Leitsatz (amtlich)

Die Auslegung eines Vertrages unterliegt als tatrichterliche Würdigung der revisionsgerichtlichen Überprüfung nur darauf, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder sie auf Verfahrensfehlern beruht. (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung).

Eine Beweisaufnahme zu einem bestrittenen erheblichen Vorbringen darf nicht abgelehnt werden, wenn die Behauptung konkret genug ist, um eine Stellungnahme des Gegners zu ermöglichen und die Erheblichkeit des Vorbrigens zu beurteilen (Erg. zu BGH NJW 1991, 2707).

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Entscheidung vom 19.06.1990)

LG Düsseldorf

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Juni 1990 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte zur Zahlung eines 1.786,65 DM übersteigenden Betrages verurteilt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Für einen im Jahre 1986 durchgeführten Ausbau einer dem Beklagten gehörenden Yacht stellte die Klägerin diesem insgesamt 213.286,26 DM in Rechnung, auf die der Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts insgesamt 220.000,00 DM zahlte. Für weitere nach einer Probefahrt und - zum überwiegenden Teil - nach einer abgebrochenen Überführung der Yacht nach Brasilien ausgeführte Arbeiten berechnete die Klägerin eine weitere Vergütung von insgesamt 31.384,49 DM, deren Begleichung der Beklagte mit der Begründung, es habe sich um Gewährleistungsarbeiten gehandelt, und im übrigen im Hinblick auf eine von ihm erklärte Aufrechnung verweigerte. Seine Gegenansprüche stützte er darauf, daß ihm infolge einer verspäteten Ablieferung des Schiffes ein Chartervertrag über 40.000,00 DM entgangen sei und er im übrigen für die abgebrochene Überführungsfahrt an den Kapitän 5.000,00 DM gezahlt sowie für die Betreuung des Schiffes in der Nachbesserungsphase 2.400,00 DM verauslagt habe.

Das Landgericht hat den Beklagten unter Abweisung der Klage im übrigen zur Zahlung von 5.087,03 DM verurteilt. Das gegen diese Entscheidung gerichtete Rechtsmittel des Beklagten blieb erfolglos; auf die Anschlußberufung der Klägerin hat das Berufungsgericht ihn in Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur Zahlung von insgesamt 18.607,56 DM verurteilt. Die zur Aufrechnung gestellten Ansprüche hat es - ebenso wie das Landgericht - verneint.

Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf volle Abweisung der Klage weiter; die Klägerin bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision hat in der Sache überwiegend Erfolg.

I.

Die Verurteilung des Beklagten stützt das Berufungsgericht auf die Position 1 der Rechnung Nr. 224, die Position 2 der Rechnung Nr. 304 und die Positionen 2, 4, 6 und 8 der Rechnung Nr. 807. Die dort aufgeführten Arbeiten hätten keine Gewährleistung zum Gegenstand, sondern gingen auf entsprechende Zusatzaufträge des Beklagten zurück. Daß die Klägerin eine unentgeltliche Ausführung dieser Arbeiten zugesagt habe, sei vom Beklagten - auch in dem nach Schluß der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz - nicht hinreichend dargetan; zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung bestehe kein Anlaß.

1.

Die Position 1 der Rechnung Nr. 224 und die Positionen 2, 4, 6 und 8 beanspruche die Klägerin als Vergütung für die Beseitigung von Fehlern der elektrischen Anlage, die nicht in ihren Verantwortungsbereich fielen und für über den ursprünglichen Auftrag hinausgehende Arbeiten. Lichtmaschine und Onan-Gerät (Position 1 zur Rechnung Nr. 224) habe die Klägerin nicht eingebaut; beide seien ebenso wie das Ladegerät (Position 8 der Rechnung Nr. 807) bereits ursprünglich vorhanden gewesen. Daß die Klägerin diese Einrichtungen habe erneuern sollen, habe der Beklagte nicht nachvollziehbar vorgetragen. In der durch den Konstrukteur des Schiffes erstellten umfangreichen und im übrigen bis ins einzelne gehenden Leistungsbeschreibung, die Grundlage des ursprünglichen Auftrags gewesen sei, fänden sich hierzu keinerlei Angaben. Danach habe die Klägerin vielmehr nur die vorhandene Anlage nach den Vorstellungen des Beklagten ergänzen und erweitern sollen. Daß ihr bei der in diesem Zusammenhang geschuldeten Überprüfung hinsichtlich der Einrichtungen ein Fehlverhalten zur Last falle, könne nicht festgestellt werden.

