Leitsatz (amtlich)

Wird die Hingabe eines privaten Berlindarlehens i. S. von § 17 Abs. 2 BerlinFG durch Aufnahme eines Kredits finanziert, so gehört ein vom Steuerpflichtigen entrichtetes Damnum auch dann zu den Werbungskosten bel den Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn dem Steuerpflichtigen Zinsen aus dem Berlindarlehen im selben Jahr noch nicht zugeflossen sind.

 

Normenkette

EStG 1975 §§ 3c, 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1; BerlinFG § 17

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zusammenveranlagte Eheleute.

Ende 1975 gewährte der Kläger der Berliner Pfandbriefbank gemäß § 17 Abs. 2 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) ein mit 8 v. H. verzinsliches Baudarlehen von 84 347 DM. Von dem Darlehensbetrag stammten 50 000 DM aus eigenen Mitteln, 34 347 DM finanzierte der Kläger durch Aufnahme eines Kredits bei der Berliner Diskonto Bank. Diese behielt dafür ein Damnum von 2 553 DM ein.

In der Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 1977 ermäßigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) abweichend vom Einkommensteuerbescheid 1975 die Einkommensteuerschuld der Kläger um 20 v. H. des nach § 17 Abs. 2 BerlinFG gewährten Darlehens, erkannte jedoch weiterhin den Betrag von 2 553 DM nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen an, weil dem Kläger noch keine Zinseinnahmen aus dem Darlehen zugeflossen waren.

Die Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus: Das Damnum gehöre zu den Anschaffungskosten des Darlehens. Der Kläger habe den Kredit aufgenommen, um selbst ein Darlehen gewähren zu können. Aber auch, wenn man das Damnum nicht den Anschaffungskosten zurechne, sei es nach dem Grundgedanken des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und des § 3c EStG vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen, weil es nicht durch die Erzielung steuerpflichtiger Einkünfte veranlaßt gewesen sei. Bei der Kreditaufnahme habe vielmehr die Absicht im Vordergrund gestanden, die Steuervergünstigung in Höhe von 20 v. H. des gewährten Darlehens zu erlangen. Diese stellte jedoch kein Entgelt für die Kapitalüberlassung dar, sondern sei als steuerfreie Einnahme oder nichtsteuerbare Vermögensmehrung zu beurteilen.

Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts. Sie machen geltend: Bei dem Damnum handle es sich um Finanzierungskosten mit zinsähnlichem Charakter, die nach der Rechtsprechung nicht zu den Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts gehörten. Das Damnum sei im Streitfall durch die Erzielung von Einnahmen veranlaßt, weil es zur Erlangung eines ertragbringenden Darlehens aufgewandt worden sei. Unerheblich sei, daß 1975 noch keine Zinsen zugeflossen seien; auch bei den Einkünften aus Kapitalvermögen seien vorweggenommene Werbungskosten anzuerkennen.

Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuer 1975 um 1 012 DM auf 78 327 DM herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Herabsetzung der Einkommensteuer auf 78 327 DM.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen und bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen. Werbungskosten sind auch Schuldzinsen, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG). Dazu kann auch ein vom Schuldner geleistetes Damnum gehören. Es handelt sich bei diesem um zinsähnlichen Aufwand, der grundsätzlich im Zeitpunkt der Verausgabung abziehbar ist (Beschluß des Großen Senats vom 6. Dezember 1965 GrS 2/64 S, BFHE 84, 399, BStBl III 1966, 144; Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. Juni 1975 VIII R 78/71, BFHE 116, 483, BStBl II 1975, 880, und vom 7. November 1978 VIII R 183/75, BFHE 126, 292, BStBl II 1979, 169). Im Streitfall steht das vom Kläger gezahlte Damnum im Zusammenhang mit der Erzielung von Einnahmen aus der Hingabe eines verzinslichen Darlehens an die Berliner Pfandbriefbank. Es gehört deshalb zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.

1. Der Anerkennung des Damnums als Werbungskosten steht nicht entgegen, daß dem Kläger im Kalenderjahr 1975 noch keine Einnahmen aus dem Darlehen zugeflossen sind. Denn der Begriff des wirtschaftlichen Zusammenhangs erfordert nicht eine unmittelbare Verbindung zwischen den Aufwendungen und den Einnahmen in dem Sinn, daß den Schuldzinsen im gleichen Jahr Erträge in entsprechender Höhe gegenüberstehen. Es genügt, daß das Damnum in einem erkennbaren Zusammenhang mit der Erzielung künftiger Einnahmen steht (zur Anerkennung vorweggenommener Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen vergleiche insbesondere Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 18. Aufl., Anm. 46 zu § 20 EStG; Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 11. Aufl., Anm. 57 zu § 20 EStG).

2. Gegen die Berücksichtigung des Damnums als Werbungskosten kann nicht eingewandt werden, daß der Kläger mit der Hingabe des verzinslichen Darlehens auch eine nichtsteuerbare Vermögensmehrung in Form der Ermäßigung der Einkommensteuerschuld um 20 v. H. des Darlehensbetrags anstrebte. Dieser Beweggrund war nur mitursächlich für die Begründung der Darlehensforderung. Es reicht für sich allein nicht aus, den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und den Einnahmen zu unterbrechen. Er rechtfertigt auch nicht die Begrenzung des Werbungskostenabzugs unter dem Gesichtspunkt der Zurechnung eines Teils der Aufwendungen zu den Kosten der privaten Lebenshaltung. Denn die Ausnutzung von steuerlichen Vergünstigungen, durch die gewisse Investitionen und/oder Verhaltensweisen gefördert und mitunter erst rentierlich gemacht werden sollen, ist ein innerhalb der Einkunftserzielung liegender, nicht in den Regelungsbereich des § 12 EStG fallender Vorgang.

3. Entgegen der Ansicht des FG bietet auch § 3c EStG keine Rechtsgrundlage für die Beschränkung des Werbungskostenabzugs.

Die folgenden Ausführungen decken sich mit denen des Urteils vom 25. Oktober 1979 VIII R 153/78 (BStBl II 1980, 352) unter Nr. 2 der Entscheidungsgründe.

 

Fundstellen

Haufe-Index 73490

BStBl II 1980, 353

BFHE 1980, 344

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