Leitsatz (amtlich)

›a) Zur Haftung des Vertreters einer Vertragspartei aus Verschulden bei Vertragshandlungen.

b) Das Gericht darf ein verspätetes Vorbringen nicht wegen Unglaubwürdigkeit des vorgetragenen Entschuldigungsgrundes zurückweisen, ohne daß es die Partei zur Glaubhaftmachung aufgefordert und ihr dazu in angemessener Weise - regelmäßig unter Einräumung einer kurzen Frist - Gelegenheit gegeben hat. Das gilt auch, wenn die Partei bereits von sich aus eine Glaubhaftmachung versucht hat, das Gericht diese jedoch nicht für ausreichend hält.‹

 

Verfahrensgang

LG Berlin

KG Berlin

 

Tatbestand

Die Beklagten zu 2 und 3 gründeten im September 1981 unter der (später geänderten) Firma C. GmbH die Beklagte zu 1, deren Gegenstand nach einem vom Beklagten zu 2 entwickelten Konzept der computerunterstützte Nachweis von Verkaufs- und Ankaufsmöglichkeiten von (Gebraucht-)Fahrzeugen aller Art sowie die Verwaltung und Aufbereitung von Daten und damit im Zusammenhang stehende Geschäfte waren. Die Beklagte zu 3 wurde Geschäftsführerin der Beklagten zu 1. Das Vermittlungsgeschäft sollte bundesweit betrieben werden. Zu diesem Zweck war die Errichtung von regionalen C.-Gesellschaften unter Beteiligung der Beklagten zu 1 vorgesehen.

Am 20. August 1982 verhandelten die Beklagten zu 2 und 3 mit dem Kläger über die Errichtung einer C.-GmbH für den Bereich Köln. Der Beklagte zu 2 äußerte dabei, das C.-Verfahren laufe in Berlin bereits seit geraumer Zeit, mit dem Programm würden in großem Stil Verkäufe abgewickelt, im Computer seien ständig mehr als 3.000 Pkw gespeichert.

Am 15. September 1982 vereinbarten der Kläger und die Beklagte zu 1 in einem Partnerschaftsvertrag die Gründung einer GmbH zur Durchführung der C.-Konzeption im Bereich Köln. Der Kläger verpflichtete sich dabei zur Zahlung einer Gebühr von 50.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer an die Beklagte zu 1, die im Rahmen der Partnerschaft ihr gesamtes know how zur Verfügung stellen sollte. Die Beklagte zu 1 verpflichtete sich ihrerseits, den genannten Betrag der neugegründeten Gesellschaft als Kapital zur Verfügung zu stellen. In dem Gesellschaftsvertrag, der noch am selben Tage in notarieller Form geschlossen wurde, übernahmen der Kläger und die Beklagte zu 1 von dem Stammkapital von 100.000 DM jeweils 50.000 DM. Zu Geschäftsführern wurden der Kläger und die Beklagte zu 3 bestellt. Am 4. Oktober 1982 zahlte der Kläger die vereinbarte Gebühr zuzüglich Mehrwertsteuer im Gesamtbetrag von 56.500 DM an die Beklagte zu 1, die den Betrag am 6. Oktober 1982 auf ein für die C. Köln GmbH i. Gr. in Berlin errichtetes Konto einzahlte. Der Kläger zahlte ferner auf ein in Köln eingerichtetes Konto der GmbH i.Gr. 50.000 DM auf seine Stammeinlage ein. Zur Eintragung der GmbH kam es nicht.

Am 14. Oktober 1982 hob der Kläger den Betrag seiner eingezahlten Stammeinlage von dem Gesellschaftskonto in Köln wieder ab. Am folgenden Tage hob er auch von dem Berliner Konto der GmbH i.Gr. das dort noch vorhandene Guthaben von 9.430 DM ab.

