Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Doppelbesteuerungsabkommen

 

Leitsatz (amtlich)

Einkünfte einer amerikanischen Kapitalgesellschaft aus der Vermietung inländischen Grundbesitzes, die nicht in einem inländischen Gewerbebetrieb anfallen, unterliegen der Besteuerung nach § 49 Ziff. 6 EStG 1953. Der Verlustabzug nach § 10 Abs. 1 Ziff. 4 EStG 1953 (§ 10 d EStG 1955) ist nicht zulässig.

Zur Auslegung von Art. IX Abs. 2 DA. EStG 1953 § 49 Ziff. 2 und 6, § 50 Abs. 1; Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen (DA) vom 22. Juli 1954 (BGBl 1954

 

Normenkette

EStG §§ 49-50; DBA USA Art. 3, 9; OECD-MA Allgemein; OECD-MA 5; EStG § 49 Ziff. 2, § 49/1/2, § 49 Ziff. 6, § 49/1/6, § 50 Abs. 1; OECD-MA 5/1

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.), eine Kapitalgesellschaft amerikanischen Rechts mit Sitz in den Vereinigten Staaten, ist Eigentümerin zweier Geschäftsgrundstücke in K. Sie besitzt außerdem die gesamten Aktien einer inländischen Aktiengesellschaft in Liquidation. Zur Verwaltung ihrer inländischen Vermögensanlagen ist Dr. M. als Vertreter bestellt, der seinen Wohnsitz im Inland hat. Die Tätigkeit der Bfin. im In- und Ausland erschöpft sich in der Verwaltung ihrer deutschen Vermögensanlagen. Das Finanzamt zog für 1954 die Bfin. mit ihren Einkünften aus der Vermietung der Grundstücke als beschränkt steuerpflichtig zur Körperschaftsteuer heran. Aus den beiden Grundstücken hatte die Bfin. erstmalig im Jahre 1954 einen überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten; in den Vorjahren hatten die Ausgaben die Einnahmen überstiegen. Die Bfin. verlangt für das Streitjahr 1954 den Abzug der in den Jahren 1952 und 1953 eingetretenen Verluste nach § 50 Abs. 1 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Ziff. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1953.

Einspruch und Berufung blieben erfolglos. Das Finanzgericht führte aus, es komme bei der beschränkten Steuerpflicht ausschließlich auf die Art der aus dem Inland bezogenen Einkünfte an; die Eigenschaft der Bfin. als einer ausländischen Kapitalgesellschaft beeinflusse die inländischen Einkünfte nicht. Die Einkünfte der Bfin. aus ihrem inländischen Grundbesitz stünden nicht im Zusammenhang mit einem im Inland unterhaltenen Gewerbebetrieb; die Stellung von Dr. M. sei also ohne Bedeutung. Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen (hier abgekürzt: DA) vom 22. Juli 1954 (Bundesgesetzblatt - BGBl - 1954 II S. 1118, Bundessteuerblatt - BStBl - 1955 I S. 70) widerspreche der Anwendung dieser Grundsätze nicht.

In der Rechtsbeschwerde (Rb.) beruft sich die Bfin. für die Anrechnung des Verlustes auf zwei rechtliche Gesichtspunkte:

Sie hält die Einkünfte einer Kapitalgesellschaft stets in vollem Umfang für Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Dies gelte nicht nur bei unbeschränkter, sondern auch bei beschränkter Steuerpflicht. Unterschiede zwischen der beschränkten und der unbeschränkten Steuerpflicht bestünden insoweit nicht; die Einkommensteuer sei in beiden Fällen die gleiche Personensteuer. Die streitigen Einkünfte seien als solche aus Gewerbebetrieb steuerpflichtig, weil ein ständiger Vertreter im Inland zur Verwaltung des inländischen Vermögens bestellt sei. Daß der ständige Vertreter eine gewerbliche Tätigkeit im Inland für seinen Auftraggeber entfalte, sei für die Begründung der Steuerpflicht nach § 49 Ziff. 2 EStG 1953 nicht Voraussetzung. Verneine man den gewerblichen Charakter der strittigen Einkünfte, so entfiele die Besteuerung überhaupt. Da § 50 Abs. 1 EStG bei gewerblichen Einkünften beschränkt Steuerpflichtiger den Verlustabzug zulasse, sei im Streitfall der Verlustabzug zu gewähren.

