Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbot der Abgabe von Brillen in Selbstabgabestellen. Brillen-Selbstabgabestellen

 

Leitsatz (amtlich)

  1. Zur Frage der Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs gegen die als wettbewerbswidrig beanstandete unmittelbare Ausgabe von Brillen durch einen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung an seine Mitglieder.
  2. Für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung einer - sozialversicherungsrechtlich nicht gebotenen - Abgabe von Brillen durch einen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung an seine Mitglieder sind bei der notwendigen Heranziehung aller Begleitumstände auch die Bedeutung dieser Tätigkeit für die wettbewerbliche Ausgangslage und ihre Auswirkungen auf den Leistungswettbewerb zu berücksichtigen.
 

Normenkette

GG Art. 12 Abs. 1; GVG § 13; SGB I § 17; SGB IV § 30 Abs. 1; RVO § 182 Abs. 1 Nr. 1; UWG § 1; BGB § 823

 

Tenor

Unter Zurückweisung der Revision der Beklagten wird auf die Revision der Kläger das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 3. Januar 1980 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Aurich vom 11. Oktober 1978 zurückgewiesen worden ist.

Auf die Berufung der Kläger wird das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts weiter abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, auch die Abgabe von Kassenbrillen in einer Selbstabgabestelle zu unterlassen.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird ihr ein Ordnungsgeld bis zu 500.000,00 DM und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, eine vom Gericht gegen die Vorstandsmitglieder der Beklagten festzusetzende Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

Der Beklagten wird eine Aufbrauchsfrist bis zum 30. Juni 1982 eingeräumt.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreit zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beklagte, die A. O. für den Kreis L./Ostfriesland unterhält seit dem 11. Oktober 1978 eine Selbstabgabestelle für Brillen, in der sie in gleicher Weise wie Optiker Brillen (Gestelle und Gläser) an ihre Versicherten ausgibt, und zwar sowohl Kassenbrillen als auch Feinbrillen. Bei letzteren handelt es sich um Sehhilfen, deren Gestelle oder Gläser von aufwendigerer Qualität als Kassenbrillen sind und die anders als diese nur gegen Zuzahlung abgegeben werden. Selbstabgabestellen für Brillen unterhalten außer der Beklagten auch die A. D., die A. W. (beide seit 1949) und die A. E. (seit 1950) sowie die Betriebskrankenkasse der Firma

Bis zur Eröffnung ihrer Selbstabgabestelle hatte die Beklagte ihre Versicherten allein durch selbständige Augenoptiker mit Brillen versorgen lassen. Dem lagen Vereinbarungen über die Lieferung von Sehhilfen zugrunde, wie sie - zuletzt am 15. Oktober 1974 - zwischen dem Landesverband der Ortskrankenkassen in Niedersachsen und anderen Kassen einerseits und dem Kläger zu 1), dem Landesinnungsverband des Augenoptikerhandwerks in Niedersachsen und Bremen, andererseits zustande gekommen waren. Die Beklagte hat den Vertrag vom 15. Oktober 1974 zum 31. Dezember 1978 gekündigt.

Die Kläger, außer dem Kläger zu 1) selbständige Augenoptikermeister und Augenoptikerbetriebe, sind der Ansicht, die Selbstabgabe von Brillen durch die Beklagte sei unzulässig. Das ergebe sich bereits aus dem Vertrag vom 15. Oktober 1974. Diese Vereinbarung, die die Beklagte als nicht am Vertrag Beteiligte nicht wirksam habe kündigen können, stehe unter der Voraussetzung, daß die Versorgung der Versicherten mit Brillen ausschließlich durch selbständige Augenoptiker erfolgen solle. Darüber hinaus liege in der Tätigkeit der Selbstabgabestelle eine unerlaubte Handlung im Sinne des UWG und der deliktsrechtlichen Vorschriften des BGB. Nach § 30 Abs. 1 SGB IV, der auch dem Schutz der freiberuflichen Augenoptiker diene, dürfe eine Kasse der gesetzlichen Krankenversicherung Geschäfte nur zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben führen und ihre Mittel nur für diese Aufgaben sowie die Verwaltungskosten verwenden. Diese Voraussetzungen seien hinsichtlich der Tätigkeit von Selbstabgabestellen nicht gegeben, weil eine Eigengewährung von Brillen durch die Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem System der RVO nicht in Betracht komme. Daneben sei die Selbstabgabe von Brillen auch als wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG zu beurteilen. Die Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung genössen vor selbständigen Augenoptikern zahlreiche Steuer- und Beitragsfreiheiten. Es treffe sie auch kein unternehmerisches Risiko. Die Selbstabgabe erfolge in kasseneigenen Gebäuden. Die anfallenden Verwaltungsarbeiten lasse die Kasse von eigenen Mitarbeitern ausführen. Abschreibungen, Fehlinvestitionen und andere negative Faktoren könnten innerbetrieblich ausgeglichen werden. Die Ausnutzung solcher Vergünstigungen im Wettbewerb mit freiberuflichen Mitbewerbern sei unlauter. Besonders anstößig sei die Selbstabgabe von Brillen deshalb, weil die Augenoptiker durch die von ihnen für ihre Arbeitnehmer aufzubringenden Kassenbeiträge mit dazu beitragen müßten, den von der Beklagten unter ungleichen Bedingungen aufgebauten Konkurrenzbetrieb mitzufinanzieren. Das Vorgehen der Beklagten gefährde die Existenz kleinerer Augenoptikerbetriebe. Mit Feinbrillen dürfe sie ihre Versicherten ohnehin nicht versorgen, weil Leistungen insoweit nicht notwendig im Sinne des § 182 Abs. 2 RVO seien.

Die Kläger haben beantragt,

der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, eine Selbstabgabestelle für Sehhilfsmittel einzurichten und zu unterhalten,

hilfsweise,

Feinbrillen in einer Selbstabgabestelle an ihre Versicherten gegen Zahlung eines Mehrbetrages abzugeben.

Demgegenüber hat die Beklagte vorgetragen: Mit der Selbstabgabe von Brillen, von der sie sich eine Kostendämpfung auf diesem Sektor verspreche, verletze sie weder vertragliche noch gesetzliche Pflichten. Der Vertrag vom 15. Oktober 1974 betreffe nur die Abgabe von Brillen durch selbständige Optiker, enthalte aber kein Verbot der Selbstabgabe durch die Beklagte. Auch nach § 30 Abs. 1 SGB IV und § 182 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b RVO sei ihr eine solche Tätigkeit nicht untersagt. Diese Vorschriften bestimmten nicht, daß eine Abgabe von Brillen nur auf dem Wege über private Augenoptiker zu erfolgen habe. Schließlich handele sie nicht zu Zwecken des Wettbewerbs. Mit der Abgabe von Brillen an Versicherte erfülle sie ausschließlich die ihr als Sozialversicherungsträger obliegenden hoheitlichen Aufgaben. Auch gegen die Selbstabgabe von Feinbrillen bestünden keine Bedenken. Auch insoweit komme sie lediglich ihrer öffentlich-rechtlichen Leistungspflicht aus § 182 RVO zu einer ausreichenden und zweckmäßigen Versorgung der Versicherten mit Sehhilfen nach. Die über das Maß des Notwendigen hinausgehenden Kosten zahlten die Versicherten zu.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 11. Oktober 1978 den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für gegeben erachtet. In der Sache selbst hat es die Klage als unbegründet abgewiesen, weil der Beklagten die Selbstabgabe von Kassen- oder Feinbrillen weder vertraglich noch gesetzlich untersagt werden könne.

