Nach § 1 Abs. 5 KSchG können die Betriebspartner einen Interessenausgleich mit Namensliste schließen. In diesem werden die zu entlassenden Arbeitnehmer namentlich bezeichnet. Rechtsfolge ist erstens, dass vermutet wird, dass für die Kündigungen ein betriebsbedingter Kündigungsgrund vorliegt. Zweitens wird die Sozialauswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft. Beides gilt nicht, wenn sich die Sachlage nach dem Zustandekommen wesentlich geändert hat.

1.3.1 Formgerechte Namensliste

Die Namensliste muss die zu entlassenden Arbeitnehmer namentlich bezeichnen. Dabei müssen sie zweifelsfrei identifiziert werden können. Bei Beschäftigten mit sehr häufigen Nachnamen ist daher der Vorname, bei Verwechslungsgefahr auch das Geburtsdatum oder die Personalnummer anzugeben. Ob auch eine Teil-Namensliste, die nur einen Teil der zu entlassenden Arbeitnehmer benennt, die Folgen des § 1 Abs. 5 BetrVG auslöst, ist offen und sollte daher vermieden werden.[1] Der Interessenausgleich muss mit der Namensliste in einer einheitlichen Urkunde aufgenommen werden. Ausreichend ist, wenn die Namensliste in einer Anlage enthalten ist, die mittels Heftklammern mit dem Interessenausgleich verbunden ist. Auch bei fehlender körperlicher Verbindung zwischen Interessenausgleich und Namensliste, ist die Voraussetzung erfüllt, wenn beide Unterlagen aufeinander Bezug nehmen und unterschrieben sind.[2] Auch bei nachträglicher Erstellung der Namensliste kann die Form gewahrt sein, jedenfalls wenn die Erstellung zeitnah erfolgt.[3]

 
Praxis-Tipp

Gestaltung von Interessenausgleich und Namensliste

Wegen der besonderen Formalien ist sehr sorgfältig vorzugehen, wenn die Rechtsfolgen des § 1 Abs. 5 eintreten sollen. Idealerweise wird bereits im Interessenausgleich auf die in der Anlage befindliche Namensliste verwiesen. Die Namensliste ihrerseits nimmt ausdrücklich Bezug auf die entsprechende Klausel im Interessenausgleich. Beide Unterlagen werden körperlich mit Heftklammern zusammengefügt und anschließend von den Betriebspartnern unterzeichnet.

Neben der formalen Gestaltung hat auf Seiten des Betriebsrates das richtige Gremium den Interessenausgleich mit Namensliste zu unterzeichnen. Die Unterzeichnung durch den Gesamtbetriebsrat löst nur dann die Folgen des § 1 Abs. 5 KSchG aus, wenn er für eine betriebsübergreifende Betriebsänderung zwingend nach § 50 Abs. 1 BetrVG zuständig ist oder wenn er einen Abschlussauftrag nach § 50 Abs. 2 BetrVG erhalten hat.[4] Wird der Interessenausgleich nur freiwillig abgeschlossen, ohne dass eine Betriebsänderung nach § 111 BetrVG vorliegt, liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 5 KSchG nicht vor.[5]

1.3.2 Vermutung des betriebsbedingten Kündigungsgrundes

Liegen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 KSchG vor, wird vermutet, dass die Kündigungen durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sind. Die Vermutung erfasst erstens den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit und zweitens das Fehlen einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit. Letzteres umfasst auch fehlende Beschäftigungsmöglichkeiten in anderen Betrieben des Unternehmens als dem von der Betriebsänderung betroffenen Betrieb, soweit jedenfalls diese Beschäftigungsmöglichkeiten Gegentand der Vereinbarung der Betriebspartner waren.[1]

 
Praxis-Tipp

Anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten und Namensliste

Zwar gilt die Vermutung des Fehlens von Beschäftigungsmöglichkeiten in anderen Betrieben auch wenn die Befassung der Betriebspartner mit dieser Frage nicht ausdrücklich im Interessenausgleich dokumentiert ist. Da der Arbeitnehmer die Vermutung erschüttern kann, indem er konkrete Beschäftigungsmöglichkeiten aufzeigt, ist darauf zu achten, dass im Interessenausgleich ein Hinweis enthalten ist, dass die Betriebspartner die Beschäftigungsmöglichkeiten in anderen Betrieben geprüft haben. Zusätzlich sollte in einer Verhandlungsrunde darüber gesprochen und dies im Protokoll vermerkt werden.

1.3.3 Grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl

Folge einer Namensliste ist, dass die Sozialauswahl nur noch auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden kann. Der Maßstab der groben Fehlerhaftigkeit gilt für:

  • Die sozialen Auswahlkriterien und ihre Gewichtung[1]
  • Die Festlegung des maßgeblichen Betriebs[2]
  • Der Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmer[3]
  • Die Herausnahmen von Leistungsträgern aus der Sozialauswahl[4]
  • Die Bildung von Altersgruppen, aber nicht wenn unsystematische Gruppen gebildet werden[5]

Die Sozialauswahl ist grob fehlerhaft, wenn ihr ein evidenter, ins Auge springender Fehler anhaftet und sie jede Ausgewogenheit vermissen lässt.[6] Den Betriebspartnern wird ein weiter Beurteilungsspielraum eingeräumt.

 
Praxis-Tipp

Erarbeitung der Namensliste

Da die Namensliste die Sozialauswahl nicht aufhebt, sondern nur den Maßstab der Überprüfung verändert, sollten die Betriebspartner zunächst gemeinsam eine sorgfältige "norma...

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