Entscheidungsstichwort (Thema)

(Keine Investitionszulage nach den InvZV für Sparkassen - Investitionszulage für vor Betriebseröffnung angeschaffte Wirtschaftsgüter)

 

Leitsatz (amtlich)

Einer von der Körperschaftsteuer befreiten Sparkasse in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Beitrittsgebiet steht für das Jahr 1990 keine Investitionszulage nach der InvZV zu.

 

Orientierungssatz

Investitionszulagen können auch für Wirtschaftsgüter gewährt werden, die vor Eröffnung des Betriebs angeschafft werden, wenn der Betrieb zügig errichtet und alsbald eröffnet wird (vgl. BFH-Urteil vom 11.3.1988 III R 113/82).

 

Normenkette

InvZV § 1 S. 1

 

Verfahrensgang

FG des Landes Sachsen-Anhalt (Entscheidung vom 12.11.1992; Aktenzeichen 2 K 18/92)

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Sparkasse in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts in Sachsen. Sie erwarb in der zweiten Jahreshälfte 1990 verschiedene bewegliche Wirtschaftsgüter (Bürogeräte, Fernsprecheinrichtungen, Notenzähler usw.), die sie selbst nutzt.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lehnte den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Investitionszulage in Höhe von 12 v.H. der Anschaffungskosten gemäß § 3 Satz 1 Nr.1, § 5 Nr.1 der Investitionszulagenverordnung (InvZV) vom 4. Juli 1990 (Gesetzblatt --GBl-- DDR I 1990, 621) --auch im Einspruchsverfahren-- ab.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1993, 170 veröffentlichten Gründen statt. Es führte im wesentlichen aus: Die Klägerin sei Steuerpflichtige i.S. von § 1 Satz 1 InvZV. Im Investitionszulagengesetz (InvZulG) 1982 habe der Gesetzgeber zwischen "Steuerpflichtigen i.S. des Körperschaftsteuergesetzes" und "Steuerpflichtigen i.S. des Körperschaftsteuergesetzes, soweit sie nicht von der Körperschaftsteuer befreit sind", unterschieden (§§ 1, 4, 4a InvZulG 1982 einerseits und § 4b InvZulG 1982 andererseits). Aus § 4b Abs.1 InvZulG 1982 folge, daß der Anspruch auf Investitionszulage nach §§ 1, 4, 4a InvZulG 1982 lediglich die Steuerpflicht dem Grunde nach voraussetze; die persönliche Steuerbefreiung sei in diesen Fällen unerheblich.

Aus der Anlehnung der InvZV an das InvZulG 1982 ergebe sich, daß der Verordnungsgeber für die Anspruchsberechtigung nach der InvZV lediglich die Körperschaftsteuerpflicht dem Grunde nach vorausgesetzt habe. Daß auch der Gesetzgeber des Körperschaftsteuergesetzes der DDR (KöStG) i.d.F. vom 22. Juni 1990 (GBl DDR Sdr. Nr.1427, 3) bei Sparkassen von der Steuerpflicht dem Grunde nach ausgegangen sei, zeige § 4 Abs.1 Nr.2 KöStG, der sonst überflüssig wäre. Entsprechendes ergebe sich aus § 4 Abs.1 Nr.6 KöStG.

Mit der Revision trägt das FA vor: Entgegen der Meinung des FG berechtige nicht bereits die Steuerpflicht dem Grunde nach zur Inanspruchnahme der Investitionszulage. Die vom FG aus der unterschiedlichen Umschreibung der Anspruchsberechtigten in §§ 1, 4, 4a und in § 4b InvZulG 1982 hergeleiteten Folgen seien dem Verordnungsgeber beim Erlaß der InvZV wohl nicht bekannt gewesen. Bei der durch das Steueränderungsgesetz (StÄndG) 1992 vom 25. Februar 1992 (BGBl I 1992, 297) geänderten Fassung des § 1 Abs.1 Satz 1 InvZulG 1991, wonach Steuerpflichtige i.S. des Körperschaftsteuergesetzes 1977 (KStG 1977), soweit sie nach § 5 KStG 1977 von der Körperschaftsteuer befreit sind, nicht investitionszulageberechtigt sind, handele es sich um eine klarstellende, nicht um eine rechtsändernde Regelung. Die Klägerin sei zum 1. Januar 1991 steuerpflichtig geworden. Erst mit dem Eintritt in die Steuerpflicht führe sie steuerliches Anlagevermögen und einen Betrieb im steuerrechtlichen Sinne.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs.3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Die Gewährung der beantragten Investitionszulage richtet sich nach der InvZV. Gemäß Anlage II Kap.IV Abschn.III Nr.3 zum Einigungsvertrag vom 31. August 1990 (BGBl II 1990, 889, 1199) gilt die InvZV als Bundesrecht im Geltungsbereich des Grundgesetzes (GG). Die mit Wirkung vom 1. Januar 1991 außer Kraft getretene Verordnung (vgl. Art.25 Abs.2 Satz 1 StÄndG 1991, BGBl I 1991, 1322) ist bei Investitionen, die --wie hier-- vor dem 1. Januar 1991 abgeschlossen worden sind, weiter anzuwenden (§ 11 Abs.1 Satz 2 InvZulG 1991).