Ebenso würden auch die Arbeiten gemäß den Positionen 2, 4 und 6 der Rechnung Nr. 807 nicht von dem ursprünglichen Auftrag erfaßt; auch insoweit scheide eine Mängelgewährleistung aus. Die der Bezeichnung der einzelnen Arbeiten an der elektrischen Anlage in der Leistungsbeschreibung vorangestellte allgemeine Bemerkung, daß die gesamte Elektroanlage den Vorschriften des Yachtbaus entsprechen müsse, führe zu keiner anderen Beurteilung. Gegen eine Einbeziehung dieser Arbeiten in den ursprünglichen Auftrag spreche zudem, daß der - insoweit fachkundig beratene - Beklagte bei der Abnahme das Fehlen dieser Geräte und Zubehörteile nicht beanstandet habe. Schließlich fehle es an einer nachvollziehbaren Darlegung eines Zusammenhangs zwischen den insoweit in Rechnung gestellten Arbeiten und den durch den Beklagten gerügten Mängeln, die sich aus dem von ihm vorgelegten Gutachten und den dort festgestellten Mängeln nicht gewinnen ließe.

2.

Dem Grunde nach berechtigt seien auch die mit der Position 2 der Rechnung Nr. 304 geltend gemachten Vergütungsansprüche für die Reinigung der Bilge. Diesen Anspruch habe der Beklagte in erster Instanz dem Grunde nach ausdrücklich anerkannt und lediglich die Aufrechnung erklärt mit einem Gegenanspruch wegen der Kosten einer nach Ausführung der Gewährleistungsarbeiten erforderlichen weiteren Reinigung. An dieses Geständnis sei er gebunden; die Voraussetzungen eines Widerrufs lägen nicht vor. Darüber hinaus habe er einen Gewährleistungsfall, der eine erneute Reinigung hätte erforderlich machen können, nicht schlüssig dargelegt.

II.

Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nur zum Teil stand.

1.

Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings dagegen, daß das Berufungsgericht der Klägerin - über den von dem Beklagten nicht mehr beanstandeten Betrag von 148,83 DM hinaus - den gesamten Rechnungsbetrag gemäß Position 1 der Rechnung Nr. 224 zugesprochen hat. Mit ihrer - nur pauschalen - Behauptung, daß es sich auch insoweit nur um eine Beseitigung von Mängeln gehandelt habe, greift die Revision die Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts und dessen Tatsachenwürdigung an und versucht, diese durch ihre eigene zu ersetzen. Damit kann sie nicht gehört werden. Eine den Anforderungen des § 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO entsprechende Verfahrensrüge erhebt sie nicht; ein Fehler des Berufungsgerichts bei der Anwendung des materiellen Rechts ist nicht ersichtlich.

2.

Ins Leere gehen auch die gegen die Zubilligung der Vergütung für die Reinigung der Bilge (Position 2 der Rechnung Nr. 304) erhobenen Rügen.

Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, gegen die die Revision beachtliche Verfahrensrügen nicht erhebt, fehlt es an jedem Anhaltspunkt für eine Verpflichtung der Klägerin, die unstreitig erbrachten Reinigungsarbeiten als Folge einer Mängelgewährleistung unentgeltlich auszuführen. Zutreffend hat das Berufungsgericht insoweit bereits die schlüssige Darlegung eines Gewährleistungsfalles durch den Beklagten vermißt. Nach dem Inhalt der Rechnung Nr. 304 war Anlaß der Reinigung die Verschmutzung infolge von Arbeiten, die nicht zum ursprünglichen Gegenstand des der Klägerin erteilten Auftrags gehörten. Soweit die Revision demgegenüber geltend macht, der Umbau der Ruderanlage und die Beseitigung der Undichtigkeiten an den Ausstellscheiben gingen zu Lasten der Klägerin, deren vorangegangene Ausbauarbeiten eben nicht die volle Seetüchtigkeit der Yacht erreicht hätten, liegt dem eine Vorstellung vom Umfang der Leistungspflichten der Klägerin zugrunde, die in den ursprünglichen Absprachen keine Stütze findet. Nach dem Inhalt der Leistungsbeschreibung oblagen der Klägerin - wie das Berufungsgericht von der Revision unbeanstandet festgestellt hat - im einzelnen genau bezeichnete Arbeiten; über diesen Auftrag hinauszugehen war ihr, wie die Bestimmung am Ende der Leistungsbeschreibung erkennen läßt, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Beklagten gestattet. Auch die Revision vermag nicht aufzuzeigen, daß und in welcher Weise die Klägerin darüber hinaus allgemein die Pflicht übernommen hätte, die uneingeschränkte Seetüchtigkeit der Yacht herbeizuführen.

Die weitere Rüge der Revision, der verlangte Betrag habe der Klägerin schon deshalb nicht zugesprochen werden dürfen, weil diese nicht dargelegt habe, wieso die späteren Arbeiten zu einer Verschmutzung geführt hätten, die nahezu 1.000,00 DM für die Reinigung erfordere, geht schon im Hinblick auf das durch das Berufungsgericht aufgegriffene erstinstanzliche Vorbringen des Beklagten ins Leere, nach der die Ausführung der vorangegangenen Arbeiten durch die Klägerin im Rahmen einer Mängelgewährleistung Reinigungskosten in dieser Höhe zur Folge habe. Da der Beklagte von diesem Vorbringen auch in zweiter Instanz nicht abgerückt ist, konnte das Berufungsgericht diesen Betrag als unstreitig zugrunde legen.

3.

Demgegenüber hält die Zubilligung der Vergütung für die Arbeiten an der Elektroanlage des Maschinenraums (Position 2 der Rechnung Nr. 807) im Ergebnis den Angriffen der Revision nicht stand.

a)

Ohne Erfolg macht diese allerdings geltend, ein solcher Vergütungsanspruch sei schon deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin die Arbeiten als Mängelgewährleistung erbracht habe. Einen solchen Zusammenhang hat das Berufungsgericht mit der Begründung verneint, daß die Klägerin aufgrund des ursprünglichen Vertrages zu derartigen Arbeiten nicht verpflichtet gewesen sei und daher auch die Schlechterfüllung einer solchen Leistung nicht in Betracht komme, die allein Mängelgewährleistungsansprüche auslösen könne. Dieses Ergebnis hat es aufgrund einer Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages gewonnen. Diese ist als tatrichterliche Würdigung in der Revisionsinstanz nur beschränkt (BGHZ 65, 107, 110) daraufhin überprüfbar, ob dabei gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder sie auf Verfahrensfehlern beruht, etwa indem unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften wesentliches Auslegungsmaterial außer acht gelassen wurde (vgl. Sen.Urt. v. 07.12.1978 - X ZR 63/75, GRUR 1979, 308, 309 - Auspuffkanal für Schaltgase; v. 18.12.1990 - X ZR 57/89 u. v. 17.09.1991 - X ZR 109/89; vgl. auch BGH, Urt. v. 20.03.1953 - V ZR 102/51, LM Nr. 3 zu § 133 (B) BGB; v. 01.10.1964 - KZR 5/64, GRUR 1965, 160, 161 - Abbauhammer; v. 02.02.1985 - IVa ZR 121/83, WM 1985, 775, 777).