Auch aus dem DA ergebe sich, daß die Bfin. den Verlustabzug in Anspruch nehmen könne. Die Bfin. stützt sich dabei in erster Linie auf Art. IX Abs. 2 b und Art. XVIII Abs. 3 DA und auf Art. XI Abs. 1 des Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 29. Oktober 1954 (BGBl 1956 II S. 488).

Der Bundesminister der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten und hat zu den Streitfragen Stellung genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

I. - Zur Auslegung des § 49 EStG 1953

Zu der Frage, ob die streitigen Einkünfte solche aus Gewerbebetrieb oder aus Vermietung und Verpachtung sind, hat der Bundesminister der Finanzen im wesentlichen wie folgt Stellung genommen: "Welchen der in § 49 EStG aufgeführten Einkunftsarten Einkünfte zuzuordnen sind, ist danach zu beurteilen, wie sich diese Einkünfte vom Inland aus gesehen darstellen. Auf die außerhalb der Bundesrepublik liegende Tätigkeit des ausländischen Beziehers dieser Einkünfte kann es wegen des objektsteuerähnlichen Charakters der beschränkten Steuerpflicht nicht ankommen. Aber auch in den Fällen, in denen eine ausländische Kapitalgesellschaft im Inland eine Betriebstätte unterhält oder einen ständigen Vertreter bestellt hat, kommt neben der beschränkten Steuerpflicht nach § 49 Ziff. 2 EStG die beschränkte Steuerpflicht nach einer der in den übrigen Ziffern des § 49 EStG enthaltenen Vorschriften in Betracht, und zwar dann, wenn neben den nach § 49 Ziff. 2 EStG beschränkt steuerpflichtigen Einkünften noch andere inländische Einkünfte vorliegen, die mit dem inländischen Gewerbebetrieb nicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Diese Auffassung hat der Reichsfinanzhof in seinem Urteil I A 456/31 vom 28. November 1933 (Reichssteuerblatt - RStBl - 1934 S. 620, Slg. Bd. 34 S. 326) ausgesprochen. Die Aufgabe dieser Rechtsprechung würde bedeuten, daß innerhalb der Gruppe der beschränkt Steuerpflichtigen eine unterschiedliche Behandlung eintreten würde, je nachdem ob bestimmte inländische beschränkt steuerpflichtige Einkünfte im Rahmen eines ausländischen Gewerbebetriebes anfallen oder nicht. Es ist deshalb erforderlich, den objektsteuerähnlichen Charakter der beschränkten Steuerpflicht zu wahren, weil die im Ausland vorliegenden Verhältnisse von den deutschen Finanzbehörden nicht überprüft werden können. Auch in Doppelbesteuerungsabkommen wird stets davon ausgegangen, daß die Besteuerung von Einkünften (z. B. Dividenden, Zinsen, Lizenzgebühren, Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen) eines beschränkt Steuerpflichtigen davon unabhängig ist, ob diese Einkünfte im Ausland (Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen) Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind oder nicht. So beziehen sich z. B. die im DA enthaltenen Vorschriften über die Besteuerung von Dividenden (Art. VI Abs. 2), Zinsen (Art. VII Buchst. b), Lizenzgebühren (Art. VIII Buchst. b) und Einkünften aus unbeweglichem Vermögen (Art. IX Abs. 1) ausdrücklich auch auf "amerikanische Körperschaften" bzw. "Körperschaften des anderen Staates". Hierzu wäre kein Anlaß, wenn, wie die Bfin. meint, Einkünfte, die amerikanische Körperschaften in der Bundesrepublik erzielen, hier stets als Einkünfte aus Gewerbebetrieb besteuert werden müßten. Durch Art. VI Abs. 2 des DA wird die Kapitalertragsteuer in der Bundesrepublik ermäßigt, wenn die Dividendenempfängerin eine amerikanische Körperschaft ist, die keine Betriebstätte in der Bundesrepublik unterhält und der mindestens 10 v. H. der stimmberechtigten Anteile der dividendenzahlenden deutschen Gesellschaft gehören. Diese Vorschrift wäre unverständlich, wenn die Rechtsauffassung der Bfin. zutreffen würde; denn die Vorschrift setzt gerade voraus, daß die amerikanische Körperschaft keine Betriebstätte in der Bundesrepublik im Sinne des DA unterhält. Dasselbe gilt auch für Art. VII, VIII und IX des Abkommens. Alle diese Vorschriften gehen davon aus, daß amerikanische Körperschaften neben Einkünften aus Gewerbebetrieb noch andere inländische Einkünfte haben können. Die inländischen Einkünfte der Bfin. sind Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 49 Ziff. 6 EStG). Sie fallen nicht unter § 49 Ziff. 2 EStG; denn sie stehen nicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit einem im Inland ausgeübten Gewerbebetrieb der Bfin. Zwar mag die in den Vereinigten Staaten von der Bfin. ausgeübte Tätigkeit nach den deutschen Steuergesetzen eine gewerbliche Tätigkeit sein. Dies macht die inländischen Einkünfte der Bfin. aber noch nicht zu gewerblichen Einkünften. Es ist nur zu prüfen, ob die inländischen Einkünfte der Bfin. Einkünfte im Sinne der §§ 15 und 16 EStG sind. Dies ist zu verneinen; denn die inländische Tätigkeit der Bfin. besteht nur in der Verwaltung von Mietgrundstücken. Da es an der in § 49 Ziff. 2 EStG geforderten gewerblichen Tätigkeit fehlt, kommt es für die rechtliche Beurteilung auf den Umfang der dem Zustellungsvertreter der Bfin. erteilten Vollmachten nicht an."