Auf die Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht unter Abänderung dieses Urteils der Beklagten untersagt, Feinbrillen in einer Selbstabgabestelle an ihre Versicherten gegen Zuzahlung eines Mehrpreises abzugeben. Im übrigen - soweit die Kläger auch auf das Verbot der Abgabe von Kassenbrillen angetragen haben - hat es deren Berufung zurückgewiesen.

Gegen dieses Urteil richten sich im Umfang der jeweiligen Beschwerde die Revisionen der Parteien, die beantragen, die gegnerische Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht führt aus: Zuständig für die mit der Klage verfolgten Unterlassungsansprüche seien gemäß § 13 GVG die ordentlichen Gerichte. Entscheidend sei insoweit nicht, daß es sich bei der Beklagten um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handele und daß sich das mit dem Klageantrag erstrebte Verbot, Brillen in Selbstabgabestellen abzugeben, auf die Untersagung hoheitlichen oder schlichten Verwaltungshandelns richte. Ob eine Streitigkeit bürgerlich-rechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Art sei, bestimme sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allein nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet werde. Danach handele es sich vorliegend um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit, gleichviel ob der Klageanspruch auf Vertrag oder auf wettbewerbsrechtliche oder sonstige deliktsrechtliche Vorschriften gestützt werde. Die vertraglichen Beziehungen der A. zu Lieferanten von Heilmitteln gehörten dem Privatrecht an. Hinsichtlich der auf § 823 BGB und § 1 UWG gestützten Ansprüche der Kläger gelte nichts anderes. Zwar seien bei der Beurteilung des Klagebegehrens anhand dieser Vorschriften auch sozialversicherungsrechtliche Fragen mitzuentscheiden. Insoweit handele es sich aber nur um Vortragen, die an der Natur des Rechtsverhältnisses als einer bürgerlichen Rechtsstreitigkeit nichts änderten.

Die Klage sei jedoch unbegründet, soweit es den Klägern um das Verbot der Abgabe von Kassenbrillen gehe. Vertragliche Ansprüche insoweit bestünden nicht. Die Vereinbarung vom 15. Oktober 1974 untersage den an ihr beteiligten Sozialversicherungsträgern weder ausdrücklich noch sinngemäß, Selbstabgabestellen einzurichten. Auch nach Delikts- oder Wettbewerbsrecht sei die Selbstabgabe von Kassenbrillen durch Sozialversicherungsträger nicht verboten. Zwar trete die Kasse mit der Abgabe von Kassenbrillen im Rahmen einer Selbstabgabestelle möglicherweise in ein Wettbewerbsverhältnis zu Augenoptikern. Ein solcher Wettbewerb sei aber weder unerlaubt im Sinne des § 823 BGB noch sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG, weil das Handeln der Kasse insoweit durch § 30 Abs. 1 SGB IV in Verbindung mit § 182 RVO gedeckt sei und in Einklang stehe mit dem im Sozialversicherungsrecht geltenden Sachleistungsprinzip, das die Krankenkassen zur Gewährung von Krankenhilfe, also auch zur Versorgung der Versicherten mit Brillen, verpflichte. Es sei Sache der Kasse zu entscheiden, wie sie diese gesetzliche Aufgabe erfülle, ob durch Einschaltung selbständiger Augenoptiker oder dadurch, daß sie die Hilfe in eigener Regie gewähre. Sonderregelungen, wie sie für das Verhältnis der Krankenkasse zu den Ärzten, Zahnärzten, Hebammen, Krankenhäusern, Apotheken und Einrichtungen der Haushaltshilfe maßgebend seien und einer Eigengewährung durch die Krankenkasse weithin entgegenstünden (§§ 368-376 b RVO), ließen sich auf das Verhältnis der Krankenkasse zu den Augenoptikern hinsichtlich der Abgabe von Kassenbrillen nicht ohne weiteres übertragen. Aus ihnen lasse sich nicht herleiten, daß die Gewährung von Eigenleistungen der Kasse die Ausnahme sei und Eigeneinrichtungen grundsätzlich einer ausdrücklichen Ermächtigung bedürften.

Dagegen gehe die Abgabe von Feinbrillen im Rahmen einer Selbstabgabestelle über die gesetzlichen Aufgaben der Kasse hinaus. § 182 Abs. 2 RVO beschränke die Kassenleistung auf das Maß des Notwendigen. Die sich daraus für das Handeln des Sozialversicherungsträgers ergebenden Beschränkungen beachte die Beklagte bei der Abgabe von Feinbrillen nicht. Insoweit leiste sie mehr, als notwendig sei. Diese Mehrleistungen lasse sie sich auch durch Zahlungen ihrer Versicherten vergüten. Damit verstoße sie nicht nur gegen die Vorschriften der §§ 30 Abs. 1 SGB IV, 182 RVO, sondern auch gegen § 1 UWG. Mit der Abgabe von Feinbrillen suche sie den Wettbewerb mit den Augenoptikern, um - wie sie selber vorgetragen habe - auf die Preise für Feinbrillen kostendämpfend einzuwirken. Das sei wettbewerbswidrig. Zwar handele es sich bei den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften, gegen die die Beklagte insoweit verstoße, um wertneutrale Normen, deren Übertretung nicht schon als solche unlauter im Sinne des § 1 UWG sei. Die Wettbewerbswidrigkeit der Abgabe von Feinbrillen ergebe sich jedoch daraus, daß die Beklagte damit ihre hoheitliche Stellung mißbrauche. Sie mißachte bewußt die ihr durch § 182 RVO gezogenen Grenzen und mache den Augenoptikern zum Zwecke der Dämpfung der Preise für Feinbrillen Konkurrenz, obwohl sie unabhängig von der Höhe der Preise für solche Brillen immer nur für den Preis einer Kassenbrille aufzukommen habe. Dabei nutze sie die Vorteile aus, die ihr als öffentlich-rechtlicher Körperschaft zur Verfügung stünden, den Augenoptikern aber verschlossen seien, nämlich die Möglichkeit einer Kalkulation ohne Unternehmensgewinn, ohne Verpflichtung zur Zahlung von Körperschafts- und Gewerbesteuer, ohne Zuschlag für unternehmerisches Risiko und ohne Kosten für Werbung.

Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision der Beklagten haben keinen Erfolg. Dagegen war auf die Rechtsmittel der Kläger der Klage auch insoweit stattzugeben, als sich diese auf das Verbot der Selbstabgabe von Kassenbrillen im Rahmen einer Selbstabgabestelle richtet.

II.

Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß für das auf die Unterlassung der Selbstabgabe von Brillen gerichtete Klagebegehren trotz der Rechtsstellung der Beklagten als Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 29 Abs. 1 SGB IV) und ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben aus § 182 Abs. 1 RVO der ordentliche Rechtsweg (§ 13 GVG) und nicht die Zuständigkeit der Sozialgerichte (§ 51 SGG) begründet ist. Das gilt zunächst insoweit, als die Kläger die Unzulässigkeit der Selbstabgabe von Brillen durch die Beklagte aus dem Vertrag über die Lieferung von Sehhilfen vom 15. Oktober 1974 herleiten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterfallen die Rechtsbeziehungen der Allgemeinen Ortskrankenkassen zu den Lieferanten von Heilmitteln anders als diejenigen zu Ärzten, Zahnärzten und Hebammen, die im Hinblick auf die Funktion dieser Berufe im Gesundheitswesen durch gesetzliche Vorschriften öffentlich-rechtlich geregelt sind - nicht dem öffentlichen Recht, sondern dem Privatrecht (BGHZ 36, 91, 93 - Gummistrümpfe). Die Rechtsverhältnisse zwischen den Allgemeinen Ortskrankenkassen und den freiberuflichen Augenoptikern machen davon keine Ausnahme (BGH GRUR 1976, 600, 601 = WuW/E 1423 - Augenoptiker).

Aber auch soweit die Kläger ihr Unterlassungsbegehren auf die Behauptung stützen, daß ihnen die Beklagte in unerlaubter und wettbewerbswidriger Weise unter Verstoß gegen deliktsrechtliche Vorschriften des bürgerlichen Rechts und gegen § 1 UWG Konkurrenz mache, steht ihnen der ordentliche Rechtsweg offen. Maßgebend für die Frage, ob eine bürgerliche oder öffentliche Rechtsstreitigkeit vorliegt, ist die rechtliche Natur des Klageanspruchs, wie er sich aus dem zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen ergibt (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, BSGE 37, 292; BGHZ 66, 229, 232 = GRUR 1976, 658, 659 - Studenten-Versicherung; BGHZ 67, 81, 84 = GRUR 1977, 51, 52 - Auto-Analyzer; BGHZ 71, 180, 181; BGHZ 79, 390 = GRUR 1981, 596, 597 - Apotheken-Steuerberatungsgesellschaft; BGH GRUR 1981, 823, 825 - Ecclesia-Versicherungsdienst). Danach handelt es sich im Streitfall auch insoweit um eine von den ordentlichen Gerichten zu entscheidende Streitigkeit, als die Kläger aus deliktsrechtlichen Vorschriften des bürgerlichen Rechts und aus § 1 UWG Unterlassungsansprüche geltend machen. Dafür ist entscheidend, daß die Beklagte mit der von den Klägern angegriffenen Tätigkeit ihrer Selbstabgabestelle zu diesen in ein Wettbewerbsverhältnis tritt, das bürgerlichem Recht unterfällt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wenden sich die Augenoptiker und die Beklagte im Rahmen ihrer Selbstabgabestelle mit gleichen Leistungen an denselben Kreis von Abnehmern. Dabei befinden sie sich weder in einem Verhältnis der Über- und Unterordnung zueinander noch sind ihre Beziehungen sonst als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren. Stehen aber beide demselben Kundenkreis als gleichberechtigte Anbieter gegenüber, ohne daß zwischen ihnen Beziehungen öffentlich-rechtlicher Art gegeben sind, unterscheidet sich ihr Verhältnis trotz der Tatsache, daß die Beklagte eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, nicht von dem zwischen privaten Mitbewerbern, auf das bürgerliches Recht Anwendung findet und das im Streitfall von den ordentlichen Gerichten zu beurteilen ist.

Dem steht nicht entgegen, daß die Beziehungen der Kasse zu ihren Mitgliedern öffentlich-rechtlicher Natur sind und daß mit einem Verbot der Tätigkeit der Selbstabgabestelle in die Versorgung der Versicherten durch die Beklagte und damit in deren hoheitliche Tätigkeit eingegriffen würde. Diesem Gesichtspunkt kommt keine entscheidende Bedeutung zu, wenn sich - wie hier - das Klagebegehren nach den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen auf die privatrechtliche Betätigung des Hoheitsträgers stützt (BGHZ 66, 229, 232 = GRUR 1976, 658, 659 - Studenten-Versicherung; BGHZ 67, 81, 85 = GRUR 1977, 51, 52 - Auto-Analyzer). An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch gegenüber der im Schrifttum daran geäußerten Kritik fest (Bettermann, DVB1 1977, 180; Schimmelpfeng, NJW 1977, 1093; Menger, VerwA 68/1977, 293; Meyer-Ladewig, SGB 1979, 401; Rohwer-Kahlmann, ZSR 1980, 631). Diese läßt für die Rechtswegfrage allein die öffentlich-rechtlichen Beziehungen der Kasse zu den Versicherten entscheidend sein, berücksichtigt dabei aber nicht hinreichend, daß sich das Handeln des Verwaltungsträgers, hier die Selbstabgabe von Brillen, nicht nur an den Versicherten wendet, sondern gleichzeitig auch wettbewerbliche Auswirkungen auf die Optiker als Anbieter von Brillen zur Folge hat. Das gegenüber den Versicherten als öffentlich-rechtlich zu qualifizierende Handeln der gesetzlichen Krankenkasse ist daher im Hinblick auf seine privatrechtlichen Auswirkungen auf die Optiker auch privatrechtlich zu qualifizieren. Insoweit stehen sich Augenoptiker und Krankenkasse als Anbieter auf dem Boden der Gleichordnung gegenüber, ohne daß - wie erwähnt -öffentlich-rechtliche Beziehungen zwischen ihnen bestünden (BGHZ 36, 91, 93, 94, 101 - Gummistrümpfe; BGH GRUR 1976, 600 = WuW/E 1423 - Augenoptiker).

Diese wettbewerblichen Auswirkungen des Verwaltungshandelns stehen der Annahme entgegen, daß im Hinblick auf die öffentlich-rechtliche Natur der Beziehungen des Verwaltungsträgers zu seinen Mitgliedern und im Hinblick darauf, daß ein Verbot der Selbstabgabe von Brillen einen Eingriff in die hoheitliche Betätigung der Beklagten nach sich zöge, der Rechtsweg stets nur ein öffentlich-rechtlicher sein könnte. Weder geht das öffentliche Recht dem privaten vor, noch überlagert es dieses insoweit, als bei einer Gesamtbetrachtung der Tätigkeit von Selbstabgabestellen diese einheitlich als öffentlich-rechtlich angesehen werden müßte. Auch ein Verwaltungsträger hat bei seinem Verwaltungshandeln die Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beachten, für deren Beurteilung die ordentlichen Gerichte zuständig sind. In einem solchen Fall können vom ordentlichen Gericht, dem an sich ein Eingriff in hoheitliche Handlungen versagt ist, auch solche Entscheidungen getroffen werden, die der Sache nach nicht nur auf das Verbot von Wettbewerbsmaßnahmen hinauslaufen, sondern - wegen der privat-rechtlichen Auswirkungen des beanstandeten Verwaltungshandelns - auch den öffentlich-rechtlichen Tätigkeitsbereich des Verwaltungsträgers berühren (BGHZ 66, 229, 232 = GRUR 1976, 658, 659 - Studenten-Versicherung; BGHZ 67, 81, 85 = GRUR 1977, 51, 52 - Auto-Analyzer).

