Leitsatz (amtlich)

Auch wenn ein Arbeitnehmer sein Gehaltskonto lediglich auf Veranlassung des Arbeitgebers eingerichtet hat, sind Kontoführungsgebühren nur insoweit als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anzuerkennen, als sie durch Gutschriften von Einnahmen aus dem Dienstverhältnis und durch beruflich veranlaßte Überweisungen entstanden sind. Pauschale Kontoführungsgebühren sind ggf. nach dem Verhältnis beruflich und privat veranlaßter Kontenbewegungen aufzuteilen.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

FG Berlin

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) begehrte im Rahmen des Lohnsteuer-Jahresausgleichs 1975 die Berücksichtigung von 45,70 DM Kontoführungsgebühren als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Die Gebühren waren auf einem Gehaltskonto des Klägers bei einer Bank entstanden, das der Kläger auf Veranlassung seines Arbeitgebers eingerichtet hatte. Der Abzug der Gebühren wurde vom Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) abgelehnt. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) gab bezüglich dieses Punktes der Klage teilweise statt. Es führte u. a. aus:

Aufwendungen, die einem Arbeitnehmer für die Empfangnahme des Lohnes entständen, seien Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Das gelte auch für Gebühren für die Führung eines auf Veranlassung des Arbeitgebers eingerichteten Gehaltskontos, soweit die Kosten auf beruflich veranlaßte Zahlungen entfielen. Da die Gebühren nicht in einer Pauschalsumme, sondern jeweils für die einzelne Kontenbewegung erhoben würden, stellten sie keine gemischten Aufwendungen i. S. des § 12 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) dar, auch wenn sie vom Kreditinstitut in einer Summe zusammengefaßt würden. Sie könnten daher grundsätzlich nach der Zahl der beruflich und privat veranlaßten Kontenbewegungen aufgeteilt werden. Soweit eine Aufteilung einen unzumutbaren Verwaltungsaufwand darstelle, sei sie im Schätzungswege durchzuführen. Eine solche Schätzung sei auch im Streitfall vorzunehmen. Im Hinblick darauf, daß die Finanzverwaltung die vom Arbeitgeber erstatteten Kontoführungsgebühren für ein Gehaltskonto des Arbeitnehmers bis zu einem Betrag von 2,50 DM monatlich als steuerfreien Auslagenersatz anerkenne, wenn der Arbeitslohn auf ein solches Konto überwiesen werde, seien im Streitfall die auf die beruflich veranlaßten Kontenbewegungen entfallenden Kontoführungsgebühren auf den gleichen Betrag von 2,50 DM monatlich zu schätzen.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Es bringt vor:

Die Vorentscheidung widerspreche dem Erlaß des Senators für Finanzen in Berlin vom 7. Februar 1973 III C 1-S 2332-8/71, der im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder ergangen sei (vgl. auch Erlaß des Finanzministers des Saarlandes vom 19. Januar 1973 B/II-157/73-S 2353 A in Der Betrieb - DB - 1973, 306). Hiernach seien Kontoführungsgebühren für ein Gehaltskonto nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen, da sich nicht leicht und einwandfrei feststellen lasse, inwieweit sich die Aufwendungen auf beruflich oder privat veranlaßte Kontenbewegungen bezögen. Die Gebühren gehörten daher nach § 12 Nr. 1 EStG insgesamt zu den nicht abziehbaren Kosten der allgemeinen Lebensführung.

Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG, da der Senat nicht der Schätzung des FG bezüglich der als Werbungskosten anzuerkennenden Kontoführungsgebühren beitritt.

Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sind alle Ausgaben, die durch den Beruf veranlaßt sind. Eine solche Veranlassung ist anzunehmen, wenn objektiv ein Zusammenhang mit dem Beruf besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Berufs gemacht werden. Dabei setzen Werbungskosten stets einen solchen objektiven Zusammenhang voraus, während die subjektive Absicht, mit der Ausgabe den Beruf zu fördern, kein in jedem Fall notwendiges Merkmal des Werbungskostenbegriffs ist, weil z. B. auch unfreiwillige Ausgaben nach dem objektiven Nettoprinzip Werbungskosten darstellen (vgl. Entscheidung des Senats vom 28. November 1980 VI R 193/77, BFHE 132, 431, BStBl II 1981, 368, und die dort erwähnte Literatur und Rechtsprechung).

Das FG hat den Sachverhalt ohne Rechtsverstoß dahin gewürdigt, daß die Bank Kontoführungsgebühren nur jeweils für die entsprechenden Buchungen auf dem Gehaltskonto des Klägers berechnet hat. Der Senat ist an diese Feststellung gebunden, da das FA hiergegen keine Revisionsgründe vorgebracht hat (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der Senat folgt dem FG auch darin, daß die Kontoführungsgebühren je nach dem Inhalt der Buchung der beruflichen oder privaten Sphäre des Arbeitnehmers zuzuordnen sind. Bei dieser Zuordnung ist jedoch zu unterscheiden:

a) Kontoführungsgebühren sind insoweit als Werbungskosten anzuerkennen, als sie durch Buchungen von Gutschriften für Einnahmen entstanden sind, die dem Arbeitnehmer aus dem jetzigen oder einem früheren Dienstverhältnis zufließen.