Einen derartigen Fehler rügt die Revision zu Unrecht. Bei seiner Auslegung hat das Berufungsgericht den gesamten einschlägigen Text der Leistungsbeschreibung berücksichtigt, die nach seinen von der Revision nicht beanstandeten Feststellungen den Inhalt der Leistungspflicht der Klägerin abschließend bestimmt hat. Dabei hat es der von dem Beklagten in den Vordergrund gerückten Klausel, daß die gesamte Elektroanlage den Vorschriften des Yachtbaus entsprechen müsse, nur die Bedeutung einer allgemeinen Zielbestimmung eingeräumt, die durch die nachfolgenden Positionen abschließend konkretisiert werde. Eine solche Auslegung ist möglich. In die gleiche Richtung weist etwa auch die Bemerkung am Schluß der Spezifikation, nach der weitere Arbeiten vor ihrer Ausführung mit dem Auftraggeber besprochen und von diesem genehmigt werden müßten. Mußte die Klägerin aber nur bestimmte und nicht alle Arbeiten erbringen, die zur Herstellung einer den Vorschriften des Yachtbaus entsprechenden Elektroanlage erforderlich waren, kam es auf das als übergangen gerügte Vorbringen des Beklagten, eine solche Anlage habe erst mit den hier umstrittenen Arbeiten hergestellt werden können, nicht an.

b)

Zu Recht rügt die Revision jedoch als verfahrensfehlerhaft, daß das Berufungsgericht dem unter Beweis gestellten Vorbringen des Beklagten nicht nachgegangen ist, die Klägerin habe die unentgeltliche Ausführung dieser Arbeiten versprochen.

Eine Beweisaufnahme zu einer erheblichen Tatsache kann nur dann abgelehnt werden, wenn ihre Erheblichkeit mangels näherer Bezeichnung der unter Beweis gestellten Tatsachen nicht zu beurteilen ist oder wenn sie lediglich in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, tatsächlich aber erkennbar aus der Luft gegriffen, d.h. ins Blaue hinein aufgestellt sind, und sich deshalb als Rechtsmißbrauch darstellen. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist Zurückhaltung geboten; in der Regel wird sie nur das Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte rechtfertigen können (vgl. Sen.Urt. v. 23.04.1991 - X ZR 77/89, NJW 1991, 2707, 2709 u. v. 01.10.1991 - X ZR 31/91; s. auch BGH, Urt. v. 12.07.1984 - VII ZR 123/83, MDR 1985, 315; v. 02.10.1988 - VI ZR 7/88, BGHR ZPO § 138 Abs. 1 - Unfalldaten 1; v. 13.12.1990 - III ZR 333/89, NJW-RR 1991, 439 = LM Nr. 11 zu § 627 BGB). Ein derartiger Sachverhalt liegt hier nicht vor. Der Beklagte hat vorgetragen, aufgrund der nach Abbruch der Überführungsfahrt erhobenen Mängelrügen habe der Geschäftsführer der Klägerin versprochen, die in deren Verantwortungsbereich fallenden Mängel beseitigen zu lassen. Dabei hätten die Parteien Einigkeit dahin erzielt, daß der von dem Beklagten eingeschaltete Sachverständige de Cuvry die Mängel habe feststellen und den jeweiligen Verantwortungsbereichen zuordnen sollen. Nach dem Gutachten dieses Sachverständigen seien diese Arbeiten zur Beseitigung von Mängeln erforderlich gewesen, die die Klägerin zu vertreten habe.

Die Erheblichkeit dieses Vorbringens kann ohne weiteres beurteilt werden. Es kam erstens als Indiztatsache für die Interpretation des Vertrages in Betracht; zweitens schloß die behauptete Übereinkunft Ansprüche der Klägerin auf Vergütung für die in Rechnung gestellten Arbeiten unmittelbar aus. Die Angaben des Beklagten waren auch hinreichend konkret genug, um eine sachliche Stellungnahme und Überprüfung zu ermöglichen. Aus ihnen ergab sich, daß, durch wen, mit welchem Inhalt und aus welchem Anlaß die behauptete Zusage abgegeben wurde. Ein solcher Beweisantritt ist hinreichend substantiiert (vgl. auch SenBeschl. v. 11.07.1974 - X ZB 9/72, GRUR 1975, 254, 255 f. - Ladegerät II).