III.

Das Berufungsgericht hat die Abgabe von Feinbrillen durch die Selbstabgabestelle der Beklagten als wettbewerbswidrig angesehen, da die Beklagte die ihr insoweit durch § 182 RVO gezogenen Grenzen mißachte und den Augenoptikern unerlaubt Konkurrenz mache. Dagegen hat das Berufungsgericht die Abgabe von Kassenbrillen als eine durch § 30 Abs. 1 SGB IV, § 182 RVO gedeckte und damit auch wettbewerbsrechtlich zulässige Sachleistung angesehen. Mit dieser Beurteilung wird das Berufungsgericht der wettbewerbsrechtlichen Bedeutung und den wettbewerbsrechtlichen Auswirkungen der - sozialversicherungsrechtlich nicht gebotenen - Abgabe von Brillen durch solche Selbstabgabestellen auf die wettbewerbliche Ausgangslage und den Leistungswettbewerb nicht hinreichend gerecht.

1.

Vorschriften, die die Frage der Selbstabgabe von Brillen durch Sozialversicherungsträger ausdrücklich regeln, sind in den Bestimmungen des Sozialgesetzbuchs und der Reichsversicherungsordnung nicht enthalten. Auch aus der gesetzlichen Aufgabe des Krankenversicherungsträgers, Krankenhilfe zu gewähren, und aus dem gesetzlichen Anspruch des Versicherten auf diese Hilfe läßt sich eine grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers für oder gegen Selbstabgabestellen von Sozialversicherungsträgern nicht herleiten. § 17 SGB I, der die Ausführung von Sozialleistungen betrifft, verpflichtet zwar den Sozialversicherungsträger allgemein, für die Verwirklichung der Zielvorstellungen des Sozialgesetzbuchs Sorge zu tragen. Daraus folgt aber nicht schon, daß die Einrichtung von Eigenbetrieben der gesetzlichen Krankenkassen zulässig oder unzulässig ist. § 17 SGB I enthält lediglich die Verpflichtung, darauf hinzuwirken, daß der Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und schnell erhält und daß die zur Ausführung von Sozialleistungen erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen ausreichend und rechtzeitig zur Verfügung stehen. Eine Entscheidung darüber, wie im einzelnen diese Dienste und Einrichtungen zur Verfügung zu stellen sind, ergibt sich aus dieser allgemeinen Verpflichtung nicht.

Auch aus der Vorschrift des § 30 Abs. 1 SGB IV folgt nicht, daß es den Sozialversicherungsträgern grundsätzlich und generell gestattet oder untersagt wäre, sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben-Eigeneinrichtungen zu bedienen. Nach § 30 Abs. 1 SGB/dürfen Versicherungsträger Geschäfte nur zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben führen und ihre Mittel nur für diese Aufgaben und Verwaltungskosten verwenden. Um welche Aufgaben es sich dabei im einzelnen handelt, ob zu ihnen insbesondere auch die Einrichtung von Selbstabgabestellen gehört, ergibt sich indessen daraus nicht. Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift, die an die Stelle der Regelungen in § 25 Abs. 1 und 3 RVO getreten ist, folgt nichts anderes. Trotz der sprachlichen Unterschiede, die sich aus der Zusammenziehung der genannten Absätze des § 25 RVO zu einem Absatz in § 30 Abs. 1 SGB IV ergeben haben, ist die bisherige Regelung in der Sache selbst unverändert geblieben, wie aus der amtlichen Begründung zu § 30 Abs. 1 SGB IV hervorgeht (BT-Drucks. 7/4122, S. 35) und im Schrifttum allgemein anerkannt ist (Bley, SGB-SozVers-GesKomm, § 30 SGB IV Anm. 1; Hauck, Haines, SGB IV 1 K § 30 Rdn. 2; Krause, GK-SGB § 30 Rdn. 1; Zacher, Krankenkassen oder nationaler Gesundheitsdienst, 1980, S. 24). § 30 Abs. 1 SGB IV enthält daher lediglich die allgemeine Umschreibung der Befugnisse des Sozialversicherungsträgers, ohne dabei dessen Aufgaben und Geschäfte konkret zu regeln. Hinsichtlich des Gegenstands und des Umfangs der Krankenhilfe bedarf es insoweit erst des Rückgriffs auf § 182 RVO, hinsichtlich der Art und Weise der Erfüllung dieser Aufgaben der Heranziehung weiterer Vorschriften, wie sie z.B. für den Bereich des Kassenarztrechts in den §§ 368 ff RVO und für die Rechtsbeziehungen zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und den Apothekern in den §§ 375, 376, 407 Abs. 1 Nr. 2, 410, 414 e Buchst. c RVO geregelt sind.

Schließlich ergibt sich auch aus dem der Regelung des § 182 RVO zugrunde liegenden Sachleistungsprinzip des Sozialversicherungsrechts nichts für die Frage, ob es der Kasse grundsätzlich erlaubt oder untersagt ist, Sachleistungen, auf die der Versicherte Anspruch hat, in Natur zur Verfügung zu stellen. Die Bedeutung des Sachleistungsprinzips (vgl. BSGE 42, 117, 119) besteht im Unterschied zum Kostenerstattungsprinzip des Privatversicherungsrechts darin, daß der Versicherte Anspruch auf Deckung des krankheitsbedingten Bedarfs als solchen hat, ohne insoweit kostenmäßig selber in Vorlage treten zu müssen und auf die Erstattung von Kosten angewiesen zu sein. Auf die Person des Leistungserbringers lassen sich daraus keine Rückschlüsse ziehen. Ob es sich bei diesem um den Sozialversicherungsträger oder einen Dritten (Arzt, Krankenhaus, Optiker) handelt, läßt sich daher dem Wesen des Sachleistungsprinzips nicht zwingend entnehmen.

2.

