Entscheidungsstichwort (Thema)

Abziehbare Unterkunftskosten bei doppelter Haushaltsführung bei Nutzung einer eigenen Wohnung am Beschäftigungsort

 

Leitsatz (amtlich)

Wohnt der Arbeitnehmer bei einer doppelten Haushaltsführung am Beschäftigungsort in einer eigenen Eigentumswohnung, deren Nutzungswert nicht zu versteuern ist, so sind die Aufwendungen dafür im jeweiligen Veranlagungszeitraum nur insoweit notwendig i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG, als sie die üblichen Kosten nicht übersteigen, die im Falle der Anmietung einer Wohnung im jeweiligen Veranlagungszeitraum entstanden wären (fiktive Mietkosten).

 

Normenkette

EStG § 2 Abs. 7, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1, § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Familienwohnsitz der Kläger und Revisionskläger (Kläger) befindet sich in G. Der Kläger ist Lehrer und seit 1978 an einer Schule in K beschäftigt. Seit diesem Zeitpunkt besteht die doppelte Haushaltsführung. Bis Ende März 1992 hatte der Kläger eine 65 qm große Wohnung in K angemietet, die ihm wegen Eigenbedarfs gekündigt worden war.

Im Dezember 1991 kaufte der Kläger eine 71 qm große Eigentumswohnung in K. Die vom Kläger geltend gemachten Unterkunftskosten am Beschäftigungsort erkannte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) für die Zeit ab dem Bezug der Eigentumswohnung im April des Streitjahres 1992 nur in Höhe einer nach seiner Auffassung ortsüblichen Kaltmiete an.

Mit der Klage machten die Kläger Aufwendungen in Höhe von insgesamt ca. 25 000 DM für die Unterkunft am Beschäftigungsort abzüglich des vom FA anerkannten Betrages als Werbungskosten geltend.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es vertrat die Auffassung, bei einer auf Dauer angelegten doppelten Haushaltsführung sei es bei der Prüfung der Notwendigkeit der Mehraufwendungen erforderlich, nicht nur isoliert einen Veranlagungszeitraum, sondern auch die voraussichtliche Entwicklung in den Folgejahren zu berücksichtigen. Im Streitfall belegten die Tatsache, daß die doppelte Haushaltsführung seit 1978 bestehe, und die Erklärung des Klägers, daß er voraussichtlich bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2005 an der Schule in K tätig bleiben werde, daß die doppelte Haushaltsführung voraussichtlich bis zu diesem Zeitpunkt bestehen werde. Aufgrund der abgeschlossenen Bausparverträge sei davon auszugehen, daß die Zinsbelastungen sinken und demgegenüber ein Anstieg der Mieten zu erwarten sei. Deshalb seien die durch den Kauf bedingten Aufwendungen mit den Aufwendungen einer Mietwohnung, bezogen auf das voraussichtliche Ende der doppelten Haushaltsführung im Jahre 2005, zu vergleichen. Dem Steuerpflichtigen stehe ein Gestaltungsrecht im Rahmen der notwendigen Kosten dahingehend zu, ob er diese laufend in Form von Mieten oder von einmaligen höheren Aufwendungen, verbunden mit laufenden niedrigeren Belastungen, tragen wolle.

Das FA rügt mit seiner Revision eine Verletzung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Streitsache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen der Ansicht der Vorinstanz können als notwendige Kosten der Unterkunft am auswärtigen Beschäftigungsort i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG bei Nutzung einer eigenen Eigentumswohnung, deren Nutzungswert nicht zu versteuern ist, im jeweiligen Veranlagungszeitraum höchstens die Aufwendungen anerkannt werden, die im Falle der Anmietung einer Wohnung entstanden wären (fiktive Mietkosten).

Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG sind Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlaß begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen die doppelte Haushaltsführung beibehalten wird. Das Gesetz trifft keine näheren Regelungen darüber, wann Mehraufwendungen als notwendig anzusehen sind.

Nach der Rechtsprechung des Senats sind Mietaufwendungen am Arbeitsort nicht notwendig, wenn sie überhöht sind. Überhöht können sie sein, wenn der Steuerpflichtige zur Befriedigung seiner gesellschaftlichen Bedürfnisse eine große und teure Wohnung angemietet hat (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16. März 1979 VI R 126/78, BFHE 127, 393, BStBl II 1979, 473). Wohnt der Arbeitnehmer am Beschäftigungsort nicht in einer Mietwohnung, sondern in einer eigenen Eigentumswohnung, deren Nutzungswert nicht zu versteuern ist, so können die Aufwendungen dafür nur insoweit als notwendig betrachtet werden, als sie die üblichen Kosten einer Mietwohnung nicht übersteigen (vgl. Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 14. Aufl., § 9 Rz. 157; Blümich/Thürmer, § 9 EStG Rz. 396; von Bornhaupt in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 9 Rdnr.G 136).

Werden bei der Nutzung einer eigenen Eigentumswohnung die als Werbungskosten abziehbaren Unterkunftskosten der Höhe nach auf die fiktiven Mietkosten begrenzt, so erfordert dies einen Vergleich. Bei diesem Vergleich ist entgegen der Auffassung des FG nicht von der im Einzelfall beabsichtigten Gesamtdauer der doppelten Haushaltsführung, sondern von den Verhältnissen des jeweiligen Veranlagungszeitraumes (vgl. § 2 Abs. 7, § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1 EStG) auszugehen. Sind die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft in der eigenen Eigentumswohnung in einem Veranlagungszeitraum höher als die fiktiven Mietkosten, so steht für diesen Veranlagungszeitraum fest, daß sie in Höhe des übersteigenden Betrages nicht notwendig waren.

Die Vorentscheidung ist von anderen Grundsätzen ausgegangen und deshalb aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat --von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Recht-- bislang noch keine Feststellungen darüber getroffen, ob das FA bei der Berechnung der als notwendig anzusehenden fiktiven Mietkosten von zutreffenden Voraussetzungen ausgegangen ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 65593

BFHE 178, 348

BFHE 1996, 348

BB 1995, 2459

BB 1995, 2459-2460 (LT)

DB 1995, 2402-2403 (LT)

DStR 1995, 1748-1749 (KT)

DStZ 1996, 87-88 (KT)

HFR 1996, 11-12 (LT)

StE 1995, 722 (K)

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