Solche Einnahmen stehen mit dem entsprechenden Dienstverhältnis in einem objektiven Zusammenhang. Das gilt auch für Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer bei der Erfüllung eines derartigen Anspruchs erwachsen. Eine Lohnforderung ist erfüllt, wenn die Einnahmen aus dem Dienstverhältnis dem Arbeitnehmer zugeflossen sind. Zugeflossen i. S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG ist der Arbeitslohn in der Regel dann, wenn er in den Herrschaftsbereich des Arbeitnehmers gelangt, dieser über den Lohn also wirtschaftlich verfügen kann (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14. Mai 1982 VI R 124/77, BFHE 135, 542, BStBl II 1982, 469, und die dort angegebene Rechtsprechung). Dies ist bei Überweisungen der Fall, wenn das Gehalt dem Konto des Arbeitnehmers bei der Bank gutgeschrieben ist (vgl. BFH-Urteil vom 5. November 1970 IV 210/65, BFHE 100, 512, BStBl II 1971, 97, sowie Blümich/Falk/Uelner/Haas, Einkommensteuergesetz, 11. Aufl., § 11 Anm. 11). Gebühren, die die Bank wegen dieser Gutschrift dem Arbeitnehmer in Rechnung stellt, stehen noch in einem objektiven Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis; denn die Gutschrift ist der letzte Akt der Erfüllung des aus dem Dienstverhältnis erwachsenen Lohnanspruchs. Die hierdurch erwachsenen Gebühren sind für den Arbeitnehmer zwar unfreiwillige, ihm von der Bank auferlegte Aufwendungen. Diese Unfreiwilligkeit steht jedoch nach den vorstehenden Ausführungen der Anerkennung der Bankgebühren als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nicht entgegen. Die Verhältnisse sind hier im Ergebnis nicht anders zu beurteilen, als wenn einem Arbeitnehmer z. B. Aufwendungen dadurch entstehen, daß er mit seinem Pkw zu einem von seiner Arbeitsstätte entfernt liegenden Lohnbüro fährt, um dort sein Gehalt in bar abzuholen.

b) Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sind jedoch insoweit nicht gegeben, als Kontoführungsgebühren dadurch angefallen sind, daß der Arbeitnehmer durch Abhebungen oder Überweisungen über den ihm gutgeschriebenen Arbeitslohn für private Zwecke verfügt. Solche Gebühren sind der privaten Lebensführung zuzuordnen, da sie im Bereich der Einkommensverwendung entstanden sind.

Sie sind im Streitfall nicht deshalb Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit, weil der Kläger das Gehaltskonto bei der Bank auf Verlangen des Arbeitgebers eingerichtet hat, eine berufliche Veranlassung für die Einrichtung und Aufrechterhaltung des Kontos insoweit also zu bejahen ist. Denn hinsichtlich der Gebühren für die Kontenbewegungen zum Zwecke der Einkommensverwendung besteht eine derart untrennbare Vermengung der privaten und beruflichen Belange, daß insoweit das allgemeine Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG eingreift (vgl. zu diesem Aufteilungs- und Abzugsverbot insbesondere die Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17, und vom 19. Oktober 1970 GrS 3/70, BFHE 100, 317, BStBl II 1971, 21).

Das Verlangen des Arbeitgebers zur Herbeiführung von Zuständen, die der privaten Lebensführung zuzurechnen sind, hat der BFH auch in anderen Fällen nicht als Grund angesehen, hierdurch bedingte Aufwendungen als Werbungskosten anzuerkennen (vgl. z. B. Urteil vom 20. November 1979 VI R 143/77, BFHE 129, 153, BStBl II 1980, 73, hinsichtlich der dem Arbeitnehmer auferlegten Verpflichtung, im Dienst eine bestimmte bürgerliche Kleidung zu tragen).

Teilt man die Kontoführungsgebühren entsprechend diesen Grundsätzen auf, so ist für eine typisierende Schätzung, wie sie das FG vorgenommen hat, kein Raum. Soweit der Kläger nämlich neben den monatlichen Gehaltsüberweisungen keine weiteren Gutschriften für zusätzliche Einnahmen aus dem Dienstverhältnis und keine Überweisungen für beruflich veranlaßte Werbungskosten im einzelnen nachweist, können ihm bei monatlicher Entlohnung jährlich nur Gebühren für 12 Buchungen von Lohngutschriften als Werbungskosten anerkannt werden, was z. B. bei einer Buchungsgebühr von 0,50 DM zu jährlichen Werbungskosten von nur 6 DM führt. Sollte die Bank etwa die ersten fünf Buchungen im Monat kostenlos vornehmen und sollten die Gehaltsgutschriften hiervon erfaßt sein, lägen insoweit überhaupt keine Werbungskosten vor. Sollte die Bank pauschale Buchungsgebühren erheben, wären diese - in gleicher Weise wie etwa Telefongrundgebühren (vgl. BFH-Urteil vom 21. November 1980 VI R 202/79, BFHE 132, 63, BStBl II 1981, 131) - entsprechend dem Anteil der beruflich und privat veranlaßten Kontenbewegungen aufzuteilen.

Zur Frage, ob der Bundesminister der Finanzen (BMF) in dem vom FG genannten Schreiben vom 22. Oktober 1973 IV B 6-S 2332-33/73 (Betriebs-Berater 1973, 1430) vom Arbeitgeber ersetzte Kontoführungsgebühren bis zu einem Betrag von 2,50 DM monatlich zu Recht als steuerfreien Auslagenersatz anerkannt hat, braucht der Senat im Streitfall nicht Stellung zu nehmen.

Die Sache ist an das FG zurückzuverweisen, damit es feststellt, welche beruflich veranlaßten Gebühren im Streitjahr 1975 auf dem Gehaltskonto des Klägers entstanden sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 75026

BStBl II 1984, 560

BFHE 1985, 50

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