Auch aus den weiteren Vorschriften der RVO zum Recht der Krankenversicherung läßt sich eine generelle oder primäre Sachkompetenz des Sozialversicherungsträgers zur Einrichtung von Selbstabgabestellen zwecks Versorgung der Versicherten mit Krankenpflege nicht zwingend herleiten. Aus dem Gesamtzusammenhang der die Leistungserbringung regelnden Vorschriften der RVO ergibt sich vielmehr, daß es dem Regelfall des Gesetzes entspricht, wenn die Kasse die in § 182 Abs. 1 Nr. 1 RVO genannten Leistungen dem Versicherten durch Dritte, d.h. unter Einschaltung der bestehenden freien Berufe, verschafft, und daß es ihr nur ausnahmsweise obliegt, solche Leistungen selber, d.h. durch von ihr angestellte Mitarbeiter, zu erbringen. Nach den Vorschriften des Kassenarztrechts (§§ 368-368 t RVO) wird ärztliche und zahnärztliche Versorgung grundsätzlich nicht von eigenen Mitarbeitern der Sozialversicherungsträger gewährt, sondern von freiberuflich tätigen Ärzten und Zahnärzten, die zur kassenärztlichen Versorgung zugelassen sind und zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung der Versicherten mit den Krankenkassen zusammenwirken. Nur ausnahmsweise sind die Krankenkassen zur Erbringung kassenärztlicher und kassenzahnärztlicher Eigenleistungen ermächtigt (§ 368 d Abs. 1 RVO). Dabei handelt es sich um Eigeneinrichtungen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes über das Kassenarztrecht vom 17. August 1955 (BGBl I S. 513) bestanden. Neue Einrichtungen sind nur aufgrund vertraglicher Vereinbarung zwischen den Krankenkassen und deren Verbänden und den kassenärztlichen Vereinigungen zulässig (§ 368 d Abs. 1 Satz 4 RVO). Eine Eigengewährung ärztlicher und zahnärztlicher Leistungen durch die Kasse scheidet danach im allgemeinen aus. Auch die Erbringung von Krankenhausleistungen ist regelmäßig nicht Sache der Kasse. In § 371 RVO, der die Krankenhäuser bestimmt, durch die die Krankenkassen Krankenhauspflege zu gewähren haben, sind kasseneigene Krankenhäuser nicht erwähnt. Mittelbar ergibt sich zwar aus der Regelung des § 346 Abs. 2 Nr. 2 RVO, nach der Beschlüsse des Vorstands des Krankenversicherungsträgers über die Errichtung von Krankenhäusern der Zustimmung der Vertreterversammlung bedürfen, daß auch Krankenkassen als Krankenhausträger in Betracht kommen. Indessen sind nach § 4 Abs. 3 Nr. 5 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes vom 29. Juni 1972 (BGBl I S. 1009) Krankenhäuser der Sozialleistungsträger von der öffentlichen Förderung ausgeschlossen, sofern sie nicht nach der Krankenhausplanung des Landes der allgemeinen Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhäusern dienen. Bei Beachtung der den Sozialversicherungsträgern durch § 69 SGB IV vorgeschriebenen Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit können daher Krankenkassen nur dann als Krankenhausträger tätig werden, wenn - ausnahmsweise - ein durch den Krankenhausbedarfsplan gerechtfertigter Bedarf gerade an einem kasseneigenen Krankenhaus besteht. Auch der Leistungsweg der Hebammenhilfe (§§ 195 Nr. 1, 196 RVO) ist gesetzlich nicht dahin geregelt, daß diese von vertraglichen Angestellten der Kassen zu erbringen wäre (vgl. BSGE 10, 260, 262). Allein die Tatsache, daß die Hebamme Leistungen nach den Vorschriften der RVO erbringt, begründet ihren gesetzlichen Gebührenanspruch (§ 376 a RVO). Des weiteren obliegt auch die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln - entsprechend dem Leitbild des "Apothekers in seiner Apotheke" (BVerfGE 17, 232, 240, 242; BGH GRUR 1981, 282 - Apothekenbotin; BVerwG NJW 1979, 611, 612) - regelmäßig dem Apotheker persönlich und in eigener Verantwortung (§ 7 Satz 1 APG), nicht etwa als Angestelltem oder Beauftragtem der Kasse. Das ergibt sich auch aus den Vorschriften der RVO, die für die Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln durch die Apotheken den Abschluß von Verträgen zwischen Apothekern und Krankenkassen vorsehen (§§ 375, 376 RVO). Darüber hinaus spricht auch die Regelung in § 407 Abs. 1 Nr. 2 RVO, der Kassenverbände für die ihnen angeschlossenen Kassen ermächtigt, Verträge u.a. über die Lieferung von Heilmitteln und anderen Bedürfnissen der Krankenpflege abzuschließen, für die Annahme, daß es auch im übrigen, so auch hinsichtlich der Versorgung der Versicherten mit Brillen, nicht generell und primär Aufgabe der gesetzlichen Krankenkassen ist, Eigeneinrichtungen zu betreiben. Zwar hat das Gesetz Selbstabgabestellen für Brillen nicht ausdrücklich für unzulässig erklärt. Indessen hat es durch § 407 Abs. 1 Nr. 2 RVO zu erkennen gegeben, daß es bei der Versorgung der Versicherten - auch soweit es sich nicht um Leistungen von Ärzten, Zahnärzten, Hebammen, Krankenhäusern und Apotheken handelt - grundsätzlich von der Einschaltung der auf dem Gebiet der Krankenpflege freiberuflich Tätigen, der bestehenden selbständigen Einrichtungen (Anstalten) und der freien Wirtschaft ausgeht. Dafür spricht auch die Tatsache, daß es der Gesetzgeber für erforderlich gehalten hat, eine besondere Regelung für die Anstellung von Krankenschwestern und anderen Hilfspersonen zur Gewährung von häuslicher Krankenpflege und von Haushaltshilfe zu treffen (§§ 185 a, 376 b RVO), der es nicht bedurft hätte, wenn es dem Krankenversicherungsträger ohnehin freistünde, Krankenpflegeleistungen selber, d.h. in eigener Regie durch angestellte Mitarbeiter, zu erbringen.

IV.

