Entscheidungsstichwort (Thema)

Allgemeine Vermietbedingungen für Kraftfahrzeuge. Vollkaskoversicherung. Schaden durch fahrlässigen Bedienungsfehler. Haftungsbefreiung des Kfz-Mieters gegen zusätzliche Bezahlung. Objektive Auslegung anhand von verständigen Dritten

 

Leitsatz (amtlich)

a) Eine formularmäßig getroffene Vereinbarung über die Haftungsbefreiung des Mieters eines Kraftfahrzeugs gegen zusätzliches Entgelt ist objektiv nach dem Willen verständiger und redlicher Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der normalerweise an solchen Geschäften beteiligten Kreise auszulegen.

b) Die dem Mieter eines Kraftfahrzeugs gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgelts gewährte Haftungsfreistellung erfasst auch bei einem allgemeinen Hinweis auf die Grundsätze einer Vollkaskoversicherung Schäden durch unsachgemäße Behandlung des Fahrzeugs, insb. durch einen Schaltfehler.

 

Normenkette

BGB § 305 Abs. 2 Nr. 2, § 305c

 

Verfahrensgang

OLG Stuttgart (Urteil vom 29.03.2001; Aktenzeichen 19 U 222/00)

LG Stuttgart

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des OLG Stuttgart v. 29.3.2001 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Schadensersatz für einen Motorschaden an einem vermieteten Kraftfahrzeug.

Der Beklagte mietete von der Klägerin für die Zeit v. 21. bis 22.7.1999 einen VW L 80 Kastenwagen. In dem schriftlichen Mietvertrag vereinbarten die Parteien u.a. zum Vollkaskoschutz Folgendes:

"Vollkaskoschutz 1 Tag á 33,62 DM

Eigenbeteiligung 1 300 DM"

In den dem Mietvertrag beiliegenden "Allgemeinen Vermietbedingungen", die die Klägerin bundesweit verwendet, ist zur Haftung des Mieters Folgendes geregelt:

"10. Haftung des Mieters

a) Der Mieter haftet bei von ihm verschuldeten Unfallschäden am gemieteten Fahrzeug nur für reine Reparaturkosten und beschränkt auf den in der jeweils gültigen Preisliste angegebenen Höchstbetrag.

b) Der Mieter haftet jedoch für Unfallschäden unbeschränkt, sofern er den Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat oder der Schaden durch alkohol- oder drogenbedingte Fahruntüchtigkeit entstanden ist. Das gleiche gilt für Schäden, die durch Nichtbeachtung des Zeichens 205 (Durchfahrtshöhe) gem. § 41 Abs. 2 Ziff. 6 StVO verursacht werden.

c) Hat der Mieter Unfallflucht begangen oder seine Pflichten gem. Ziff. 8 dieser Bedingungen verletzt, so haftet er ebenfalls voll, es sei denn, die Verletzung hat keinen Einfluss auf die Feststellung des Schadensfalles gehabt.

d) Der Mieter haftet ebenso unbeschränkt für alle von ihm zu vertretenden Schäden, die bei der Benutzung durch einen nicht berechtigten Fahrer (Ziff. 5) oder zu verbotenem Zweck (Ziff. 6), durch das Ladegut oder durch unsachgemäße Behandlung des Fahrzeuges entstanden sind.

e) Wird eine Haftungsbefreiung gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgeltes vereinbart, wird E. den Mieter nach den Grundsätzen einer Vollkaskoversicherung bei Pkw mit 450 DM bei Lkw mit 650 DM Selbstbeteiligung bzw. mit 1.000 DM Selbstbeteiligung bei Mieter/Fahrer unter 23 Jahren pro Schadenfall für Schäden am gemieteten Fahrzeug freistellen. Von der Verpflichtung gem. Ziff. 6 und 8 ist er nicht befreit. Bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verursachung des Schadens, insb. bei alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit sowie bei Verletzung der vertraglichen Obliegenheiten und Verpflichtungen haftet der Mieter voll.

f) Im Übrigen bleibt es bei der gesetzlichen Regelung."

