Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterschrift in Computerschrift. Fehlende Unterschrift des Prozessbevollmächtigten unter Berufungsschrift

 

Leitsatz (amtlich)

a) Die in Computerschrift erfolgte Wiedergabe des Vor- und Nachnamens des Prozessbevollmächtigten unter einer als Computerfax übermittelten Berufungsbegründungsschrift stellt keine den Anforderungen des § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO genügende Wiedergabe der Unterschrift dar.

b) Das Fehlen der Unterschrift des Prozessbevollmächtigten unter der Berufungsbegründungsschrift kann ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen, eine Beweisaufnahme nicht erfordernden Umständen eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr dafür ergibt, dass der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Rechtsmittelbegründungsschrift übernommen und diese willentlich in den Rechtsverkehr gebracht hat. Dabei sind nur spätestens bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist dem Berufungsgericht bekannt gewordene Umstände berücksichtigungsfähig.

 

Normenkette

ZPO § 130 Nr. 6, § 520 Abs. 5

 

Verfahrensgang

OLG Braunschweig (Urteil vom 26.02.2004; Aktenzeichen 1 U 42/03)

LG Göttingen

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des OLG Braunschweig v. 26.2.2004 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Berufung sowie darüber, ob den Klägern wegen einer Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Das LG hat die Klage durch Urteil v. 10.4.2003 ganz überwiegend abgewiesen. Das Urteil ist den Prozessbevollmächtigten der Kläger am 14.4.2003 zugestellt worden. Die Berufung der Kläger ist am 7.5.2003 eingegangen, die Berufungsbegründungsfrist bis zum 16.8.2003 verlängert worden. Am 18.8.2003, einem Montag, ist beim Berufungsgericht als Computer-Fax eine Berufungsbegründung eingegangen, die eine eingescannte Unterschrift des Prozessbevollmächtigten der Kläger nicht enthält. Der Schriftsatz schließt auf der letzten Seite mit dem in der gleichen Computerschrift geschriebenen Vor- und Nachnamen des Prozessbevollmächtigten der Kläger sowie der Bezeichnung "Rechtsanwalt". Am 25.8.2003 ist die Berufungsbegründung per Post nochmals beim Berufungsgericht eingegangen, und zwar mit der handschriftlichen Unterschrift des Prozessbevollmächtigten der Kläger.

Auf den gerichtlichen Hinweis v. 28.10.2003, dass die am 18.8.2003 als Fax eingegangene Berufungsbegründungsschrift nicht unterschrieben sei, haben die Kläger am selben Tage vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die Kläger machen geltend, zur Fristwahrung reiche die Berufungsbegründungsschrift auch ohne eine eingescannte Unterschrift aus. Aus der Begründungsschrift lasse sich auch so die Urheberschaft des Prozessbevollmächtigten und sein Wille, das Schreiben in den Verkehr zu bringen, entnehmen. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages tragen die Kläger vor, dass ihr Prozessbevollmächtigter die Berufungsbegründungsschrift als Fax um 18.36 Uhr mit allen 26 Seiten versandt habe, und zwar auf der letzten Seite oberhalb der Wiedergabe seines Namens mit seiner eingescannten Unterschrift.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Berufungsgericht den Antrag der Kläger auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Revision der Kläger, die das Berufungsgericht nur beschränkt zugelassen hat.

 

Entscheidungsgründe

A.

Die Revision ist insgesamt statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Zwar hat das Berufungsgericht im Urteilstenor und in den Entscheidungsgründen die Revision nur zugelassen, "soweit die Berufung als unzulässig verworfen worden ist". Diese Beschränkung der Zulassung der Revision ist aber unzulässig. Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des BGH nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffes beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (BGH v. 3.6.1987 - IVa ZR 292/85, BGHZ 101, 276 [278 f.] = MDR 1987, 917; v. 20.4.1990 - V ZR 282/88, BGHZ 111, 158 [166] = MDR 1990, 909, st.Rspr.). Unzulässig ist es hingegen, die Zulassung der Revision auf eine bestimmte Rechtsfrage oder ein Entscheidungselement des Urteils zu beschränken (BGH v. 15.3.1984 - X ZB 6/83, BGHZ 90, 318 [320] = MDR 1984, 752; v. 3.6.1987 - IVa ZR 292/85, BGHZ 101, 276 [278 f.] = MDR 1987, 917; Urt. v. 26.3.1982 - V ZR 149/81, MDR 1982, 658 = NJW 1982, 1535, m.w.N.). Da auch die Frage der Zulässigkeit der Berufung ein solches nicht selbständig anfechtbares Urteilselement darstellt, ist die Beschränkung der Zulassung der Revision auf diese Frage unzulässig (BGH, Urt. v. 6.5.1987 - IVb ZR 52/86, MDR 1987, 921 = NJW 1987, 3264 f.; Urt. v. 3.5.2001 - XII ZR 62/99, MDR 2001, 993 = BGHReport 2001, 695 = NJW 2001, 2259).