Ist danach durch die Vorschriften des Sozialgesetzbuchs und der Reichsversicherungsordnung hinsichtlich der Gewährung von Krankenpflege (§ 182 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b RVO) die Person des Leistungserbringers - Sozialversicherungsträger oder freiberuflich Tätiger - nicht grundsätzlich und generell ausdrücklich bestimmt, und entspricht die Erbringung von Krankenpflegeleistungen durch freie Berufe - wie die Ausführungen zu Ziff. III zeigen - in wesentlichen Bereichen der Sozialversicherung dem gesetzlichen Regelfall, während die Tätigkeit von Eigeneinrichtungen und von eigenen Angestellten der Kassen insoweit nur ausnahmsweise, d.h. aus zwingenden gesundheits- und sozialrechtlichen Erwägungen, in Betracht kommt, so spricht das hinsichtlich der Verschaffung von Brillen ebenfalls für die Annahme, daß sich die Kassen auch insoweit grundsätzlich der vorhandenen freien Berufe, insbesondere der selbständigen Augenoptiker, zu bedienen haben. Allein die auf Ausnahmefälle der bezeichneten Art beschränkte Abgabe von Brillen durch die Kasse selbst beachtet auch, daß es der öffentlichen Hand verwehrt ist, über das sachlich Gebotene und verfassungsrechtlich Zulässige hinaus in den Bereich der privaten beruflichen Betätigung Dritter zu deren Nachteil einzugreifen (Art. 12 Abs. 1 GG). Es wäre aber ein damit nicht in Übereinstimmung zu bringender Eingriff in die freie Betätigung selbständiger Berufe und nicht bloß eine zulässige Regelung der Berufsausübung, wenn es den gesetzlichen Krankenkassen völlig freistünde, ihrer Verschaffungspflicht selber, d.h. ohne Rückgriff auf die bestehenden freien Berufe, genügen zu können. Denn die schrankenlose Einrichtung von Selbstabgabestellen schließt die - zu Art. 12 Abs. 1 GG in Widerspruch stehende - Möglichkeit ein, vorhandene und nach Herkommen und Gesetz anerkannte selbständige Berufe faktisch nur noch als Angestelltenberufe ausüben zu können. Wäre es den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung unbeschränkt gestattet, Selbstabgabestellen zur Erbringung von Krankenpflegeleistungen zu betreiben, stünde es ihnen frei, den Abschluß von Verträgen über die Versorgung von Versicherten mit Brillen durch freiberufliche Augenoptiker abzulehnen. Die berufliche Tätigkeit selbständiger Augenoptiker stünde dann in weitem Umfang zur Disposition der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Versorgung der Bevölkerung mit Heilmitteln unter Einschaltung der dafür vorhandenen und eingerichteten Berufe entspricht aber in besonderem Maße dem Grundgedanken der Berufsfreiheit und der Freiheit des Einzelnen zu wirtschaftlicher Entfaltung (Art. 12 Abs. 1 GG) und dient zugleich dem allgemein gebilligten wirtschaftspolitischen Ziel der Förderung des Mittelstandes. Diese Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts für den Bereich des Apothekenwesens (BVerfGE 17, 232, 243) gelten auch für die Tätigkeit freiberuflicher Optiker. Sie sind im Hinblick auf die Größe des Kreises der Versicherten von besonderer Bedeutung. Bei einer Wohnbevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland von 61.359.000 Personen im Durchschnitt des Jahres 1979 (Statistisches Jahrbuch 1981 für die Bundesrepublik Deutschland, S. 50) waren - einschließlich der Familienangehörigen und der Rentner - im gleichen Zeitraum 58.138.000 Personen = 94,75 % der Gesamtbevölkerung bei den Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung versichert (Statistisches Jahrbuch, S. 390). Dabei ist zu berücksichtigen, daß diese Erwägungen nicht nur für Augenoptiker gelten, sondern auch für andere Lieferanten von Heil- und Hilfsmitteln wie Orthopädie-Schuhmacher und -mechaniker, Chirurgiemechaniker, Bandagisten, Hörgeräte-Akustiker und den medizinisch-technischen Fachhandel, darüber hinaus auch für die industrielle Produktion und Fertigung von Gegenständen der Krankenpflege. Es kann nicht angenommen werden, daß das Gesetz - obwohl es in weiten Bereichen der Krankenpflege die Leistungserbringung durch Dritte ausdrücklich zur Regel erklärt hat und auch sonst von der Einschaltung Dritter bei der Verschaffung von Krankenpflegeleistungen ausgeht (§ 407 Abs. 1 Nr. 2 RVO) - den Trägern der Krankenversicherung trotz der Benachteiligungen und Beeinträchtigungen, die sich im Widerspruch zu Art. 12 Abs. 1 GG für die berufliche Betätigung der Augenoptiker und anderer freier Berufe aus der Tätigkeit von Selbstabgabestellen ergeben können, ohne Einschränkung generell die Ermächtigung zur Einrichtung von Eigenbetrieben stillschweigend erteilt habe.

Die Beklagte kann sich demgegenüber auch nicht auf die Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes 1980 berufen, durch die die Selbstabgabe von Brillen der Umsatzsteuer unterworfen worden ist (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 und § 4 Nr. 15 UStG 1980) Der Grund für diese umsatzsteuerrechtliche Regelung lag in der Notwendigkeit, das deutsche Umsatzsteuerrecht an die 6. Richtlinie des EG-Ministerrats vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuern anzupassen (Art. 4 Nr. 5 Abs. 2 und Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b dieser Richtlinie, ABl. EG Nr. L 145 S. 1). Dementsprechend heißt es auch in der Einzelbegründung zu § 2 Abs. 3 Nr. 3 und § 4 Nr. 15 der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages vom 8. Mai 1979 zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Umsatzsteuergesetzes (BT-Drucks. 8/2827 S. 72, 73) lediglich, daß die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung hinsichtlich der Tätigkeit ihrer Selbstabgabestellen für Brillen und Brillenteile einschließlich der Reparaturarbeiten der Umsatzsteuer aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu unterwerfen seien, weil sie insoweit als Unternehmer gleiche Leistungen wie Optiker ausführten und damit zu diesen in einen örtlich erheblichen Wettbewerb träten. Eine Aussage des Gesetzgebers über eine schrankenlose sozialversicherungsrechtliche Zulässigkeit von Selbstabgabestellen für Brillen ergibt sich daraus nicht.

V.

Die Gewährung von Krankenpflege (§ 182 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b RVO) ist danach regelmäßig dahin gestaltet, daß die Krankenkassen die ihnen obliegenden Leistungen den Versicherten durch Rückgriff auf die eingerichteten freien Berufe zu verschaffen und nur in Ausnahmefällen selber zu erbringen haben. Die unmittelbare Abgabe von Brillen durch die Selbstabgabestelle der Beklagten ist nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt aber auch nicht sozialversicherungsrechtlich geboten.

1.

Nach dem Vorbringen der Beklagten ist die Tätigkeit ihrer Selbstabgabestelle im Zusammenhang mit der Versorgung der Versicherten darauf gerichtet, durch Herausstellung von Kassenbrillen auf die Preise der Optiker für Feinbrillen mäßigend einzuwirken. Indessen vermag der Gesichtspunkt der Kostendämpfung die Selbstabgabe von Brillen nicht zu rechtfertigen. Bei ihrer Vertragsgestaltung mit den Optikern steht es den Kassen und ihren Verbänden frei, im Wege der Vereinbarung auf eine vorrangige und stärkere Herausstellung von Kassenbrillen als bisher hinzuwirken. Anhaltspunkte dafür, daß Maßnahmen dieser Art hier nicht in Betracht kommen oder keinen Erfolg versprechen, sind nicht gegeben.

Aus dem Gesichtspunkt der Kostendämpfung ließe sich die Selbstabgabe von Brillen nur rechtfertigen, wenn die nach § 182 Abs. 2 RVO auf das Maß des Notwendigen zu beschränkenden Aufwendungen für Kassenbrillen anders nicht zu begrenzen wären. Indessen ergibt sich weder aus den Feststellungen des Berufungsgerichts noch aus dem eigenen Vortrag der Beklagten oder aus sonstigen Umständen, daß die Preise, die die Sozialversicherungsträger für Kassenbrillen an die Optiker zu zahlen haben, so hoch sind, daß sie mit den Vorschriften des § 182 Abs. 2 RVO nicht in Einklang stehen.

2.

