Das Arbeitsgericht hat sowohl über den Feststellungsantrag als auch über den Zustimmungsersetzungsantrag des Arbeitgebers nach der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Rechtslage zu entscheiden.[1] Gesetzlich ist nicht geregelt, in welcher zeitlichen Reihenfolge das Arbeitsgericht über die Anträge zu entscheiden hat, bzw. ob die Gerichte durch Vorabbeschluss entscheiden können, dass die vorläufige Maßnahme offensichtlich nicht dringlich war. Richtigerweise ist die grundsätzliche Verpflichtung der Gerichte für Arbeitssachen anzunehmen, in einem einheitlichen Verfahren zu entscheiden. Aufgrund der in § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG geregelten Verpflichtung des Arbeitgebers, Zustimmungsersetzungsantrag und Feststellungsantrag zusammenzustellen, ist ersichtlich, dass der Gesetzgeber im Interesse einer endgültigen Klärung der Angelegenheit von einer einheitlichen Verfahrensdurchführung ausgeht. Die konkrete Sachbehandlung im laufenden (einheitlichen) Verfahren obliegt aber allein und ausschließlich dem Gericht, es kann einen Teilbeschluss oder einen Beschluss über beide Anträge erlassen, es ist nicht an diesbezügliche Anträge der Beteiligten gebunden.

Das Arbeitsgericht hat, sofern es gleichzeitig über den Feststellungsantrag und den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung entscheidet, 4 Entscheidungsmöglichkeiten:

  1. Ersetzung der verweigerten Zustimmung und Feststellung, dass die vorläufige Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war. Damit obsiegt der Arbeitgeber. Er kann die Maßnahme endgültig aufrechterhalten.
  2. Die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats wird nicht ersetzt, und es wird festgestellt, dass die vorläufige Maßnahme offensichtlich aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war. Damit obsiegt der Betriebsrat in vollem Umfang. Die vorläufige Maßnahme muss vom Arbeitgeber binnen 2 Wochen aufgehoben werden.
  3. Die verweigerte Zustimmung zur endgültigen Maßnahme wird nicht ersetzt, und es wird festgestellt, dass die vorläufige Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war. Damit obsiegt letztlich der Betriebsrat. Der Arbeitgeber muss die vorläufige Maßnahme binnen 2 Wochen aufheben.
  4. Die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats zur endgültigen Maßnahme wird ersetzt, und es wird festgestellt, dass die vorläufige Maßnahme offensichtlich aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war. Damit obsiegt der Arbeitgeber. Die an sich mangels Dringlichkeit ungerechtfertigte vorläufige Maßnahme wird zur endgültigen Maßnahme.

Die vorläufige Maßnahme kann in den Fällen 2. und 4. nur aufgehoben werden, wenn sie aus sachlichen Gründen offensichtlich nicht dringend erforderlich war (§ 100 Abs. 1 Satz 3 BetrVG). Offensichtlichkeit liegt vor, wenn ohne weitere Aufklärung sofort erkennbar ist, dass ein dringender betrieblicher Grund nicht vorlag. Es muss sich um eine grobe Verkennung der betrieblichen Notwendigkeiten der vorläufigen Durchführung der Einstellung oder Versetzung handeln.

 
Praxis-Beispiel

Keine dringende Erforderlichkeit:

  • Der Arbeitgeber kündigt einem Arbeitnehmer aus der Produktion aus betriebsbedingten Gründen und will befristet Arbeitskräfte für die Durchführung eines Auftrags, der schon seit Langem erteilt ist, einstellen.
  • Der Arbeitgeber will einen Arbeitnehmer sofort versetzen, um diesem baldmöglichst den Aufstieg in eine höhere Vergütungsgruppe zu ermöglichen.

Das Arbeitsgericht kann wegen der gesetzlichen Regelung in § 100 Abs. 1 Satz 3 BetrVG den Feststellungsantrag des Arbeitgebers nicht lediglich als unbegründet abweisen, sondern muss im Tenor der Entscheidung ausdrücklich aussprechen, dass die Einstellung/Versetzung offensichtlich aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich.[2]

Diese Feststellung ist aber dann nicht erforderlich, wenn das Arbeitsgericht, das Landesarbeitsgericht oder das BAG rechtskräftig den Zustimmungsersetzungsantrag ablehnt. In diesem Fall endet die Maßnahme gem. § 100 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 BetrVG nach 2 Wochen. Das Gericht wird das Verfahren über den Feststellungsantrag einstellen. Auf eine mögliche dringende sachliche Erforderlichkeit kommt es nicht mehr an.[3]

Gleiches gilt, wenn das Arbeitsgericht die Zustimmung des Betriebsrats ersetzt, gleichzeitig aber meint, dass die Maßnahme nicht dringend war (Fall 4[4]). Mit einer rechtskräftigen Ersetzung der Zustimmung steht nämlich fest, dass der Arbeitgeber die Maßnahme nicht mehr nur vorläufig, sondern dauerhaft durchführen darf. Auf die Frage, ob schon ihre vorläufige Vornahme gerechtfertigt war, kommt es nicht mehr an. Selbst wenn eine vorläufige Durchführung nicht aus sachlichen Gründen dringend geboten gewesen sein sollte, hat sich der Arbeitgeber nicht betriebsverfassungswidrig verhalten. Der Arbeitgeber kann die Maßnahme mit Rechtskraft der Entscheidung endgültig durchführen. Streitgegenstand eines Feststellungsantrags nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG ist nämlich die betriebsverfassungsrechtliche Befugnis des Arbeitgebers, eine personelle Maßnahme solange vorläufig durchzuführen, bi...

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