Der Senat tritt der in diesen Ausführungen niedergelegten Auffassung des Bundesministers der Finanzen bei.

Es ist der Bfin. zuzugeben, daß auch die Einkommensteuer der beschränkt Steuerpflichtigen eine Personensteuer ist. Wesentliche Unterschiede ergeben sich aber daraus, daß bei unbeschränkter Steuerpflicht der Steuerpflichtige mit seinem gesamten Einkommen der Besteuerung unterliegt, bei beschränkter Steuerpflicht dagegen nur mit den in § 49 EStG aufgeführten inländischen Einkünften. Die beschränkte Steuerpflicht knüpft an die Quelle an, aus der die inländischen Einkünfte fließen. Sie läßt die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen, die bei unbeschränkter Steuerpflicht von Bedeutung sind, weitgehend außer Betracht, wie sich aus § 50 EStG ergibt. Es kommt, wie der Bundesminister der Finanzen mit Recht ausführt, für die Entscheidung, ob die strittigen Einkünfte der Bfin. unter § 49 Ziff. 2 EStG fallen, nicht auf die Eigenschaft der Bfin. als Kapitalgesellschaft an, sondern darauf, ob die Bfin. im Inland einen Gewerbebetrieb ausübt. In diesem Sinne hat der Reichsfinanzhof in dem Urteil I 55/36 vom 12. Mai 1936 (RStBl 1936 S. 968, Slg. Bd. 39 S. 245) die Erträge aus einer durch inländischen Grundbesitz gesicherten Forderung einer ausländischen Körperschaft, die keine inländische Betriebstätte unterhielt und im Inland keinen ständigen Vertreter bestellt hatte, nach § 49 Ziff. 5 EStG (Einkünfte aus Kapitalvermögen) besteuert; er hielt es für unerheblich, ob die gesicherte Forderung bei unbeschränkter Steuerpflicht zum Kapitalvermögen oder zum Betriebsvermögen gehören würde. Auch Mirre-Dreutter heben in Anm. 8 a zu § 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in diesem Sinne hervor, daß die Vorschrift des jetzigen § 17 der Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes (KStDV), wonach bei Steuerpflichtigen, die nach dem Handelsgesetzbuch zur Führung von Büchern verpflichtet sind, alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln sind, für die beschränkte Steuerpflicht ohne Bedeutung sei; abgesehen davon, daß ausländische Kapitalgesellschaften nur ausnahmsweise bei Bestehen einer inländischen Zweigniederlassung nach deutschem Handelsrecht buchführungspflichtig seien, könnten sie inländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb nur unter den Voraussetzungen des § 49 Ziff. 2 EStG beziehen; denn bei der beschränkten Steuerpflicht komme es ausschließlich auf das Wesen der aus dem Inland bezogenen Einkünfte an; die persönlichen Eigenschaften des Steuerpflichtigen und damit die Eigenschaften einer ausländischen Kapitalgesellschaft und die Art ihres ausländischen Betriebs beeinflußten die beschränkte Steuerpflicht nicht. Vgl. auch Kennerknecht, Anm. 75; Blümich-Klein-Steinbring, Anm. 10, und Herrmann-Heuer, Anm. 26 zu § 2 KStG.