2. Nach § 1 Satz 1 InvZV haben Anspruch auf eine Investitionszulage u.a. Steuerpflichtige i.S. des KStG, die begünstigte Investitionen vornehmen.

Da es sich bei der InvZV um eine Regelung der DDR handelt, bezieht sich die Verweisung in § 1 Satz 1 InvZV auf das Körperschaftsteuerrecht der DDR. Danach war die Klägerin gemäß § 4 Abs.1 Nr.2 KöStG von der Körperschaftsteuer befreit. Als von der Körperschaftsteuer befreiter juristischer Person steht ihr aber kein Anspruch auf eine Investitionszulage nach § 1 Abs.1 Satz 1 InvZV zu.

Soweit Körperschaften steuerbefreit sind, sind sie nicht Steuerpflichtige i.S. von § 1 Abs.1 Satz 1 InvZV. Dies ergibt die Auslegung des InvZulG sowie des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG). Die Anlehnung der InvZV an den Wortlaut des InvZulG und des BerlinFG rechtfertigt die entsprechende Auslegung der InvZV (vgl. auch Schreiben des Bundesministers der Finanzen --BMF-- vom 28. August 1991, BStBl I 1991, 768).

Daß steuerbefreite Körperschaften nicht nach dem InvZulG anspruchsberechtigt sind, folgt aus der Entstehungsgeschichte des InvZulG. Das InvZulG 1969 (BGBl I 1969, 1211) sah zur Förderung volkswirtschaftlich erwünschter Investitionen die Gewährung von Investitionszulagen vor. Begünstigt waren bestimmte Investitionen in förderungsbedürftigen Gebieten (§ 1 InvZulG 1969) sowie Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen der deutschen Wirtschaft (§ 2 InvZulG 1969). In Übereinstimmung mit dem Vorschlag der Bundesregierung hatte sich der Gesetzgeber damals für die Gewährung von Investitionszulagen nach dem Vorbild des Berlinhilfegesetzes (BHG) 1968 entschieden, weil Zulagen gegenüber Sonderabschreibungen und auch gegenüber Investitionsprämien in Form eines Abzugs von der Steuer den Vorzug haben, daß ihre Inanspruchnahme unabhängig von der Gewinnlage des investierenden Unternehmens ist und die damit gewährte Finanzierungshilfe den Unternehmen, insbesondere auch Neugründungen, in gleicher Höhe zugute kommt (vgl. zur Entstehung des InvZulG 1969 Längsfeld, Der Betrieb --DB-- 1969, 1258; Söffing, Finanz-Rundschau --FR-- 1970, 316; Blümich/Dankmeyer, Vorb. zum Investitionszulagengesetz 1986, Anm.1, 16 ff.).