Mit der Klage hat der Kläger von den 3 Beklagten als Gesamtschuldner die Zahlung von 47.070 DM (Unterschiedsbetrag zwischen der an die Beklagte zu 1 geleistete Gebühr und dem von dem Berliner Konto abgehobenen Betrag) nebst Zinsen verlangt. Zur Begründung hat er geltend gemacht, er sei betrügerisch geschädigt worden. Die Beklagte habe zu keiner Zeit über das dem Kläger geschilderte Computerprogramm verfügt und sei entgegen den Angaben des Beklagten zu 2 vom 20. August 1982 nur in kaum nennenswertem Umfang geschäftlich aktiv gewesen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Im Berufungsverfahren haben die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Beklagten zu 1 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte am 14. Februar 1984 wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht worden war. Die Berufung der Beklagten zu 2 und 3 hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.

Mit der Revision verfolgen die Beklagten zu 2 und 3 den Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache, soweit zum Nachteil der Beklagten zu 2 und 3 erkannt worden ist.

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß die Beklagten zu 2 und 3 unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß dem Kläger in Höhe der Klagesumme zum Schadensersatz verpflichtet seien. Die Angaben des Beklagten zu 2 bei den Verhandlungen am 20. August 1982 über eine seit Monaten erfolgreiche, in großem Stil betriebene geschäftliche Tätigkeit des C.-Unternehmens in Berlin, die den Vertragsentschluß des Klägers zumindest mitbestimmt hätten, seien unzutreffend gewesen. Der Vortrag des Klägers, daß das Unternehmen in Berlin zu keiner Zeit einen nennenswerten Geschäftsumfang erreicht habe, sei von den Beklagten nicht in prozessual beachtlicher Weise bestritten worden. Die Beklagten seien einer mit Beschluß vom 30. März 1984 erteilten Auflage zur Substantiierung ihres Vorbringens nicht innerhalb der hierfür gesetzten Frist nachgekommen. Nachprüfbare konkrete Angaben, aufgrund derer die Äußerungen des Beklagten zu 2 über eine erfolgreiche Geschäftstätigkeit gerechtfertigt sein könnten, hätten die Beklagten erstmals in einem am 15. Januar 1985 - zehn Tage vor dem Verhandlungstermin - eingereichten Schriftsatz gemacht. Dieses verspätete Vorbringen habe nach §§ 296 Abs. 1, 523 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden dürfen, weil seine Zulassung den Rechtsstreit verzögert hätte und die Verspätung nicht genügend entschuldigt sei. Die von den Beklagten vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Zeugen H., daß er die Geschäftsunterlagen in Besitz gehabt habe und die Beklagten an einem früheren Vortrag durch die Verweigerung ihrer Herausgabe gehindert habe, sei nicht glaubhaft.

Die danach bestehende Ersatzpflicht aus Verschulden bei Vertragsschluß treffe nicht nur die Beklagte zu 1 als Vertragspartner, sondern auch die Beklagten zu 2 und 3 persönlich. Die Beklagte zu 3 sei am 20. August 1982 die alleinige Gesellschafterin der Beklagten zu 1 und damit mit dieser wirtschaftlich identisch gewesen. Die persönliche Haftung des Beklagten zu 2 ergebe sich aus dem Umstand, daß dieser als Mehrheits-Gründungs-Gesellschafter der Beklagten zu 1, als der eigentliche Erfinder und Initiator des C.-Verfahrens und als Wortführer bei den Verhandlungen ein besonderes persönliches Vertrauen des Klägers in Anspruch genommen und entgegengebracht erhalten habe.

II. Diese Begründung hält nicht in jeder Hinsicht der rechtlichen Nachprüfung stand und trägt die angefochtene Entscheidung im Ergebnis nicht.

1. Die Verurteilung des Beklagten zu 2 ist allerdings materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, daß der Beklagte zu 2 dem Kläger zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn seine Aufgaben über die erfolgreiche Geschäftstätigkeit des C.-Unternehmens in Berlin unrichtig waren.