Da die inländischen Einkünfte der Bfin. ihrer Art nach nicht gewerblich sind, entfällt demnach die Anwendbarkeit des § 49 Ziff. 2 EStG. Es bedarf nicht der Prüfung, ob Dr. M., wenn die Einkünfte der Bfin. gewerblich wären, als bestellter inländischer Vertreter im Sinne des § 49 Ziff. 2 EStG angesehen werden könnte.

Durch die Feststellung, daß die strittigen Einkünfte nicht unter § 49 Ziff. 2 EStG fallen, wird jedoch die Besteuerung nach § 49 Ziff. 6 EStG nicht ausgeschlossen. Ihrer Art nach sind die Einkünfte solche aus Vermietung und Verpachtung. An der in diesem Sinne ergangenen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs, die außer in der Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 55/36 a. a. O. auch in den Entscheidungen I A 377/28 vom 7. Februar 1929 (RStBl 1929 S. 193) und VI A. 208/36 vom 5. August 1936 (RStBl 1936 S. 1132, Slg. Bd. 39 S. 326) zum Ausdruck kommt, hält der Senat fest. Mit Recht hat der Bundesminister der Finanzen dargelegt, daß auch die DA auf dieser der Rechtsprechung zugrunde liegenden Rechtsauffassung aufgebaut sind.

II. - Zur Auslegung des DA

Der Bundesminister der Finanzen hat dazu im wesentlichen ausgeführt: "Für die Auslegung der in Doppelbesteuerungsabkommen nicht bestimmten Begriffe kommt es allein auf das nationale Recht des Vertragsstaates an, der die Besteuerung durchführt. Dieser Grundsatz ist in Art. II Abs. 2 des DA ausdrücklich niedergelegt. Da die im DA verwendeten Begriffe "gewerbliche Gewinne" und "Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen" nicht bestimmt worden sind, sind sie, soweit die Anwendung des DA in der Bundesrepublik in Betracht kommt, allein nach dem deutschen Steuerrecht auszulegen. Art. II Abs. 1 Buchst. c und Art. III des DA können nicht angewendet werden, weil die inländischen Einkünfte der Bfin. nicht gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 49 Ziff. 2 EStG sind. Die Bfin. hat Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, d. h. Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen im Sinne des Art. IX des DA. Die Besteuerung dieser Einkünfte wird durch die Vorschrift des Art. IX Abs. 2 Buchst. b nicht eingeschränkt. Diese Bestimmung ist auf Grund der besonderen Rechtslage in den Vereinigten Staaten während der Verhandlungen in den Abkommensentwurf aufgenommen worden. Das amerikanische Steuerrecht sieht unter bestimmten Voraussetzungen für die Besteuerung der Einkünfte beschränkt Steuerpflichtiger aus unbeweglichem Vermögen eine Quellensteuer von 30 v. H. der Bruttoeinnahmen vor (Internal Revenue Code - IRC - Sec. 871 und 881). Auf Antrag der deutschen Delegation hat die amerikanische Delegation entsprechend den Vorschriften in anderen von den Vereinigten Staaten abgeschlossenen Abkommen zugestanden, daß Steuerpflichtige mit Wohnsitz in der Bundesrepublik die Quellensteuer von 30 v. H. der Bruttoeinnahmen dadurch reduzieren können, daß sie verlangen, in den Vereinigten Staaten mit dem "Reineinkommen", d. h. so besteuert zu werden, wie wenn sie dort eine Betriebstätte unterhielten (Art. IX Abs. 2 Buchst. a). Maßgebend für das Zugeständnis der amerikanischen Seite war, daß in der Bundesrepublik die Bemessensgrundlage für die Besteuerung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht die "Bruttoeinnahmen" sind, sondern die Einkünfte als überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten, also als "Reineinkommen" ermittelt werden. Um zu verhindern, daß amerikanische Steuerpflichtige benachteiligt werden, wenn später in der Bundesrepublik eine Besteuerung der Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen auf Grund der "Bruttoeinnahmen" eingeführt werden sollte, wurde in Art. IX a neben der Vorschrift des Abs. 2 Buchst. a, der die Besteuerung in den Vereinigten Staaten betrifft, die Vorschrift für die Besteuerung in der Bundesrepublik eingefügt (Art. IX Abs. 2 Buchst. b). Durch die Einfügung des Art. IX Abs. 2 Buchst. b - zusätzlich zu Abs. 2 Buchst. a - wird also in der Bundesrepublik die Besteuerung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht berührt, sondern nur die Anwendung einer "Nettomethode" bei der Ermittlung dieser Einkünfte auch für den Fall einer änderung der zur Zeit geltenden Vorschriften verbürgt. Die Bfin. kann im Gegensatz zu den Verhältnissen in den Vereinigten Staaten nicht eine Besteuerung auf Grund des "Reineinkommens" verlangen, da sie bereits nach einer "Nettomethode" besteuert wird.

