Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkünfteerzielungsabsicht bei Beteiligung an einem Mietkaufmodell

 

Leitsatz (amtlich)

Einem Steuerpflichtigen fehlt bei Beteiligung an einem Mietkaufmodell die Einkünfteerzielungsabsicht, solange er sich noch nicht entschieden hat, ob er das Grundstück kurzfristig verkaufen oder langfristig vermieten will.

 

Orientierungssatz

Ausführungen zum Fehlen der Einkünfteerzielungsabsicht durch den Beweis des ersten Anscheins, zum Erbringen des Gegenbeweises und zur Feststellungslast für das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht (vgl. BFH-Rechtsprechung).

 

Normenkette

EStG § 2 Abs. 1 S. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) beteiligten sich im Streitjahr 1978 an einem Bauherrenmodell, das die T GmbH (Treuhänderin) unter der Bezeichnung "Duo Konzept" angeboten hatte. Die Anleger konnten dabei zwischen zwei Modell-Varianten wählen, nämlich einmal dem "Rentkaufmodell" mit einer Eigenkapitalbeteiligung von 20 v.H. und dem "Mietkauf-Konzept" mit einer Eigenkapitalbeteiligung von 17 v.H. Anfang 1979 nahmen die Kläger das Angebot der T zum Abschluß eines Treuhandvertrages an, der den Erwerb eines Grundstücks und die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Gesamtkosten von 380 000 DM zum Gegenstand hatte. In dem Angebot zum Abschluß des Treuhandvertrages ist der Treuhandvertrag selbst abgedruckt. Dort heißt es unter § 1j: "Soweit der Treugeber die Veräußerung der von ihm zu erstellenden Bauvorhaben wünscht, wird der Treuhänder die erforderlichen Verträge gemäß dem als Muster beigefügten Verkaufsangebot schließen." Die Kläger wählten die Modellvariante mit einer Eigenkapitalbeteiligung von nur 17 v.H. (Mietkauf-Konzept) und einem Zusatzdarlehen von 3 v.H. Nachdem der Baubetreuer den Bauherren im April 1980 mitgeteilt hatte, daß die Finanzverwaltung das Mietkaufmodell steuerlich nicht anerkenne, entschieden sich alle Anleger einschließlich der Kläger in einem vorgedruckten Schreiben für die Abwicklung des Bauvorhabens nach dem Rentkaufmodell mit der Folge, daß der Eigenkapitalanteil auf 20 v.H. aufgestockt wurde. Nach Fertigstellung des Objekts schlossen die Kläger mit einem gewerblichen Zwischenmieter einen Mietvertrag auf die Dauer von fünf Jahren ohne Verlängerungsmöglichkeit.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger im Zusammenhang mit der Errichtung des Einfamilienhauses bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung vorab entstandene Werbungskosten von 62 122 DM geltend. Der Betrag setzt sich aus Gebühren für die Vermittlung der End- und Zwischenfinanzierung, Bearbeitungsgebühren für die Zwischen- und Endfinanzierung, Gebühren für die wirtschaftliche Baubetreuung und Treuhandgebühren zusammen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lehnte den Werbungskostenabzug ab, nachdem das für das Bauvorhaben zuständige FA mitgeteilt hatte, daß eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte nicht erfolgen werde und den Klägern die Einkünfteerzielungsabsicht gefehlt habe, weil sie sich an einem Mietkaufmodell beteiligt hätten. Werbungskosten könnten erst nach dem "Umstieg" auf das Rentkaufmodell abgezogen werden.

Die Klage, mit der die Kläger geltend machten, sie hätten sich nur wegen der günstigen Finanzierung an der Modellvariante mit der Bezeichnung Mietkaufmodell beteiligt, aber von vornherein die Absicht gehabt, das Grundstück langfristig zu vermieten, hatte Erfolg.

Mit der vom Finanzgericht (FG) zugelassenen Revision rügt das FA, das FG habe verkannt, daß sich die Kläger an einem Mietkaufmodell beteiligt und mithin Verkaufsabsicht gehabt hätten. Vom Rechtsstandpunkt des FG aus hätten im übrigen sämtliche von den Klägern als Werbungskosten geltend gemachten "Gebühren" nach dem Senatsurteil vom 14.November 1989 IX R 197/84 (BFHE 158, 546, BStBl II 1990, 299) zu den Anschaffungskosten gerechnet werden müssen.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Das FA hat während des Revisionsverfahrens einen hinsichtlich der Höhe des Grundfreibetrags und Tariffreibetrages vorläufigen Bescheid erlassen, den die Kläger gemäß § 123 Satz 2, § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht haben.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 FGO). Die Vorentscheidung verletzt §§ 2 Abs.1 Satz 1, 21 Abs.1 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Das FG hat zu Unrecht die Einkünfteerzielungsabsicht der Kläger bejaht.