Die Förderung der Investitionstätigkeit durch Investitionszulagen anstelle von Sonderabschreibungen oder von der Steuerschuld abziehbaren Prämien verdeutlicht, daß lediglich solche Unternehmen, die steuerpflichtige Einkünfte erzielten bzw. erstrebten, gefördert werden sollten. Dies ergibt sich auch daraus, daß die Anspruchsberechtigung ursprünglich nach § 1 Abs.1 Satz 1 und § 2 Abs.1 Satz 1 InvZulG 1969 die Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb aufgrund ordnungsmäßiger Buchführung voraussetzte, ferner daß die Investitionszulagen nicht zu den Einkünften i.S. des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören und die steuerlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht mindern (§ 3 Abs.2 InvZulG 1969, später § 5 Abs.2 InvZulG; vgl. auch § 7 InvZulG). Darüber hinaus folgt dies daraus, daß schon nach der Umschreibung der Anspruchsvoraussetzungen in § 1 InvZulG 1969 hinsichtlich der Art der geförderten Investitionen und des Nachweises durch eine Bescheinigung sowie in § 2 InvZulG 1969 für Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen praktisch nur Unternehmen, die steuerpflichtige Einkünfte erzielten bzw. erstrebten, in den Genuß der Investitionsförderung kommen konnten.

Einen Hinweis darauf, daß steuerbefreite Körperschaften grundsätzlich nicht anspruchsberechtigt sind, enthält auch die Regelung, daß die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für geringwertige Wirtschaftsgüter i.S. von § 6 Abs.2 EStG bei der Bemessung der Investitionszulage ausscheiden (§ 2 Satz 1 Nr.1 InvZV; vgl. bereits § 1 Abs.5 Nr.1, § 2 Abs.2 Nr.1 InvZulG 1969). Eine doppelte Begünstigung durch die Gewährung einer Zulage und darüber hinaus durch eine Steuerbegünstigung ist danach grundsätzlich zu vermeiden. Dementsprechend sind auch nach der Auffassung der Verwaltung in dem BMF-Schreiben vom 28. August 1991 (a.a.O.) von der Körperschaftsteuer befreite Körperschaften zur Inanspruchnahme der Investitionszulage nur berechtigt, soweit sie einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (mit Einkünften i.S. von § 2 Abs.1 Nr.1 bis 3 EStG) unterhalten (s. Tz.2 i.V.m. Tz.25).

Die Meinung des FG, aus dem ausdrücklichen Ausschluß steuerbefreiter Körperschaften von der Förderung durch § 4b InvZulG 1982 folge, daß solche Körperschaften nach §§ 1, 4, 4a InvZulG 1982 anspruchsberechtigt sein könnten, vermag demgegenüber nicht zu überzeugen. Wie die Entstehung des InvZulG 1969 zeigt, beabsichtigte der Gesetzgeber mit der Gewährung einer Zulage ausschließlich die Förderung steuerpflichtiger Betriebe, ohne freilich diese Voraussetzung ausdrücklich in den Gesetzestext aufzunehmen. Die Förderung war seinerzeit auf bestimmte Betriebe im Fördergebiet (§ 1 InvZulG 1969) bzw. auf Betriebe, die Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen tätigen (§ 2 InvZulG 1969), und somit auf einen verhältnismäßig kleinen Kreis von Anspruchsberechtigten beschränkt. Im Zuge der Ausweitung der Förderung durch die Gewährung einer allgemeinen Investitionszulage zur Konjunkturbelebung (Einfügung des § 4a InvZulG --später § 4b InvZulG-- durch das Gesetz vom 23. Dezember 1974, BGBl I 1974, 3676) hielt es der Gesetzgeber sodann offenbar für erforderlich, die Anspruchsberechtigung ausdrücklich zu beschränken (neben Steuerpflichtigen i.S. des EStG) auf Steuerpflichtige i.S. des KStG, soweit sie nicht unter § 4 Abs.1 Ziff.1 bis 10 KStG a.F. fielen und damit steuerbefreit waren. Entsprechend wurden auch bei der Einführung der Investitionszulage zur Förderung der Beschäftigung nach § 4b InvZulG 1982 durch das Gesetz vom 3. Juni 1982 (BGBl I 1982, 641) Steuerpflichtige i.S. des KStG, soweit sie von der Körperschaftsteuer befreit waren, von der Förderung ausgenommen. Daraus, daß es der Gesetzgeber unterlassen hat, eine entsprechende Einschränkung auch in die §§ 1, 4, 4a InvZulG 1982 aufzunehmen, kann danach nicht, wie das FG meint, gefolgert werden, von der Körperschaftsteuer befreite Körperschaften sollten nunmehr --entgegen der bereits bei der Schaffung des InvZulG 1969 verfolgten Absicht-- nach §§ 1, 4, 4a InvZulG 1982 ebenfalls anspruchsberechtigt sein. Im übrigen ist § 4b InvZulG 1982 durch Art.11 des Steuerbereinigungsgesetzes 1986 vom 19. Dezember 1985 (BGBl I 1985, 2436) aufgehoben worden. Die unterschiedliche Formulierung der Anspruchsvoraussetzungen in §§ 1, 4, 4a einerseits und § 4b InvZulG 1982 andererseits bestand daher zum Zeitpunkt des Ergehens der InvZV nicht mehr.