Fehlt es danach an einer wirksamen Beschränkung der Zulassung, so ist allein die Beschränkung, nicht aber die Zulassung unwirksam, die Revision daher unbeschränkt zugelassen (BGH, Urt. v. 20.5.2003 - XI ZR 248/02, MDR 2003, 1190 = BGHReport 2003, 961 = WM 2003, 1370 [1371]; Urt. v. 23.9.2003 - XI ZR 135/02, BGHReport 2003, 1413 m. Anm. Assies = MDR 2004, 105 = WM 2003, 2232 [2233]; Urt. v. 20.4.2004 - XI ZR 171/03, MDR 2004, 1011 = BGHReport 2004, 1165 = WM 2004, 1230 [1231]; Urt. v. 26.10.2004 - XI ZR 255/03, MDR 2005, 464 = BGHReport 2005, 439 = WM 2005, 127 [128]). Die von den Klägern hinsichtlich der Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist damit gegenstandslos.

B.

Die Revision ist nicht begründet.

I.

Das Berufungsgericht (OLG Braunschweig v. 26.2.2004 - 1 U 42/03, OLGReport Braunschweig 2004, 276 = MDR 2004, 1018 = NJW 2004, 2024) hat im Wesentlichen ausgeführt:

Die Berufung sei unzulässig, weil die Kläger sie innerhalb der bis zum 18.8.2003 laufenden Berufungsbegründungsfrist nicht wirksam begründet hätten. Wirksamkeitsvoraussetzung hierfür sei eine eingescannte Unterschrift oder zumindest ein Vermerk, dass eine Unterzeichnung wegen der gewählten Übertragungsform nicht erfolgen könne. Die an ein OLG gerichtete Berufungsbegründung bedürfe nach § 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6, § 78 Abs. 1 ZPO grundsätzlich der Unterschrift eines bei einem OLG zugelassenen Rechtsanwalts. Das Erfordernis der Unterschrift solle gewährleisten, dass der Schriftsatz tatsächlich vom Prozessbevollmächtigten herrühre, dieser für seinen Inhalt die Verantwortung übernehme und dass der Wille, das Schriftstück in den Verkehr zu bringen, hinreichend sicher festgestellt werden könne. Darauf, ob ohne die Unterschrift in einem dieser drei Punkte Zweifel bestünden, komme es nach der bisherigen Rechtsprechung in der ordentlichen Gerichtsbarkeit nicht an.

Bei der Einlegung und Begründung von Berufungen durch Telefax (Telekopie) sei die Übermittlung des unterschriebenen anwaltlichen Schriftsatzes per Kopie erforderlich; dabei reiche die kopierte Unterschrift aus, sei aber auch notwendig. Hier sei die Berufungsbegründung durch ein sog. Computer-Fax erfolgt. Diese Art der Übermittlung bestimmender Schriftsätze sei durch den Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes v. 5.4.2000 anerkannt. Danach sei aber erforderlich, dass die Person des Erklärenden dadurch eindeutig bestimmt werde, dass seine Unterschrift in dem Computer-Fax eingescannt oder darin der Hinweis enthalten sei, dass der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne. Auch ein derartiger Hinweis fehle hier. Über diese großzügige Handhabung könne nicht hinausgegangen und deshalb auf die Unterschrift bzw. ein Unterschriftssurrogat nicht völlig verzichtet werden. Insbesondere reiche der in gleicher Schrift wie im Schriftsatz verwendete darunter gesetzte Name des Prozessbevollmächtigten nicht aus.