Mit der Erfüllung der ihnen durch das Sozialgesetzbuch und die Reichsversicherungsordnung zugewiesenen Aufgaben verwirklichen die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung auf dem Gebiet der gesundheitlichen Daseinsvorsorge den Verfassungsauftrag der Sozialstaatlichkeit (Art. 20 Abs. 1 GG; BSGE 36, 238, 239). Soweit es der Beklagten dabei obliegt, die Versicherten mit Brillen zu versorgen, ist sie aber zur Erfüllung dieses Auftrags auf kasseneigene Abgabestellen nicht angewiesen. Die Versorgung der Bevölkerung mit Brillen ist - jedenfalls im Tätigkeitsbereich der Beklagten - durch die freiberuflich tätigen Angehörigen des Augenoptikerhandwerks gewährleistet. Auch dort, wo Selbstabgabestellen nicht bestehen, d.h. überall außerhalb der Amtsbezirke der A. D., W. und E., der Betriebskrankenkasse der Firma K. und - seit 1978 - der A. L/Ostfriesland haben sich Schwierigkeiten in der Versorgung der Bevölkerung mit Brillen nicht ergeben. Es besteht kein Anhalt dafür, daß dies für den Tätigkeitsbereich der Beklagten anders sein könnte und daß die Beklagte ihren Auftrag bei Heranziehung der freiberuflich tätigen Angehörigen des Augenoptikerhandwerks nicht zu erfüllen vermöchte.

3.

Im Hinblick darauf, daß es dem Regelfall des Gesetzes entspricht, wenn die Kasse die in § 182 Abs. 1 Nr. 1 RVO genannten Leistungen dem Versicherten unter Einschaltung freiberuflich Tätiger verschafft, ist es auch nicht von entscheidender Bedeutung, daß in der Zeit vor und nach dem Ersten Weltkrieg in einem nicht näher ersichtlichen Umfang Eigeneinrichtungen von Krankenkassen faktisch bestanden haben, und daß in den zwanziger Jahren Gesetzesanträge von Reichstagsabgeordneten, die auf ein ausdrückliches Verbot dieser Betätigung abzielten (Anträge vom 10., 12. und 26. November 1926, Verhandlungen des Reichstags, III. Wahlperiode, Bd. 410 Nr. 2649 und 2668; Bd. 411 Nr. 2711), nicht Gesetz geworden sind (vgl. dazu die Stellungnahme des Reichsarbeitsministers Dr. Brauns anläßlich der Beratungen des Haushalts 1927, Verhandlungen des Reichstags, III. Wahlperiode, Bd. 392 S. 9337, 9366). Auch der Umstand, daß Selbstabgabestellen - der A. D., W. und E. sowie der Betriebskrankenkasse der Firma K. - schon seit den Anfangsjahren der Bundesrepublik bestehen, läßt die Selbstabgabe von Brillen durch die Beklagte als Träger der gesetzlichen Krankenversicherung nicht als sozialversicherungsrechtlich geboten erscheinen. An einer ausdrücklichen Anerkennung von Selbstabgabestellen durch den Gesetzgeber fehlt es. Im Hinblick darauf, daß von den 1.339 Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung, die im Jahre 1979 bestanden (1970: 1.827; 1960: 2.028; 1950: 1.996; vgl. dazu die jeweiligen Angaben in den Statistischen Jahrbüchern für die Bundesrepublik Deutschland), lediglich 4 Kassen Selbstabgabestellen eingerichtet hatten und die Lage der Bevölkerung hinsichtlich der Sicherstellung der Versorgung mit Brillen besondere Maßnahmen gesetzgeberischer Art nicht erforderte, können aus der Tatsache, daß es unterblieben ist, die Tätigkeit von Selbstabgabestellen gesetzlich zu regeln, keine zwingenden Schlüsse darauf gezogen werden, daß der Gesetzgeber die Selbstabgabe von Brillen als generelle und primäre Aufgabe des Versicherungsträgers angesehen habe. Dagegen spricht auch, daß die von der Bundesregierung berufene Sozialenquête-Kommission - ohne damit bei den gesetzgebenden Körperschaften und bei den Gesetzgebungsakten der folgenden Jahre erkennbar auf Widerspruch gestoßen zu sein - in ihrem im Jahre 1966 erstatteten Bericht "Soziale Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland" zu der Feststellung gelangt ist, daß die Lieferung von Sachgütern, die aufgrund ärztlicher Rezepte an den Patienten abgegeben werden (Medikamente, Brillen, Bandagen u.a.), Apothekern, Optikern, Bandagisten usw. vorbehalten sei und daß das Betreiben eigener Abgabestellen für solche Sachgüter den Krankenkassen der gesetzlichen Krankenversicherung nur in Ausnahmefällen erlaubt sei (Bericht S. 197 Nr. 561).

VI.

Die Selbstabgabe von Brillen durch die Beklagte, die aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht nicht als geboten angesehen werden kann, ist wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG.

Mit der Selbstabgabe von Brillen tritt die Beklagte im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs als Wettbewerberin auf. Sie konkurriert mit den freiberuflich tätigen Augenoptikern um Brillenaufträge und ist deshalb auch durch das Umsatzsteuergesetz 1980 der Umsatzsteuerpflicht unterworfen worden. Daß die Beklagte, wie sie vorträgt, nicht die Absicht verfolgt, Gewinn zu erzielen, steht der Annahme eines Handelns zu Zwecken des Wettbewerbs nicht entgegen. Insoweit genügt bereits die - hier gegebene - konkrete Zielsetzung, sich am Wettbewerb zu beteiligen (BGH GRUR 1974, 733, 734 - Kfz-Schilderverkauf; GRUR 1981, 665 - Knochenbrecherin).

