Leitsatz (amtlich)

Eine zum Gewinnanteil des Gesellschafters gehörende Vergütung für seine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft liegt auch dann vor, wenn der Gesellschafter für die Gesellschaft im Rahmen seines freien Berufs von Fall zu Fall gegen das übliche Honorar tätig wird und seine Tätigkeit nicht auf gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen beruht.

 

Normenkette

EStG § 15 Nr. 2

 

Tatbestand

Streitig war bei der Ermittlung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrags 1961 der Revisionsklägerin, einer KG, ob die ihrem Kommanditisten für steuerberatende Tätigkeit gezahlte Vergütung zu dessen gewerblichen Einkünften als Mitunternehmer gehört.

Ein mit 24,5 v. H. beteiligter Kommanditist der KG übte im Streitjahr eine freiberufliche Praxis als Steuerbevollmächtigter aus. Die KG betraute ihn regelmäßig mit der Aufstellung des Jahresabschlusses und der Abgabe der Steuererklärungen. Der Gesellschaftsvertrag sieht keine Tätigkeit des Kommanditisten für die KG vor.

FA und FG ließen bei der Ermittlung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrags für 1961 das an den Kommanditisten gezahlte Honorar von 1 040 DM nicht als Betriebsausgabe zum Abzug zu, sondern rechneten diesen Betrag gekürzt um geschätzte anteilige Betriebsausgaben in Höhe von 516 DM zu dem auf den Kommanditisten entfallenden Gewinnanteil. Dadurch ergab sich keine Kürzung des Gewerbeertrages der KG um das Honorar. Das FG begründete seine Entscheidung im wesentlichen damit, daß zu den "Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft" (§ 15 Nr. 2 EStG) bezogen habe, alle Entgelte für jede Tätigkeit gehören; ein Zusammenhang mit den gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen oder ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis sei nicht erforderlich. Aufdie Art der Dienstleistungen komme es nicht an. Eine Aufteilung dieser Dienstleistungen in solche, die üblicherweise von einem Gesellschafter (Geschäftsführung) und solche, die im allgemeinen von Fremden wahrgenommen würden, finde im Wortlaut des Gesetzes keine Stütze. Sie sei auch nicht durchführbar. Ein kaufmännisch vorgebildeter Gesellschafter werde üblicherweise die kaufmännische Leitung der Gesellschaft übernehmen und ein als Rechtsanwalt oder als Steuerberater tätiger Mitunternehmer werde normalerweise die Gesellschaft in Fragen seines Fachgebietes beraten.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Rechtsbeschwerde (jetzt Revision) der KG ist nicht begründet.

Der Senat schließt sich den Ausführungen des FG an. Weder der Wortlaut noch der Sinn und Zweck des § 15 Nr. 2 EStG bieten einen Anhalt für die Annahme, daß Vergütungen für eine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft auf solche Entgelte beschränkt werden dürften, die auf einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis zwischen der Gesellschaft und ihrem Gesellschafter beruhen, die also Arbeitslohn wären, wenn die Personengesellschaft ähnlich wie eine Kapitalgesellschaft als selbständiges Steuersubjekt behandelt werden würde. Wenn die bezeichnete Vorschrift, wie der BFH z. B. im Urteil VI 43/56 U vom 15. November 1957 (BFH 66, 171, BStBl III 1958, 68) dargelegt hat, auf der Vorstellung des Gesetzgebers beruht, daß unabhängig von der handelsrechtlichen Beurteilung jeder Gesellschafter einen eigenen Betrieb belastet durch die Rechte seiner Mitgesellschafter führt, so gehört grundsätzlich alles, was der Gesellschafter von der Gesellschaft bezieht, zu seinem Gewinnanteil. Diese grundsätzliche Folgerung rechtfertigt sich auch aus der von der Rechtsprechung immer wieder in den Vordergrund gestellten Erwägung, daß der Gesellschafter nach Möglichkeit so gestellt werden soll, wie er als Einzelunternehmer stünde. Unter diesem Gesichtspunkt käme man zu sachlich ungerechtfertigten Ergebnissen, wenn man zwischen einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit und einer ihrer Natur nach freiberuflichen Tätigkeit bei der Anwendung des § 15 Nr. 2 EStG einen grundsätzlichen Unterschied machen oder wenn man es entscheidend auf den mehr oder weniger zufälligen Zusammenhang mit dem Inhalt der gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen abstellen würde. Wenn die Vergütung für die Geschäftsführung oder Arbeitsleistung eines nur ganz geringfügig beteiligten Kommanditisten grundsätzlich zu seinem Gewinnanteil gehört, weil auf die Höhe der Beteiligung nicht abgestellt werden kann (vgl. BFH-Urteil I 84/59 vom 29. September 1959, Der Betrieb 1959 S. 1422), so wäre es unvertretbar, die Vergütung für eine ihrer Natur nach freiberufliche Tätigkeit eines die Personengesellschaft beherrschenden, aber nicht mit der Geschäftsführung betrauten Mitunternehmers nur deshalb als Betriebsausgabe anzuerkennen, weil ein gering beteiligter Mitunternehmer vorhanden ist. Dienstleistungen, die ihrer Natur nach auf einer arbeitnehmerähnlichen oder einer dem freien Beruf ähnlichen Tätigkeit beruhen, unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Gesellschaft nicht so wesentlich, daß sie grundsätzlich unterschiedlich behandelt werden dürften.

