Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuwendungen bei Betriebsveranstaltungen als Arbeitslohn

 

Leitsatz (NV)

Betragen die anteilige, auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers anläßlich einer üblichen Betriebsveranstaltung mehr als 150 DM, so ist der gesamte auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallende Betrag Arbeitslohn.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Kläger, Revisionsbeklagten und Anschlußrevisionskläger (Kläger) betreiben in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine Anwaltssozietät.

In den Jahren 1983 bis 1985 wurden von der Sozietät folgende Betriebsveranstaltungen, zu denen alle Arbeitnehmer eingeladen waren, durchgeführt:

1983:

Weihnachtsessen mit Kosten von 133,35 DM pro Teilnehmer.

1984:

Betriebsausflug nach (deutsche Großstadt) von 13.00 Uhr Donnerstag bis 20.00 Uhr am folgenden Freitag; Kosten pro Teilnehmer: 314,78 DM

1985:

Geburtstagsessen anläßlich des Geburtstages des Seniorpartners; Kosten pro Teilnehmer: 112,20 DM.

Weihnachtsessen; Kosten pro Teilnehmer: 143,96 DM.

Der Beklagte, Revisionskläger und Anschlußrevisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) sah in den Zuwendungen anläßlich dieser Betriebsveranstaltungen Arbeitslohn und erließ einen Lohnsteuerpauschalierungsbescheid, in dem er die Steuer gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit einem Pauschsteuersatz von 25 v. H. errechnete.

Das Finanzgericht (FG) gab der auf Aufhebung des Bescheides gerichteten Klage hinsichtlich der Nachforderung für die Jahre 1983 und 1985 statt. Es sah in den für die Weihnachtsessen und das Geburtstagsessen aufgewendeten Beträgen keinen Arbeitslohn, weil sie den Rahmen des Üblichen der Art und Höhe nach nicht überschritten hätten. Weihnachtsfeiern und Geburtstagsfeiern mit Betriebsangehörigen seien in Geschäftskreisen üblich. Die aufgewendeten Beträge von 133,35 DM, 143,98 DM und 112,20 DM pro Teilnehmer überschritten zwar die in den Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) bestimmte Obergrenze von 50 DM (Abschn. 20 Abs. 1 LStR 1979 und 1984). Doch lasse sich nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) für die Üblichkeit eine bezifferbare Obergrenze je Arbeitnehmer nicht festlegen; vielmehr sei auf die Gesamtwürdigung der Umstände im Einzelfall abzustellen (vgl. Urteile vom 22. März 1985 VI R 170/82, BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529, 531; vom 21. Feburar 1986 VI R 21/84, BFHE 146, 87, BStBl II 1986, 406, 407; Abschn. 29 Abs. 4 Sätze 3 und 4 LStR 1987).

Demgegenüber sei der Betriebsausflug nach X sowohl wegen der Übernachtung als auch hinsichtlich der Höhe der Kosten von 314,78 DM pro Teilnehmer als unüblich anzusehen. Der BFH habe in einem Urteil vom 6. Februar 1987 VI R 24/84 (BFHE 149, 172, BStBl II 1987, 355) Aufwendungen von nur 200 DM je Teilnehmer als Arbeitslohn gewertet.

Das FA stützt seine vom FG zugelassene Revision auf eine Verletzung von § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG und rügt, das Urteil enthalte keine ausreichende Feststellungen zur Üblichkeit von Betriebsveranstaltungen. Es verstoße gegen Denkgesetze, aus den vom FG verwerteten Tatsachen den Schluß zu ziehen, die streitigen Betriebsveranstaltungen seien üblich. Im Hinblick auf die Veranstaltungsorte hätten die Betriebsveranstaltungen den Rahmen des Üblichen überschritten. Das Ansehen der Kläger habe es keineswegs erfordert, das Weihnachtsessen in dem Restaurant eines anerkannten Spitzenhotels durchzuführen. Die Unüblichkeit ergebe sich auch aus der Höhe des pro Teilnehmer aufgewendeten Betrages.

Die Kläger haben selbständige Anschlußrevision eingelegt.

Sie stützen ihre Revision auf eine Verletzung von § 19 Abs. 1 Satz 1 EStG und tragen vor: Um ihre qualifizierten Mitarbeiter, nämlich Rechtsanwälte, juristische Mitarbeiter, Anwaltsgehilfinnen und qualifizierte, überwiegend mehrsprachige Sekretärinnen für die Teilnahme an einem Betriebsausflug zu gewinnen, müsse dieser einigermaßen attraktiv ausgestaltet sein. Ziel des Betriebsausflugs sei es, den Teamgeist zu fördern und das Betriebsklima zu verbessern.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist unbegründet. Das FG hat in den Aufwendungen der Kläger für die Betriebsveranstaltungen in den Jahren 1983 und 1985 zu Recht keinen Arbeitslohn (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG) gesehen.

Die Anschlußrevision der Kläger ist ebenfalls unbegründet. Die Annahme des FG, die Aufwendungen anläßlich des Betriebsausflugs im Jahre 1984 seien den einzelnen Arbeitnehmern als Arbeitslohn (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG) zuzurechnen, ist rechtsfehlerfrei.

Der Senat hat mit Urteil VI R 85/90 vom heutigen Tage (BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655) entschieden, daß bei Aufwendungen des Arbeitgebers anläßlich einer Betriebsveranstaltung Arbeitslohn i. S. des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG vorliegt und ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers an der Zuwendung eines Vorteils nicht mehr gegeben ist, wenn der dem einzelnen Arbeitnehmer zugewendete Vorteil den Betrag von 150 DM überschreitet. In den Höchstbetrag von 150 DM sind die anteilig auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallenden Aufwendungen für den sogenannten äußeren Rahmen einzubeziehen. Bei Aufwendungen anläßlich einer Betriebsveranstaltung, die für den einzelnen Arbeitnehmer den Betrag von 150 DM nicht überschreiten, ist demgegenüber kein erhebliches Eigeninteresse des Arbeitnehmers an der Erlangung des Vorteils und keine Entlohnungsabsicht des Arbeitnehmers anzunehmen. Der Senat hat ferner entschieden, daß zwei Betriebsveranstaltungen pro Jahr als üblich anzusehen sind. Wegen der Einzelheiten der Begründung verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Urteil VI R 85/90.

Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz haben die Aufwendungen der Kläger bei den Betriebsveranstaltungen in den Jahren 1983 und 1985 jeweils unter 150 DM pro Arbeitnehmer gelegen, so daß das FG zu Recht keinen Arbeitslohn angenommen und der Klage stattgegeben hat.

Die Vorentscheidung ist auch rechtsfehlerfrei, soweit sie die Aufwendungen anläßlich des Betriebsausflugs im Jahre 1984 in Höhe von 314,78 DM pro Teilnehmer als Arbeitslohn gewertet und insoweit die Klage abgewiesen hat. Dieser Betrag liegt über dem Höchstbetrag von 150 DM.

 

Fundstellen

Haufe-Index 64048

BFH/NV 1992, 737

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