Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Untervermietung von kleinen Flächen (Läden, Ständen) in gemieteten und vom Hauptmieter wiederhergerichteten Räumen stellt, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, keine gewerbliche Betätigung dar.

 

Normenkette

EStG § 15/1, § 21/1/1; GewStG § 2 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist für den Erhebungszeitraum 1955, ob die Vermietung von Verkaufsständen (Leerflächen) in zwei von dem Steuerpflichtigen gemieteten Hallen gewerbesteuerpflichtig ist.

Der Steuerpflichtige, der bis in das Jahr 1949 hinein ein Fuhrunternehmen betrieben hatte, mietete im Dezember 1948 eine beschädigte und stark zerfallene Halle mit Nebenräumen in X. Sein Fuhrgeschäft gab er im Jahre 1949 wegen einer Augenerkrankung auf. Der Mietvertrag wurde auf die Dauer von fünf Jahren abgeschlossen. Die Vertragsdauer wurde bald danach durch Vertrag vom 9. Juni 1949 unter Einbeziehung weiterer Räume in das Mietverhältnis bis zum 30. September 1959 festgelegt. Im August 1949 und im Januar 1955 wurde der Mietvertrag auf je einen weiteren Raum auf demselben Grundstück ausgedehnt.

Der Mietvertrag enthält u. a. folgende Bestimmungen: Der Mieter hat die Räume einschließlich des Daches auf eigene Kosten instand zu setzen und während der Mietzeit instand zu halten. Das für den Markthallenbetrieb erforderliche Wasser, Licht und Gas hat er auf eigene Kosten zu beschaffen und sich an der Sauberhaltung des Hofraumes und der Toreinfahrt zu beteiligen. Er darf an dem Vorderhaus ein Firmenschild anbringen und in den von ihm gemieteten Räumen Untermieter aufnehmen. Sämtliche von ihm auf dem gesamten Mietobjekt vorgenommenen Einbauten gehen ohne Zahlung einer Entschädigung in das Eigentum der Vermieterin über. Der Mietzins beträgt nach den einzelnen Mietverträgen 230 DM plus 140 DM plus 20 DM plus 80 DM, insgesamt also 470 DM.

Vorwiegend zur Herrichtung der Halle machte der Steuerpflichtige in den Jahren 1948 bis 1950 eigene Aufwendungen in Höhe von 26.176 DM.

Durch Vertrag vom 15. Februar 1950 mietete der Steuerpflichtige ferner auf die Dauer von zwölf Jahren in Y. eine Halle mit Hofraum, Laden, Wohnstube und Nebenräumen gegen einen Mietzins von monatlich 175 DM zur Einrichtung einer Verkaufshalle mit dem Recht der Untervermietung. Die für die Einrichtung der Verkaufshalle notwendigen Bauten hatte er auf eigene Kosten durchzuführen und außerdem sämtliche Schönheitsreparaturen am Mietobjekt zu übernehmen, während der Vermieter die Reparaturarbeiten am Gebäude von außen und am Dach zu tragen hatte. Die vom Steuerpflichtigen aufgewendeten Kosten beliefen sich auf 2.224 DM.

Der Steuerpflichtige gab die gemieteten Räume nach ihrer Instandsetzung in Untermiete als Leerflächen quadratmeterweise an Einzelhändler verschiedener Branchen ab. In der Halle in X. befinden sich 20, in Y. 6 Stände. (Nach einer Erklärung des Steuerpflichtigen im Rechtsbeschwerdeverfahren handelt es sich um insgesamt nur 21 Stände bzw. Läden). Vom 1. April 1953 bis zum 1. Januar 1958 betrugen die Mieterabgänge in X. 14, in Y. 2, die Mieterzugänge in X. 9, in Y 2. Die Untermietverträge enden sämtlich mit dem Ablauf der Hauptmietverträge am 30. September 1959 bzw. im Jahre 1962. Sie wurden unter dem Datum des 1. Juli 1957 schriftlich und vorher - nach der unwidersprochen gebliebenen Darlegung des Steuerpflichtigen - bereits mündlich mit Wirkung vom 1. Januar 1955 dahin geändert, daß die Instandsetzungen für die gewerblichen Zwecke der Untermieter nicht vom Vermieter (Steuerpflichtigen), sondern von den Untermietern selbst ausgeführt werden müssen, die auch die Ausgestaltung der einzelnen Marktstände (u. a. die Anbringung von Trennwänden zwischen den einzelnen Ständen, von Beleuchtungsanlagen, eines Fußbodens, die Beschaffung der Einrichtungsgegenstände) auf ihre Kosten vorzunehmen haben, und daß die Kosten für Reinigung, Versicherung, Heizung usw. nicht mehr vom Steuerpflichtigen als Vermieter, sondern von der Gemeinschaft der Untermieter (Standinhaber) selbst zu tragen sind.

Auch für Ruhe und Ordnung hat die Gemeinschaft der Standmieter selbst zu sorgen.