Während der Fahrt verursachte der Bruder des Beklagten durch einen Schaltfehler einen erheblichen Motorschaden an dem Mietfahrzeug. Dadurch wurden Reparaturkosten notwendig, die die vereinbarte Eigenbeteiligung jedenfalls übersteigen. Das LG hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und lediglich im Wege der Vorteilsausgleichung von den Materialkosten 10 % "neu für alt" abgesetzt. Auf die Berufung des Beklagten hat das OLG die Klage im Wesentlichen abgewiesen und den Beklagten nur zur Zahlung eines Betrages in Höhe der vereinbarten Eigenbeteiligung von 300 DM verurteilt. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Klägerin.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin bleibt ohne Erfolg.

I.

1. Das OLG, dessen Urteil in VersR 2001, 773 veröffentlicht ist (OLG Stuttgart v. 29.3.2001 - 19 U 222/00, OLGReport Stuttgart 2001, 276 = VersR 2001, 773), ist zwar von einer Schadensersatzpflicht des Beklagten ausgegangen. Seine Haftung sei allerdings nach der Vereinbarung der Parteien auf die Eigenbeteiligung von 300 DM beschränkt.

Schon eine Auslegung der Ziff. 10 der Allgemeinen Vermietbedingungen führe dazu, dass fahrlässige Bedienungsfehler von der Haftungsbefreiung in Ziff. 10e erfasst seien. Die Vereinbarung zur Haftung des Mieters erfasse unter Ziff. 10d auch eine Haftung für unsachgemäße Behandlung des Fahrzeugs, wozu auch Bedienungsfehler zu rechnen seien. Die unmittelbar danach in Ziff. 10e geregelte Haftungsbefreiung stehe damit aus Sicht eines durchschnittlichen Kunden im Zusammenhang und beziehe sich deswegen auch auf Schäden durch Bedienungsfehler. Das gelte insb. deswegen, weil die Regelung zur Haftungsbefreiung in S. 1 der Ziff. 10e durch die folgenden S. 2 und 3 ausdrücklich eingeschränkt werde, was einer weiteren Einschränkung nach Maßstäben der Vollkaskoversicherung entgegenstehe. Im Zweifel sei die Gesamtregelung deswegen so auszulegen, dass neben den in Ziff. 10e S. 2 und 3 ausdrücklich geregelten Ausnahmen keine weiteren unbenannten Ausnahmen gelten. Der Umfang einer Haftungsbefreiung sei für einen Kunden sonst auch nicht eindeutig erkennbar.

Zwar müsse sich nach der Rechtsprechung des BGH der Umfang einer Haftungsbefreiung gegen zusätzliches Entgelt in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Autovermieters am Leitbild einer Vollkaskoversicherung orientieren. Konkrete Regelungen in Vermietbedingungen seien deswegen nicht zu beanstanden, wenn sie mit den Bestimmungen über die Leistungsfreiheit in den AKB korrespondieren. Dazu bedürfe es allerdings einer konkreten Regelung der Ausnahmetatbestände in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Ob eine bloße Bezugnahme auf die früher geltenden AKB die Voraussetzungen des § 2 AGBG erfülle, müsse nicht entschieden werden. Jedenfalls mit der Freigabe der Versicherungsbedingungen seit 1995 gebe es keine einheitlichen, allgemein verbindlichen AKB mehr, denen sich allgemeine Grundsätze insb. zum Umfang der Leistungspflicht des Versicherers entnehmen ließen. Wegen der unterschiedlichen Bestimmungen des Versicherungsfalls in einer Vielzahl von alternativen Fassungen lasse sich nicht mehr allgemein verbindlich ableiten, welche Schadensfälle nicht versichert seien und deshalb auch bei einer Kfz-Miete nicht zur Haftungsfreistellung führen könnten.

