Leitsatz (amtlich)

Tritt bei einer von einer Personengesellschaft abgeschlossenen, einen Betriebsvorgang darstellenden Insassenunfallversicherung der Versicherungsfall dadurch ein, daß ein Mitunternehmer auf einer Betriebsfahrt mit dem zum Betriebsvermögen gehörenden PKW verunglückt, erhöht die Versicherungssumme als Betriebseinnahme den Gewinnanteil dieses Gesellschafters.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig war bei der einheitlichen Gewinnfeststellung der KG für 1961, ob die Zahlung einer Insassenunfallversicherungssumme von 40 000 DM eine Betriebseinnahme war.

Die KG schloß am 4. September 1961 für den zu ihrem Betriebsvermögen erworbenen PKW eine Insassenunfallversicherung ab und buchte die auf das Streitjahr 1961 noch entfallende Prämie von 108 DM als Betriebsausgabe. Am 26. November 1961 verunglückte der persönlich haftende Gesellschafter der KG X auf einer Geschäftsfahrt tödlich. Die Insassenunfallversicherungssumme von 40 000 DM erhielt seine Ehefrau und Erbin.

Während die KG die Versicherungssumme nicht als Betriebseinnahme, sondern als persönliche Einnahme der Ehefrau des verunglückten Gesellschafters behandelte, nahm das FA an, daß der Versicherungsvertrag zum gewillkürten Betriebsvermögen der KG gehöre und deshalb die Versicherungssumme eine Betriebseinnahme darstelle, die den Gewinnanteil des Gesellschafters X erhöhe.

Die Berufung (Klage) der KG hatte Erfolg. Das FG lehnte zunächst unter Hinweis auf das Urteil des BFH VI 343/62 S vom 8. April 1964 (BFH 79, 107, BStBl III 1964, 271), ab, daß der Versicherungsvertrag notwendiges Betriebsvermögen der KG sei. Die KG hätte den Vertrag zwar zu ihrem gewillkürten Betriebsvermögen machen können, habe das aber mit der notwendigen zweifelsfreien Willensbekundung nicht getan. Denn die Zahlung der Prämie habe sich in einem einmaligen Akt erschöpft, ohne daß sich daraus steuerliche Folgen für mehrere Jahre ergeben hätten. Würde man diesen Vertrag als gewillkürtes Betriebsvermögen behandeln, so würde man dem Willen der KG Gewalt antun. Zu beachten sei auch daß die KG alle in Zusammenhang mit der PKW-Benutzung stehenden Aufwendungen als Betriebsausgaben und erst am Jahresende einen Anteil für betriebliche PKW-Nutzung als Privatentnahmen der Gesellschafter verbucht habe.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision des FA ist begründet.

Der rechtlichen Auffassung des FG, daß ein nicht zum notwendigen Betriebsvermögen, aber auch nicht notwendigen Privatvermögen gehörender Versicherungsvertrag nur dann auf Grund einer ausreichend klaren Willensbekundung des Kaufmanns zum gewillkürten Betriebsvermögen gerechnet werden könne, wenn jahrelang Prämien als Betriebsausgaben behandelt worden seien oder jedenfalls mehrere als entsprechende Willenskundgebungen anzusehende Vorgänge festgestellt würden, kann nicht zugestimmt werden. Dadurch, daß die KG die Versicherungsprämie als Betriebsausgabe behandelte, brachte sie eindeutig genug zum Ausdruck, daß der Versicherungsvertrag als Betriebsvorgang behandelt werden solle. Daß es zu weiteren Verbuchungen als Betriebsausgaben offenbar nicht kam, liegt darin begründet, daß der Versicherungsfall kurze Zeit nach Abschluß des Versicherungsvertrages eintrat. Es sind keine Tatsachen festgestellt, auf Grund deren ausnahmsweise angenommen werden könnte, daß diese Verbuchung ein Versehen war und daß, wäre der Versicherungsfall nicht eingetreten, die folgenden Prämien in den folgenden Jahren als Betriebsentnahmen der Gesellschafter behandelt worden wären. Der Abschluß der Insassenunfallversicherung muß deshalb zumindest als gewillkürter Betriebsvorgang behandelt werden, den die KG bei den Abschlußbuchungen des Streitjahres nicht mehr zu einem Privatvorgang machen konnte, weil inzwischen der Versicherungsfall eingetreten und eine Betriebseinnahme angefallen war. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die für einen zum Betriebsvermögen gehörenden PKW im Zusammenhang mit der Haftpflichtversicherung abgeschlossene Insassenunfallversicherung nicht wegen des engen Zusammenhanges zum PKW als Betriebsvermögen ein notwendiger und nicht ein gewillkürter Betriebsvorgang ist.

Wie der BGH im Urteil II ZR 136/58 vom 8. Februar 1960 (BGHZ 32, 44), dem sich der erkennende Senat anschließt, ausgeführt hat, besteht die Besonderheit der Insassenunfallversicherung gegenüber sonstigen Unfallversicherungen darin, daß sich erst bei Eintritt des Versicherungsfalles ergibt, wer Versicherter gewesen ist. Die Insassenunfallversicherung ist nur für den Fall und nur insoweit eine Fremdversicherung im Sinne des § 179 Abs. 2 des Versicherungsvertragsgesetzes, als nicht der Versicherungsnehmer selbst, sondern eine andere Person (Gefahrenperson) den Unfall erleidet. Mit der Frage, wie die Versicherungssumme zu behandeln ist, wenn eine Gefahrenperson den Unfall erleidet oder der Versicherungsnehmer oder eine Gefahrenperson bei einer Privatfahrt mit dem zum Betriebsvermögen gehörenden PKW verletzt wird, braucht der Senat sich nicht zu befassen. Denn jedenfalls dann, wenn die Insassenunfallversicherung ein Betriebsvorgang ist und der Inhaber des Betriebes selbst den die Zahlung der Versicherungssumme auslösenden Unfall auf einer Betriebsfahrt erleidet, besteht keine Veranlassung, die Insassenunfallversicherung anders als eine sonst vom Betriebsinhaber für sich abgeschlossene Unfallversicherung zu behandeln. Das bedeutet, daß die Versicherungssumme, wie der BFH im Grundsatzurteil VI 343/62 S ausgeführt hat, eine Betriebseinnahme darstellt, die bei einer Personengesellschaft dem verunglückten Gesellschafter zusteht und seinen Gewinnanteil erhöht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413048

BStBl II 1972, 277

BFHE 1972, 71

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