Das Berufungsgericht könne aus Gründen der Rechtssicherheit nicht der Rechtsprechung des BVerwG folgen, nach der sich bei Fehlen einer erforderlichen Unterschrift die Erfüllung der Formerfordernisse nach den Umständen des Einzelfalls bestimme. Würde in vorliegendem Fall auf das Erfordernis einer eingescannten Unterschrift oder eines Vermerks, dass wegen der Übermittlung in elektronischer Form das Schriftstück nicht unterschrieben werde, verzichtet, so wäre das Unterschriftserfordernis für das Computer-Fax hinfällig, aber auch bei herkömmlich übermittelten Schriftsätzen kaum mehr zu rechtfertigen.

Der Wiedereinsetzungsantrag sei unbegründet. Es sei nicht glaubhaft gemacht, dass ein Bedienungsfehler des Prozessbevollmächtigten der Kläger als Ursache für das Fehlen der eingescannten Unterschrift ausscheide.

II.

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Berufung der Kläger als unzulässig verworfen, weil die Berufung innerhalb der Berufungsbegründungsfrist nicht wirksam begründet worden ist (1.). Auch die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist rechtlich nicht zu beanstanden (2.).

1. a) Nach ständiger Rechtsprechung des BGH und vor ihm schon des Reichsgerichts (RGZ 31, 375 [377]; RGZ 151, 82 [83]; BGHZ 37, 156 [157]; BGH v. 4.10.1984 - VII ZR 342/83, BGHZ 92, 251 [255 f.] = MDR 1985, 222; v. 25.3.1986 - IX ZB 15/86, BGHZ 97, 283 [284 f.] = MDR 1986, 846 = CR 1986, 472) muss die Berufungsbegründung als bestimmender Schriftsatz die Unterschrift des für sie verantwortlich Zeichnenden tragen. Die Unterschrift ist grundsätzlich Wirksamkeitserfordernis. Sie soll die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (BGHZ 37, 156 [157]; GmS-OGB v. 30.4.1979 - GmS-OGB 1/78, BGHZ 75, 340 [349]; BGH v. 25.3.1986 - IX ZB 15/86, BGHZ 97, 283 [285] = MDR 1986, 846 = CR 1986, 472). Das letztgenannte Erfordernis soll sicherstellen, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist (GmS-OGB v. 30.4.1979 - GmS-OGB 1/78, BGHZ 75, 340 [349]; BGH v. 5.4.2000 - GmS-OGB 1/98, BGHZ 144, 160 [162]). Für den Anwaltsprozess bedeutet dies, dass die Berufungsbegründung von einem dazu Bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfasst, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein muss (BGH v. 20.3.1986 - VII ZB 21/85, BGHZ 97, 251 [253 f.] = MDR 1986, 667; Urt. v. 29.10.1997 - VIII ZR 141/97, NJW-RR 1998, 574; Urt. v. 31.3.2003 - II ZR 192/02, MDR 2003, 896 = BGHReport 2003, 827 = NJW 2003, 2028).

b) Hat die Rechtsprechung bisher grundsätzlich für bestimmende fristwahrende Schriftsätze zur Sicherstellung dieser prozessrechtlichen Anforderungen die handschriftliche Unterschriftsleistung des Berechtigten verlangt, so sind doch hiervon vor allem im Hinblick auf den technischen Fortschritt in einem erheblichen Umfang Ausnahmen zugelassen worden. So hat die Rechtsprechung bereits früh die Übermittlung einer Rechtsmittelschrift und anderer bestimmender Schriftsätze durch ein Telegramm oder mittels Fernschreiben für zulässig erachtet (vgl. die Nachweise bei BGH v. 5.4.2000 - GmS-OGB 1/98, BGHZ 144, 160 [162 ff.]). Auch die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax ist in allen Gerichtszweigen uneingeschränkt zulässig (BGH v. 5.4.2000 - GmS-OGB 1/98, BGHZ 144, 160 [164], m.w.N.). Für eine - wie hier - durch Computer-Fax übermittelte Berufungsbegründung hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes am 5.4.2000 entschieden (BGH v. 5.4.2000 - GmS-OGB 1/98, BGHZ 144, 160), dass in Prozessen mit Vertretungszwang bestimmende Schriftsätze formwirksam durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift auf ein Faxgerät des Gerichts übermittelt werden können. Zur Begründung hat er ausgeführt (BGH v. 5.4.2000 - GmS-OGB 1/98, BGHZ 144, 160 [165]), der Zweck der Schriftform, die Rechtssicherheit und insb. die Verlässlichkeit der Eingabe zu gewährleisten, könne auch im Falle einer derartigen elektronischen Übermittlung gewahrt werden. Entspreche ein bestimmender Schriftsatz inhaltlich den prozessualen Anforderungen, so sei die Person des Erklärenden i.d.R. dadurch eindeutig bestimmt, dass seine Unterschrift eingescannt oder der Hinweis angebracht sei, dass der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne.

