Rz. 19

(1) Der nach diesem Gesetz bestehende Anspruch auf Bildungszeit ist ein Mindestanspruch. Andere Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Einzelverträge über Freistellungen zum Zwecke der Weiterbildung bleiben davon unberührt.

(2) Freistellungen, die aufgrund der in § 5 Abs. 1 BzG BW genannten Regelungen erfolgen, werden auf den Anspruch auf Bildungszeit angerechnet, wenn durch sie die Erreichung der in § 1 BzG BW niedergelegten Ziele ermöglicht wird und während der Freistellung ein Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts besteht. Eine Freistellung wird nicht angerechnet, wenn die Weiterbildung der Einarbeitung auf bestimmte betriebliche Arbeitsplätze oder überwiegend betriebsinternen Erfordernissen dient.

 

Rz. 20

§ 5 BzG BW betrifft das Verhältnis der Bildungszeit nach dem BzG BW zu anderen bezahlten Freistellungen des Arbeitnehmers. Das Gesetz stellt in § 5 Abs. 1 BzG BW klar, dass nur ein Mindestanspruch auf Weiterbildung gewährt wird und Freistellungen aufgrund anderer arbeits- oder dienstrechtlicher Regelungen hierdurch nicht tangiert werden.

Nach § 5 Abs. 2 BzG BW ist eine Anrechnung von bezahlten Freistellungen, die aufgrund anderer Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Einzelverträgen erfolgen auf den Bildungszeitanspruch möglich, wenn durch sie die Erreichung der Ziele des BzG BW ermöglicht wird und während der Freistellung ein Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts besteht. Eine Anrechnung anderer Weiterbildungsmaßnahmen ist auch dann möglich, wenn die Weiterbildung bei dem Arbeitgeber oder beim Dienstherrn unter Entbindung von der Arbeitsverpflichtung innerhalb der Arbeitszeit durch In-House-Veranstaltungen stattfindet. Für diese Bildungsmaßnahmen muss kein Antrag auf Anerkennung als Bildungseinrichtung nach den §§ 9 ff. BzG BW gestellt werden. Der Arbeitgeber oder Dienstherr soll durch das BzG BW nicht zusätzlich gebunden werden. Werden bereits durch andere Regelungen Ansprüche auf bezahlte Freistellung geschaffen, die Sinn und Zweck der Bildungszeit entsprechen (z. B. Weiterbildungsmaßnahmen nach der AzUVO), so gebietet das BzG BW nicht die Schaffung weiterer Freistellungsansprüche.

 

Rz. 21

Dienen die Freistellungsansprüche dagegen primär den Interessen des Arbeitgebers, so erfolgt nach § 5 Abs. 2 Satz 2 BzG BW keine Anrechnung auf den gesetzlichen Anspruch auf Bildungszeit. Daher werden Weiterbildungsmaßnahmen, die der Einarbeitung auf bestimmte betriebliche Arbeitsplätze dienen oder mit denen überwiegend betriebsinternen Erfordernissen nachgekommen wird, nicht auf den Bildungszeitanspruch angerechnet. Diese unterscheiden sich maßgeblich von Weiterbildungsmaßnahmen nach dem BzG BW. Maßnahmen nach dem BzG BW können vom Beschäftigten frei gewählt werden und kommen dem Arbeitgeber auch nur mittelbar zu Gute. Eine Weiterbildung zur Einarbeitung liegt vor, wenn der Mitarbeiter bei Beginn des Arbeitsverhältnisses oder bei einer Umsetzung/Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz in Bezug auf den konkreten neuen Arbeitsplatz besondere Kenntnisse, Fähigkeiten oder Fertigkeiten erlernt.

Für die Beurteilung, ob die Weiterbildungsmaßnahme überwiegend betrieblichen Interessen dient, ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich, bei der neben den aktuellen betrieblichen Notwendigkeiten auch der Nutzen der Weiterbildung für den Beschäftigten zu berücksichtigen ist. Kann der Beschäftigte die erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten oder Fertigkeiten auf dem Arbeitsmarkt zukünftig (z. B. bei einem Arbeitgeberwechsel) verwerten, dient die Qualifizierung nicht überwiegend betriebsinternen Erfordernissen.[1]

 
Praxis-Beispiel

Abgrenzung von betrieblichen zu persönlichen Interessen

Arbeitnehmerin A erhält eine betriebsinterne Schulung zu dem Softwareprodukt B, das nur innerhalb der Firmengruppe FD bei der sie beschäftigt wird, Verwendung findet. In diesem Fall dient die Weiterbildung eindeutig überwiegend betrieblichen Interessen, da A ihre Kenntnisse außerhalb der Firmengruppe D nicht verwenden kann. Arbeitnehmer B erhält eine Schulung zu den Geheimnissen der Anwendung des Office-Programmpakets. Diese Schulung dürfte anrechenbar sein, da B diese Kenntnisse auch bei einem Arbeitgeberwechsel in der Zukunft verwenden kann und keine betriebsspezifischen Kenntnisse vermittelt werden.

 

Rz. 22

Eine Anrechnung auf den Bildungszeitanspruch erfolgt nur,

  • wenn durch die Freistellung zur Weiterbildung aufgrund der in § 5 Abs. 1 BzG BW genannten Regelungen die Erreichung der Ziele des Bildungszeitgesetzes (§ 1 BzG BW) ermöglicht wird,
  • während der Freistellung ein Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts besteht und
  • die Weiterbildung nicht der Einarbeitung auf bestimmte betriebliche Arbeitsplätze oder nicht überwiegend betriebsinternen Erfordernissen dient.
[1] Merkel/Dodt, BB 2016, S. 693, 697.

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