Auch die Interessenlage des Mieters spreche für eine Gleichbehandlung der Haftung für Unfallschäden und für Schäden aus Bedienungsfehlern. Aus seiner Sicht begründe es keinen Unterschied, ob er beispielsweise mit einem gemieteten Fahrzeug einen Unfall mit Blechschaden verursache, weil er die Fahrzeugabmessungen falsch eingeschätzt habe, oder ob er einen Motorschaden verursache, weil er sich verschaltet habe. Beide Vorfälle beruhten darauf, dass er mit dem Fahrzeug nicht vertraut sei und die gesteigerten Sorgfaltsanforderungen nicht hinreichend beachtet habe. Er müsse deswegen annehmen, dass das vereinbarte Zusatzentgelt für die Haftungsbefreiung so kalkuliert und die Haftungsbefreiung deshalb so zu verstehen sei, dass diese Schäden unterschiedslos erfasst werden, soweit nicht eindeutig etwas Abweichendes geregelt sei. Diese Auslegung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei nahe liegend und jedenfalls als die kundenfreundlichere nach § 5 AGBG vorzuziehen.

Wollte man die Klausel in Ziff. 10e der Allgemeinen Vermietbedingungen so auslegen, dass von der Haftungsbefreiung auch fahrlässige Bedienungsfehler ausgenommen seien, sei die Vorschrift neben der ausdrücklichen Regelung in den S. 2 und 3 überraschend und deswegen nach § 3 AGBG unwirksam. Abgesehen davon sei die Regelung dann auch intransparent und deswegen nach § 9 AGBG unwirksam.

2. Die Revision der Klägerin meint hingegen, eine Einschränkung der Haftungsbefreiung ergebe sich aus der ausdrücklichen Bezugnahme auf die Grundsätze einer Vollkaskoversicherung. Die Regelung sei auch nicht unklar, weil durch einen Schaltfehler verursachte Fahrzeugschäden auch nach Freigabe der Versicherungsbedingungen durchweg nicht in den Vollkasko-Versicherungsschutz einbezogen seien. Von der Haftungsbefreiung seien in Ziff. 10e S. 3 der Allgemeinen Vermietbedingungen Verletzungen der vertraglichen Obliegenheiten und Verpflichtungen sogar ausdrücklich ausgenommen. Zu diesen Verpflichtungen des Mieters gehöre auch die ordnungsgemäße Betätigung der Gangschaltung eines gemieteten Fahrzeugs. Der Ausschluss einer Haftungsbefreiung für fahrlässige Bedienungsfehler sei weder überraschend oder unangemessen, noch verstoße er gegen das Transparenzgebot. Auch von der Vollkaskoversicherung seien Schäden, die auf eine Verletzung vertraglicher Verpflichtungen des Mieters eines Kraftfahrzeugs zurückgehen, regelmäßig nicht erfasst. Dieses entspreche der Verletzung von Obliegenheiten des Versicherungsnehmers, wenn er selbst Eigentümer des Kfz sei.

II.

Diesen Angriffen der Revision hält das Berufungsgericht in vollem Umfang stand.

1. Die Klägerin verwendet ihre "Allgemeinen Vermietbedingungen" nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts im gesamten Bundesgebiet. Die Auslegung durch das Berufungsgericht unterliegt deshalb der uneingeschränkten Nachprüfung in der Revisionsinstanz (BGH v. 19.9.1986 - V ZR 72/85, BGHZ 98, 256 [258] = MDR 1987, 130; v. 23.6.1988 - VII ZR 117/87, BGHZ 105, 24 [27] = MDR 1988, 953).

