Entscheidungsstichwort (Thema)

(Erstattung von Vollkasko-Versicherungsprämien für einen auf Dienstreise eingesetzten Pkw des Arbeitnehmers neben Fahrtkostenerstattung mit Kilometerpauschalen als Arbeitslohn)

 

Leitsatz (amtlich)

Benutzt ein Arbeitnehmer bei Dienstreisen seinen eigenen PKW und erstattet ihm der Arbeitgeber dafür neben der Kilometerpauschale von 0,42 DM teilweise die Prämien für die private Fahrzeug-Vollversicherung, so stellt diese Erstattung steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.

 

Normenkette

EStG 1979 § 19 Abs. 1 Nr. 1; LStDV 1981 § 2 Abs. 1 S. 1; LStR 1981 Abschn. 24 Abs. 2 S. 4, Abschn. 25 Abs. 8 S. 4

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 24.10.1988; Aktenzeichen 5 K 55/88)

 

Tatbestand

Die Arbeitnehmer des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) führten Dienstreisen mit dem eigenen PKW durch. Der Kläger zahlte ihnen dafür die Kilometerpauschale von 0,42 DM. Außerdem ersetzte er ihnen die Prämien für die von den Arbeitnehmern für ihren eigenen PKW abgeschlossene Fahrzeug-Vollversicherung zu 90 v.H., ohne hiervon Lohnsteuer einzubehalten. Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung sah der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Erstattung der Versicherungsprämien als Arbeitslohn an. Das FA erließ gegen den Kläger einen Haftungsbescheid, mit dem es die auf die erstatteten Prämien entfallende Lohnsteuer und Kirchenlohnsteuer anforderte. Der Kläger hat sich bereiterklärt, die anfallenden Mehrsteuern für die Arbeitnehmer zu übernehmen.

Einspruch und Klage gegen den Haftungsbescheid blieben ohne Erfolg. Zur Begründung seiner in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1989, 178 veröffentlichten Entscheidung führte das Finanzgericht (FG) im wesentlichen aus:

Die Abrechnung der Reisekosten für Dienstreisen mit dem eigenen PKW könne nach den tatsächlichen Kosten oder nach Pauschbeträgen erfolgen. Rechne der Arbeitnehmer nach den tatsächlichen Fahrzeugkosten ab, so könne er die Prämie für die Fahrzeug-Vollversicherung in Ansatz bringen, weil diese insoweit beruflich veranlaßt sei. Die Erstattung der tatsächlichen Kosten --einschließlich der anteiligen Vollkaskoprämie-- sei steuerfrei möglich. Erhalte der Arbeitnehmer dagegen die Kilometerpauschale von 0,42 DM, so decke diese alle für das Fahrzeug aufgewendeten Kosten unabhängig von Größe und Typ des PKW ab. Auch die Prämie für die Fahrzeug-Vollversicherung sei in dem Pauschbetrag enthalten, den der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer steuerfrei nach § 3 Nr.16 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erstatten könne.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Zur Begründung trägt er u.a. vor:

Durch die Prämienerstattung werde der jeweilige Arbeitnehmer objektiv nicht bereichert. Für ihn ergäbe sich keine Änderung, wenn er keine Kaskoprämien zahlte und demnach auch keine erstattet erhielte. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) könne er für Unfallschäden, die er bei Dienstfahrten an seinem Fahrzeug erleide, vom Arbeitgeber Ersatz verlangen.

Wegen der arbeitsrechtlichen Ersatzpflicht des Arbeitgebers sei aus der Sicht des Arbeitnehmers der Abschluß einer Vollkaskoversicherung für Dienstreisen nicht erforderlich. Wohl aber habe der Arbeitgeber ein starkes Interesse daran, daß seine Arbeitnehmer eine Vollkaskoversicherung abschließen, damit im Schadensfalle die Versicherung und nicht er selbst zum Ersatz verpflichtet sei. Falls demgemäß der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer die Kaskoversicherungsprämien anteilig erstatte, so geschehe dies zumindest überwiegend im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers. Daß die Versicherung auch die auf Privatfahrten entstandenen Unfallschäden abdecke, nehme ein Arbeitgeber als zwangsläufige Nebenfolge in Kauf, da es eine auf berufliche Unfälle beschränkte Vollkaskoversicherung nicht gebe.

Arbeitslohn i.S. von § 19 EStG sei auch deshalb zu verneinen, weil es sich um eine aufgedrängte Bereicherung handele, gegen die sich der Arbeitnehmer nicht wehren könne, wenn er keine Nachteile in Kauf nehmen wolle. Für ihn bestehe indirekt ein Abschlußzwang. Er sei gehalten, der für den Arbeitgeber günstigeren Alternative (Abschluß von Versicherungen durch die Arbeitnehmer --mit Prämienerstattung-- statt Abschluß einer Versicherung im eigenen Namen zugunsten der Arbeitnehmer) zuzustimmen.