I. 1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats spricht der Beweis des ersten Anscheins bei Beteiligung an einem Mietkaufmodell dafür, daß dem Anleger die Absicht fehlt, einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen. Der Beteiligte an einem solchen Mietkaufmodell kann allerdings darlegen und hat erforderlichenfalls zu beweisen, daß in seinem Fall ein vom typischen Modellfall abweichender Sachverhalt vorgelegen hat, d.h., daß er von vornherein beabsichtigte, das Grundstück nicht kurzfristig zu veräußern, sondern langfristig zu vermieten. Ob sein Vortrag es rechtfertigt, den Gegenbeweis als erbracht anzusehen, ist eine Frage der Sachverhalts- und Beweiswürdigung, die das Revisionsgericht zwar nachprüfen, aber nicht selbst vornehmen kann. Gelingt dem Steuerpflichtigen der Gegenbeweis, so hat das FG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden, ob die Einkünfteerzielungsabsicht besteht.

2. In dem Urteil vom 30.Oktober 1990 IX R 92/89 (BFH/NV 1991, 390) hat der Senat überdies ausgesprochen, daß die Einkünfteerzielungsabsicht auch dann zu verneinen ist, wenn sich die Beteiligten an dem Mietkaufmodell in den Streitjahren noch nicht entschieden haben, ob sie das Grundstück langfristig vermieten oder kurzfristig verkaufen wollen. Dann fehlt es jedenfalls an dem erforderlichen endgültigen Entschluß, durch langfristige Vermietung einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen. Das entspricht der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, nach der Aufwendungen erst dann als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar sind, wenn sich anhand objektiver Umstände feststellen läßt, daß der Steuerpflichtige den Entschluß, Einkünfte einer bestimmten Einkunftsart zu erzielen, endgültig gefaßt hat (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29.November 1983 VIII R 160/82, BFHE 140, 216, BStBl II 1984, 307; vom 15.April 1992 III R 96/88, BFHE 168, 133, BStBl II 1992, 819). Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht trägt der Steuerpflichtige (vgl. die Senatsurteile vom 31.März 1987 IX R 111/86, BFHE 150, 7, BStBl II 1987, 668, und IX R 112/83, BFHE 150, 325, BStBl II 1987, 774; vom 11.August 1987 IX R 143/86, BFH/NV 1988, 292).

II. Bei der Anwendung dieser Rechtsgrundsätze kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Das FG hat nicht berücksichtigt, daß die Einkünfteerzielungsabsicht auch dann fehlen kann, wenn sich der Anleger im Streitjahr noch nicht entschieden hat, ob er das Grundstück langfristig vermieten oder kurzfristig verkaufen will und deshalb den Treuhänder noch nicht ermächtigt hat, ein Verkaufsangebot abzugeben. Die vom FG ausgesprochene Rechtsfolge wird außerdem --auch von seinem Rechtsstandpunkt aus-- nicht ausreichend durch tatsächliche Feststellungen getragen.

Die Vorentscheidung war daher aufzuheben und die Sache mangels Spruchreife an das FG zurückzuverweisen. Das FG wird unter Einbeziehung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu prüfen haben, ob sich die Kläger im Streitjahr endgültig entschlossen hatten, das Grundstück langfristig zu vermieten. Dazu wird es erforderlich sein, sich mit dem in § 1j des Angebots zum Abschluß eines Treuhandvertrages erwähnten Verkaufsangebot, mit dem Inhalt des Darlehensvertrages über das Zusatzdarlehen von 3 v.H. und mit dem Zwischenmietvertrag, der eine Laufzeit von fünf Jahren ohne Verlängerungsmöglichkeit hatte, auseinanderzusetzen. Das FA rügt mit seiner Revision außerdem zu Recht, das FG habe unbeachtet gelassen, daß sich die Kläger erst nach dem Streitjahr entschlossen haben, auf das sogenannte Rentkaufmodell "umzusteigen". Es wird dazu den Inhalt und die näheren Umstände, die zu dem Rundschreiben der Treuhänderin vom 30.April 1980 und der entsprechenden Antwort der Kläger geführt haben, aufzuklären haben. Das FG wird außerdem zu beachten haben, daß es nicht erheblich ist, wie sich andere Anleger, die sich ebenfalls an dem sogenannten Duo-Konzept beteiligt haben, verhalten haben, sondern daß es ausschließlich darauf ankommt, welche Absicht die Kläger im Streitjahr hatten, und daß sie ggf. hinsichtlich dieser Absicht die Feststellungslast tragen.

Falls das FG bei seiner erneuten Entscheidung zu dem Ergebnis kommen sollte, daß die Kläger die Einkünfteerzielungsabsicht endgültig gefaßt hatten, wird es weiter zu prüfen haben, ob die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen nach den Grundsätzen des Senatsurteils in BFHE 158, 546, BStBl II 1990, 299 zu den sofort abziehbaren Werbungskosten oder zu den Anschaffungskosten gehören.

 

Fundstellen

Haufe-Index 64912

BFH/NV 1993, 62

BStBl II 1993, 658

BFHE 171, 45

BFHE 1994, 45

BB 1993, 1579 (L)

DB 1993, 1697-1698 (LT)

DStR 1993, 1248 (KT)

DStZ 1993, 571 (KT)

StE 1993, 430 (K)

WPg 1993, 668 (S)

StRK, Allg. R. 49 (LT)

FR 1993, 641 (KT)

Information StW 1993, 449 (KT)

BuW 1993, 617 (K)

BRAK-Mitt 1994, 37 (L)

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