Die Allgemeinen Vermietbedingungen der Klägerin sind als Allgemeine Geschäftsbedingungen nach gefestigter Rechtsprechung unabhängig von der Gestaltung des Einzelfalles sowie dem Willen und den Belangen der jeweils konkreten Vertragspartner, also nach ihrem typischen Sinn auszulegen. Es kommt darauf an, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise an solchen Geschäften beteiligten Kreise verstanden werden (BGH v. 12.5.1980 - VII ZR 158/79, BGHZ 77, 116 [118] = MDR 1980, 837, m.w.N.). Ansatzpunkt für die bei einem Formularvertrag gebotene objektive, nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung ist in erster Linie der Vertragswortlaut (BGH, Urt. v. 17.2.1993 - VIII ZR 37/92, MDR 1993, 512 = CR 1993, 491 = NJW 1993, 1381 [1382]). Ist der Wortlaut eines Formularvertrages nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (BGHZ 33, 216 [218 f.]; BGH v. 12.5.1980 - VII ZR 158/79, MDR 1980, 837 = BGHZ 77, 116 [118]). Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist (insoweit BGH, Urt. v. 10.6.1983 - V ZR 252/80, MDR 1984, 131 = NJW 1984, 169 [170]), kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten. Bleiben nach Erwägung dieser Umstände Zweifel, geht dies gem. § 5 AGBG (in der hier anwendbaren Fassung, jetzt § 305c Abs. 2 BGB) zu Lasten des Verwenders (BGH, Urt. v. 14.2.1968 - VIII ZR 220/65, NJW 1968, 885); in solchen Fällen setzt sich also die kundenfreundlichere Lösung durch (BGH Urt. v. 17.2.1993 - VIII ZR 37/92, MDR 1993, 512 = CR 1993, 491 = NJW 1993, 1381 [1382]). Denn der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nach Treu und Glauben gehalten, die Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und überschaubar darzustellen. Er muss somit die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn kein ungerechtfertigter Beurteilungsspielraum entsteht. Die Beschreibung muss für den anderen Vertragsteil aus der Sicht eines durchschnittlichen Betrachters nachprüfbar und darf nicht irreführend sein. Dabei ist zu beachten, dass durch eine allzu detaillierte Regelung unübersichtliche und nur schwer durchschaubare Klauselwerke entstehen können, die den Interessen des anderen Vertragsteils abträglich sind (BGH v. 21.6.1990 - VII ZR 308/89, BGHZ 111, 388 [391] = MDR 1991, 40).

2. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass von der Haftungsbefreiung in Ziff. 10e der Allgemeinen Vermietbedingungen der Klägerin Schäden durch unsachgemäße Behandlung des Fahrzeugs, insb. durch einen Schaltfehler, nicht ausgenommen sind.

a) Der Wortlaut der allgemeinen Vermietbedingungen der Klägerin enthält keine ausdrückliche Regelung zur Haftungsbefreiung bei unsachgemäßer Behandlung des Fahrzeugs z.B. durch einen Schaltfehler. Zwar hat die Klägerin als Verwenderin in Ziff. 10e ihrer Allgemeinen Vermietbedingungen für den Fall einer Haftungsbefreiung gegen zusätzliches Entgelt eine Freistellung "nach den Grundsätzen einer Vollkaskoversicherung" zugesagt. Das allein sagt zum Umfang der Haftung allerdings nichts aus, weil der Begriff der Grundsätze einer Vollkaskoversicherung seinerseits auslegungsbedürftig ist.

b) Zu Recht hat das Berufungsgericht bei der gebotenen Auslegung auf den Gesamtzusammenhang der Regelung in Ziff. 10 der Allgemeinen Vermietbedingungen abgestellt. Nach dessen Ziff. 10d haftet der Mieter ausdrücklich auch für Schäden, die durch unsachgemäße Behandlung des Fahrzeugs entstanden sind. Dazu gehören auch Bedienungsfehler, wie der Schaltfehler im vorliegenden Fall. Die unmittelbar danach unter Ziff. 10e folgende Haftungsbefreiung bezieht sich schon vom optischen Eindruck, aber auch vom Sinngehalt auf die zuvor beschriebene Haftung des Mieters, mithin auch auf Bedienungsfehler. Das gilt umso mehr, als in den S. 2 und 3 der Ziff. 10e ausdrücklich Ausnahmen der Haftungsfreistellung benannt sind. Auch dieses spricht nach dem objektiven Empfängerhorizont für eine abgeschlossene Regelung, die nicht zusätzlich durch einen allgemeinen Bezug auf die Vorschriften der Vollkaskoversicherung beschränkt ist.

