicherers durch den Geschädigten betraf. Die im Schrifttum vertretene Gegenmeinung (Lauterbach/Watermann, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl, § 639 Anm 5; Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII, 5. Aufl, § 109 Anm 3.5) verneinen generell für die „Haftpflichtversicherer” die Berechtigungen nach § 639 RVO, ohne auf die für Versicherer im Sinne des PflVG nach § 3 Abs 1 Nrn 1 und 2 dieses Gesetzes besondere Rechtslage einzugehen, auf die der Senat seine Rechtsauffassung stützt.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch den §§ 104 ff SGB VII nichts anderes zu entnehmen. Zwar enthält § 109 SGB VII eine § 639 RVO entsprechende Regelung. Sie führt gleichfalls den Versicherer im Sinne des PflVG nicht ausdrücklich mit auf. Den Gesetzesmaterialien ist jedoch nicht zu entnehmen, daß der Gesetzgeber sich mit der hier maßgebenden, in der Zeit vor Inkrafttreten des SGB VII nicht nennenswert diskutierten Frage befaßt hat und durch die Nichtaufnahme des Versicherers im Sinne des PflVG diesen von den Berechtigungen nach § 109 SGB VII hat ausschließen wollen.

Die Klägerin zu 1 hat in ihrem Schriftsatz vom 23. Januar 1995 mitgeteilt, daß der Beigeladene gegen sie Klage auf Schadenersatz erhoben hat (Landgericht Hof Az.: 12 O 12/95). Sie hat deshalb auch diese Voraussetzung des § 639 RVO dargelegt.

Ausgehend von der Rechtsauffassung des Senats zu § 639 RVO ist die Klägerin zu 1 jedoch nicht berechtigt, zugleich den Rechtsstreit in Vollmacht der Klägerin zu 2 und des Klägers zu 3 weiterzuführen, nachdem diese die Klage zurückgenommen bzw auf eine Weiterführung des Klageverfahrens verzichtet haben. Zwar haben der Versicherer und die mitversicherten Personen nicht nur nach § 7 II Abs 5 AKB dem Versicherer die Führung des Rechtsstreits zu überlassen und auch dem vom Versicherer bestellten Anwalt Vollmacht zu erteilen, sondern nach § 10 Abs 4 AKB (früher § 10 Abs 5 AKB) gilt der Versicherer bevollmächtigt, im Namen der versicherten Personen Ansprüche nach Abs 1 zu befriedigen und/oder abzuwehren und dafür zweckmäßig erscheinende Erklärungen im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens abzugeben (s BGHZ 24, 308, 317; 28, 244, 246; 112, 345; Stiefel/Hofmann, Kraftfahrzeugversicherung, 14. Aufl 1989, § 10 AKB RdNrn 122 ff; Becker/Böhme, Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden, 17. Aufl 1989, Seite 410, 411 RdNrn 1051-1053). Fraglich ist allerdings, ob der Versicherungsnehmer und die mitversicherten Personen im Außenverhältnis auch nicht mehr befugt sind, einen vom Versicherer aufgrund der fingierten Berechtigung eingeleiteten Prozeß für sich durch Klagerücknahme zu beenden, also sie gezwungen sind, auch gegen ihren Willen Partei bzw – im sozialgerichtlichen Verfahren – Beteiligte in einem vom Versicherer durchgeführten Gerichtsverfahren zu bleiben. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob eine so weitgehende Einschränkung der Rechtsmacht des Versicherungsnehmers und des Mitversicherten sich aus den Regelungen des AKB ergibt und – wenn ja – ob sie auch allgemein für Gerichtsverfahren gilt, die Ansprüche aus der Sozialversicherung betreffen (s auch BGHZ 28, 244, 247/248). Jedenfalls in den Fällen, in denen das Gesetz – wie nach der Rechtsauffassung des Senats in § 639 RVO – dem Versicherer selbst das Recht gibt, feststellen zu lassen, ob ein Arbeitsunfall vorliegt und in welchem Umfang und von welchem Träger der Unfallversicherung die Leistungen zu gewähren sind sowie das entsprechende Verfahren nach dem SGG zu betreiben, erscheint in diesem Bereich ein so weitgehender Eingriff in die Freiheit des Versicherungsnehmers und der mitversicherten Personen, ungeachtet vertraglich eingegangener Verpflichtungen, prozessual selbst zu bestimmen, ob ein Prozeß auch in ihrem Namen weitergeführt wird, nicht erforderlich und deshalb nicht angemessen.

Nach den Erklärungen der Klägerin zu 2 und des Klägers zu 3 ist die Klägerin zu 1 somit nicht mehr berechtigt, den Rechtsstreit in Vollmacht der anderen Kläger fortzuführen. Insoweit waren die von der Klägerin zu 1 namens der Klägerin zu 2 und des Klägers zu 3 eingelegten Revisionen als unzulässig zu verwerfen.

Das SG hat die – nach seiner Rechtsauffassung zunächst nicht erforderlichen – Feststellungen noch zu treffen, die im weiteren Rechtsstreit der Klägerin zu 1 eine Entscheidung darüber ermöglichen, ob der Beigeladene einen Arbeitsunfall erlitten hat. Das SG hat dabei auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1173531

BSGE 80, 279

BSGE, 279

NJW 1998, 477

SGb 1998, 280

SozR 3-2200 § 639, Nr.1

SozSi 1998, 77

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