Der Betriebsrat hat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, ein Mitbestimmungsrecht bei vorübergehender Verlängerung oder Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob der Arbeitnehmer überhaupt verpflichtet ist, Mehrarbeit zu leisten. Dafür ist in der Regel eine entsprechende arbeits- oder tarifvertragliche Verpflichtung erforderlich.

Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG stellt sich als Unterfall der Regelung in § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG über Beginn und Ende der Arbeitszeit dar. Im Unterschied zu dem Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG geht es hier um die Dauer der Arbeitszeit. Beschränkt ist dieses Mitbestimmungsrecht allerdings auf die vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung in Abweichung von der betriebsüblichen Arbeitszeit.

Wird lediglich die tarifliche Wochenarbeitszeit im Rahmen von Schichtplänen und/oder flexiblen Arbeitszeiten mit Zeitkonten über- oder unterschritten, handelt es sich bei den Abweichungen ("Plusstunden" bzw. "Minusstunden") nicht um Verlängerungen (oder Verkürzungen) der betriebsüblichen Arbeitszeit, sondern lediglich um eine ungleichmäßige Verteilung der betriebsüblichen Arbeitszeit innerhalb eines definierten Zeitraums. Erst dann, wenn die tarifliche oder arbeitsvertragliche Arbeitszeit im Durchschnitt im vorgesehenen Ausgleichszeitraum nicht erreicht wird, liegt eine zustimmungspflichtige vorübergehende Verlängerung der Arbeitszeit vor.[1]

Durch das Mitbestimmungsrecht wird jede Form vorübergehender Verkürzung oder Verlängerung erfasst, also beispielsweise auch die Einlegung einer einzigen Sonder- oder Feierschicht.[2] Eine Änderung der betriebsüblichen Arbeitszeit i. S. d. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG setzt nicht voraus, dass sich zugleich auch die Vergütung ändert.[3] Demgegenüber wird die dauerhafte Veränderung der regelmäßigen Arbeitszeit nicht erfasst. Das ist aber erst dann der Fall, wenn nicht erkennbar ist, dass überhaupt eine Rückkehr zur bisherigen Arbeitszeit geplant ist. Der Zeitpunkt dieser Rückkehr muss nicht bereits zeitlich feststehen. Eine dauerhafte Verlängerung der Arbeitszeit ist nur durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag, wegen § 77 Abs. 3 BetrVG aber nicht durch Betriebsvereinbarung möglich.[4]

Unter "betriebsüblicher Arbeitszeit" ist die regelmäßige betriebliche Arbeitszeit zu verstehen. Der Begriff der Betriebsüblichkeit ist nicht so zu verstehen, dass damit die im Betrieb häufigste Arbeitszeit gemeint wäre. Vielmehr ist auf die im Betrieb für bestimmte Arbeitsplätze und Arbeitnehmergruppen geltenden Arbeitszeiten abzustellen.[5] Damit kann es in ein und demselben Betrieb mehrere betriebsübliche Arbeitszeiten geben. Daher ist auch die Anordnung von Mehrarbeit von Teilzeitbeschäftigten mitbestimmungspflichtig, weil deren Teilzeit auch eine der betriebsüblichen Arbeitszeiten ist.[6]

Sowohl die Anordnung von Überstunden als auch von Mehrarbeit unterliegt der Mitbestimmung.[7] Dies gilt auch für die vorübergehende Verlängerung der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten[8], und zwar auch, wenn nach einer tariflichen Regelung Mehrarbeit der Teilzeitbeschäftigten nur diejenige Arbeitszeit sein soll, die über die regelmäßige Arbeitszeit Vollzeitbeschäftigter hinausgeht.[9]

 
Hinweis

Auch die Duldung von Überstunden unterliegt der Mitbestimmung

In der Praxis wird häufig übersehen, dass nicht nur die Anordnung, sondern auch die Duldung von Überstunden dem Mitbestimmungsrecht unterliegt. Unter Duldung werden dabei die Entgegennahme der Arbeitsleistung und die Bezahlung der Überarbeit verstanden. Die Duldung von Mehrarbeit liegt vor, wenn der Arbeitgeber von ihr Kenntnis hat und gebotene Gegenmaßnahmen unterlässt.[10]

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber nur für einen Arbeitnehmer Überstunden anordnen will. Es entfällt nicht deshalb, weil ein Arbeitnehmer auf Wunsch des Arbeitgebers freiwillig Überstunden leistet, soweit ein kollektiver Tatbestand mit einem betrieblichen Regelungsbedürfnis vorliegt.[11]

Für den Mitbestimmungsprozess kann auf das unter Abschn. 8 Gesagte verwiesen werden. Auch hier gilt: der Arbeitgeber darf eine Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit nicht ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats anordnen. Andernfalls läuft er Gefahr, dass der Betriebsrat beim Arbeitsgericht eine Unterlassungsverfügung erwirkt. Ggf. muss der Arbeitgeber auch hier die Einigungsstelle anrufen (§ 76 Abs. 5 BetrVG i. V. m. § 87 Abs. 2 BetrVG). Auch in Eilfällen entfällt das Mitbestimmungsrecht nicht; eine vorausschauende Regelung in einer Rahmenbetriebsvereinbarung ist sinnvoll.

Eine Verkürzung der Arbeitszeit i. S. v. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ist bei jeder vorübergehenden Absenkung der betriebsüblichen Arbeitszeit gegeben, gleichgültig, ob sie Stunden, Tage, einzelne Schichten oder einzelne Wochen betrifft. Vor allem die Anordnung von Kurzarbeit ist mitbestimmungspflichtig.[12]

Grundsätzlich gehört zum Schutzz...

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