Aus Verschulden bei Vertragsschluß haftet zwar grundsätzlich nur, wer Vertragspartner ist oder werden soll. Der Abschlußvertreter oder Sachwalter einer Vertragspartei haftet aber selbst, wenn er bei den Vertragsverhandlungen für seine Person besonderes Vertrauen des Vertragsgegners in Anspruch genommen hat (BGHZ 56, 81 und std.Rspr., vgl. aus neuerer Zeit: Sen. Urt. vom 17. Dezember 1984 - II ZR 314/83, MW 1985, 384; BGH, Urt. v. 23. Oktober 1985 - VIII ZR 210/84, WM 1985, 1526; jeweils m.w.N.). Daß diese Voraussetzung beim Beklagten zu 2 vorlag, hat das Berufungsgericht festgestellt. Der Hinweis der Revision, daß der Kläger den Beklagten mit Vorwürfen und sogar Strafanzeigen überzogen habe, ist nicht geeignet, diese Feststellung zu erschüttern, weil es sich dabei um Vorgänge aus späterer Zeit handelt.

Die Feststellung des Berufungsgerichts, daß die in Frage stehenden Angaben des Beklagten zu 2 (mit-)ursächlich für den Entschluß des Klägers zum Abschluß der Verträge und in deren Folge für den dem Kläger entstandenen Schaden waren, ist von der Revision nicht ausdrücklich angegriffen worden. Die Revision hat lediglich allgemein geltend gemacht, das Berufungsgericht hätte bedenken müssen, daß der Erfolg der vorgesehenen Bereichsgesellschaft für Köln vom persönlichen Einsatz und vom Geschick des Klägers und von den Verhältnissen im Kölner Raum abhängig gewesen sei. Sofern in dieser Rüge ein Angriff auf die Kausalitätsfeststellung zu sehen sein sollte, würde er nicht durchgreifen. Das Berufungsgericht hat die von der Revision angeführten Umstände nicht außer Acht gelassen, sondern sich damit auseinandergesetzt und rechtsfehlerfrei dargelegt, daß gleichwohl die Angaben des Beklagten zu 2 darüber, wie sich das C.-Verfahren in Berlin entwickelt und in der Praxis bewährt hatte, für die Überlegungen des Klägers von erheblicher Bedeutung waren.

2. Die Revision greift die Verurteilung des Beklagten zu 2 jedoch erfolgreich mit einer Verfahrensrüge an. Sie beanstandet zu Recht, daß das Berufungsgericht bei der Nichtzulassung des Vorbringens der Beklagten in dem am 15. Januar 1985 eingereichten Schriftsatz § 296 Abs. 1 und 4 ZPO verletzt hat und damit in verfahrensfehlerhafter Weise zu dem Ergebnis gelangt ist, die Behauptung des Klägers, daß das C.-Unternehmen in Berlin keinen nennenswerten Geschäftsumfang erreicht habe, sei nicht in prozessual beachtlicher Weise bestritten worden.

a) Die Beklagten hatten den Vortrag des Klägers zu dem geringen Geschäftsumfang des Berliner Unternehmens zunächst nur allgemein bestritten, ohne ihrerseits Angaben zum Geschäftsumfang zu machen. Nach Erlaß des Auflagenbeschlusses vom 30. März 1984 haben die Beklagten mit einem am 2. Juli 1984 eingereichten Schriftsatz unter Antritt von Zeugenbeweis vorgetragen, daß per 20. August 1982 bei dem Berliner Unternehmen mehr als 3.000 Pkw gespeichert gewesen seien, jedoch auch hierzu keine weiteren Einzelheiten dargelegt.

