Führen Änderungen im betrieblichen Bereich zu wesentlichen Nachteilen für die Belegschaft oder für erhebliche Teile der Belegschaft, sieht das Betriebsverfassungsrecht eine Beteiligung des Betriebsrats vor (§ 111 Satz 1 BetrVG).

Plant ein Unternehmer derartige Betriebsänderungen, so hat er ein abgestuftes System von Beteiligungsrechten bis zur Mitbestimmung zu beachten. Die Vorschrift des § 111 Satz 1 BetrVG gibt dem Betriebsrat zunächst ein Informations- und Beratungsrecht. In der Entscheidung darüber, ob er die Betriebsänderung tatsächlich durchführt, ist der Unternehmer frei. Er muss jedoch versuchen, mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich über das Ob, Wann und Wie der Betriebsänderung zu finden. Der Arbeitgeber ist im eigenen Interesse gehalten, alle Verständigungsmöglichkeiten bis hin zum letzten Vermittlungsversuch durch die Einigungsstelle auszuschöpfen (§ 112 Abs. 2 BetrVG). In § 113 BetrVG ist als Sanktion für den Arbeitgeber, der gar nicht oder erst nach Schaffung vollendeter Tatsachen verhandelt, ein Nachteilsausgleich festgelegt. Auf die Klage des einzelnen betroffenen Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber Abfindungen zu zahlen und ggf. andere Nachteilsausgleichsleistungen zu erbringen. Hält der Arbeitgeber das ihm aufgegebene Verfahren, das notwendigerweise zeitliche Verzögerungen mit sich bringt, ein, so kann er seine Planung verwirklichen, ohne dass ihn die Beteiligungsrechte des Betriebsrats aus den §§ 111, 112 BetrVG blockieren können. Es ist jedoch zu beachten, dass bei einer Betriebsänderungsmaßnahme andere, weitergehende Beteiligungsrechte berührt werden können. Kommt es zu einer Betriebsänderung, die tatsächlich wirtschaftliche Nachteile für die Arbeitnehmer mit sich bringt, kann der Betriebsrat den Abschluss eines Sozialplans verlangen (§ 112 Abs. 2 Satz 2 BetrVG). Kommt eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle (§ 112 Abs. 4 BetrVG).

1.1 Voraussetzungen für die Beteiligungsrechte des Betriebsrats

1.1.1 Mindestgröße für beteiligungspflichtige Betriebsänderungen

Beteiligungspflichtig sind nach § 111 Satz 1 BetrVG Betriebsänderungen nur dann, wenn sie Unternehmen betreffen, in denen in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt werden. Die Wahlberechtigung richtet sich nach § 7 BetrVG.

§ 111 BetrVG stellt seit Inkrafttreten des Betriebsverfassungsreformgesetzes vom 23.7.2001 nicht mehr auf die Anzahl der Belegschaftsmitglieder des betroffenen Betriebes, sondern auf die Zahl der Arbeitnehmer im Unternehmen ab. Damit trägt der Gesetzgeber der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts[1] Rechnung. Auch das BAG hatte bereits in diese Richtung entschieden.[2]

Die 21 oder mehr Arbeitnehmer müssen in der Regel im Unternehmen beschäftigt sein, daher kommt es nicht auf die Zahl zu einem bestimmten Stichtag an. Entscheidend ist, welche Arbeitnehmerzahl für das Unternehmen im Allgemeinen charakteristisch ist. Maßgeblich ist daher der Normalbestand unter Abzug der Spitzen- und Talsituationen.[3] Entscheidender Beurteilungszeitpunkt ist der Zeitpunkt, in dem der Betriebsrat vor Entscheidungsreife der Planung eingeschaltet werden muss.[4] In einem gemeinsamen Betrieb ist insoweit auf die Gesamtzahl aller in ihm beschäftigten Arbeitnehmer abzustellen.[5] Leiharbeitnehmer sind mitzuzählen, sofern sie zum Zeitpunkt der notwendigen Einschaltung des Betriebsrats bereits drei Monate im Unternehmen beschäftigt werden. Weiter ist zu prüfen, ob sie oder ihr Arbeitsplatz zum Normalbestand des Unternehmens gehören. Werden sie bereits länger als 6 Monate beschäftigt und kann der Arbeitgeber nicht darlegen, dass es sich um einen begrenzten Einsatz handelt, sind diese Leiharbeitnehmer mitzuzählen.[6]

1.1.2 Handlungsfähiger Betriebsrat bei Betriebsänderungen

Für die Unterrichtung und Beratung sowie die Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan sind grundsätzlich die für den einzelnen Betrieb gewählten Betriebsräte zuständig. Nur wenn insoweit mindestens 2 Betriebe eines Unternehmens betroffen sind und eine einheitliche Regelung zwingend geboten ist, kann eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats angenommen werden, z. B. wenn alle Betriebe eines Unternehmens stillgelegt werden sollen.[1] Wird in einem bisher betriebsratslosen Betrieb ein Betriebsrat erst nach der Durchführung der geplanten Betriebsänderung, z. B. wenn die ersten Kündigungen ausgesprochen sind, gewählt, kann er nicht mehr "rückwirkend" Beteiligungsrechte geltend machen.[2] Endet vor der Durchführung der Betriebsänderung die Amtszeit des Betriebsrats, so laufen die Rechte aus §§ 111, 112 BetrVG leer, wenn keine Neuwahl stattfindet.

Wird der Betrieb stillgelegt, bevor eine Einigung über einen Interessenausgleich und Sozialplan stattgefunden hat, so kann der Betriebsrat die Rechte aus §§ 111, 112 BetrVG weiter als sog. Restmandat ausüben.[3] Bei der Ausgliederung von wesentlichen Betriebsteilen bis hin zur Aufspaltung des ges...

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