Der Hinweis der Klägerin, bei der Auslegung der InvZV sei auch das BerlinFG heranzuziehen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach § 19 BerlinFG sind --nach der Anpassung des § 19 BerlinFG an den Wortlaut des InvZulG durch das Gesetz vom 19. Dezember 1975 (BGBl I 1975, 3157)-- ebenfalls nur (u.a.) Steuerpflichtige i.S. des KStG anspruchsberechtigt (s. zur Rechtsentwicklung Sönksen/Söffing, Berlinförderungsgesetz, § 19 Anm.36). Darunter sind --wie nach dem InvZulG-- grundsätzlich nur Körperschaften zu verstehen, die nicht steuerbefreit sind. § 19 BerlinFG --auch in der Fassung zur Zeit des Entstehens der InvZV (BerlinFG 1990 vom 2. Februar 1990, BGBl I 1990, 173)-- enthält mit dem InvZulG vergleichbare Regelungen, die auch hier auf das Fehlen einer Steuerbefreiung als Anspruchsvoraussetzung hinweisen (vgl. § 19 Abs.2 Satz 3 Nr.1 a, Abs.6 Satz 3, Abs.9 BerlinFG 1990). Die Förderung durch eine Zulage sollte auch nach § 19 BerlinFG lediglich Unternehmen, die steuerpflichtige Einkünfte erzielen bzw. erstreben, zukommen. Davon ist der Senat bereits in seinem Urteil vom 21. Februar 1986 III R 179/81 (BFHE 146, 325, BStBl II 1986, 493, letzter Absatz der Entscheidungsgründe) ausgegangen (vgl. auch das Urteil vom 14. Juli 1989 III R 29/88, BFHE 157, 472, BStBl II 1989, 903, Abschn.3a der Entscheidungsgründe).

Ob die Verwaltung --wie die Klägerin weiter angibt-- möglicherweise unzutreffend in bestimmten Fällen hiervon abweichend auch steuerbefreite Körperschaften als investitionszulageberechtigt ansieht, kann hier dahinstehen. Für Sparkassen im Beitrittsgebiet vertrat die Verwaltung stets die Rechtsauffassung, daß diese für das Jahr 1990 nicht investitionszulageberechtigt sind (z.B. Finanzministerium Thüringen vom 5. März 1992, Deutsche Steuer-Rundschau 1992, 545; Oberfinanzdirektion Cottbus vom 18. Dezember 1991, abgedruckt bei Töben/Hauschild, Steuerrechtsreport Neue Bundesländer, 1992, S.466).

Schließlich geht auch die Meinung der Klägerin fehl, die Investitionszulage sei ihr darüber hinaus deshalb zu gewähren, weil sie zum 1. Januar 1991 steuerpflichtig geworden sei. Investitionszulagen können auch für Wirtschaftsgüter gewährt werden, die vor der Eröffnung des Betriebs angeschafft werden, wenn der Betrieb zügig errichtet und alsbald eröffnet wird (Urteil des Senats vom 11. März 1988 III R 113/82, BFHE 153, 191, BStBl II 1988, 636; BMF-Schreiben vom 28. August 1991, a.a.O., Tz.29). Die Klägerin hat die Geräte indes nicht im Hinblick auf die künftige Eröffnung eines Betriebes angeschafft. Sie hat sie zur Nutzung in ihrem bereits bestehenden Betrieb erworben und auch tatsächlich dort eingesetzt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 64959

BFH/NV 1994, 81

BStBl II 1994, 869

BFHE 175, 178

BFHE 1995, 178

BB 1994, 1924

BB 1994, 2064

BB 1994, 2064-2065 (LT)

DB 1994, 2117-2119 (LT)

DStR 1994, 1492-1493 (KT)

DStZ 1994, 700 (KT)

HFR 1994, 728-729 (LT)

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