Ob Artikel IX Abs. 2 b DA den Verlustabzug auch bei Einkünften aus unbeweglichem Vermögen gestattet, hängt davon ab, ob diese Vorschrift nach ihrem Inhalt nur die Ermittlung und Besteuerung der Einkünfte zum Gegenstand hat oder sich darüber hinaus auch auf die Frage des Verlustabzugs erstreckt. Wenn sich die Vorschrift auf die Regelung der Einkunftsbestimmung beschränkt, kommt der Verlustabzug nicht in Betracht, da hierüber überhaupt keine Bestimmung getroffen ist. Somit ist zu prüfen, wieweit der Anwendungsbereich des Artikels IX Abs. 2 b reicht. Artikel IX des Abkommens befaßt sich nach seinem Wortlaut nur mit den Einkünften aus unbeweglichem Vermögen. Alle in den verschiedenen Absätzen des Artikels niedergelegten Vorschriften treffen daher nur insoweit eine Regelung, als es sich um die Frage der Besteuerung dieser Einkünfte handelt. über diesen Bereich hinaus wird nach dem objektiven Gesetzesinhalt des Artikels IX keine Bestimmung getroffen. Gerade auch die Vorschrift des Art. IX Abs. 2 b beschränkt sich darauf, für die Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen, die von einer Person in den Vereinigten Staaten aus Vermögen in der Bundesrepublik bezogen werden, zu bestimmen, daß der Steuerpflichtige verlangen kann, in der Bundesrepublik "auf Grund des Reineinkommens" besteuert zu werden. Die Vorschrift greift demnach nur insoweit ein, als es sich um die Besteuerungsgrundlage in Bezug auf die Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen handelt. Sie bestimmt, daß auf Verlangen die Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen auf Grund des "Reineinkommens" zu besteuern sind. Das kann nur so verstanden werden, daß der Steuerpflichtige verlangen kann, mit den Einkünften aus unbeweglichem Vermögen nach dem Nettobetrag und nicht mit einer Quote der Bruttoeinnahmen oder nach einem Durchschnittssatz besteuert zu werden (vergleiche Korn-Dietz, Doppelbesteuerung, USA B, Art. IX, Anm. 3). Als Ergebnis ist somit festzustellen, daß Artikel IX Abs. 2 b nicht die Zulässigkeit des Verlustabzuges begründen kann, weil die Bestimmung nach ihrem objektiven Inhalt sich nur mit der Bestimmung der Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen befaßt und hierfür die Besteuerung nach dem Nettobetrag dieser Einkünfte sicherstellt, der Verlustabzug aber mit der Ermittlung der Einkünfte, gleich um welche Einkunftsart es sich handelt, nichts zu tun hat, sondern einen besonderen Abzugsbetrag darstellt, der außerhalb des Bereichs der steuerpflichtigen Einkünfte vom Ergebnis der Einkunftsermittlung - dem Gesamtbetrag der Einkünfte - zum Abzug zugelassen ist. - Wenn demgegenüber auf den Schlußsatz des Artikels IX Abs. 2 b hingewiesen wird, wonach auf Verlangen des Steuerpflichtigen die Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen so zu besteuern sind, als ob der Steuerpflichtige in der Bundesrepublik durch eine dort belegene Betriebstätte gewerblich tätig gewesen wäre, so ist zu bemerken, daß diese Feststellung lediglich den im vorangehenden Satz festgelegten Grundsatz verdeutlichen will. Dies wird im Wortlaut eindeutig durch die Formel "das heißt" zum Ausdruck gebracht. Wenn man daher der fiktiven Feststellung im Schlußsatz, "d. h." die Einkünfte sind so zu versteuern, als ob der Steuerpflichtige in der Bundesrepublik durch eine dort belegene Betriebstätte gewerblich tätig gewesen wäre, auch den weitesten Anwendungsbereich beimessen will, so kann dieser doch niemals über die Grenzen der vorangehenden, erläuterten Feststellung hinausgehen. Diese aber beschränkt sich darauf, für die Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen die Besteuerung nach dem Nettoergebnis sicherzustellen. - Selbst wenn man aber dem Argument der Beschwerdeführerin folgt und die Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen kraft "der Fiktion" im Schlußsatz des Artikels IX Abs. 2 b als gewerbliche Einkünfte angesehen werden, besteht kein Anhalt, diese Fiktion über den Bereich der Einkunftsbestimmung hinaus auch auf den Verlustabzug auszudehnen, da sich der Inhalt des vorangehenden Hauptsatzes, der durch Fiktion erläutert wird, darauf beschränkt, den Nettobetrag der Einkünfte als Besteuerungsgrundlage festzulegen. Die Fiktion besagt nicht mehr, als daß für die Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen die bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb geltende Besteuerung nach dem Nettoergebnis gewährleistet wird. Der Verlustabzug wird hiervon nicht gedeckt. Dieses Ergebnis wird auch durch die Vorschriften des Abkommens selbst bestätigt. Wenn der Steuerpflichtige verlangen kann, daß die Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen so besteuert werden, als ob er in der Bundesrepublik durch eine dort belegene Betriebstätte tätig gewesen wäre, so ist zu fragen, welche Regelung das Abkommen für diesen Fall vorsieht. Artikel III des Abkommens, der die Behandlung der gewerblichen Einkünfte regelt, enthält neben der Zuteilung des Besteuerungsrechts lediglich Vorschriften über die Ermittlung der Gewinne aus gewerblicher Tätigkeit einer Betriebstätte. Der Verlustabzug wird hiervon überhaupt nicht berührt. Die Vertragsbestimmung, die die Ermittlung der gewerblichen Gewinne regelt, besagt nichts über einen Verlustabzug, der überhaupt nicht in den Bereich der Gewinnermittlung fällt. Durch Art. III wird nicht in Abänderung des nationalen Rechts ein Verlustabzug eingeräumt; der Verlustabzug kann nur insoweit beansprucht werden, als er im deutschen Steuerrecht vorgesehen ist."

