Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer Sonstiges Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften unterliegen nicht der Einkommen-, sondern der Körperschaftsteuer.

Die Vergütung, die eine beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft von einer ausländischen Filmherstellerin dafür erhält, daß sie dieser einen bei ihr angestellten Filmschauspieler für Dreharbeiten in der Bundesrepublik zur Verfügung stellt, fällt nicht unter die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 49 Abs. 1 Ziff. 4 EStG.

 

Normenkette

KStG §§ 2, 6; KStDV § 15; EStG § 49 Abs. 1 Ziff. 4

 

Tatbestand

Die Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige - Stpfl. - ) ist eine schweizerische Kapitalgesellschaft. Sie hat mit dem Schauspieler X einen als "Dienstvertrag" bezeichneten schriftlichen Vertrag für etwa sechs Jahre geschlossen. Danach stellte die Stpfl. als "Dienstgeber" den X als Filmschauspieler an. Dieser stellte seine Dienste ausschließlich der Stpfl. zur Verfügung. Sie konnte über die Dienstleistungen frei verfügen und war auch befugt, ihre Rechte auf die Dienstleistung einem anderen zu übertragen. Sie zahlte dem Schauspieler X dafür ein festes Gehalt und Aufwandsentschädigung, versicherte ihn gegen Unfall und sicherte ihm eine angemessene Altersversorgung zu, die in einem besonderen Pensionsvertrag im einzelnen geregelt wurde.

Im August 1959 schloß die Stpfl. mit einer amerikanischen Filmherstellerin (Firma Y) einen auf den 2. März 1959 datierten Vertrag, mit dem sie den Schauspieler X der Firma Y für einen Film "auslieh" und sich verpflichtete, dafür zu sorgen, daß der Schauspieler X seine sich aus dem Vertrag ergebenden Obliegenheiten erfüllen werde, während die Firma Y sich zu bestimmten Vergütungen an die Stpfl. verpflichtete. Die Firma Y war befugt, ihre durch den Vertrag erworbenen Rechte auf Beschäftigung des Schauspielers X an einen anderen Produzenten zu übertragen.

Im Streitjahr 1961 wirkte der Schauspieler X an einem Film der Z-AG mit. Die Aufnahmen fanden während mehrerer Wochen im Bundesgebiet statt. Für seine Tätigkeit zahlte die Firma Y an die Stpfl. eine Vergütung von ... Dollar.

Der Revisionskläger (Finanzamt - FA - ) schätzte den auf die Dreharbeiten in der Bundesrepublik entfallenden Anteil daran auf ... DM und zog damit die Stpfl. neben dem Schauspieler X als Gesamtschuldner nach § 49 Abs. 1 Ziff. 4 in Verbindung mit § 50 a Abs. 4 EStG zur Einkommensteuer heran. Der Einspruch dagegen blieb ohne Erfolg.

Auf die Berufung der Stpfl. hob das Finanzgericht (FG) den Steuerbescheid ersatzlos auf. Das EStG sei nur anwendbar, soweit dies im KStG und besonders in dem § 15 KStDV bestimmt sei. Daran fehle es; denn § 49 Abs. 1 Ziff. 4 EStG verweise auf § 19 EStG, dieser sei aber in dem § 15 KStDV nicht genannt. Außerdem unterlägen Körperschaften nicht der Einkommensteuer, sondern der Körperschaftsteuer.

Mit der als Revision zu behandelnden Rb. (§ 184 Abs. 2 FGO) rügt das FA wesentliche Verfahrensmängel und unrichtige Rechtsanwendung. Das FG habe verkannt, daß Rechtsgrundlage für den Einkommensteueranspruch nicht § 19 EStG, sondern § 49 EStG sei, der im § 15 KStDV ausdrücklich für anwendbar erklärt sei. Im Sinn des § 49 EStG könnten beschränkt steuerpflichtige Körperschaften auch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beziehen. Die Stpfl. habe im Inland keinen Gewerbebetrieb gehabt und deshalb auch keine gewerblichen Einkünfte erzielt. Es habe sich vielmehr um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gehandelt, weil der Schauspieler X bei der Filmherstellung im Inland in einem Arbeitsverhältnis nichtselbständig tätig geworden sei. Hätte der Schauspieler X die Einkünfte selbst erzielt, so hätten sie bei ihm der beschränkten Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Ziff. 4 EStG unterlegen. Nach der isolierten Betrachtungsweise gelte für die Stpfl. nichts anderes, wenn sie durch den Schauspieler X tätig geworden sei. Das Abkommen zwischen dem Deutschen Reich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der direkten Steuern und der Erbschaftsteuern vom 15. Juli 1931 in der Fassung des Zusatzprotokolls vom 20. März 1959 (BGBl 1959 II S. 1253, BStBl I 1959, 1006) stehe nicht entgegen, da Art. 4 und nicht Art. 3 dieses Abkommens Anwendung finde. Die Stpfl. könne sich auch nicht auf die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes berufen; gegenüber der überlassung von Filmschauspielern, die bei großen Filmverleih- oder Filmproduktionsunternehmen langfristig unter Vertrag ständen, an einen anderen Filmproduzenten beständen im Streitfall erhebliche Unterschiede.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Die Verfahrensrügen des FA sind nicht gerechtfertigt. Es wird hierzu auf das Urteil I 216/64 vom 29. November 1966 (BStBl III 1967, 392) Bezug genommen, wo die gleichen Rügen mit Begründung im einzelnen zurückgewiesen worden sind.