Es ist allerdings richtig, daß der BFH in den Urteilen I 82/53 vom 28. Juli 1953 (Wirtschaftsprüfung 1957 S. 503), I 29/60 U vom 6. September 1960 (BFH 71, 521, BStBl III 1960, 443) bei der Abgrenzung der unter § 15 Nr. 2 EStG fallenden Dienstleistungen dem Zusammenhang der Dienstleistungen mit den gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen eine Bedeutung beigemessen und diesen Zusammenhang bei der im Rahmen einer freiberuflichen Praxis entfalteten Tätigkeit eines Mitunternehmers für die Gesellschaft und bei der Geschäftsführung des Korrespondentreeders angenommen hat. Wenn aus diesen Urteilen tatsächlich die Schlußfolgerung gezogen werden müßte, daß sie die Zurechnung der Vergütungen zu den Gewinnanteilen der tätigen Mitunternehmer bei Verneinung eines Zusammenhangs mit den gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen abgelehnt hätten, so könnte sich allerdings der erkennende Senat dieser Auffassung nicht anschließen. Denn eine solche Abgrenzung ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes und würde zudem zu willkürlichen und nicht gerechtfertigten Ergebnissen führen. Es kann für die Entscheidung über die Zurechnung zum Gewinn nicht darauf ankommen, wie die Gesellschafter den Gesellschaftsvertrag formulieren, ob sie die Dienstleistungen eines Gesellschafters für die Gesellschaft in diesem Vertrag festlegen oder ob sie jeweils von Fall zu Fall ein Tätigwerden des Gesellschafters gegen Honorar vereinbaren. Entscheidend kann es nur auf den Charakter der Dienstleistung selbst ankommen. Den Ausführungen des BFH-Urteils I 29/60 U ist allerdings darin zu folgen, daß vertragliche Beziehungen zu Zahlungen der Gesellschaft an den Gesellschafter führen können, die nicht zu den Vergütungen im Sinn des § 15 Nr. 2 EStG gehören, z. B. bei normalen Warenlieferungen. Diese Folgerung ergibt sich aber schon daraus, daß solche Zahlungen nicht als "Vergütungen für Dienstleistungen" oder für "die Überlassung von Wirtschaftsgütern" bezeichnet werden können. Die Lieferung von Waren im Rahmen eines Kaufvertrages ist anders als etwa die Vermietung keine "Überlassung" von Wirtschaftsgütern.

Der Auffassung der KG, daß das Betriebs-FA bei der einheitlichen Gewinnfeststellung oder bei der Ermittlung des Gewerbeertrages den Charakter der Tätigkeit des Gesellschafters für die Gesellschaft nur mit Schwierigkeiten beurteilen könne, und daß es deshalb der Vereinfachung dienen würde, den Begriff der Dienstleistungen auf arbeitnehmerähnliche Entgelte zu beschränken, kann nicht zugestimmt werden. Es ist nicht einzusehen, warum das Betriebs-FA im allgemeinen zur Abgrenzung und Beurteilung der Dienstleistungen weniger geeignet sein soll als das Wohnsitz-FA des tätigen Gesellschafters. In der Regel ist das Gegenteil der Fall. Dem FG ist auch darin zuzustimmen, daß die von ihm für zutreffend gehaltene und vom Senat bestätigte Begriffsbestimmung der Dienstleistungen mehr der Vereinfachung dient als die von der KG vertretene Auffassung, weil grundsätzlich jede Vergütung für eine Tätigkeit zum gewerblichen Gewinn gehört und es auf ihren mehr oder weniger zufälligen und willkürlichen Zusammenhang mit den gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen nicht ankommt. Daß bisweilen die auf diesen Gewinnanteil entfallenden und bei der einheitlichen Gewinnfeststellung zu berücksichtigenden Betriebsausgaben geschätzt werden müssen, führt, wie auch der vorliegende Fall zeigt, zu keinen besonderen Schwierigkeiten. Diese Schwierigkeiten müssen hingenommen werden. Auf die umsatzsteuerliche Behandlung der Vergütungen kommt es schon deshalb nicht an, weil das Umsatzsteuerrecht eine dem § 15 Nr. 2 EStG entsprechende Vorschrift nicht kennt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68820

BStBl II 1970, 43

BFHE 1970, 19

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