Der Senat tritt auch in diesem Punkt der Auffassung des Bundesministers der Finanzen bei.

Art. XVIII Abs. 3 DA ist für die Entscheidung der Streitfrage ohne Bedeutung. Nach dieser Bestimmung dürfen Staatsangehörigen des einen Staates, die in dem anderen Staat ihren Wohnsitz haben, dort nicht andere oder höhere Steuern auferlegt werden, als den Staatsangehörigen des Staates, die dort ihren Wohnsitz haben. Unter "Staatsangehörigen" werden auch juristische Personen, Personengesellschaften und Personenvereinigungen verstanden, die nach dem in dem einen oder in dem anderen Vertragsstaat geltenden Recht errichtet oder organisiert sind. Dem Wohnsitz natürlicher Personen entspricht bei den anderen genannten Steuerpflichtigen der Sitz oder die Geschäftsleitung (§ 2 Ziff. 1 KStG). Art. XVIII Abs. 3 bezieht sich mithin nicht auf die beschränkte, sondern auf die unbeschränkte Steuerpflicht.

Art. XI Abs. 1 des Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrages verbietet eine ungleichmäßige Behandlung der Staatsangehörigen des anderen Staates gegenüber den eigenen Staatsangehörigen unter "gleichartigen Voraussetzungen". Gleichartigkeit besteht aber bei beschränkter und unbeschränkter Steuerpflicht nicht.

Art. IX DA, der die Besteuerung der Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen dem Belegenheitsstaat zuweist, gewährt im Abs. 2 dem Bezieher solcher Einkünfte das Recht, für jedes Steuerjahr zu verlangen, auf Grund des Reineinkommens, d. h. so besteuert zu werden, als ob er in dem Belegenheitsstaat durch eine dort belegene Betriebstätte tätig gewesen wäre. Diese Bestimmung gilt für natürliche Personen und für andere Rechtsträger. Aus dem Wortlaut der Bestimmung leitet die Bfin. her, daß auf ihren Antrag die inländischen Einkünfte nach § 49 Ziff. 2 EStG als gewerbliche Einkünfte behandelt werden müßten, so daß ihr in diesem Fall auch der Verlustabzug zustehe.