c) Nach § 130 Nr. 6 1. Halbs. ZPO sollen die vorbereitenden Schriftsätze die Unterschrift der Person enthalten, die den Schriftsatz verantwortet. Halbs. 2 dieser von der Rechtsprechung für bestimmende Schriftsätze stets als zwingend angesehenen Vorschrift fordert bei Übermittlung durch einen Telefax-Dienst (Telekopie) "die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie". Der Wortlaut des § 130 Nr. 6 ZPO beruht auf der Neufassung durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr v. 13.7.2001 (BGBl. I, 1542). Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu diesem Gesetz (BT-Drucks. 14/4987, 23) ist eine Korrektur der Rechtsprechung zum Unterschriftserfordernis nicht beabsichtigt; dies sei im Hinblick auf die Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes v. 5.4.2000 nicht geboten. In der Gegenäußerung der Bundesregierung (BT-Drucks. 14/4987, 43 f.) zur Stellungnahme des Bundesrates werden Inhalt und Begründung des Beschlusses des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes v. 5.4.2000 ausführlich wiedergegeben. Wenn der Gesetzgeber dann in der Neufassung des § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO in Kenntnis dieser Rechtsprechung und der technischen Entwicklung für den Fall der Übermittlung eines Schriftsatzes durch ein Telefax ausdrücklich "die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie" verlangt, spricht angesichts des eindeutigen Gesetzestextes sehr viel dafür, dass die vom Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes für den Fall eines Computer-Faxes für zulässig gehaltene Ersetzung der Unterschrift durch den Hinweis, dass der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne, nicht mehr als zulässig angesehen werden kann (Musielak/Stadler, ZPO, 4. Aufl., § 129 Rz. 11; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 130 Rz. 49; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 16. Aufl., § 65 Rz. 14; Hannich/Meyer-Seitz/Schwartze, ZPO-Reform 2002, § 130 Rz. 5, S. 336; Krüger/Bütter, MDR 2003, 181 [182]). Dafür spricht auch, dass die Unterschrift beim Computer-Fax ohne nennenswerte Schwierigkeiten eingescannt werden kann, so dass kein überzeugender Grund besteht, darauf entgegen dem Gesetzeswortlaut zu verzichten.

Diese Frage bedarf jedoch vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Weder enthält das am Abend des 18.8.2003 übermittelte Computer-Fax einen Hinweis, dass eine Unterschrift wegen der gewählten Übertragungsform nicht möglich sei, noch beabsichtigte der Prozessbevollmächtigte der Kläger, der Berufungsbegründung einen derartigen Hinweis beizufügen. Vielmehr hat er nach eigenen Angaben versucht, das Computer-Fax mit seiner eingescannten Unterschrift zu übermitteln.

Die Wiedergabe des Vor- und Nachnamens des Prozessbevollmächtigten der Kläger mit der daruntergesetzten Bezeichnung "Rechtsanwalt" am Ende des Computer-Faxes genügt als solche nicht den Anforderungen des § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO. Diese Bestimmung fordert nach ihrem eindeutigen Wortlaut die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie, also des handschriftlichen Namenszuges. Dem entspricht eine maschinen- oder computerschriftliche "Unterzeichnung" nicht (Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 130 Rz. 48). Sofern der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes diesbezüglich eine andere Auffassung zu entnehmen sein sollte, genügt die Wiedergabe des Namens in Druckbuchstaben jedenfalls nach der Neufassung des § 130 Nr. 6 ZPO nicht mehr (Musielak/Stadler, ZPO, 4. Aufl., § 129 Rz. 11; Dästner, NJW 2001, 3469 [3470], Fn. 10; Krüger/Bütter, MDR 2003, 181 [182]).

