Entscheidungsstichwort (Thema)

Finanzierungskosten eines Zugewinnausgleichs als Betriebsausgaben

 

Leitsatz (NV)

Die Zugewinnausgleichsschuld ist ihrem Charakter nach grundsätzlich privat. Sie ist jedoch dann wie eine betriebliche Schuld zu behandeln, wenn der auszugleichende Zugewinn im Bereich des Betriebsvermögens entstanden ist.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb in den Streitjahren 1976 bis 1979 einen Gewerbebetrieb. Die Ehe des Klägers wurde 1975 geschieden. Er verpflichtete sich, an seine frühere Ehefrau einen Zugewinnausgleich von 200 000 DM zu zahlen.

Am 1. Juni 1976 vereinbarte der Kläger mit seiner früheren Ehefrau, daß die Restschuld von 170 000 DM als betriebliches Darlehen stehenbleiben solle; das Darlehen sollte mit 5 v. H. zu verzinsen sein.

In der Bilanz zum 31. Dezember 1975 ist ein ,,Darlehen X" in Höhe von 173 565 DM ausgewiesen. Ein als ,,Zugewinn X" bezeichneter Betrag in Höhe von 200 000 DM ist in der Entwicklung des Eigenkapitals als Privatentnahme behandelt.

Der Kläger zahlte an seine frühere Ehefrau für 1976 bis 1979 . . . DM an Zinsen, die er als Betriebsausgaben geltend macht. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ist der Ansicht, daß die Zinsen keine Betriebsausgaben seien, weil das von der früheren Ehefrau gewährte Darlehen für private Zwecke - Zugewinnausgleich - verwendet worden sei.

Einspruch und Klage blieben erfolglos (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1985, 165).

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Für die Entscheidung, ob die streitigen Zinsen Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) sind, fehlt es an der Feststellung des Finanzgerichts (FG), inwieweit der ausgeglichene Zugewinn im Bereich des Betriebsvermögens erzielt worden ist. Dies wird zwar von der Revision vorgetragen. Dieser Vortrag kann jedoch in diesem Verfahren nicht berücksichtigt werden (§ 118 Abs. 2 FGO). Das FG selbst hat dazu keine Feststellung getroffen. Es hat zwar den Abzug der Zinsen als Betriebsausgaben auch für den Fall verneint, daß ein Zugewinn im wesentlichen im Bereich des Betriebsvermögens erzielt worden wäre, jedoch ohne letzteres für den Streitfall anzunehmen.

Mit dem FG ist grundsätzlich davon auszugehen, daß Schuldzinsen Betriebsausgaben sind (§ 4 Abs. 4 EStG), wenn die Schuld selbst durch den Betrieb veranlaßt ist; letzteres beurteilt sich nach dem Verwendungszweck der Darlehensmittel, d. h., ob mit den Darlehensmitteln betrieblich veranlaßte Aufwendungen getätigt worden sind (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, 824).

Im Streitfall diente das Darlehen dazu, die Zugewinnausgleichsschuld des Klägers gegenüber seiner früheren Ehefrau zu tilgen. Dabei kann letztlich offenbleiben, ob die Vereinbarung auf eine verzinsliche Stundung der Zugewinnausgleichsschuld hinausläuft oder ob die Ausgleichsschuld im Wege der Schuldabänderung oder Schuldumwandlung (vgl. dazu Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 50. Aufl., § 607 Anm. 2, § 305 Anm. 2, 4) in eine Darlehensschuld (§ 607 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) umgewandelt worden ist.

Im ersteren Fall ist der Zusammenhang mit der Schuld und damit der Zinsen mit dem Zugewinnausgleich offensichtlich. Der Zusammenhang ist aber im Fall der Schuldabänderung - bei der die Ausgleichsschuld nicht erlischt - und der Schuldumwandlung (Novation) - bei der sie erlischt - in gleicher Weise gegeben (§ 607 Abs. 2 BGB). Im letzteren Fall ist das Darlehen zivilrechtlich zwar von der Ausgleichsschuld getrennt zu sehen. Der Grund für die Darlehensvereinbarung ist aber die Ablösung der Ausgleichsverpflichtung durch eine Leistung an Erfüllungs Statt. Gerade durch die Trennung der Ausgleichsschuld von der Darlehensschuld bzw. der entsprechenden Forderungen bei der früheren Ehefrau ist der Vorgang vergleichbar der Tilgung der Ausgleichsschuld mit Mitteln eines Fremdkredits.

Diese Sicht widerspricht nicht dem BFH-Urteil vom 19. Mai 1983 IV R 138/79 (BFHE 138, 248, BStBl II 1983, 380), denn dort ging es um die Finanzierung eines von Miterben übernommenen Anteils an einer Personengesellschaft.

Mit dem FG ist grundsätzlich davon auszugehen, daß die Zugewinnausgleichsschuld ihrem Charakter nach familienrechtlich, d. h. privat ist. Nach der Rechtsprechung des BFH ist sie jedoch dann wie eine betriebliche Schuld zu behandeln, wenn der auszugleichende Zugewinn im Bereich des Betriebsvermögens entstanden ist. Dies hat der BFH bisher zunächst für ein Vereinbarungsdarlehen im Zusammenhang mit der Ablösung eines Pflichtteilsanspruchs entschieden (vgl. Urteile vom 28. April 1989 III R 4/87, BFHE 156, 497, BStBl II 1989, 618, und vom 2. April 1987 IV R 92/85, BFHE 149, 567, BStBl II 1987, 621). Das BFH-Urteil vom 24. Januar 1989 IX R 111/84 (BFHE 156, 131, BStBl II 1989, 706) wendet diese Grundsätze auch auf die Finanzierung einer Zugewinnausgleichsschuld an. Das Urteil betrifft zwar die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, insoweit ist der Unterschied zu den gewerblichen Einkünften jedoch unerheblich. So wenig wie dort (in BFHE 156, 131, BStBl II 1989, 706) die Finanzierung eines Zugewinnausgleichs dem Erwerb eines Grundstücksanteils diente, so wenig dient sie hier dem Erwerb eines Anteils am Gewerbebetrieb. Grundstück und Betrieb sind jedoch als mit dem Ausgleichsanspruch belastet anzusehen; wirtschaftlich gesehen ist der Ehegatte schuldrechtlich am Betriebsvermögen beteiligt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 156, 131, BStBl II 1989, 706; Tiedtke, Betriebs-Berater - BB - 1988, 2079). Durch die Ausgleichszahlung entfällt diese Belastung des Betriebsvermögens. Deshalb ist es auch bei Anlegung der Maßstäbe des BFH-Beschlusses in BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, 823 f. gerechtfertigt, der Ausgleichsschuld insoweit betrieblichen Charakter zuzubilligen, als Zugewinn an Betriebsvermögen auszugleichen ist. Zinsen auf ein Darlehen, auf das diese Schuld umgewandelt wurde (§ 607 Abs. 2 BGB) sind entsprechend Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG).

Sollte sich herausstellen, daß der Zugewinn nicht nur auf das Betriebsvermögen entfällt, so kann eine Aufteilung der Schuld und der Zinszahlungen in Frage kommen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 156, 131, BStBl II 1989, 706).

 

Fundstellen

Haufe-Index 417559

BFH/NV 1991, 594

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