Entscheidungsstichwort (Thema)

Untätigkeitsklage; steuerliche Berücksichtigung von Bewirtungskosten

 

Leitsatz (NV)

1. Zur Auslegung einer Klage als Untätigkeitsklage i.S. v. § 46 Abs. 1 FGO.

2. Die aus privaten Gründen übernommenen Aufwendungen für die Bewirtung von Berufskollegen sind keine Werbungskosten, sondern nichtabziehbare Kosten der Lebensführung.

 

Normenkette

FGO § 46 Abs. 1; EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1 S. 2

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Der Kläger war im Streitjahr als Geschäftsführer der X-Behörde nichtselbständig tätig. Die X-Behörde ist Mitglied des Verbandes Y.

In der Einkommensteuererklärung machte der Kläger u.a. Aufwendungen für die Bewirtung der Teilnehmer von Vorstandssitzungen der X-Behörde in Höhe von . . . DM bzw. . . . DM, für die im Zusammenhang mit der Sitzung einer Arbeitsgruppe des Verbandes Y entstandenen Kosten in Höhe von . . . DM sowie die - nach Abzug der Erstattung der Landesregierung verbleibenden - Kosten einer von der X-Behörde ausgerichteten Konferenz der Geschäftsführer des Verbandes Y in Höhe von . . . DM bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten geltend.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ließ diese Aufwendungen nicht zum Abzug zu. Der vom Kläger - mit Vollmacht für die Klägerin - eingelegte Einspruch blieb ebenfalls ohne Erfolg. Die Einspruchsentscheidung des FA ist nur an den Kläger gerichtet.

Mit ihrer Klage machten die Kläger geltend, daß der Kläger in den Sitzungen des Vorstandes der X-Behörde Getränke (Kaffee etc.) habe anbieten müssen. Die X-Behörde wirke als Mitglied des Verbandes Y in dessen Arbeitsgruppen und Konferenzen der Geschäftsführer mit. Die X-Behörde habe - wie bei den Mitgliedern reihum üblich - im Streitjahr eine Arbeitskonferenz in dem für solche Veranstaltungen üblichen Rahmen ausgerichtet. Der Kläger verfüge weder über einen Repräsentationsfonds noch beziehe er eine Aufwandsentschädigung. Das Ministerium habe für die Konferenz eine auf . . . DM begrenzte Kostenzusage erteilt. Es habe zunächst nur die Hotelrechnung in Höhe von . . . DM erstatten wollen, dann aber noch weitere . . . DM erstattet. Da der Kläger jahrelang die Gastfreundschaft der anderen Mitglieder des Verbandes Y genossen habe, habe er eventuell nicht ersetzte Beträge selbst verauslagen müssen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage der Kläger als unbegründet ab. Es vertrat die Auffassung, daß die geltend gemachten Aufwendungen sowohl durch den Beruf als auch durch die gesellschaftliche Stellung des Klägers bedingt und mangels Aufteilbarkeit gemäß § 12 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht abziehbar seien.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung der §§ 9 Abs. 1 Satz 1 und 12 Nr.1 EStG. Sie machen geltend, das FG habe zu Unrecht den Werbungskostencharakter der Aufwendungen verneint. Die Bewirtungskosten seien bei beruflich veranlaßten Veranstaltungen entstanden. Ein Bezug zur Lebensführung scheide daher aus. Die Verkehrsüblichkeit und Angemessenheit der Aufwendungen habe das FA nicht in Zweifel gezogen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Kläger ist unbegründet.

1. Das FG hat zutreffend auch die Klage der Klägerin - stillschweigend - als zulässig angesehen und darüber entschieden. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 18. Juli 1988 - beim FA eingegangen am 19. Juli 1988 - im eigenen und gleichzeitig - unter Vorlage einer entsprechenden Vollmacht - auch im Namen der Klägerin Einspruch eingelegt. Über diesen Einspruch hat das FA - soweit aus den Steuerakten ersichtlich - noch nicht entschieden. Die am 30. Januar 1989 - Eingang beim FG am 31. Januar 1989 - und damit erst sechs Monate nach Einlegung des Rechtsbehelfs erhobene Klage der Klägerin ist deshalb als sog. Untätigkeitsklage i.S. von § 46 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu behandeln (vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. Mai 1986 I R 111/84, BFH/NV 1986, 716).

2. Das FG hat die Klagen der Kläger zutreffend als unbegründet abgewiesen.

a) Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sind über den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG hinaus alle durch den Beruf veranlaßten Aufwendungen. Sie müssen objektiv mit dem Beruf zusammenhängen und subjektiv zur Förderung des Berufs gemacht werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 23. März 1984 VI R 182/81, BFHE 141, 18, BStBl II 1984, 557, und vom 23. Januar 1991 X R 6/84, BFHE 163, 372, BStBl II 1991, 396, jeweils m.w.N.). Nach § 12 Nr.1 Satz 2 EStG kommt jedoch ein Werbungskostenabzug grundsätzlich dann nicht in Betracht, wenn die Aufwendungen zwar den Beruf fördern, daneben aber auch - ohne leicht nachprüfbare Trennbarkeit anhand objektiver Maßstäbe - der Lebensführung dienen (z.B. BFH-Urteil vom 27. April 1990 VI R 54/88, BFH/NV 1991, 85).

b) Bei der steuerlichen Beurteilung von Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für die Bewirtung anderer Personen (z.B. Mitarbeiter oder Fachkollegen) hat der BFH in ständiger Rechtsprechung darauf abgestellt, ob die Aufwendungen durch den Beruf - dann Werbungskosten - oder durch eine aus der gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Stellung des Steuerpflichtigen folgenden Verpflichtung zur Repräsentation - dann Lebensführungskosten - veranlaßt sind (Urteile vom 24. Mai 1973 IV R 92/72, BFHE 109, 352, BStBl II 1973, 634; in BFHE 141, 18, BStBl II 1984, 557, und in BFHE 163, 372, BStBl II 1991, 396 sowie vom 4. Dezember 1992 VI R 59/92, BFHE 170, 131, BStBl II 1993, 350). Aus diesen Erwägungen heraus hat der Senat den Werbungskostenabzug bei Bewirtungsaufwendungen im beruflichen Bereich (Bewirtung von Mitarbeitern, Kollegen etc.) verneint, wenn dies aus Anlaß eines für den bewirtenden Arbeitnehmer besonderen persönlichen Ereignisses (z.B. Geburtstag, Jubiläum etc.) geschah (z.B. Urteil in BFHE 170, 131, BStBl II 1993, 350, m.w.N.). Das gleiche muß für Sachverhalte gelten, bei denen - wie im Streitfall - die Übernahme der Aufwendungen lediglich Ausdruck der im Laufe der beruflichen Kontakte gewachsenen zwischenmenschlichen Beziehungen ist. Die dahingehende Würdigung der von den Klägern nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) durch das FG hält der Senat für zutreffend.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419247

BFH/NV 1993, 730

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