d) aa) Stellt somit die eigenhändige Unterschrift eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine unerlässliche Wirksamkeitsvoraussetzung für fristwahrende bestimmende Schriftsätze im Anwaltsprozess dar, so sind jedoch auch von diesem Grundsatz Ausnahmen möglich. Das Erfordernis der Schriftlichkeit ist nämlich kein Selbstzweck (BGH v. 25.3.1986 - IX ZB 15/86, BGHZ 97, 283 [285] = MDR 1986, 846 = CR 1986, 472). Es soll, wie der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes in seiner Entscheidung v. 30.4.1979 (GmS-OGB v. 30.4.1979 - GmS-OGB 1/78, BGHZ 75, 340 [348 f.]) dargelegt hat, gewährleisten, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, hinreichend zuverlässig entnommen werden können; außerdem muss feststehen, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist. Deshalb kann das Fehlen einer Unterschrift bei Vorliegen besonderer Umstände ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen ergibt, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen.

Das ist - was das Berufungsgericht verkannt hat - nicht nur ständige Rechtsprechung des BVerwG (BVerwGE 10, 1 [2]; BVerwG v. 6.12.1988 - 9 C 40/87, BVerwGE 81, 32 [36 f.] = CR 1989, 833; v. 8.3.1995 - 11 C 25/93, NJW 1995, 2121 [2122]; v. 27.1.2003 - 1 B 92/02, NJW 2003, 1544), des BSG (BSG v. 15.10.1996 - 14 BEg 9/96, BRAK 1997, 136 = MDR 1997, 374 = CR 1997, 217 m. Anm. Schmittmann = NJW 1997, 1254 [1255]; v. 16.11.2000 - B 13 RJ 3/99 R, NJW 2001, 2492, 2493), des BFH (BFHE 111, 278 [285]; BFH v. 3.10.1986 - III R 207/81, BFHE 148, 205 [207 f.]; v. 31.3.2000 - VII B 87/99, BFH/NV 2000, 1224) und des BAG (BAG NJW 1979, 183), sondern - ungeachtet bestehender Unterschiede der verschiedenen Verfahrensordnungen - grundsätzlich auch des BGH (BGHZ 24, 179 [180]; BGHZ 37, 156 [160]; BGH v. 20.3.1986 - VII ZB 21/85, BGHZ 97, 251 [254] = MDR 1986, 667; Beschl. v. 9.12.2003 - VI ZB 46/03, BGHReport 2004, 406). So hat der BGH mit Beschluss v. 3.5.1957 (BGH, Beschl. v. 3.5.1957, BGHZ 24, 179 [180]) entschieden, dass der Mangel der Unterschrift in dem als Urschrift der Berufung gedachten Schriftsatz durch die gleichzeitig eingereichte beglaubigte Abschrift dieses Schriftsatzes behoben wird, auf der der Beglaubigungsvermerk von dem Prozessbevollmächtigten handschriftlich vollzogen worden ist. In einer anderen Entscheidung (BGH v. 20.3.1986 - VII ZB 21/85, BGHZ 97, 251 [254] = MDR 1986, 667) hat der BGH das Fehlen einer Unterschrift auf der Berufungsbegründung für unschädlich erachtet, wenn auch ohne die Unterschrift des Rechtsmittelanwalts aus anderen, eine Beweisaufnahme nicht erfordernden Umständen, zweifelsfrei feststeht, dass der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Rechtsmittelbegründungsschrift übernommen hat, und Letzteres in einem Fall bejaht, in dem die Berufungsbegründungsschrift fest mit einem von dem Rechtsanwalt unterzeichneten Begleitschreiben verbunden war (BGHZ 37, 156 [160]). Und mit Beschluss v. 9.12.2003 (BGH, Beschl. v. 9.12.2003 - VI ZB 46/03, BGHReport 2004, 406) hat der BGH für den Fall des Fehlens einer Unterschrift unter einer Berufungsbegründungsschrift entschieden, dass sich zumindest aus den Umständen eindeutig ergeben müsse, dass der Rechtsmittelanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Begründungsschrift übernommen habe. Ob entsprechende Anforderungen bei einem Computer-Fax eines Klägers gegeben sind, das mit dem S. endet "Dieser Brief wurde maschinell erstellt, wird nicht eigenhändig unterschrieben" (BSG v. 15.10.1996 - 14 BEg 9/96, BRAK 1997, 136 = MDR 1997, 374 = CR 1997, 217 m. Anm. Schmittmann = NJW 1997, 1254 f.), bedarf keiner Entscheidung, da es hier an einem solchen Hinweis fehlt. Eine Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ist deshalb im Hinblick auf die angeblich abweichende Entscheidung des BSG entgegen der Ansicht der Revision nicht veranlasst, zumal der hier maßgebliche § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO über die Anforderungen an eine Telekopie erst nach der zitierten Entscheidung des BSG in die Zivilprozessordnung eingefügt worden ist.

bb) Die Rechtsprechung des BGH und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes zur ausnahmsweisen Wirksamkeit nicht unterzeichneter Rechtsmittelbegründungsschriften trägt dem Anspruch der Prozessbeteiligten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) sowie ihren Rechten aus Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG Rechnung, die es verbieten, den Zugang zur jeweiligen nächsten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfGE 40, 272 [274 f.]; BVerfGE 41, 23 [26]; BVerfGE 41, 323 [326 f.]; BVerfGE 44, 302 [305 f.]; BVerfG v. 11.2.1987 - 1 BvR 475/85, BVerfGE 74, 228 [234] = MDR 1987, 728 = CR 1987, 374; v. 2.12.1987 - 1 BvR 1291/85, BVerfGE 77, 275 [284] = MDR 1988, 464; v. 4.5.2004 - 1 BvR 1892/03, BVerfGE 110, 339 [342]). An die Beachtung formeller Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Rechtsschutzbegehrens dürfen aus diesem Grund keine überspannten Anforderungen gestellt werden (BVerfG v. 4.7.2002 - 2 BvR 2168/00, CR 2003, 28 = NJW 2002, 3534).

cc) Entgegen der Auffassung der Revision ergeben hier die Umstände im Zusammenhang mit der Übermittlung der Berufungsbegründungsschrift nicht eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft des Prozessbevollmächtigten der Kläger sowie seinen Willen, für ihren Inhalt die Verantwortung zu übernehmen und sie an das Berufungsgericht zu übermitteln. Die Tatsache, dass der Prozessbevollmächtigte der Kläger bereits rechtzeitig Berufung gegen das landgerichtliche Urteil eingelegt hat, reicht hierfür ebenso wenig aus wie der gedruckte Briefkopf auf dem Begründungsschriftsatz; beides bietet keine der Unterschrift vergleichbare Gewähr dafür, dass das Schriftstück von einer beim Berufungsgericht postulationsfähigen Person stammt und mit deren Willen in den Verkehr gebracht worden ist (BVerwG v. 27.1.2003 - 1 B 92/02, NJW 2003, 1544). Auch der Umstand, dass nach Fristablauf beim Berufungsgericht ein mit dem Computer-Fax seinem Inhalt und seiner Form nach gleicher und von dem Prozessbevollmächtigten der Kläger persönlich unterschriebener Begründungsschriftsatz eingegangen ist, reicht insoweit nicht aus (BVerwG, Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 16), da nur spätestens bei Ablauf der Begründungsfrist bekannt gewordene Umstände berücksichtigungsfähig sind (BVerwG v. 27.1.2003 - 1 B 92/02, NJW 2003, 1544).

Der am Ende des Computer-Faxes mit dem Zusatz "Rechtsanwalt" wiedergegebene Vor- und Nachname des Prozessbevollmächtigten der Kläger bietet ebenfalls keine ausreichende Gewähr dafür, dass dieser die Verantwortung für die Berufungsbegründung übernommen und diese willentlich an das Berufungsgericht übermittelt hat. Rechtsmittelbegründungsschriften müssen nicht von einem am Rechtsmittelgericht zugelassenen Rechtsanwalt gefertigt sein. Sie werden in der Praxis vielfach von Korrespondenzanwälten, wissenschaftlichen Mitarbeitern oder nicht am Rechtsmittelgericht zugelassenen Sozien unterschriftsreif vorbereitet. Dem Umstand, dass unter der für die Unterschrift vorgesehenen Stelle der Name eines Rechtsanwalts vermerkt ist, ist daher nicht ausreichend sicher zu entnehmen, dass der Entwurf von diesem Rechtsanwalt verfasst worden ist, sondern kann auch bedeuten, dass der tatsächliche Verfasser die eigenverantwortliche Prüfung des Inhalts des bestimmenden Schriftsatzes und seine Unterzeichnung durch den namentlich genannten Rechtsanwalt vorgesehen hat. Ob dieser für den Inhalt des Schriftsatzes bereits die Verantwortung übernommen hat, ist danach in Fällen wie hier völlig offen.