Dem Berufungsgericht ist darin zu folgen, daß dieser Vortrag bei der Sachlage, wie sie sich - vorbehaltlich des Entschuldigungsvorbringens in dem am 15. Januar 1985 eingereichten Schriftsatz - dargestellte, für ein prozessual beachtliches Bestreiten nicht ausreichte. Die Unrichtigkeit der Angaben des Beklagten zu 2 bei den Vertragsverhandlungen gehört zwar zu den klagebegründenden Tatsachen, für die die Darlegungs- und Beweislast den Kläger trifft. Aus der Verpflichtung zu redlicher Prozeßführung, wie sie nach dem Grundsatz von Treu und Glauben geboten ist, folgt jedoch, daß dem Beklagten eine Darlegungslast im Sinne eines substantiierten Bestreitens obliegt, wenn der Kläger außerhalb des für seinen Anspruch erheblichen Geschehensablaufs steht und keine Möglichkeit hat, den Sachverhalt von sich aus zu ermitteln, der Beklagte aber in der Lage ist, die erforderliche Aufklärung zu geben, und ihm dies nach den Umständen auch zuzumuten ist (BGH, Urteile vom 20. Januar 1961 - I ZR 79/59, LM UWG § 3 Nr. 44; vom 13. Juli 1962 - I ZR 43/61, LM UWG § 3 Nr. 56; vom 1. Dezember 1982 - VIII ZR 279/81, WM 1983, 12, 14). Das einfache Bestreiten ist in solchen Fällen unbeachtlich mit der Folge, daß das Klagevorbringen nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen ist (Stein/Jonas/Leipold, ZPO 20. Aufl. § 138 Rdnr. 28). Daran ändert es nichts, wenn der Beklagte für seinen nicht ausreichend substantiierten Tatsachenvortrag Zeugenbeweis anbietet. Wenn der Sachvortrag unbeachtlich ist, kommt es auf den Beweisantritt nicht mehr an. Es ist auch nicht etwa die Beweisaufnahme mit dem Ziel durchzuführen, den unzureichenden Vortrag gegebenenfalls durch das Beweisergebnis zu ergänzen.

Das Berufungsgericht hat im einzelnen dargelegt, daß der Kläger in die geschäftlichen Vorgänge des Berliner Unternehmens keinen Einblick hatte, für die Beklagten jedoch eine nähere Darlegung der Verhältnisse möglich und zumutbar war. Die Ausführungen des Berufungsgerichts lassen insoweit keinen Rechtsfehler erkennen. Auch die Revision vermag einen solchen nicht aufzuzeigen. Das Berufungsgericht konnte danach den Beklagten aufgeben, ihren Vortrag zum Umfang der Geschäftstätigkeit näher zu substantiieren. Ob die Beklagten gehalten waren, sämtliche in dem Auflagenbeschluß geforderten - sehr ins einzelne gehenden - Angaben über die Geschäftstätigkeit zu machen, bedarf keiner Entscheidung, weil jedenfalls der Vortrag der Beklagten bis zu dem am 15. Januar 1985 eingereichten Schriftsatz für ein substantiiertes Bestreiten nicht ausreichte.

b) Das Vorbringen der Beklagten in dem am 15. Januar 1985 eingereichten Schriftsatz, in dem diese unter Vorlage umfangreicher Geschäftsunterlagen detaillierte Angaben zum Umfang der Geschäftstätigkeit gemacht haben, hat das Berufungsgericht - rechtsfehlerfrei - als ausreichend für ein substantiiertes Bestreiten angesehen, aber angenommen, daß seine Berücksichtigung den Rechtsstreit verzögert hätte. Dem Kläger hätte nach Ansicht des Berufungsgerichts Gelegenheit zur Gegenäußerung gegeben werden müssen, wofür die Zeit bis zum Verhandlungstermin in Anbetracht des Umfangs der Unterlagen nicht ausgereicht hätte, sondern zumindest die Zubilligung einer längeren Schriftsatzfrist erforderlich gewesen wäre. Darin liege eine Verzögerung des Rechtsstreits im Sinne des § 296 Abs. 1 ZPO. Die Auffassung, daß Erklärungsfristen nach § 283 ZPO für sich allein nicht als Verzögerung anzusehen seien (vgl. BGH, Urt. vom 26. November 1984 - VIII ZR 217/83, WM 1985, 264; Stein/Jonas/Leipold a.a.O. § 296 ZPO Rdnr. 57) könne nur gelten, wenn die nachzuholende Erklärung in verhältnismäßig kurzer Zeit abgegeben werden könne.

