Leitsatz (amtlich)

Die Veräußerung einer typischen stillen Beteiligung an einen Dritten hat als Vorgang in der privaten Vermögenssphäre grundsätzlich keine ertragsteuerlichen Auswirkungen. Ein über den Betrag der Einlage hinausgehender (Mehr-)Erlös zählt - wenn darin keine Gewinnanteile aus einem schon abgelaufenen Wirtschaftsjahr enthalten sind - nicht zu den Einkünften i. S. des § 20 EStG.

 

Normenkette

EStG § 20

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war nach dem Gesellschaftsvertrag als stiller Gesellschafter an der X-KG (im folgenden: KG) beteiligt. Diese Beteiligung gehörte zu seinem Privatvermögen. Seine Einlage hatte mit 10 000 DM dem Betrag entsprochen, der als Nennbetrag seiner Kommanditeinlage bei seinem Ausscheiden als Kommanditist aus der KG festgestellt worden war. Die Finanzbehörden hatten angenommen, daß von der KG "stets sämtliche Gewinne ausgeschüttet" worden seien, es deshalb "bei Beendigung der Kommanditbeteiligung für keinen der ausscheidenden Kommanditisten offene Reserven" gegeben habe und diese bei ihrem Ausscheiden nur ihre nominellen Kapitalanteile erhalten hätten. Der Kläger war am Gewinn der KG als stiller Gesellschafter in dem gleichen Verhältnis wie in den Vorjahren als Kommanditist (0,2 % des Gewinns) beteiligt; eine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen und an Verlusten der KG war ausgeschlossen. Mit der Beendigung der stillen Gesellschaft sollte der Kläger den Nennbetrag seiner Einlage zurückerhalten.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte, das Finanzamt - FA -, hatte die Erträge des Klägers aus der stillen Beteiligung als Einkünfte aus Kapitalvermögen erfaßt.

Durch schriftlichen Vertrag hatte der Kläger "im Einvernehmen mit der Kommanditgesellschaft in Firma ...(KG) seine stille Beteiligung gegen Zahlung von 125 000 DM auf die Y-GmbH - im folgenden: GmbH - übertragen. Die KG war aufgelöst worden.

Das FA hatte nach Bekanntwerden der Übertragung die Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen unter Hinweis auf § 20 Abs. 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) um den (Übertragungs-)Mehrerlös (115 000 DM) erhöht und in dem berichtigten Steuerbescheid 1966 die Steuer entsprechend höher festgesetzt.

Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts, insbesondere die Verletzung der §§ 20 Abs. 1 Nr. 2, 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG -Urteils sowie des angefochtenen Steuerbescheides in Gestalt der Einspruchsentscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der angefochtene Steuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtswidrig. Der dem Kläger zugeflossene Mehrerlös aus der Übertragung seiner stillen Beteiligung unterliegt nicht der Einkommensteuer.

. . .

In dem Rechtsstreit geht es noch um die steuerliche Behandlung eines Teilbetrages von jenen 125 000 DM, die im Streitjahr für die Übertragung der stillen Beteiligung auf die GmbH von dieser an den Kläger gezahlt worden sind. Die Beteiligten gehen übereinstimmend und zutreffend davon aus, daß 10 000 DM als Rückzahlung der von dem Kläger 1960 erbrachten Kapitaleinlage zu werten sind und daher steuerfrei bleiben.

Der dem Kläger zugeflossene Mehrerlös (115 000 DM) unterliegt nicht der Einkommensteuer. Insoweit fehlt es an einem Steuertatbestand, der den Mehrerlös aus der Übertragung einer privat gehaltenen stillen Beteiligung der Steuer unterwirft.

1. Die Rechtsauffassung des FG, die Zahlungen an den Kläger seien aufzuteilen in Einnahmen aus Kapitalvermögen (stille Gesellschaft) und nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb ("Bezüge zur Abfindung für die Aufgabe der ungewöhnlich hohen Gewinnaussichten des KG-Anteils"), ist nicht frei von Rechtsirrtum. Der Kläger hatte im Streitjahr keine nachträglichen Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. des § 2 Abs. 3 Nr. 2, § 15 Nr. 2 EStG (wird ausgeführt).

2. Die dem Kläger zugeflossenen Einnahmen unterliegen auch nicht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG der Besteuerung. Nach dieser Vorschrift gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 2 Abs. 3 Nr. 5 EStG) zwar auch die Einkünfte aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter. Um solche Einnahmen eines still Beteiligten i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG, die in der Regel aus den zugeflossenen Gewinnanteilen (vgl. dazu auch BFH-Entscheidung vom 1. Juni 1978 IV R 139/73, BFHE 125, 386, 388ff., BStBl II 1978, 570) bestehen, handelt es sich aber bei den Zahlungen an den Kläger im Streitfall nicht. Gewinne, die durch die Verwertung der Kapitaleinlage erzielt werden, sind keine Kapitalerträge (so schon Entscheidung des Reichsfinanzhofs vom 14. März 1934 VI A 1125/33 RStBl 1934, 711). Die Veräußerung hat als Vorgang in der Vermögenssphäre keine ertragsteuerlichen Auswirkungen. Der über den Betrag der Einlage hinausgehende Veräußerungserlös (115 000 DM) zählt deshalb nicht zu den Einkünften i. S. des § 20 EStG (vgl. Lademann/Söffing/Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 20 - Nachtrag 36, Mai 1977 - Anm. 206).

3. Der dem Kläger zugeflossene Mehrerlös kann auch nicht den steuerpflichtigen "besonderen Entgelten und Vorteilen" i. S. des § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG zugerechnet werden. Der gegenteiligen Auffassung des FG folgt der Senat nicht.

§ 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG enthält keinen selbständigen Besteuerungstatbestand, sondern dient lediglich der Klarstellung (vgl. BFH-Urteil vom 12. Dezember 1969 VI R 301/67, BFHE 97, 546, BStBl II 1970, 212), in dem er den Umfang der von den Tatbeständen des Abs. 1 erfaßten Einnahmen klarstellt (so Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 18. Aufl., § 20 EStG Anm. 353, 356; Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz, 11. Aufl., § 20 Anm. XVII, Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 12. Aufl., § 20 RdNr. 74). Danach kommt es nicht auf die Bezeichnung der Erträge an; zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen vielmehr alle Vorteile, die neben den in § 20 Abs. 1 EStG bezeichneten Einkünften oder an deren Stelle gewährt werden. Dazu gehört alles, was der stille Gesellschafter als Gegenleistung für die Überlassung der Einlage erhält. Das sind u. a. Bezüge aufgrund von Wertsicherungsklauseln oder von Kursgarantien, ein Damnum und ein Aufgeld.

Dazu zählt nicht der dem Kläger zugeflossene Mehrerlös. Diesen hat der Kläger von der GmbH für die Übertragung seiner gesellschaftlichen Beteiligung erhalten, nicht aber von der KG im Zusammenhang mit der (Nutzungs-)Überlassung der Einlage. . . .

 

Fundstellen

Haufe-Index 413564

BStBl II 1981, 465

BFHE 1981, 35

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