Entgegen der Auffassung der Revision kann auch dem Umstand, dass das Computer-Fax dem Berufungsgericht am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist übermittelt worden ist, nicht mit einer für den Anwaltsprozess erforderlichen Sicherheit entnommen werden, dass es sich dabei nicht um einen bloßen Entwurf handelte. Allein der Zeitpunkt der Übermittlung eines nicht unterzeichneten bestimmenden Schriftsatzes sagt für sich genommen noch nichts darüber aus, ob er von einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt verantwortet wird. Gerade der drohende Ablauf einer Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist kann einem nicht postulationsfähigen Verfasser der Rechtsmittelbegründung vielmehr Veranlassung geben, zur Fristwahrung einen Schriftsatz zu übermitteln, den der namentlich genannte Rechtsanwalt noch nicht eigenverantwortlich geprüft hat. Dass der Inhalt der als Computer-Fax übermittelten Berufungsbegründung von dem Prozessbevollmächtigten der Kläger verantwortet und von ihm bewusst in den Verkehr gebracht worden ist, lässt sich danach hier mit der erforderlichen Sicherheit nicht feststellen.

2. Auch die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist greift die Revision ohne Erfolg an. Das Berufungsgericht hat einen Fehler am Empfangsgerät des OLG als fern liegend angesehen und ausgeführt, es komme entweder ein technischer Fehler im Sendegerät oder aber ein vom Prozessbevollmächtigten der Kläger verschuldeter Bedienungsfehler als Ursache für das Fehlen einer eingescannten Unterschrift in dem Computer-Fax in Betracht. Es sei aber nicht glaubhaft gemacht, dass ein Bedienungsfehler des Prozessbevollmächtigten als Ursache für das Fehlen der eingescannten Unterschrift ausscheide. Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ist einer Partei zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann danach nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen die Möglichkeit offen bleibt, dass die Fristversäumung von der Partei bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten verschuldet war (BGH, Beschl. v. 26.9.1991 - I ZB 12/91, BRAK 1992, 115 = MDR 1992, 305 = NJW 1992, 574 [575]; Beschl. v. 18.10.1995 - I ZB 15/95, MDR 1996, 315 = BRAK 1996, 88 = NJW 1996, 319; Beschl. v. 26.7.2004 - VIII ZR 10/04, MDR 2004, 1433 = BGHReport 2005, 46 = NJW-RR 2005, 143 [145]).

Zu Recht hat das Berufungsgericht hier einen Bedienungsfehler des Prozessbevollmächtigten der Kläger, der dazu geführt hat, dass das Fax ohne eingescannte Unterschrift übermittelt worden ist, nicht als ausgeschlossen angesehen. Der Prozessbevollmächtigte einer Partei hat mit der Bedienung technischer Geräte, die er selbst zur Übermittlung bestimmender Schriftsätze einsetzt, soweit vertraut zu sein, dass die Übermittlung in der Form sichergestellt ist, die von § 130 Nr. 6 2. Halbs. ZPO vorgeschrieben ist. Dass das Berufungsgericht es als glaubhaft gemacht angesehen hat, dass der Prozessbevollmächtigte der Kläger weder bei der Übermittlung noch später einen Bedienungsfehler bemerkt hat, schließt einen verschuldeten Bedienungsfehler nicht aus. Das Berufungsgericht weist insoweit zu Recht darauf hin, dass Bedienungsfehler am Computer unbemerkt bleiben können. Damit hat das Berufungsgericht die an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts zu stellenden Anforderungen nicht in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise überspannt.

III.

Die Revision der Kläger konnte danach keinen Erfolg haben und war deshalb zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1378342

BB 2005, 1470

NJW 2005, 2086

NWB 2005, 2770

BGHR 2005, 1209

FamRZ 2005, 1241

CR 2005, 645

JurBüro 2005, 558

ZAP 2005, 937

AnwBl 2005, 73

DSB 2005, 18

MDR 2005, 1182

VersR 2006, 427

GV/RP 2006, 386

KomVerw 2006, 136

NJW-Spezial 2005, 430

RENOpraxis 2005, 158

BRAK-Mitt. 2005, 232

FuBW 2006, 221

FuHe 2006, 230

LL 2005, 525

Mitt. 2005, 472

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