Ob dem zu folgen wäre, kann offenbleiben, weil die weitere Beurteilung des Berufungsgerichts, daß die Verspätung nicht genügend entschuldigt sei, auf einer unrichtigen Anwendung von § 296 Abs. 1 und 4 ZPO beruht und die Entscheidung aus diesem Grunde nicht bestehen bleiben kann.

Die Beklagten hatten in dem verspäteten Schriftsatz zur Entschuldigung vorgetragen, die Beklagte zu 3 habe im Oktober 1983 die Geschäftsunterlagen dem Zeugen H. zur vorübergehenden Aufbewahrung übergeben, um sie vor unberechtigten Beschlagnahmen in laufenden Ermittlungsverfahren zu bewahren. Mit dem Zeugen H. sei es anschließend zu Meinungsverschiedenheiten wegen einer Darlehensforderung gekommen. Offenbar deswegen habe H. Zurückbehaltungsrechte geltend gemacht und erst im Dezember 1984 die Unterlagen, die für eine substantiierte Darlegung des Geschäftsumfangs erforderlich gewesen seien, zurückgegeben. Zur Glaubhaftmachung der Zurückhaltung der Geschäftsunterlagen hatten die Beklagten mit dem Schriftsatz eine eidesstattliche Versicherung des Zeugen H. vorgelegt.

Das Berufungsgericht hat das - schlüssige - Entschuldigungsvorbringen und die eidesstattliche Versicherung des Zeugen H. nicht für glaubhaft angesehen und dazu ausgeführt, die schon in sich wenig wahrscheinliche Darstellung könne vor allem deshalb nicht überzeugen, weil die Beklagten den Hinderungsgrund in den früher eingereichten Schriftsätzen vom 2. und 27. Juli 1984 nicht geltend gemacht hätten.

Diese Entscheidung hätte das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht rügt, nicht treffen dürfen, ohne vorher den Beklagten Gelegenheit zu weiterer Glaubhaftmachung des Entschuldigungsgrundes zu geben. Nach § 296 Abs. 1 ZPO muß die Partei den Entschuldigungsgrund für das verspätete Vorbringen eines Angriffs- oder Verteidigungsmittels lediglich (spätestens in der mündlichen Verhandlung) schlüssig darlegen, nicht aber gleichzeitig glaubhaft machen. Der Glaubhaftmachung bedarf es nur, wenn das Gericht sie für erforderlich hält und verlangt (§ 296 Abs. 4 ZPO). Im Falles eines solchen Verlangens muß der Partei in angemessener Weise Gelegenheit gegeben werden, ihm nachzukommen. Dazu gehört regelmäßig auch die Einräumung einer kurzen Frist. Dies entspricht für die ähnliche Regelung des § 118 Abs. 2 Satz 1 ZPO ständiger Praxis. Im Rahmen des § 296 Abs. 4 ZPO kann nichts anderes gelten. Die Vorschrift würde ihren Sinn verlieren, wenn die Partei stets mit der Notwendigkeit sofortiger Glaubhaftmachung rechnen und deshalb alle dazu erforderlichen Beweismittel präsent bereithalten müßte.