Im Rahmen der gebotenen neuen Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsgericht auch Gelegenheit haben, sich im Zusammenhang mit der Frage, ob die Klägerin den Betrag gemäß Position 2 der Rechnung Nr. 807 beanspruchen kann, mit dem Vorbringen des Beklagten im nachgereichten Schriftsatz vom 5. Juni 1990 zu befassen.

4.

Die weitere Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe auch insoweit, als es der Klägerin die Beträge gemäß den Positionen 4, 6 und 8 der Rechnung Nr. 807 zugesprochen habe, verfahrensfehlerhaft die Vernehmung des Zeugen de C. unterlassen, ist nicht entsprechend den Erfordernissen des § 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO ausgeführt. Das gilt auch dann, wenn man zugunsten der Revision annimmt, daß diese sich insoweit auf die vorausgegangenen Ausführungen bezogen hat. Denn diese betrafen allein die Position 2, nicht dagegen die Positionen 4, 6 und 8 der Rechnung Nr. 807.

5.

Im Ergebnis zu Recht rügt die Revision insoweit aber die Ablehnung des Berufungsgerichts als verfahrensfehlerhaft, die mündliche Verhandlung mit Rücksicht auf den Inhalt des nachgereichten Schriftsatzes wiederzueröffnen.

a)

Fehl geht allerdings der Hinweis der Revision, der Beklagte habe über den mit diesem Schriftsatz vorgelegten Vermerk des Sachverständigen nicht eher verfügen können, weil dieser an die Klägerin gerichtet gewesen sei. In dem Schriftsatz vom 5. Juni 1990 hatte der Beklagte nämlich vorgetragen, er habe das betreffende Dokument durch Zufall in seinen Unterlagen entdeckt. Das deckt sich im übrigen mit der Angabe in dem Vermerk des Sachverständigen, nach dem u.a. auch der Beklagte eine Kopie erhalten hat.

b)

Die Ablehnung des Antrags auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, über den das Berufungsgericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu befinden hatte, wird jedoch durch die angeführten Gründe nicht getragen und erweist sich damit als ermessensfehlerhaft. Das Berufungsgericht hat sich insoweit im vollen Umfang auf seine entsprechenden Ausführungen zur Position 2 der Rechnung Nr. 807 bezogen. Dort hat es ausgeführt, das Schreiben des Sachverständigen vom 22. Dezember 1986 enthalte keine ausreichend konkreten Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin in der Rechnung Nr. 807 aufgeführte Leistungen als Gewährleistungsarbeiten anerkannt und in rechtsverbindlicher Weise auf deren Vergütung verzichtet habe. Diese Begründung trägt jedenfalls hinsichtlich der übrigen Positionen dieser Rechnung nicht. Nach dem Inhalt des Schreibens scheiden vielmehr insoweit gegen den Beklagten gerichtete Ansprüche aus. Zu Position 4 heißt es dort nach den einleitenden Feststellungen, daß die einzelnen Positionen anhand der allen Beteiligten vorliegenden Kostenzusammenstellung breit durchdiskutiert und dabei die im folgenden dargestellten Ergebnisse erzielt worden seien. Danach fielen die entsprechenden Arbeiten in die Garantieverpflichtung der Werft. Mit dieser Aussage ist eine Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung einer Vergütung für diese Arbeiten nicht zu vereinbaren.

Hinsichtlich der Position 6 läßt das vorgelegte Schreiben zwar die Frage offen, ob die Klägerin oder der Konstrukteur der Yacht, der Zeuge O., die Garantieleistungen erbringen müsse. Denkgesetzwidrig und damit rechtsfehlerhaft ist jedoch der daraus gezogene Schluß des Berufungsgerichts, daß dies gegen eine Übernahme der Gewährleistung durch die Klägerin spreche; dieser Aussage läßt sich nur entnehmen, daß jedenfalls der Beklagte die Arbeiten nicht bezahlen sollte.