Der Bfin. ist zuzugeben, daß der Wortlaut des Art. IX Abs. 2 DA zu Zweifeln Anlaß gibt. Betrachtet man die Vorschrift für sich allein, so spricht wohl einiges für die Auslegung der Bfin. Eine gesetzliche Vorschrift oder eine Bestimmung eines Doppelbesteuerungsabkommens darf aber nicht für sich allein betrachtet werden, sondern muß, wenn Zweifel bestehen, aus dem Sinnzusammenhang erklärt werden unter angemessener Berücksichtigung dessen, was der Gesetzgeber bzw. die Vertragschließenden eines Doppelbesteuerungsabkommens offenbar gewollt haben. Wie der Bundesminister der Finanzen dargelegt hat, ist die streitige Bestimmung im Hinblick auf eine Besonderheit des amerikanischen Steuerrechts aufgenommen worden, nämlich die Bruttobesteuerung bei den Einkünften aus Vermietung. Das deutsche Recht kennt bei Vermietung und Verpachtung nur die Nettobesteuerung in Form des überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten. Die Regelung des Art. IX Abs. 2 DA ist demnach zunächst nur für deutschen, in den Vereinigten Staaten belegenen Grundbesitz von Bedeutung. Der völkerrechtliche Grundsatz der Gegenseitigkeit erforderte es aber, daß entsprechendes auch für amerikanischen Grundbesitz in der Bundesrepublik festgelegt wurde, wenn auch nur für den Fall, daß später in der Bundesrepublik eine Bruttobesteuerung eingeführt würde. Es gäbe keinen Sinn, wenn man die streitige Bestimmung mit der Bfin. dahin auslegte, daß auf Antrag Einkünfte aus Vermietung wie gewerbliche Gewinne zu behandeln seien. Eine so wesentliche Bestimmung wäre kaum in dieser Form und an dieser Stelle des Abkommens getroffen worden. Es würde auch angesichts der vielfach verschiedenen steuerlichen Auswirkungen zu unlösbaren Schwierigkeiten führen, dem beschränkt Steuerpflichtigen in jedem Jahr ein Wahlrecht zu geben, ob die Einkünfte aus Grundbesitz als solche aus Gewerbebetrieb oder aus Vermietung zu behandeln sind. Ein solches Wahlrecht würde über die von den Vertragschließenden gewollte Nettobesteuerung hinaus dem beschränkt Steuerpflichtigen die Möglichkeit geben, jahrweise wechselnd immer nur die Vorteile, nie die Nachteile zu wählen, die mit den verschiedenen Einkunftsarten verknüpft sind. Zutreffend hat auch der Bundesminister der Finanzen auf Art. III Abs. 4 DA hingewiesen. Dort ist es den Vertragsstaaten zur Pflicht gemacht, bei der Festsetzung der Gewinne aus gewerblicher Tätigkeit einer Betriebstätte alle billigerweise der Betriebstätte zuzurechnenden Ausgaben mit Einschluß von Geschäftsführungs- und allgemeinen Verwaltungskosten zum Abzug zuzulassen. Hier wird also das Prinzip der Nettobesteuerung für die gewerblichen Einkünfte festgelegt. Es ist offenbar der Sinn des Art. IX Abs. 2 DA, den beschränkt Steuerpflichtigen zu gewährleisten, daß ebenso wie den Gewerbetreibenden auch ihnen das Recht zusteht, die Nettoeinkünfte aus Vermietung zu versteuern. Welche Ausgaben dabei anzurechnen sind, soll sinngemäß nach den Vorschriften über die gewerbliche Tätigkeit (Art. III Abs. 4 DA) bestimmt werden. Daß darüber hinaus aber auf Antrag des Steuerpflichtigen die Einkünfte ihre Art ändern und aus Einkünften aus Vermietung auf Antrag Einkünfte aus Gewerbebetrieb werden sollten, ergibt der Wortlaut der streitigen Bestimmung nicht. Eine solche Auslegung würde, wenn man den Sinnzusammenhang und die Entstehungsgeschichte angemessen berücksichtigt, offenbar dem Willen der Vertragsparteien nicht gerecht.

Daraus ergibt sich, daß die Einkünfte der Bfin. auch unter Berücksichtigung der Bestimmungen des DA solche aus Vermietung und Verpachtung sind, so daß der verlangte Verlustabzug nicht gewährt werden kann.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409283

BStBl III 1959, 133

BFHE 1959, 340

BFHE 68, 340

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