Für den vorliegenden Fall folgt daraus, daß das Berufungsgericht vor seiner Entscheidung den Beklagten hätte Gelegenheit geben müssen, den Entschuldigungsgrund - weiter - glaubhaft zu machen. Für die Anwendung des § 296 Abs. 4 ZPO kann es keinen Unterschied machen, ob die Partei bereits von sich aus eine Glaubhaftmachung mit unzureichenden Mitteln versucht hat oder ob sie sich zunächst auf den bloßen Vortrag des Entschuldigungsgrundes beschränkt hat. Die Vorschrift greift in beiden Fällen in gleicher Weise ein. Anders kann es allenfalls dann sein, wenn offensichtlich ist, daß der Partei keine weiteren Mittel zur Glaubhaftmachung zur Verfügung stehen. Ein solcher Fall lag hier jedoch nicht vor. Die Revision macht zu Recht geltend, daß die Beklagten ihren Vortrag durch eine persönliche Aussage des Zeugen H., die möglicherweise zu einer anderen Würdigung geführt hätte, weiter hätten glaubhaft machen können. Daß es ihnen nicht möglich gewesen wäre, den Zeugen zum Termin zu stellen (§ 294 Abs. 2 ZPO), ist nicht ersichtlich.

3. Die Verurteilung der Beklagten zu 3 kann schon aus materiell-rechtlichen Gründen nicht bestehen bleiben. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob auch die Beklagte zu 3 bei den Vertragsverhandlungen und insbesondere in bezug auf die Angaben über die erfolgreiche Geschäftstätigkeit in Berlin ein besonderes Vertrauen für ihre Person in Anspruch genommen und vom Kläger entgegengebracht erhalten hat. Es hat die Haftung der Beklagten zu 3 ausschließlich damit begründet, daß sie als Alleingesellschafterin der Beklagten zu 1 mit dieser wirtschaftlich identisch gewesen sei und ihr Interesse an dem Abschluß des Vertrages danach demjenigen der Beklagten zu 1 entsprochen habe.

Dem kann nicht gefolgt werden. Dabei bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob und inwieweit eine wirtschaftliches Eigeninteresse des Vertreters oder Sachwalters einer Vertragspartei für sich allein überhaupt geeignet ist, dessen persönliche Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluß auszulösen (vgl. dazu Sen. Urt. vom 17. Dezember 1984 - II ZR 314/83, WM 1985, 384, 385 m.w.N.). Wie der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes mit Urteil vom 25. Oktober 1985 (VIII ZR 210/84, WM 1985, 1526) entschieden hat, reicht jedenfalls die Stellung des Verhandelnden als Geschäftsführer und Alleingesellschafter der vertragschließenden GmbH für sich allein nicht aus, um seine Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluß zu begründen, weil dies bei einem Wertungswiderspruch zu der in der GmbH geltenden Haftungsordnung (§ 13 Abs. 1 und 2 GmbHG) stände. Der Senat tritt dieser Auffassung bei.

Die Verurteilung der Beklagten zu 3 muß danach aufgehoben werden, ohne daß es noch darauf ankommt, daß auch insoweit in gleicher Weise wie beim Beklagten zu 2 die Verfahrensrüge gegen die Nichtzulassung des verspäteten Vorbringens durchgreifen würde.

4. Für eine abschließende Entscheidung bedarf es weiterer tatrichterlicher Würdigung. Dies gilt auch hinsichtlich der Beklagten zu 3. Soweit die Revision geltend macht, eine Haftung der Beklagten zu 3, insbesondere eine Vertrauenshaftung aus Verschulden bei Vertragsschluß, scheide schon deshalb aus, weil die Beklagte zu 3 bei den maßgeblichen Verhandlungen gar nicht anwesend gewesen sei, setzt sie sich in Widerspruch zum Vortrag der Beklagten in den Tatsacheninstanzen. Die Beklagten hatten mit Schriftsatz vom 20. Januar 1983 (S. 9) erklärt, daß das Gespräch vom 20. August 1982 für die Beklagte zu 1 von der Beklagten zu 2 und 3 geführt worden ist.

Die Sache muß danach im Umfang der Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

 

Fundstellen

DB 1986, 1328

NJW 1986, 3193

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