Die Beteiligten sind sich darüber einig und auch die Vorinstanz hat angenommen, daß nur beschränkte Steuerpflicht in Betracht kommt. Dagegen bestehen keine Bedenken. Die Stpfl. hatte im Streitjahr weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland.

Es ist der Vorinstanz darin beizupflichten, daß Kapitalgesellschaften nicht der Einkommensteuer unterliegen; einkommensteuerpflichtig sind nach § 1 EStG nur natürliche Personen. Kapitalgesellschaften fallen mit ihrem Einkommen nach den §§ 1 und 2 KStG unter die Körperschaftsteuerpflicht. Was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich allerdings weitgehend nach dem EStG (§ 6 KStG). Nach § 15 KStDV sind dabei im Streitfall auch die Vorschriften des § 49 Abs. 1 EStG und des § 50 a Abs. 4 und 5 EStG anzuwenden. Die gegebenenfalls festzusetzende Steuer ist aber keine Einkommensteuer, sondern eine Körperschaftsteuer. Mit dem angefochtenen Steuerbescheid hat das FA Einkommensteuer gefordert. Die Vorinstanz hat ihn deshalb zu Recht aufgehoben.

Der Senat läßt es dahingestellt, ob eine Umdeutung des Steuerbescheids in einen Körperschaftsteuerbescheid zulässig wäre; denn auch dann könnte er nicht aufrechterhalten bleiben.

Es kommt im Streitfall nicht darauf an, ob bei einer beschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 49 Abs. 1 Ziff. 4 EStG anfallen können. Entgegen der Meinung des FA handelt es sich bei den zur Besteuerung herangezogenen Einnahmen der Stpfl. nicht um Einkünfte im Sinne dieser Bestimmung. Der Schauspieler X stand zwar - wovon auch das FA in diesem Verfahren ausgeht - zur Stpfl. in einem Arbeitsverhältnis und wirkte auf Grund dessen an den Dreharbeiten in der Bundesrepublik mit. Das ihm aus diesem Arbeitsverhältnis von der Stpfl. gezahlte Arbeitsentgelt ist jedoch nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits. Hier ist vielmehr über die Einnahme der Stpfl. von der Firma Y zu entscheiden. Diese Einnahme hatte ihre rechtliche Grundlage in dem Vertrag zwischen der Stpfl. und der Firma Y. Dieser Vertrag begründete kein Arbeitsverhältnis zwischen der Stpfl. und der Firma Y. Ein Unternehmer, der die Dienste eines seiner Angestellten einem anderen Unternehmer für eine bestimmte Zeit vorübergehend gegen Entgelt zur Verfügung stellt, wird damit nicht selbst zum Arbeitnehmer des anderen Unternehmers. Er handelt als Gewerbetreibender, und die Vergütung für die Gestellung seines Angestellten ist eine Einnahme im Rahmen seines Gewerbebetriebs. Als solche fällt sie nicht unter die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 49 Abs. 1 Ziff. 4 EStG.

Die Vergütung der Firma Y an die Stpfl. kann aber auch nicht nach § 49 Abs. 1 Ziff. 2 EStG zu den beschränkt steuerpflichtigen Einkünften aus Gewerbebetrieb gerechnet werden, weil die Stpfl. unstreitig im Inland weder eine Betriebstätte unterhielt, noch einen ständigen Vertreter bestellt hatte.

Diese Beurteilung steht in Einklang mit der Rechtsprechung zu § 49 EStG (vgl. Urteil des BFH I 112/57 S vom 20. Januar 1959, BFH 68, 340, BStBl III 1959, 133). Die persönlichen Eigenschaften des Steuerpflichtigen und damit die Eigenschaft einer ausländischen Kapitalgesellschaft und die Art ihres ausländischen Betriebs beeinflussen die beschränkte Steuerpflicht grundsätzlich nicht. Deshalb sind Einkünfte nicht schon deshalb gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 49 Abs. 1 Ziff. 2 EStG, weil sie von einer ausländischen Kapitalgesellschaft bezogen werden. Andererseits wird dadurch aber nicht überhaupt ausgeschlossen, daß eine ausländische Gesellschaft gewerbliche Einkünfte im Inland erzielt. Die beschränkte Steuerpflicht knüpft an die Quelle an, aus der die inländischen Einkünfte fließen. Es kommt auf das Wesen der inländischen Einkünfte an, wie sie sich vom Inland aus darstellen. Im Streitfall bildete die Quelle für die Einkünfte der Stpfl. die Leistungen der Stpfl. auf Grund des Gestellungsvertrags zwischen ihr und der Firma Y. Wie oben dargelegt, waren diese Einkünfte ihrem Wesen nach gewerbliche Einkünfte. Der Gestellungsvertrag, aus dem sich gerade das Wesen der Einkünfte ergibt, kann nicht - wie das FA meint - als von Ausländern im Ausland geschlossen einfach beiseite geschoben und das Arbeitsverhältnis zwischen der Stpfl. und dem Schauspieler X an seine Stelle gesetzt werden. Dieses Arbeitsverhältnis war die Quelle für die Einkünfte des Schauspielers X. Sie waren ihrem Wesen nach Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Um ihre Besteuerung handelt es sich hier indes nicht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412376

BStBl III 1967, 400

BFHE 1967, 378

BFHE 88, 378

BB 1967, 912

DB 1967, 1351

DStR 1967, 420

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