Im Streitjahr 1955 erzielte der Steuerpflichtige bei Mieteinnahmen von 28.227,48 DM und Ausgaben von 13.591,72 DM einen überschuß von 14.635,76 DM. Von den Ausgaben entfallen rund 8.000 DM auf die von ihm zu zahlende Hauptmiete und rund 1.270 DM auf Abschreibungen.

Der Steuerpflichtige, der für die Erhebungszeiträume bis 1954 die Heranziehung zur Gewerbesteuer hingenommen hatte, bestritt für die Zeit ab 1. Januar 1955 die Gewerbesteuerpflicht für seine Vermietertätigkeit und begehrte nach erfolglosem Einspruch mit der Berufung die Aufhebung des Gewerbesteuermeßbescheides für das Streitjahr. Er machte geltend:

Er nutze lediglich einen Vermögensgegenstand, nämlich seine Rechte aus den beiden Mietverträgen, durch langfristige Untervermietungen. Er beteiligte sich am allgemeinen Wirtschaftsverkehr auch nicht durch Nebenleistungen oder eine Verwaltungstätigkeit, die über den Rahmen normaler Vermietertätigkeit hinausgehe. Die langfristige Vermietung von 26 Marktständen erfordere keinen kaufmännisch eingerichteten Betrieb. Seine Vermietertätigkeit habe auch von vornherein keinen spekulativen Charakter gehabt, da von Anfang an mehr Reflektanten vorhanden gewesen seien als hätten untergebracht werden können, und bis zum 1. Dezember 1951 die Preisstoppvorschriften auch für gewerbliche Räume gegolten hätten.

Demgegenüber ist das Finanzamt der Auffassung, daß der Steuerpflichtige nicht lediglich eigenes Vermögen verwalte, sondern sich wie ein Gewerbetreibender am allgemeinen Wirtschaftsverkehr beteilige.

Die Berufung hatte Erfolg. Das Finanzgericht vertrat die Auffassung, es lasse sich keine Tätigkeit des Steuerpflichtigen feststellen, die über die übliche mit einer Vermögensverwaltung verbundene Betätigung hinausgehe. Vom 1. Januar des Streitjahres ab habe der Steuerpflichtige auch keine besonderen Nebenleistungen für seine Untermieter oder seine Vermieter erbracht.

Mit der Rb. macht der Vorsteher des Finanzamts geltend, die folgenden Umstände des Streitfalles seien für das Vorliegen einer Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr für erforderlich und auch für ausreichend zu erachten:

Der Steuerpflichtige habe die streitige Anlage auf gepachteten Grundstücken im wesentlichen auf eigene Kosten hergerichtet;

die Herrichtung sei zu dem Zweck erfolgt, die zur gewerblichen Nutzung bestimmten Einzelstände nach außen erkennbar an eine größere Anzahl von Gewerbetreibenden zu vermieten;

das nach außen erkennbare Vermieten an eine große Anzahl von Gewerbetreibenden sei von der Entwicklung der allgemeinen Wirtschaftslage abhängig und deshalb konjunkturbedingt;

die Konjunkturabhängigkeit komme recht deutlich noch darin zum Ausdruck, daß die vom Steuerpflichtigen im Durchschnitt der letzten Jahre erzielten überschüsse für nur ein Jahr ausgereicht haben würden, seine Gesamtinvestierungen an den streitigen Anlagen nach Abzug aller verlorenen Baukostenzuschüsse der Standmieter zu decken;

darin liege auch die erkennbare Absicht, durch laufende Vermietung an Gewerbetreibende unter Ausnutzung der Konjunktur höhere Einnahmen zu erzielen und sich nicht mit der bei der Vermietung eigenen Grundvermögens üblichen normalen Verzinsung zu begnügen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist unbegründet.

Reichsfinanzhof und Bundesfinanzhof haben in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, daß in der Regel Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken nicht gewerblicher Art sind (§ 21 EStG), daß vielmehr eine Charakterisierung dieser Tätigkeit als gewerbliche Tätigkeit eine an ganz bestimmte Sachverhalte geknüpfte Ausnahme darstellt. Dabei ist insbesondere auch ausgesprochen worden, daß selbst die Nutzung eines großen Vermögens, die also auch einen erheblichen Einsatz von Arbeitskraft mit sich bringt, regelmäßig nicht anders zu beurteilen ist (Urteile des Reichsfinanzhofs VI 172/37 vom 15. Juni 1938, RStBl 1938 S. 899; VI 191/39 vom 17. Mai 1939, RStBl 1939 S. 877; III 198/38 vom 4. Juni 1940, RStBl 1940 S. 933; Urteile des Bundesfinanzhofs I 189/57 U vom 15. April 1958, BStBl 1958 III S. 263, Slg. Bd. 66 S. 685; I 53/60 S vom 17. Januar 1961, BStBl 1961 III S. 233, Slg. Bd. 72 S. 637). Nur wenn besondere Umstände vorliegen, kann eine gewerbliche, d. h. eine in Gewinnerzielungsabsicht erfolgende, selbständige, nachhaltige Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr angenommen werden. Solche Umstände hat die Rechtsprechung darin gesehen, daß bei der Vermietung eine Tätigkeit entfaltet wird, z. B. durch die übernahme der Reinigung, der Bewachung und ähnliches, die über das normale Maß einer Vermietertätigkeit hinausgeht, daß nach Zahl oder Größe erhebliche Anlagen geschaffen werden mit der Absicht, sie zu vermieten, daß die konjunkturelle Lage ausgenutzt wird, um Gewinne zu erzielen, oder daß in ungewöhnlichem Masse Fremdkapital zur Finanzierung bei der Errichtung von später zu vermietenden Bauten herangezogen wird.

In dem grundsätzlichen Urteil IV 136/61 S vom 12. März 1964 (BStBl 1964 III S. 364) hat der Senat - in Einschränkung der bisherigen Rechtsprechung - ausgeführt, daß die Errichtung von Häusern mit der Absicht, sie zu vermieten, selbst dann keine gewerbliche Tätigkeit darstellt, wenn sie erheblichen Umfang angenommen hat und wenn in erheblichem Masse Fremdkapital genutzt wurde.

Das schließt indessen nicht aus, daß die Tätigkeit des Vermietens in Ausnahmefällen dennoch eine gewerbliche Tätigkeit darstellt, nämlich dann, wenn sie ihrem Gesamtbilde nach über die übliche Vermietertätigkeit hinausgeht und demgegenüber die typischen Merkmale einer gewerblichen Tätigkeit annimmt. Bei der Beurteilung der Frage, ob das der Fall ist, wird es allerdings auch eine Rolle spielen, ob bei der Errichtung von Wohnungen und gewerblichen Räumen erhebliches Fremdkapital investiert wurde und damit ein gewisses Unternehmerrisiko nach Art des Risikos eines Gewerbetreibenden eingegangen wurde. Insbesondere aber wird entscheidend sein, ob der Vermieter umfangreiche, sonst nicht übliche Nebenpflichten übernimmt, ob ein häufiger Wechsel der Mieter stattfindet, der eine erhöhte Vermietertätigkeit bedingt und ob - damit zusammenhängend - erhebliche Reklametätigkeit entfaltet wird.

Das Finanzgericht hat mit Recht das Vorliegen solcher besonderen Umstände im hier zu entscheidenden Falle verneint. Es hat ausgeführt, daß die Zu- und Abgänge an Mietern (insgesamt 16 Abgänge und 11 Zugänge in etwa 5 Jahren) nicht ungewöhnlich und auch die Kosten für Inserate nicht erheblich seien. Es ist auch nicht ersichtlich, daß eine in einigermaßen ins Gewicht fallendem Umfange gegenüber der normalen Vermietertätigkeit erhöhte Verwaltungstätigkeit erforderlich war.

Das Finanzgericht hat auch mit Recht darauf hingewiesen, daß der Sachverhalt des Urteils des Bundesfinanzhofs I 189/57 U anders gelagert war, daß dort insbesondere eine erhebliche werbende Tätigkeit (Werbung in Lichtspieltheatern, durch Lautsprecherwagen und Wurfreklame sowie durch eine kostspielige Neonbeleuchtung) entfaltet wurde und daß umfangreiche Nebenpflichten übernommen worden waren. Auch die vom Vorsteher des Finanzamts herangezogenen Entscheidungen des Reichsfinanzhofs VI 172/37 und VI 191/39 sind anders gelagert. Im ersteren Falle handelte es sich um einen Messepalast, in dem in ständigem Wechsel für jede Messe die Messestände neu, und zwar nur jeweils für eine Woche, vermietet wurden und während der Messen eine große Anzahl von Personal beschäftigt war. Im zweiten Falle war ein Bürohaus vermietet. In einem Jahr waren 24 Zugänge und 12 Abgänge zu verzeichnen. Außerdem waren für die Verwaltung ein eigenes Büro mit zwei Angestellten eingerichtet und ein Hausmeister und zwei Putzfrauen bestellt worden.

Daß eine "spekulative Absicht", selbst wenn sie hier vorgelegen haben sollte, allein die Tätigkeit des Steuerpflichtigen nicht zu einer gewerblichen machen könnte, ergibt sich aus dem schon vom Bundesfinanzhof in dem Urteil I 53/60 S hervorgehobenen Umstand, daß ein Gewinnstreben bei jeder wirtschaftlichen Betätigung und Vermögensanlage eine Rolle spielt und deshalb für die Abgrenzung von Einkunftsarten nicht entscheidend sein kann. Der I. Senat hat deshalb auch in dem genannten Falle die Vermietung von Räumen in größeren Bürohäusern nicht als Gewerbebetrieb angesehen, weil die übrigen von der Rechtsprechung geforderten Merkmale nicht vorlagen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411200

BStBl III 1964, 367

BFHE 1964, 373

BFHE 79, 373

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