Leitsatz (amtlich)

Zum Abzug von Beiträgen für eine Haftpflichtversicherung als Sonderausgaben nach § 10 Abs.1 Nr.2 EStG ist grundsätzlich nur berechtigt, wer die Beiträge selbst schuldet und entrichtet. Ist daher --wie im Streitfall-- der dem Sohn gehörende PKW auf den Vater zugelassen und hat der Vater die Haftpflichtversicherung für den PKW abgeschlossen, kann der Sohn, auch wenn er den PKW allein nutzt und die Haftpflichtversicherungsprämien bezahlt, diese nicht bei der Ermittlung seines Einkommens als Sonderausgaben abziehen.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 2a

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Eigentümer eines PKW, den er u.a. für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt. Zugelassen ist der PKW auf den Vater des Klägers, der auch den Haftpflichtversicherungsvertrag für das Fahrzeug abgeschlossen hat. Die laufenden Kosten für den PKW einschließlich der Prämien für die Haftpflichtversicherung bestreitet der Kläger selbst. Der Vater war deshalb als Kfz-Halter und Versicherungsnehmer eingeschaltet, weil er eine niedrigere Versicherungsprämie zu entrichten hat, als sie der Kläger zahlen müßte (125 statt 175 v.H.).

Der Kläger machte die von ihm im Jahre 1982 aufgebrachten Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung im Rahmen des Lohnsteuer-Jahresausgleichs für das Streitjahr 1982 beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) erfolglos als Sonderausgaben zum Abzug geltend.

Das Finanzgericht (FG) wertete die Beitragszahlungen als Sonderausgaben. Zur Begründung führte es aus, entscheidend sei, daß der Kläger den Aufwand wirtschaftlich selbst getragen habe; die "formelle Zwischenschaltung" des Vaters sei für den Sonderausgabenabzug unschädlich. Nach dem Wortlaut des § 10 Abs.1 Nr.2 Buchst.a des Einkommensteuergesetzes (EStG) müsse der Steuerpflichtige nicht zugleich auch Versicherungsnehmer sein. Im übrigen sei der Vater nach außen hin als verdeckter Treuhänder (Strohmann) aufgetreten, im Innenverhältnis aber hätten alle Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag den Kläger getroffen. Letztlich sei dessen Leistungsfähigkeit durch die Beitragszahlungen gemindert worden. Daher stehe ihm nach § 39 Abs.2 Nr.1 der Abgabenordnung (AO 1977) der Sonderausgabenabzug zu.

Die Klage führte gleichwohl nur zu einem Teilerfolg, weil das FG den Werbungskostenabzug geringfügig (im Betrag von 153 DM) zum Nachteil des Klägers korrigierte.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 10 Abs.1 Nr.2 Buchst.a EStG. Es ist weiterhin der Meinung, der Kläger sei zum Sonderausgabenabzug nicht berechtigt, weil er nicht Versicherungsnehmer sei.

Das FA beantragt, das angefochtene FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Zu Unrecht hat das FG die zum Abzug geltend gemachten Beitragszahlungen als Sonderausgaben angesehen.

Zu den nach § 10 Abs.1 Nr.2 Buchst.a EStG als Sonderausgaben abziehbaren Aufwendungen gehören u.a. Beiträge zu Kranken-, Unfall- und Haftpflichtversicherungen.

Zum Abzug von Vorsorgeaufwendungen ist grundsätzlich nur berechtigt, wer die Tatbestandsvoraussetzungen in der Weise selbst verwirklicht, daß er die Versicherungsbeiträge als Versicherungsnehmer leistet und mit den Aufwendungen (tatsächlich) selbst belastet ist. Eine Ausnahme davon gilt nur für Ehegatten (vgl. das Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22.März 1967 VI R 300/66, BFHE 89, 69, BStBl III 1967, 596).

Es genügt nicht, daß --wie hier-- der Steuerschuldner selbst durch die Beitragszahlungen wirtschaftlich belastet ist (vgl. dazu das Urteil des erkennenden Senats vom 19.April 1989 X R 2/84, BFHE 157, 101, BStBl II 1989, 683). Er muß sie außerdem als Versicherungsnehmer geleistet haben. Nur solche Vorsorgeaufwendungen sind nach § 10 Abs.1 Nr.2 EStG abziehbar, denen eine gesetzliche oder vertragliche Verpflichtung des Steuerschuldners zugrunde liegt (vgl. BFH-Urteile vom 20.November 1952 IV 6/52 U, BFHE 57, 91, BStBl III 1953, 36; vom 14.Juli 1961 VI 77/61 U, BFHE 73, 461, BStBl III 1961, 435 für Bausparprämien; vom 9.Mai 1974 VI R 147/71, BFHE 112, 369, BStBl II 1974, 545; VI R 233/71, BFHE 112, 371, BStBl II 1974, 546; VI R 137/72, BFHE 112, 484, BStBl II 1974, 633; ebenso: FG Köln, Urteil vom 24.Juni 1986 II K 21/86, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1986, 558; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 10 Tz.9 f. und 95; Blümich/Podehl, Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, § 10 EStG Rz.56; Stephan in Littmann/Bitz/Meincke, Einkommensteuergesetz, § 10 Tz.8 und 73; Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 7.Aufl., 1988, § 10 Anm.5b; anderer Ansicht: Tipke/Lang, Steuerrecht, 12.Aufl., 1989, S.369 und zum Teil auch Söhn in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 10 Rdnr.B 129 und E 151 ff.). Das gilt auch für Vorsorgeaufwendungen zugunsten eines gesetzlich unterhaltsberechtigten Dritten, insbesondere im Verhältnis Eltern/Kinder (anderer Meinung Söhn, a.a.O., Rdnr.B 130 und E 155; Tipke/Lang, a.a.O.).

Das Gesetz läßt zwar in der bis zum 31.Dezember 1985 geltenden Höchstbetragsregelung des § 10 Abs.3 EStG ("Kinderadditive") erkennen, daß es auch Vorsorgeaufwendungen zugunsten von Kindern für abziehbar hält, gibt aber keinen Anhalt für die weitere Folgerung, daß es insoweit gleichgültig sei, wer die Versicherungsbeiträge schulde.

Im Streitfall kann der Kläger die Versicherungsbeiträge nicht als Sonderausgaben abziehen, weil er zur Beitragszahlung nicht verpflichtet ist. Auf die Motive für die Vertragsgestaltung kommt es nicht an.

Ob zwischen dem Kläger und seinem Vater hinsichtlich des Haftpflichtversicherungsvertrages ein verdecktes Treuhandverhältnis bestand, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn der Kläger insoweit die Stellung eines Treugebers hatte, wäre er nicht zum Sonderausgabenabzug berechtigt. Auf § 39 AO 1977 kommt es in diesem Zusammenhang nicht an: Die Vorschrift regelt die Zurechnung von Wirtschaftsgütern, sagt jedoch nichts über die Zurechnung von Aufwendungen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 62845

BFH/NV 1989, 42

BStBl II 1989, 862

BFHE 157, 505

BFHE 1990, 505

BB 1989, 2092-2093 (LT1)

DB 1989, 2153 (S)

DStR 1989, 639 (KT)

HFR 1990, 20 (LT)

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge