Entscheidungsstichwort (Thema)

Häusliches Arbeitszimmer: Anderer Arbeitsplatz eines Lehrers und Grundschulleiters

 

Leitsatz (amtlich)

Steht einem Grundschulleiter, der zu 50 v.H. von seiner Unterrichtsverpflichtung freigestellt ist, ein Dienstzimmer von knapp 11 qm zur Verfügung, so schließt das die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht aus.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b, § 9 Abs. 5

 

Verfahrensgang

FG Bremen (Entscheidung vom 20.10.1999; Aktenzeichen 499057K 3; EFG 2000, 115)

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten darüber, wann einem Steuerpflichtigen ein "anderer Arbeitsplatz" i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 2 Alternative 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit der Folge zur Verfügung steht, dass die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer steuerlich nicht geltend gemacht werden können.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Lehrer und Leiter einer Grundschule. Von der Lehrtätigkeit ist er zu 50 v.H. freigestellt. In der Schule steht ihm ein Dienstzimmer von knapp 11 qm zur Verfügung. Das Zimmer ist mit einem Schreibtisch samt Stuhl, drei Schränken und einer Sitzecke ausgestattet. In dem von ihm und seiner Familie bewohnten Einfamilienhaus nutzt der Kläger ein häusliches Arbeitszimmer.

Einer Bescheinigung seines Dienstherrn zufolge steht dem Kläger das Schulleiterzimmer "außerhalb der Unterrichtszeit und in den Ferien nicht unbeschränkt zur Verfügung". Das betrifft nach der Bescheinigung insbesondere die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts. Aus der Bescheinigung geht weiter hervor, dass in dem Schulleiterzimmer kein Platz für die notwendigen privaten Arbeitsmittel (Computer samt Zubehör, Bibliothek) ist.

Mit der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1997 machte der Kläger (u.a.) Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer in Höhe von 2 400 DM als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) erkannte diese Aufwendungen nicht an.

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, dass dem Kläger für seine Tätigkeit als Lehrer und die damit verbundenen Vorbereitungsarbeiten kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden habe. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 115 veröffentlicht.

Mit der Revision macht das FA geltend, das FG habe § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 2 Alternative 2 EStG unzutreffend ausgelegt. Das FA trägt im Wesentlichen vor, der Gesetzgeber habe mit der Abzugsbeschränkung eine typisierende Regelung geschaffen. Diese Regelung könne naturgemäß nicht einzelfallbezogen, sondern nur verallgemeinernd angewendet werden. Es genüge daher, dass im Streitfall das zur Verfügung gestellte Dienstzimmer grundsätzlich geeignet sei, die gesamten dienstlichen Pflichten dort zu erfüllen.

Das FA beantragt, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger treten der Revision entgegen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des FA ist unbegründet.

Das FG hat die geltend gemachten Aufwendungen zu Recht als Werbungskosten anerkannt.

a) Nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 1 EStG kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gilt nach Satz 2 der letztgenannten Vorschrift u.a. dann nicht, wenn dem Steuerpflichtigen für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen wird nach Satz 3 Halbsatz 1 der Vorschrift (in der hier maßgeblichen Fassung) die Höhe der abziehbaren Aufwendungen regelmäßig auf 2 400 DM begrenzt.

Ein "anderer Arbeitsplatz" im Sinne der Abzugsbeschränkung ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Er steht aber nur dann "für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit … zur Verfügung", wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann. Übt der Steuerpflichtige nur eine berufliche Tätigkeit aus, muss geprüft werden, ob der ―an sich vorhandene― andere Arbeitsplatz tatsächlich für alle Aufgabenbereiche der Erwerbstätigkeit zur Verfügung steht. Es genügt jedoch nicht, dass nach Feierabend oder am Wochenende im häuslichen Arbeitszimmer Arbeiten verrichtet werden, die grundsätzlich auch an dem anderen Arbeitsplatz verrichtet werden könnten.

Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf das Urteil des Senats vom 7. August 2003 VI R 17/01 (zur Veröffentlichung bestimmt) Bezug genommen.

b) Die vorinstanzliche Entscheidung ist im Ergebnis zutreffend. Zwar ist das Dienstzimmer des Klägers in der Schule als Büroarbeitsplatz ein "anderer Arbeitsplatz" im Sinne der Abzugsbeschränkung. Diesen konnte der Kläger jedoch nur für die Schulleitertätigkeit nutzen, aber nicht für seine Tätigkeit als Lehrer. Das FG hat hierzu festgestellt, dass in dem Dienstzimmer kein ausreichender Platz vorhanden war, die Gegenstände unterzubringen, die der Kläger für die Vor- und Nachbereitung seines Unterrichts benötigte. Genannt werden ein PC samt Drucker und Scanner, Ordner mit Lehr- und Anschauungsmaterial, ein Keyboard für die Vorbereitung musikalischer Projekte und für die Unterrichtsgestaltung sowie Bücher. Das FG hat darüber hinaus auch festgestellt, dass der Raum teilweise durch andere Personen genutzt wurde. Diese Feststellungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der daraus gezogene Schluss, dass dem Kläger das Dienstzimmer für einen Aufgabenbereich seiner beruflichen Tätigkeit, die Lehrtätigkeit, nicht zur Verfügung stand, ist zutreffend.

 

Fundstellen

Haufe-Index 988978

BFH/NV 2003, 1650

BStBl II 2004, 77

BFHE 2004, 128

BFHE 203, 128

BB 2003, 2334

DB 2003, 2365

DStR 2003, 1829

DStRE 2003, 1367

HFR 2003, 1154

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