Mit Rücksicht auf die die Position 8 dieser Rechnung betreffenden Ausführungen in dem Schreiben, nach denen der Beklagte auch für das Ladegerät keine Kosten habe tragen sollen, hätte das Berufungsgericht auch insoweit die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anordnen müssen.

c)

Als unbegründet erweist sich die Revision demnach hinsichtlich der Position 1 der Rechnung Nr. 224 in Höhe des durch das Berufungsgericht zuerkannten Betrages von 353,67 DM und hinsichtlich der Position 2 der Rechnung Nr. 304 in Höhe von 966,62 DM.

III.

Soweit das Berufungsgericht bei der erneuten Verhandlung zu dem Ergebnis gelangen sollte, der Klägerin stehe dem Grunde nach ein Anspruch auf Vergütung der in Rechnung gestellten Arbeiten zu, wird es weiter dessen Höhe zu klären haben.

Eine ausdrückliche Vereinbarung über die Höhe der von ihr zu beanspruchenden Honorare hat die Klägerin nicht behauptet. Demgemäß wird - in Ermangelung einer taxmäßig bestimmten Vergütung - das übliche Entgelt zugrunde zu legen sein. Sollte sich dieses nach dem Aufwand der Klägerin richten, wird das Berufungsgericht bedenken müssen, daß die Beweiskraft anderer als der in § 416 ZPO behandelten Privaturkunden der freien Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO unterliegt. Im Rahmen der damit gebotenen tatrichterlichen Beurteilung wird es demgemäß zu prüfen haben, inwieweit die seitens der Klägerin vorgelegten Rechnungen sowie Lohn- und Materialscheine im Hinblick auf den nach dem Bestreiten des Aufwandes durch den Beklagten erforderlichen Nachweis hinreichend aussagekräftig sind.

IV.

Unbegründet sind die Rügen, mit denen sich die Revision dagegen wendet, daß das Berufungsgericht die zur Aufrechnung gestellten Forderungen des Beklagten nicht für gegeben erachtet. Dieser hatte, wie das Berufungsgericht zutreffend und von der Revision unbeanstandet festgestellt hat, die Schadenspositionen in den Vorinstanzen stets ausdrücklich und allein als Verzögerungsschaden im Sinne der §§ 286 Abs. 1, 284 BGB geltend gemacht, weil die Klägerin den Fertigstellungstermin vom 20. August 1986 nicht eingehalten habe. Die Ablehnung eines solchen Anspruchs durch das Berufungsgericht läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen; ein solcher wird von der Revision auch nicht aufgezeigt. Damit erweist sich die Revision in Höhe weiterer 466,27 DM als unbegründet und ist somit in Höhe von insgesamt 1.786,56 DM zurückzuweisen.

Soweit die Revision die Gegenforderungen nicht aus Verzug, sondern als Mangelfolgeschäden aus § 635 BGB herleitet, liegt dem ein in der Revisionsinstanz nicht mehr möglicher neuer Sachvortrag zugrunde. Die Gegenansprüche werden anders als in den Vorinstanzen nicht mehr darauf gestützt, daß die Klägerin einen vereinbarten Leistungszeitpunkt nicht eingehalten habe, sondern darauf, daß die von der Klägerin erbrachte Leistung zumindest zunächst mangelhaft gewesen sei. Im Rahmen der erneuten Verhandlung in der Tatsacheninstanz wird das Berufungsgericht jedoch auch dieser Aufrechnung nachzugehen haben. Dabei wird auch zu klären sein, ob die Aufrechnung im Hinblick auf die Regelung der §§ 639 Abs. 1, 478, 479 BGB durch die von der Klägerin erhobene Einrede der Verjährung ausgeschlossen ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3018900

NJW 1992, 1967

NJW 1992, 1967-1969 (Volltext mit amtl. LS)

JurBüro 1992, 530 (Kurzinformation)

MDR 1992, 804-805 (Volltext mit amtl. LS)

VersR 1993, 593-594 (Volltext mit amtl. LS)

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