Für die Beurteilung nach § 1 UWG sind bei der notwendigen Einbeziehung aller Begleitumstände insbesondere auch die Bedeutung dieser Tätigkeit für die wettbewerbliche Ausgangslage und ihre Auswirkungen auf den Leistungswettbewerb zu berücksichtigen (vgl. BGHZ 51, 236, 242 - Stuttgarter Wochenblatt I; BGHZ 81, 291, 295 - Bäckerfachzeitschrift). Hierfür ist entscheidend, daß die Beklagte als Träger der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn sie mit selbständigen Augenoptikern in Wettbewerb tritt, nicht der gleichen wettbewerblichen Ausgangslage und den gleichen Wettbewerbsbedingungen unterworfen ist wie die Augenoptiker und daß für diese bei einer solchen ungleichen Wettbewerbslage die Gefahr eines ruinösen Wettbewerbs mit der Möglichkeit ihrer Ausschaltung als selbständige Gewerbetreibende aus dem Wirtschaftsleben besteht. Denn anders als die Augenoptiker ist die Beklagte nach ihrem eigenen Vorbringen bei der Selbstabgabe von Brillen nicht auf die Erzielung von Gewinnen, d.h. eines Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, angewiesen, sondern finanziert sich aus den ihr zufließenden Beiträgen (§ 380 RVO). Ihnen entnimmt sie die Mittel zur Deckung der personellen und sächlichen Kosten, die der Betrieb der Selbstabgabestelle erfordert. Ein unternehmerisches Risiko trifft sie nicht. Auch steuerlich ist sie bevorzugt. Zwar unterliegt sie hinsichtlich des Betriebs ihrer Selbstabgabestelle seit dem Inkrafttreten des Umsatzsteuergesetzes 1980 vom 26. November 1979 in vollem Umfang der Umsatzsteuer (§ 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3. § 4 Nr. 15 UStG 1980). Auch kommt, sofern ihr Jahresumsatz 60.000,00 DM nachhaltig übersteigt, ihre Heranziehung zur Körperschaftssteuer in Betracht (vgl. § 4 Abs. 1 KStG 1977; BFH BStBl III 1957 S. 146; 1961 S. 552; KStRi 1977 Abschn. 5 Abs. 5; Schreiben BMF vom 20. November 1979, BStBl I S. 684). Aber sie ist, sofern sie nicht zur Gewinnerzielung tätig wird, vermögens- und gewerbesteuerfrei (VStRi 1980 Abschn. 105 Abs. 2; §§ 1 und 2 GewStDV in Verbindung mit Abschn. 12 a und 20 GewStRi). Gegebenheiten dieser Art, die die Selbstabgabestellen der gesetzlichen Krankenkassen gegenüber ihren freiberuflich tätigen Mitbewerbern begünstigen, beeinträchtigen die Freiheit des Wettbewerbs der Augenoptiker und bedeuten für diese die Gefahr eines ruinösen Konkurrenzkampfs mit der Möglichkeit ihrer Ausschaltung als selbständige Gewerbetreibende aus dem Wirtschaftsleben. Zumindest kann aber die Gefahr einer erheblichen Beeinträchtigung der freien Berufstätigkeit der Augenoptiker und anderer auf diesem Gebiet freiberuflich Tätiger nicht verneint werden. Es ist vielmehr zu befürchten, daß die Tätigkeit der freien Berufe insoweit durch die Selbstabgabestellen der gesetzlichen Krankenkassen in weitem Umfang verdrängt werden wird, wenn berücksichtigt wird, daß über 94,75 % der Gesamtbevölkerung bei den Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind (Statistisches Jahrbuch 1981 für die Bundesrepublik Deutschland, S. 50), und wenn die hier beanstandete Tätigkeit bislang nur einzelner Krankenkassen bei einem entsprechenden Erfolg bundesweite Nachahmung und Ausdehnung findet (vgl. BVerwG NJW 1978, 1539, 1540 - Kommunale Wohnungsvermittlung). Ein Wettbewerb, der in dieser Weise an die Grundlagen der Existenz eines vorhandenen und nach Herkommen und Gesetz anerkannten selbständigen Berufsstands rührt, führt in einem nicht unerheblichen Umfang zu einer Ausschaltung des Leistungswettbewerbs und damit zu einer ernstlichen Gefahr für dessen Bestand. Das aber ist mit § 1 UWG nicht zu vereinbaren, wie der Senat in anderem Zusammenhang wiederholt entschieden hat (vgl. BGHZ 51, 236, 242 - Stuttgarter Wochenblatt I; BGHZ 81, 291, 295 - Bäckerfachzeitschrift; GRUR 1979, 321, 323 - Verkauf unter Einstandspreis). Dem steht nicht entgegen, daß nach der Rechtsprechung § 1 UWG nicht den Zugang der öffentlichen Hand zum Wettbewerb regelt, also nicht das "Ob" ihrer wirtschaftlichen Betätigung, sondern nur das "Wie", d.h. ihr Verhalten und die Art und Weise ihrer Beteiligung am Wettbewerb (vgl. RGZ 138, 174, 176 - Haus der Jugend; BGH GRUR 1971, 168, 169 - Ärztekammer; 1974, 733, 734 - Kfz-Schilderverkauf). Zwar trifft zu, daß es grundsätzlich eine allgemeine wirtschaftspolitische und keine wettbewerbsrechtliche Frage ist, ob und inwieweit die öffentliche Hand sich am Wettbewerb beteiligen darf. Indessen folgt daraus nicht, daß das vorliegend in Rede stehende Verhalten der Beklagten der Beurteilung nach § 1 UWG entzogen wäre. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Betrieb von Selbstabgabestellen für Brillen sozialversicherungsrechtlich nicht geboten ist, die sozialversicherungsrechtliche Regelung vielmehr davon ausgeht, daß die Beklagte der ihr nach § 182 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b RVO obliegenden Pflicht zur Verschaffung von Krankenpflegeleistungen primär durch freiberuflich tätige Augenoptiker erfüllt. Bei einer solchen Sachlage führt aber die Heranziehung des § 1 UWG nicht zu einer Ergänzung oder Überlagerung der allgemeinen wirtschaftspolitischen Entscheidung der öffentlichen Hand hinsichtlich der Frage einer Teilnahme am Wettbewerb, sondern bestätigt die gesetzliche Regelung, die für den Regelfall der Erbringung von Leistungen der Krankenpflege generell und primär auf die bestehenden freien Berufe verweist.

VII.

Dem Hilfsantrag der Beklagten auf Gewährung einer Aufbrauchsfrist war - für die Zeit bis zum 30. Juni 1982 - stattzugeben. Die Gewährung einer Aufbrauchsfrist kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch noch in der Revisionsinstanz in Betracht, wenn der Unterlassungspflichtigen Partei für den Fall der sofortigen Durchführung des erkannten Verbots unverhältnismäßige Nachteile erwachsen würden und die befristete Fortsetzung des angegriffenen Verhaltens für den Verletzten keine unzumutbaren Beeinträchtigungen mit sich bringt (BGH GRUR 1974, 474, 476 - Großhandelshaus). Diese Voraussetzungen sind - für eine Aufbrauchsfrist von 6-monatiger Dauer - hier gegeben. Dabei war zu beachten, daß die Beklagte im Zusammenhang mit der Auflösung ihrer Selbstabgabestelle die Anstellungsverhältnisse ihrer dort tätigen Mitarbeiter ordnen und für eine angemessene Verwertung der Sachgüter der Selbstabgabestelle sorgen muß. Hinsichtlich der Dauer der Aufbrauchsfrist war zu berücksichtigen, daß die Beklagte - anders als die A. D., die die Selbstabgabe von Brillen seit annähernd 33 Jahren betreibt - die angegriffene Selbstabgabestelle erst im Laufe des Rechtsstreits, 6 Monate nach Klagezustellung, eröffnet hat. Angesichts der nicht eindeutigen Rechtslage hätte es aber im Interesse der Vermeidung wirtschaftlicher Nachteile schon damals nahegelegen, die Entscheidung über die Eröffnung der Selbstabgabestelle bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits zurückzustellen. Gleichwohl erschien eine Aufbrauchsfrist bis zum 30. Juni 1982 angemessen und für die Kläger - trotz der wirtschaftlichen Nachteile, die sich für sie aus dem Betrieb der Selbstabgabestelle ergeben - noch zumutbar.

VIII.

Demgemäß war auf die Rechtsmittel der Kläger unter Zurückweisung der Revision der Beklagten der Klage auch insoweit stattzugeben, als das Berufungsgericht die Berufung der Kläger zurückgewiesen hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

v. Gamm

Alff

Merkel

Piper

Teplitzky

 

Fundstellen

BGHZ, 375

NJW 1982, 2117

GRUR 1982, 425

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