Daran ändert auch die Bezeichnung der Freistellung als "nach den Grundsätzen einer Vollkaskoversicherung" nichts, weil dieser Formulierung aus Sicht der typischerweise an solchen Geschäften beteiligten Verkehrskreise keine eigenständige Beschränkung der Haftungsfreistellung zukommt. Die Grenzen der Haftungsfreistellung sind vielmehr ausdrücklich in den S. 2 und 3 der Ziff. 10e geregelt. Diesen Ausnahmevorschriften bleibt ihr voller Wirkungsgehalt nur dann erhalten, wenn der Haftungsausschluss in S. 1 der Ziff. 10e alle zuvor erwähnten Haftungstatbestände erfasst. Denn wenn die Haftungsfreistellung schon allgemein auf den Umfang einer Vollkaskoversicherung begrenzt wäre, hätte es des ausdrücklich vorgesehenen Ausschlusses für vorsätzliche und grob fahrlässige Schadensverursachung sowie für Schäden infolge alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit nicht bedurft.

c) Ebenfalls zu Recht weist das Berufungsgericht darauf hin, dass die von der Klägerin verwendete Formulierung "Grundsätze einer Vollkaskoversicherung" unklar und für eine Einschränkung der Haftungsbefreiung nicht geeignet ist. Zwar hat der BGH in gefestigter Rechtsprechung entschieden, dass sich eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Autovermieters gegen zusätzliches Entgelt gewährte Haftungsbefreiung am Leitbild einer Vollkaskoversicherung orientieren muss. Nur dann genügt der gewerbliche Vermieter von Kraftfahrzeugen seiner aus dem Grundsatz von Treu und Glauben erwachsenen Verpflichtung, schon bei der Festlegung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Interessen künftiger Vertragspartner angemessen zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. 17.12.1980 - VIII ZR 316/79, MDR 1981, 664 = NJW 1981, 1211). Dabei ist er von den seinerzeit gültigen AKB ausgegangen, die unter § 12 Abs. 1 II e vorsahen: "Die Fahrzeugversicherung umfasst die Beschädigung ... durch Unfall, d.h. durch ein unmittelbar von außen her plötzlich mit mechanischer Gewalt einwirkendes Ereignis; Brems-, Betriebs- und reine Bruchschäden sind keine Unfallschäden" (BGH, Urt. v. 6.3.1996 - IV ZR 275/95, MDR 1996, 1240 = VersR 1996, 622; v. 8.1.1986 - VIII ZR 313/84, MDR 1986, 578 = NJW 1986, 1608; v. 16.12.1981 - VIII ZR 1/81, MDR 1982, 574 = NJW 1982, 987; v. 11.11.1981 - VIII ZR 271/80, MDR 1982, 574 = NJW 1982, 167; BGHZ 70, 304). Dieser Mindestumfang der mietvertraglichen Haftungsfreistellung schließt eine über den Umfang der Vollkaskoversicherung hinausgehende vertragliche Freistellung durch den Vermieter allerdings nicht aus. Wie in der Vollkaskoversicherung ist die Haftung des Mieters deswegen nur dann beschränkt, wenn in den AGB des Vermieters ausdrücklich auf den Wortlaut der Vorschrift des § 12 AKB hingewiesen worden ist (Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl., Rz. 588). Das ist hier gerade nicht der Fall.

