4.1 Begriff

Der betriebsverfassungsrechtliche Begriff der Versetzung in § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist gesetzlich versteckt in § 95 Abs. 3 BetrVG definiert, der sich primär mit den Auswahlrichtlinien befasst. Danach ist Versetzung im Sinne dieses Gesetzes die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer eines Monats überschreitet oder die mit einer erheblichen Änderung der Arbeitsumstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Die Betriebsverfassung enthält in dieser Bestimmung einen eigenen Versetzungsbegriff, dessen Inhalt nicht davon abhängig ist, ob der Arbeitgeber aufgrund des Einzelarbeitsvertrags zur Versetzung des Arbeitnehmers befugt ist oder nicht.[1] Das Einverständnis des versetzten Arbeitnehmers schließt daher das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nicht aus, weil es dem Betriebsrat nicht nur zum Schutz des einzelnen Arbeitnehmers, sondern auch zur Wahrung der Interessen der gesamten Belegschaft eingeräumt worden ist.[2] Der individualarbeitsrechtliche Begriff der Versetzung unterscheidet sich grundlegend von dem kollektivrechtlichen Versetzungsbegriff des § 95 Abs. 3 BetrVG. Auf der individualarbeitsrechtlichen Ebene geht es um die Frage, ob der Arbeitgeber dem betroffenen Arbeitnehmer nach dem Inhalt des Arbeitsvertrags verbindlich eine Weisung zum Wechsel des Arbeitsplatzes mit oder ohne Änderung des Arbeitsvertrags erteilen kann, auf der kollektivrechtlichen Ebene wird geklärt, ob ein Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats zur Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs benötigt.

4.2 Versetzung im Sinne des Arbeitsvertragsrechts

Der individualarbeitsrechtliche Begriff der Versetzung ist gesetzlich nicht definiert. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wird unter dem individualarbeitsrechtlichen Begriff der Versetzung jeder Wechsel des Arbeitsplatzes auf Anweisung des Arbeitgebers verstanden, wenn entweder der Ort der Arbeitsleistung oder die Art der Tätigkeit geändert wird.

Nach dem Individualarbeitsrecht hat der Arbeitgeber über sein Direktionsrecht die Befugnis, dem Arbeitnehmer Weisungen zu erteilen, um die Arbeitspflicht zu konkretisieren und die Maßnahmen zu treffen, die für die Einordnung des Arbeitnehmers in dem Betrieb erforderlich werden. Das Weisungsrecht und damit die individualrechtliche Versetzungsmöglichkeit werden begrenzt oder erweitert durch den Inhalt des Arbeitsvertrags und den Rahmen, den auf der kollektivrechtlichen Ebene Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge setzen. Je nach dem Inhalt dieser rechtlichen Gestaltungsfaktoren ist der Arbeitgeber daher berechtigt, einseitig, also auch gegen den Willen des Arbeitnehmers, diesem einen anderen Arbeitsort zuzuweisen oder dessen Tätigkeit zu verändern.

 
Hinweis

Direktionsrecht des Arbeitgebers

Je weniger konkret der Arbeitsvertrag die geschuldete Arbeitsleistung umschreibt, umso stärker ist das Direktionsrecht des Arbeitgebers.

Allerdings hat der Arbeitgeber bei der Ausübung seines Weisungsrechts auf die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Eine Weisung ist nur dann verbindlich für den Arbeitnehmer, wenn die ihm zugewiesene Arbeit ihm auch zumutbar ist.

Bei einer Versetzung kraft des arbeitsrechtlichen Weisungsrechts muss die im veränderten Arbeitsbereich zu leistende Arbeit nach ihrer Art in den Rahmen derjenigen Arbeiten fallen, die der Arbeitnehmer überhaupt zu übernehmen verpflichtet ist. In der Regel kann der Arbeitgeber daher den Arbeitnehmer nicht in einen Arbeitsbereich mit geringerer Entlohnung versetzen. Das gilt sogar dann, wenn der Arbeitgeber die bisherige Vergütung fortzahlen will.[1] Etwas anderes gilt nur dann, wenn dem Arbeitgeber eine derartige Versetzungsbefugnis im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag ausdrücklich eingeräumt ist.

Will der Arbeitnehmer individualrechtlich mit einer Änderungskündigung eine Versetzung bewirken, ist die Zustimmung des Betriebsrats gemäß § 99 BetrVG Wirksamkeitsvoraussetzung nur für die tatsächliche Zuweisung des neuen Arbeitsbereichs (nach Ablauf der Kündigungsfrist!). Ist diese nicht erteilt oder ersetzt, so führt dies nicht zu einer – schwebenden – Unwirksamkeit der Änderungskündigung. Der Arbeitgeber kann nur die Änderung nicht durchsetzen, so lange das Verfahren nach § 99 BetrVG nicht ordnungsgemäß durchgeführt ist. Der Arbeitnehmer ist dann in dem alten Arbeitsbereich weiter zu beschäftigen, der ihm nicht wirksam entzogen worden ist.[2]

4.3 Voraussetzungen der Versetzung

Eine zustimmungspflichtige Versetzung setzt voraus, dass zunächst

  • der Arbeitsbereich des betroffenen Arbeitnehmers in tatsächlicher Hinsicht geändert wird. Dann ist zu prüfen,
  • ob die Änderung voraussichtlich die Dauer eines Monats überschreitet, oder
  • mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist.

Die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs liegt vor, wenn dem Arbeitnehmer ein neuer Tätigkeitsbereich zugewiesen wird, sodass der...

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