Darüber hinaus sei dem FG darin nicht zu folgen, daß mit der Erstattung der Kilometerpauschale von 0,42 DM die von den Arbeitnehmern gezahlte Prämie für die Fahrzeug-Vollversicherung mit abgegolten und damit der Erstattungsbetrag lohnsteuerpflichtig sei. Das FG lasse außer acht, daß nach Abschn.24 Abs.2 Satz 4 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR 1981) der Arbeitgeber neben den Pauschbeträgen zwar nicht die "gewöhnlichen", wohl aber außergewöhnliche Kosten steuerfrei ersetzen könne. Um solche außergewöhnliche Kosten handele es sich hier. Der Ersatz von Kaskoprämien müsse in gleicher Weise behandelt werden wie die Erstattung von Unfallkosten, die gemäß Abschn.24 Abs.2 Satz 6 LStR 1981 nicht lohnsteuerpflichtig sei.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung und den Lohnsteuerhaftungsbescheid aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das FG die Haftungsinanspruchnahme des Klägers bestätigt, da die Erstattung der Prämien für die Fahrzeug-Vollversicherung an die Arbeitnehmer bei diesen steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellt.

1. Die Lohnsteuerpflicht der erstatteten Versicherungsprämien entfällt nicht etwa nach § 3 Nr.16 EStG. Nach dieser Vorschrift sind Zahlungen steuerfrei, die dem Arbeitnehmer im privaten Dienst vom Arbeitgeber zwecks Erstattung u.a. von beruflich veranlaßten Reisekosten geleistet werden. Im Streitfall handelt es sich bei den Prämien für die Fahrzeug-Vollversicherung zwar zum Teil um Aufwendungen, die mit Dienstreisen der Arbeitnehmer in Zusammenhang stehen; indessen hat der Kläger den Arbeitnehmern die Kosten der Dienstreisen bereits mit der Kilometerpauschale von 0,42 DM gemäß Abschn.25 Abs.8 und 9 LStR 1981 steuerfrei ersetzt. Damit sind sämtliche mit dem Betrieb des Fahrzeugs verbundenen Aufwendungen (außer Parkgebühren) abgegolten; lediglich außergewöhnliche Kosten können neben dem Pauschbetrag berücksichtigt werden (Abschn.25 Abs.8 Satz 4 i.V.m. Abschn.24 Abs.2 Satz 4 LStR 1981). Diese Verwaltungsanweisung ist unter dem Gesichtspunkt der Gleichmäßigkeit der Besteuerung grundsätzlich auch von den Steuergerichten zu beachten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25.Oktober 1985 VI R 15/81, BFHE 145, 181, BStBl II 1986, 200; v. Bornhaupt in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 9 Rdnr.A 238 ff.).

Der Senat ist mit dem FG der Auffassung, daß die Prämien für die Fahrzeug-Vollversicherung keine außergewöhnlichen Aufwendungen darstellen, die neben der Kilometerpauschale für Dienstreisen als Werbungskosten berücksichtigt werden könnten. Der Zahlung der Versicherungsprämien liegt kein außergewöhnliches Ereignis zugrunde (vgl. Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 10.Aufl., § 9 Anm.8 b). Es handelt sich vielmehr um Kosten, die mit dem laufenden Betrieb eines PKW zusammenhängen und deshalb durch die Pauschale abgegolten sind (v. Bornhaupt, a.a.O., § 9 Rdnr.B 548, 649 m.w.N.; vgl. auch Urteil des BFH vom 30.Mai 1967 VI R 118/66, BFHE 89, 185, BStBl III 1967, 576 zum Pauschbetrag für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte). Die Auffassung des Klägers, die Erstattung der Kaskoprämien könne nicht anders behandelt werden als der (steuerfrei mögliche) Ersatz von Unfallschäden, läßt außer acht, daß die Ausgaben durch ein außergewöhnliches Ereignis veranlaßt sein müssen.

2. Da der Kläger seinen Arbeitnehmern deren Kosten für die Fahrzeug-Vollversicherungen bereits durch Abrechnung nach Kilometerpauschsätzen steuerfrei erstattet hatte, durfte er diese Kosten den Arbeitnehmern daneben nicht nochmal im Wege der Einzelerstattung ohne Lohnsteuerabzug zuwenden. Diese zusätzliche Erstattung stellt vielmehr, da sie aus dem Dienstverhältnis zufließt, eine dem Lohnsteuerabzug unterliegende Lohnzuwendung dar.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63736

BFH/NV 1991, 68

BStBl II 1991, 814

BFHE 164, 548

BFHE 1992, 548

BB 1991, 2137

BB 1991, 2137 (LT)

DB 1991, 2420-2421 (LT)

DStR 1991, 1312 (KT)

DStZ 1991, 701 (KT)

HFR 1992, 72 (LT)

StE 1991, 346 (K)

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