Zwar ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch ein Verweis auf andere allgemeine Regelungen zulässig (BGH v. 21.6.1990 - VII ZR 308/89, BGHZ 111, 388 [390 ff.] = MDR 1991, 40). Das setzt allerdings voraus, dass dieses Regelungswerk wirksam gem. § 2 Abs. 1 Ziff. 2 AGBG (jetzt § 305 Abs. 2 Ziff. 2 BGB) in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einbezogen worden ist. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist danach grundsätzlich gehalten, seinem Vertragspartner die Kenntnisnahme von allen Bedingungen zu ermöglichen, die er dem Vertrag zu Grunde legen will. Ein bloßer Verweis auf weitere, in dem verfügbaren Text nicht mit abgedruckte Bestimmungen reicht regelmäßig nicht aus, um auch sie in das Vertragswerk mit einzubeziehen. Anders ist es nur dann, wenn der Verwender mit Sicherheit erwarten darf, dass der Vertragspartner die fraglichen Geschäftsbedingungen bereits kennt, etwa weil sie sich in seinem Geschäftszweig als Vertragsmuster durchgesetzt haben und niemand in der Branche ohne Kenntnis dieser Bedingungen tätig sein kann (BGH v. 16.12.1982 - VII ZR 92/82, BGHZ 86, 135 [138] = MDR 1983, 393). Das ist hier gerade nicht der Fall. Jedenfalls seit der Freigabe der Versicherungsbedingungen 1995 existieren keine einheitlichen AKB mehr, sondern nur noch Musterbedingungen. Ob diese Bedingungen dem Beklagten als Grundsätze einer Vollkaskoversicherung bekannt waren, hat das Berufungsgericht - von der Revision nicht angegriffen - nicht festgestellt.

d) Diese Auslegung der Allgemeinen Vermietbedingungen der Klägerin entspricht auch der Interessenlage beider Parteien. Das Berufungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Benutzung eines Mietfahrzeugs für den Mieter mit höheren Risiken verbunden ist als die Fahrt mit dem eigenen, vertrauten Fahrzeug. Die gegen Entgelt vereinbarte Haftungsfreistellung soll deswegen gerade diese zusätzlichen Risiken abdecken. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Mieter leicht fahrlässig einen Unfall herbeiführt oder ob er sich während der Fahrt mit dem nicht vertrauten Fahrzeug verschaltet und dadurch einen Motorschaden verursacht. Zwar trägt der Vermieter somit das Risiko einer über den Umfang seiner eigenen Vollkaskoversicherung hinaus gehenden Haftungsbefreiung des Mieters. Dem ist allerdings hinreichend durch den nach Tagen bemessenen erhöhten Versicherungsbeitrag des Mieters Rechnung getragen.

3. Der Beklagte schuldet der Klägerin den begehrten vollen Schadensersatz auch nicht auf Grund der ausdrücklichen Regelung in Ziff. 10e S. 3 der Allgemeinen Vermietbedingungen. Zwar kann die Haftungsbefreiung danach auch entfallen, wenn der Mieter die vertraglichen Obliegenheiten und Verpflichtungen verletzt. Allerdings ist auch diese Ausnahmevorschrift aus der Sicht eines durchschnittlichen Betrachters auszulegen. Grundsätzlich entfällt die Haftungsbefreiung nach Ziff. 10e S. 3 1. Halbs. bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Schadensverursachung. Die Tatbestände einer alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit oder einer Verletzung der vertraglichen Obliegenheiten und Verpflichtungen sind im Folgenden lediglich als Beispielsfälle dieses allgemeinen Grundsatzes genannt. Auch diese Pflichtverletzungen führen deswegen nur dann zur vollen Haftung des Mieters, wenn sie vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wurden. Das ist nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts allerdings nicht der Fall.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1329128

BGHZ 2005, 39

NJW 2005, 1183

BGHR 2005, 776

EBE/BGH 2005, 94

NZM 2005, 354

WM 2005, 661

ZIP 2005, 623

ZMR 2005, 343

DAR 2005, 279

MDR 2005, 626

VRS 2005, 340

VersR 2005, 414

ASR 2005, 2

GuT 2005, 124

SVR 2005, 269

ZGS 2005, 126

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